Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
INTERPELLATION vom 11.3.2015
Fortpflanzungsmedizin – Gleichbehandlung aller Lebensgemeinschaften
Andrea Caroni Nationalrat FDP Kanton Appenzell Ausserrhoden
Der Bundesrat wird eingeladen, folgende Fragen zu beantworten: 1. Teilt er die Ansicht, dass die
Samenspende (bzw. künftig allenfalls auch die Eizellenspende) auch unverheirateten Paaren zugänglich gemacht werden soll (entgegen dem heutigen Verbot in Art. 3 Abs. 3 FMedG)? Wenn ja, ist er bereit, dem Parlament entsprechende Anpassungen zu unterbreiten?
2. Teilt er die Ansicht, dass auch gleichgeschlechtliche Paare im Grundsatz zur Fortpflanzungsmedizin zuzulassen sind (entgegen dem heutigen Verbot in Art. 3 Abs. 2 Bst. a FMedG und Art. 28 PartG)? Wenn ja, ist er bereit, dem Parlament (z.B. im Zusammenhang mit der laufenden Adoptionsrechts-Revision) entsprechende Anpassungen zu unterbreiten?
Begründung Das heutige Fortpflanzungsmedizinrecht schliesst neben Alleinstehenden auch gleichgeschlechtliche Paare generell von der Fortpflanzungsmedizin aus. Sodann schliesst
es auch heterosexuelle, aber unverheiratete Paare von der Samenspende aus. Während es gewisse Gründe gibt, Alleinstehende von der Fortpflanzungsmedizin auszuschliessen, um dem Kind nach Möglichkeit zwei Eltern zu garantieren, gilt dies nicht für den generellen Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Konkubinatspaaren bzw. eingetragenen Partnerschaften und ebenso wenig für heterosexuelle Konkubinatspaare. Im Zentrum hat allein das Kindeswohl zu stehen (vgl. Art. 3 Abs. 1 FMedG), das aber nicht von der formalen Struktur, sondern vielmehr von der konkreten Qualität der Paarbeziehung abhängt.
Entsprechend dem gesellschaftlichen Wertewandel hat auch die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin in ihrer Stellungnahme festgehalten, hier liege eine unzulässige Diskriminierung gewisser Lebensgemeinschaften vor. Diese lässt sich einzig mit naturalistischen Vorurteilen, nicht aber mit dem eigentlichen Kindeswohl begründen. Sowohl die laufende Revision des Adoptionsrechts als auch die laufende generelle Auslegeordnung hinsichtlich eines moderneren Familienrechts bieten eine Gelegenheit, sich hier gesellschaftlich zu öffnen.
Antwort des Bundesrates vom 13.5.2015
Der Bundesrat hat am 28. November 2014 die Botschaft zur Revision des ZGB (Adoptionsrecht; BBl 2015 877) dem Parlament überwiesen. Darin hält er fest, dass er die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes nach wie vor Ehepaaren vorbehalten will. Das Parlament wird im Rahmen der Diskussion dieser Vorlage entschei-
den, ob es diesbezüglich dem Entwurf des Bundesrates folgen will. In der Fortpflanzungsmedizin ist die geltende Rechtslage vergleichbar: Die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren ist heute nur bei heterosexuellen Paaren zulässig, und die Durchführung eines Fortpflanzungsverfahrens, bei dem gespendete Samenzellen
zur Anwendung kommen, ist Ehepaaren vorbehalten. Der Bundesrat plant derzeit nicht, dem Parlament eine Revision dieser Rahmenbedingungen vorzulegen. Dies nicht zuletzt aus dem Grund, dass sich die zuständige Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates infolge der Annahme der parlamentarischen Initiative Neirynck, «Die Eizellenspende zulassen», auch Gedanken machen wird zur Frage,
wer zu Fortpflanzungsverfahren mit gespendeten Eizellen Zugang haben soll und ob der Zugang zu Verfahren mit gespendeten Eizellen anders geregelt werden soll als der Zugang zu Verfahren mit gespendeten Samenzellen. Der Bundesrat will dieser Diskussion nicht vorgreifen.
Stand der Beratung: im Rat noch nicht behandelt.
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ARS MEDICI 19 I 2015
POLITFORUM
INTERPELLATION vom 19.6.2015
Kathy Riklin Nationalrätin CVP Kanton Zürich
Zecken – genügen die Massnahmen des Bundes gegen die zunehmenden Risiken?
Die Interpellation von Kathy Ricklin haben wir in ARS MEDICI 17/15 vorgestellt.
Dazu die Antwort des Bundesrates vom 26.8.2015 (leicht gekürzt)
1. Im Rahmen der Vorbereitungen auf die Inkraftsetzung des revidierten Epidemiengesetzes wurden die Aufgaben und Sonderaufgaben der nationalen Referenzzentren präzisiert und angesichts diverser Sparrunden redimensioniert. Die Grundaufgaben für jedes dieser Zentren sind: a. Angebot einer Referenzdiagnostik inklusive Charakterisierung eines bestimmten Erregers; b. Verwaltung einer Referenzsammlung für einen bestimmten Erreger oder die Sicherstellung des Zugangs zu einer solchen; c. Methodenentwicklung und Forschung im Bereich der Diagnostik; d. Beratung und Schulung von Behörden und Fachpersonen; e. internationale Zusammenarbeit und Vernetzung; f. Unterstützung der Gesundheitsbehörden bei der Erkennung und Überwachung eines bestimmten Erregers. Dazu werden einigen Zentren noch Sonderaufgaben übertragen. Die strategischen Grundlagen und Aufgaben der Referenzzentren werden über das System Aramis publiziert. Das Referenzzentrum für Zeckenübertragene Krankheiten, betrieben von der Universität Neuenburg, wurde ab 2014 nahtlos ans Labor Spiez transferiert. Eine der Sonderaufgaben des bisherigen Referenzzentrums war die Bereitstellung von Informationsmaterial für die Bevölkerung sowie die Erstellung einer Zeckenkarte für die Schweiz. Dem Referenzzentrum wurden pro Jahr im Zeitraum 2009 bis 2011 80 000 Franken, im Zeitraum 2011 bis 2013 100 000 Franken direkt zur Verfügung gestellt. Beim nationalen Referenzzentrum für Zeckenübertragene Krankheiten in Spiez (NRZK) liegt der Fokus verstärkt auf der Diagnostik. Die Information der Bevölkerung wird vom Bundesamt für Gesundheit über die eigenen Websites bezie-
hungsweise die Medien sichergestellt. Die Kartierung der Zecken in der Schweiz wird vom BAG nicht mehr weiter finanziert. Die Struktur des NRZK entspricht weitgehend jener des bisherigen Zentrums. Das Labor Spiez führt das Mandat in Zusammenarbeit mit zwei Vertragspartnern, dem ADMED in La Chaux-de-Fonds und dem CHUV in Lausanne. Führende Experten des bisherigen Zentrums, die Leitung des neuen Zentrums sowie Vertreter der Hausärzte sowie des BAG nehmen Einsitz in den wissenschaftlichen Beirat. Die Kosten für das NRZK belaufen sich auf 50 000 Franken jährlich und werden bundesintern über eine Vereinbarung abgegolten.
2. Das BAG unterstützt mit Knowhow die Eingabe eines nationalen Forschungsprogramms zu den Folgen der durch Zecken übertragenen Krankheiten. Die Federführung liegt beim NRZK und dem Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern. Frühester Eingabetermin ist Herbst 2016. Betreffend Epidemiologie überwacht das BAG die FrühsommerMeningoenzephalitis (FSME) im obligatorischen Meldesystem für Infektionskrankheiten. Die Epidemiologie der Lyme-Borreliose wird im Rahmen eines freiwilligen Erhebungssystems beobachtet, das in enger Zusammenarbeit mit Hausärzten, Pädiatern und Internisten betrieben wird. In der Zeit, wo Zecken aktiv sind, wird auf den Websites und im Bulletin des BAG wöchentlich ein allgemein verständlicher Lagebericht publiziert. Diese Berichte werden regelmässig von den Medien aufgegriffen und dienen so der Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Die Überwachung und Bekämpfung der Zecken liegt in der Kompetenz der Kantone. Im Rahmen einer Studie hat der Kanton Tessin
im Jahr 2014 in Zusammenarbeit mit dem NRZK mehr als 11 000 Zecken auf das Vorhandensein von Krankheitserregern hin untersucht. Zur Abschätzung der Durchseuchungsrate mit dem Erreger der Lyme-Borreliose wurden 500 Zecken untersucht. Die Prävalenz entsprach etwa den aus anderen Regionen der Schweiz bekannten Werten. In der Prävention kommen die Empfehlungen zur FSME-Impfung, die allgemeinen Empfehlungen zum Schutz vor Zeckenstichen sowie die Zecken-App, die die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften mit Unterstützung des BAG entwickelt hat, zum Tragen.
3. In der Schweiz ist das FSMERisiko nach einem Zeckenbiss nicht auf dem ganzen Staatsgebiet gleich hoch. Deshalb wird die FSME-Impfung Personen empfohlen, die in den Regionen mit erhöhtem Risiko leben oder sich dort aufhalten. Diese Regionen sind auf den von Swisstopo in Zusammenarbeit mit dem BAG erstellten Karten eingezeichnet (www.fsme-schweiz.ch). Gemäss der vom BAG in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Zeitraum 2011 bis 2013 koordinierten landesweiten Erhebung zur Durchimpfung bei Kindern hatten gesamtschweizerisch 33 Prozent der Jugendlichen von 16 Jahren 3 FSME-Impfdosen erhalten, während 38 Prozent mindestens 1 Dosis und 36 Prozent mindestens 2 Dosen erhalten hatten. In den Kantonen mit erhöhtem FSME-Risiko ist der Anteil der Jugendlichen, die im Alter von 16 Jahren 3 Dosen erhalten haben, deutlich höher: zum Beispiel 71 Prozent in Zürich, 69 Prozent im Thurgau, 64 Prozent in Uri. Die Differenz zwischen der Durchimpfung mit 3 Dosen und der Durchimpfung mit 1 Dosis liegt
nirgends über 7 Prozentpunkten. Diese Daten können auf der Website des BAG abgerufen werden. Die FSME-Impfung erfordert tatsächlich 3 Injektionen für einen Langzeitschutz. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass ein solches Impfschema das Risiko birgt, dass eine Dosis vergessen wird. Ausserdem gibt es in der Schweiz ein elektronisches Tool zur Vermeidung von Impflücken: die elektronischen Impfausweise. Das BAG subventioniert dieses elektronische System (viavac®, im Internet frei zugänglich unter www.meine impfungen.ch). Die digitalisierten Impfausweise können automatisch analysiert werden, damit Lücken gegenüber den aktuellsten Impfempfehlungen erkannt werden. Steht eine Impfung an, wird automatisch eine elektronische Nachricht verschickt. Das System verschickt zudem regelmässig Mahnungen, solange die fehlende Impfung nicht im elektronischen Impfausweis eingetragen oder explizit abgelehnt wurde. Es kann namentlich einen Hinweis machen, wenn die FSME-Impfung für die Wohnregion oder die Reisedestination der betroffenen Person empfohlen wird. Dieses System wird noch ungenügend genutzt. Deshalb macht das BAG regelmässig Werbung dafür und erwähnt es in all seinen Informationsunterlagen zum Thema Impfungen. Es finanziert auch Fördermassnahmen, zum Beispiel im Rahmen der nationalen Maserneliminationsstrategie oder der europäischen Impfwoche.
4. Das BAG sieht keine Lancierung einer jährlichen Informationskampagne zu den Zeckenrisiken vor.
Stand der Beratung: im Rat noch nicht behandelt.
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