Transkript
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
IMPROVE-IT: LDL-Cholesterin-Senkung bleibt wichtig
Die multizentrische Studie IMPROVE-IT kommt zu dem Ergebnis, dass eine Kombinationstherapie aus Simvastatin und Ezetimib bei Hochrisikopatienten effektiver ist als eine alleinige Statingabe. Die Abnahme kardiovaskulärer Ereignisse setzte sich im niedrigen LDLCholesterin-Bereich unterhalb von 70 mg/dl fort.
In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass eine effektive Cholesterinsenkung zu einer Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität führt. Statine hemmen kompetitiv das Schlüsselenzym der Cholesterinbiosynthese, die HMGCoA-Reduktase. Es kommt zu einer gesteigerten Expression des LDL-(low-density lipoprotein)-Rezeptor-Gens, folglich zu einer vermehrten Bildung von LDL-Rezeptoren und somit zu einer Senkung des LDL-Cholesterins im Plasma. Dies führt aber auch dazu, dass als Gegenregulation die intestinale Absorption von Nahrungs- und biliärem Cholesterin stimuliert wird. Ezetimib kompensiert diesen Mechanismus durch eine selektive Hemmung der Cholesterinresorption im Darm, indem es den Transporter NPC1L1 (Niemann-Pick C1like protein 1) inaktiviert. Die Therapie aus einer Kombination von Statin und Ezetimib vereinigt somit zwei Wirkmechanismen einer Cholesterinsenkung und verspricht daher, besonders effektiv zu sein. Dies zeigte
Merksätze
O Ezetimib hemmt selektiv die Cholesterinresorption im Darm; Statine hemmen das Schlüsselenzym der Cholesterinbiosynthese.
O Wie die IMPROVE-IT-Studie zeigte, ist die Kombinationstherapie mit Statin und Ezetimib besonders effektiv: Die Rate kardiovaskulärer Ereignisse lässt sich mit der Kombinationstherapie stärker senken als mit der alleinigen Gabe von Statin.
O Bei Hochrisikopatienten setzt sich die Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse im niedrigen LDL-Bereich unter 70 mg/dl fort.
sich in der bisher grössten und längsten Lipidsenkerstudie, IMPROVE-IT (Improved Reduction of Outcomes Vytorin Efficacy International Trial).
Studiendesign und -ziel
An der doppelblinden und randomisierten IMPROVE-IT-Studie nahmen 18 144 Patienten teil, welche innerhalb der vorhergegangenen zehn Tage aufgrund eines akuten Koronarereignisses (ST-Hebungs-Infarkt, Nicht-ST-Hebungs-Infarkt oder instabile Angina pectoris) in ein Spital eingewiesen worden waren. Die Teilnehmer gehörten aufgrund zusätzlicher Risikofaktoren (u.a. hohes Alter, männliches Geschlecht, familiäre Disposition, Nikotinkonsum, Bluthochdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel sowie Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus) zu einer absoluten Hochrisikopopulation. Die LDL-Ausgangswerte lagen bei 50 bis 100 mg/dl (1,3–2,6 mmol/l), falls die Patienten Lipidsenker erhielten, andernfalls bei 50 bis 125 mg/dl (1,3–3,2 mmol/l). Untersucht wurde, ob eine Zusatztherapie mit Ezetemib (10 mg) in Kombination mit 40 mg Simvastatin (Inegy®) im Vergleich zu 40 mg Simvastatin plus Plazebo von klinischem Nutzen ist. Primärer Endpunkt war eine Kombination der Ereignisse kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Myokardinfarkt, erneute Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris, koronare Revaskularisierung (≥ 30 Tage nach Randomisierung) und Schlaganfall. Die mittlere Nachbeobachtungsdauer lag bei sechs Jahren.
Studienergebnisse
Im Lauf von sieben Jahren wurde die Inzidenzrate für diese klinischen Ereignisse durch Ezetimib signifikant um 6,4 Prozent im Vergleich zu Plazebo gesenkt (32,7 vs. 34,7%; p = 0,016).
Auch bei drei kombinierten sekundären Studienendpunkten fiel der Unterschied zugunsten der Ezetimibtherapie jeweils signifikant aus. Dies galt unter anderem für die Reduktion von Koronarereignissen (koronar bedingter Herztod, Myokardinfarkt, Revaskularisation), deren Rate 17,5 Prozent (Ezetimib) und 18,9 Prozent (Plazebo) betrug (p = 0,02). Bei Betrachtung der Einzelendpunkte erwies sich die Wirkung auf nicht tödliche Herzinfarkte und Schlaganfälle als entscheidend für den klinischen Zusatznutzen. Sowohl die Inzidenz von Herzinfarkten (13,1 vs. 14,8%; p = 0,002) als auch die von ischämischen Schlaganfällen (3,4 vs. 4,1%; p = 0,008) wurde jeweils signifikant gesenkt. Bei einem in vielen kardiovaskulären Studien genutzten Endpunkt (kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall) ergab sich eine statistisch signifikante absolute Reduktion von 1,8 Prozent durch Ezetimib (20,4 vs. 22,2%; HR: 0,9; p = 0,003). Hinsichtlich der Mortalität jedweder Ursache oder der kardiovaskulären Mortalität zeigte sich erwartungsgemäss wie auch in anderen Studien zum Vergleich einer intensivierten gegenüber einer standarddosierten Statintherapie kein statistisch signifikanter Unterschied. Die gezeigten klinischen Vorteile wurden nicht durch Nachteile bezüglich der Sicherheit getrübt. Bei keinem der berücksichtigten Sicherheitsaspekte (etwa Leberenzymerhöhung, Myopathien, Probleme mit der Gallenblase) zeigte sich ein signifikanter Unterschied zu Plazebo. Auch die Analyse aller im Studienverlauf aufgetretenen Krebserkrankungen ergab keinen Anhalt für negative Wirkungen der Ezetimibtherapie.
Diskussion
Wie Jarcho et al. (2015) feststellen, ist IMPROVE-IT die erste klinische Untersuchung, die zeigt, dass ein Nicht-Statin kardiovaskuläre Ereignisse signifikant reduziert. Diese Resultate sind zum einen für jene Patienten eine grosse Hoffnung, die an durch Statine verursachten Nebenwirkungen leiden, und zum anderen auch für jene, die mit Statinen keine ausreichende LDLReduktion erreichen.
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ARS MEDICI 14/15 I 2015
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
Die Effektivität von Ezetimib wurde in IMPROVE-IT unter Bedingungen geprüft, welche in der alltäglichen Praxis kaum jemanden veranlasst hätten, es einzusetzen. So lag der LDL-Ausgangswert der IMPROVEIT-Teilnehmer bei durchschnittlich 93,7 mg/dl. Eine Differenz um 15 mg/dl im niedrigen LDL-Bereich war offenbar Grundlage für die Effektivität von Ezetimib: So wurde in der Kontrollgruppe das LDL-Cholesterin mit Simvastatin allein im Studienverlauf auf 69 mg/dl gesenkt. Die Zusatztherapie mit Ezetimib führte dann zu einer noch stärkeren LDL-Senkung auf durchschnittlich 54 mg/dl.
Diesem Ergebnis kommt aktuell eine hohe Bedeutung zu. Denn im vergangenen Jahr veröffentlichten das American College of Cardiology (ACC) und die American Heart Association (AHA) in den USA neue Cholesterinleitlinien, in denen erstmals auf die Formulierung konkreter Zielwerte verzichtet worden war. Es stellt sich die Frage, ob diese Zielwerte wieder aufgenommen und für Hochrisikopatienten besonders niedrig festgesetzt werden sollten.
Fazit Als Zusatztherapie zu einer Behandlung mit Statinen senkt Ezetimib den LDL-Spiegel
und reduziert kardiovaskuläre Ereignisse
bei Hochrisikopatienten. Der Zusammen-
hang zwischen LDL-Senkung und Reduk-
tion kardiovaskulärer Ereignisse setzt
sich auch im niedrigen LDL-Bereich unter
70 mg/dl fort.
O
Claudia Borchard-Tuch
Interessenkonflikte: Die Studie wurde von MSD unterstützt.
Quellen: Cannon CP et al.: Ezetimibe added to statin therapy after acute coronary syndromes. N Engl J Med 2015; 372(25): 2387–2397. Jarcho JA et al.: Proof that lower is better – LDL cholesterol and IMPROVE-IT. N Engl J Med 2015; 372(25): 2448–2450.
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