Transkript
BERICHT
Vaskulitiden der oberen und unteren Luftwege
Häufig sind weitere Organe betroffen
Zur Differenzialdiagnose bei unklaren Krankheitsbildern der Luftwege gehört die Gruppe der Vaskulitiden, über die Prof. Onur Boyman, Klinik für Immunologie, Universitätsspital Zürich, am 4. Allergo-Update für ORL und Pneumologie in Zürich sprach.
Halid Bas
Das immunologische Dreieck – Luftwege, Haut, Niere – ist Schauplatz verschiedener Vaskulitiden und Autoimmunerkrankungen. Zu den Vaskulitiden gehören diejenigen mit antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern (ANCA), ferner die Immunkomplexvaskulitis (Goodpasture-Syndrom), die Vaskulitis mit gegen die glomeruläre Basalmembran (GBM) gerichteten Antikörpern und der Morbus Behçet. Eine Einteilung nach Grösse und Ort der befallenen Gefässe sowie klinischen Begleitumständen gibt der Kasten. Unter den mit ANCA assoziierten Vaskulitiden werden drei distinkte Entitäten unterschieden: O Granulomatose mit Polyangiitis
(GPA; Wegener-Granulomatose)
MERKSÄTZE
Unter den mit antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern (ANCA) assoziierten Vaskulitiden werden drei distinkte Entitäten unterschieden:
O Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener-Granulomatose)
O eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom)
O mikroskopische Polyangiitis.
Für alle ist zwar das Vorhandensein von ANCA charakteristisch, es gibt aber auch Formen ohne ANCA.
O eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA; Churg-StraussSyndrom)
O mikroskopische Polyangiitis (MPA).
Für alle ist zwar das Vorhandensein von ANCA charakteristisch, es gibt aber auch Formen ohne ANCA, wie Boyman erwähnte. In diesen Fällen kann die Biopsie mit Histologie weiterhelfen. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt zwischen 54 und 69 Jahren. In Mitteleuropa sind dies seltene Erkrankungen (GPA: 98/1 Mio.; andere Formen: 23–18/1 Mio.).
ANCA-assoziierte Vaskulitis:
Unterteilung dank indirekter
Immunfluoreszenz
Unter den ANCA gibt es solche, die gegen Myeloperoxidase (MPO) gerichtet sind sowie solche gegen Proteinase-3 (PR3). Über eine ANCA-vermittelte, endothelnahe Neutrophilenaktivierung und -degranulation entsteht eine nekrotisierende Vaskulitis vor allem der kleinen Gefässe (1). Diese immunologischen Vorgänge scheinen durch Umwelteinflüsse begünstigt zu werden. Dazu zählen bakterielle Infekte, besonders mit Staphylococcus aureus, ferner der Baustoff Silika und Medikamente. Unter den ANCA werden zytoplasmatische (c-ANCA) und perinukleäre (p-ANCA) unterschieden. c-ANCA gegen PR3 lassen sich in der indirekten
Kasten:
Einteilung der Vaskulitiden
Grosse Gefässe O Riesenzellarteriitis O Takayasu-Arteriitis
Mittelgrosse Gefässe: O Polyarteriitis nodosa O Kawasaki-Syndrom
Kleine Gefässe O ANCA-assoziierte Vaskulitiden
(MPO-ANCA, PR3-ANCA, ANCAnegativ) O immunkomplexassoziierte Vaskulitiden (IgA, Kryoglobulin, HUV, anti-GBM)
Verschiedene Gefässe O M. Behçet O Cogan-Syndrom
Einzelorganvaskulitis O Haut, Zentralnervensystem etc. O unifokal oder multifokal
(= diffus)
Vaskulitis assoziiert mit Systemerkrankung O Lupus-Vaskulitis O rheumatoide Vaskulitis O sarkoide Vaskulitis
Immunfluoreszenz auf fixierten Granulozyten nachweisen und sind häufig mit einer GPA assoziiert. Im generalisierten Stadium ist die Sensitivität gut (84–96%) und die Spezifität sehr hoch. Im frühen Stadium können auch falschnegative Befunde vorkommen. p-ANCA gegen MPO sind häufig assoziiert mit eosinophiler oder mikroskopischer Polyangiitis. Allerdings ist ihre Sensitivität geringer (EGPA: 38–64%; MPA: 75–98%), und die Spezifität liegt bei 90 Prozent. Bei GPA betreffen die klinischen Manifestationen am häufigsten die oberen (93%) und die unteren (54%) Luft-
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wege sowie die Nieren (54%). Bei EGPA besteht immer ein Asthma bronchiale, ausserdem ist häufig das periphere Nervensystem betroffen. Die MPA ist typischerweise eine Hauterkrankung (73%) mit häufiger Nierenbeteiligung (69%). Bei EGPA gibt es eine Form mit ANCA, die besonders durch eine nekrotisierende Glomerulonephritis, Purpura und Lungenblutungen sowie Mononeuritis simplex charakterisiert ist. Daneben kommen ANCA-negative EGPA vor, bei denen Nasenpolypen, Lungeninfiltrate, Kardiomyopathie, Neuropathien sowie eosinophile Gastritis und Enteritis das klinische Bild bestimmen.
Behandlung: Induktion und
Erhaltung einer Remission
Zur Einleitung einer Remission werden bei ANCA-assoziierter Vaskulitis mit generalisiertem Befall Cyclophosphamid (Endoxan®) plus Glukokortikosteroide eingesetzt, allenfalls ergänzt durch Plasmapherese. Bei Nichtansprechen, Rezidiv oder Kontraindikation für Cyclophosphamid wird heute der gegen CD20-Lymphozyten gerichtete Antikörper Rituximab (MabThera®) gegeben, der sich in der RITUXVASStudie der Cyclophosphamidtherapie als ebenbürtig erwies (2). Alternativen sind Tumornekrosefaktor-alpha-Hemmer oder Mycophenolatmofetil (Cellcept®
oder Generika). Die Erhaltungstherapie basiert auf Azathioprin (Imurek® oder Generika) oder Methotrexat. O
Halid Bas
Quelle: «Vaskulitiden der oberen und unteren Luftwege», 4. Allergo-Update für ORL und Pneumologie, 10. April 2015 in Zürich.
Referenzen: 1. Chen M et al.: ANCA-associated vasculitides – advan-
ces in pathogenesis and treatment. Nat Rev Rheumatol 2010; 6(11): 653–664. 2. Jones RB et al.: Rituximab versus cyclophosphamide in ANCA-associated renal vasculitis: 2-year results of a randomised trial. Ann Rheum Dis 2015; 74(6): 1178–1182.
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