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BERICHT
Immuntherapie bei allergischer Rhinitis
Nutzen der möglichst frühzeitigen Intervention wird unterschätzt
Nur schätzungsweise 1 bis 5 Prozent der Kinder mit allergischer Rhinitis werden derzeit in Europa mit Allergen-spezifischer Immuntherapie (AIT oder SIT) behandelt. Offenbar wird der Nutzen dieser kausalen, nicht bloss symptomatischen Behandlungsmethode sowohl von Ärzten als auch von Eltern betroffener Kinder unterschätzt. Dagegen werden Risiken und Nebenwirkungen überschätzt.
Alfred Lienhard
Eine frühzeitige AIT – bereits zu Beginn der allergischen Erkrankungen im Kindesalter – bremst den Krankheitsprozess aus. So kann eine Hochdosis-AIT bei Kindern mit allergischer Rhinitis die drohende Krankheitsprogression von der Rhinitis zum Asthma stoppen und vor der Entwicklung neuer Sensibilisierungen gegenüber weiteren Allergenen schützen, so PD Dr. Peter Eng, Klinik für Kinder und Jugendliche, Kantonsspital Aarau. Ohne AIT nimmt die Zahl der Neusensibilisierungen in der Regel ab dem Vorschulalter zu, bis in der Adoleszenz mit etwa 18 Jahren ein Plateau erreicht wird.
AIT wirkt rasch und weit
über das Therapieende hinaus
Bisher wurde die AIT meist nur bei ungenügendem Ansprechen auf die symptomatische medikamentöse Rhinitistherapie empfohlen. Dadurch blieb der protektive Effekt einer frühzeitigen AIT unberücksichtigt. Dagegen betont jetzt eine europäische EAACI-Deklaration, an der auch Eng mitgearbeitet hat: «Die Allergen-spezifische Immuntherapie sollte bei Patienten mit früh beginnender und/oder leichter Erkrankung als Behandlungsstrategie in Betracht gezogen werden, um das Potenzial der überaus wichtigen Krankheits-modifizierenden Effekte zu maximieren.» (1) Die Wirkung der AIT setzt bei Kindern
mit allergischer Rhinokonjunktivitis (Graspollen) rasch ein. In einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie war die signifikante Überlegenheit einer hoch dosierten SLIT (sublinguale Immuntherapie) bereits nach wenigen Monaten im Vergleich zu Plazebo nachweisbar (2). Die SLIT, die mit einer wässrigen Zubereitung von 6 Graspollenarten durchgeführt wurde, war gut verträglich. In dieser Studie erhielten 158 Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren eine aktive prä- und kosaisonale Immuntherapie (von Januar bis August) und 49 Kinder Plazebo. Die klinische Wirksamkeit (Symptome und benötigte Medikamente) wurde bereits in der ersten Graspollensaison beurteilt.
AIT wirkt sekundär-präventiv
Die Wirksamkeit der AIT ist nachhaltig. Studien zeigten mit zunehmender Therapiedauer (nach dem 1., dem 2. und dem 3. Behandlungsjahr) zunehmende Effekte. Auch noch 12 Jahre nach Absetzen einer 3-jährigen Immuntherapie mit Pollenallergoiden (Allergovit®) konnte Eng im Rahmen einer nicht randomisierten, prospektiven, kontrollierten Studie eine statistisch signifikante Verbesserung der saisonalen Heuschnupfenbeschwerden dokumentieren im Vergleich zu Patienten, die als Kinder nur pharmakotherapeutisch behandelt worden waren (3).
In dieser Studie kam es bei den im Kindesalter immuntherapeutisch behandelten Patienten während der insgesamt 15-jährigen Beobachtungszeit im Vergleich zur Kontrollgruppe mit lediglich symptomatischer Pharmakotherapie zu signifikant weniger Neusensibilisierungen auf perenniale Allergene (Hausstaub, Katzen-, Hundeepithelien) (3). Durch eine AIT werde nicht bloss eine Verzögerung, sondern wahrscheinlich eine permanente Verhinderung neuer Sensibilisierungen erreicht, so der Referent. Seine Studie zeige, welches Potenzial zur langfristigen Krankheitsmodifikation in der frühen AIT bei jungen Kindern mit beginnender allergischer Erkrankung stecke.
Rascher und mit längeren Injek-
tionsintervallen desensibilisieren
Da viele Patienten die SCIT (subkutane Immuntherapie) vorzeitig abbrechen, werden derzeit neue Therapieprotokolle getestet, die in der Steigerungsphase mit weniger Injektionen in kürzerer Zeit zum Ziel führen könnten oder in der Erhaltungsphase mit einer Ausdehnung der Injektionsintervalle die Therapie praktischer und angenehmer machen könnten. In einer multizentrischen, randomisierten, kontrollierten, offenen Phase-II-Studie wurden 61 Patienten gemäss dem Standardprotokoll für die initiale Steigerungsphase mit Allergovit® (6 Graspollen) behandelt (7 Injektionen mit zunehmender Dosierung in wöchentlichen Abständen) (4). Weitere 61 Patienten erhielten lediglich 4 Injektionen (Kurzprotokoll). In beiden Behandlungsgruppen kamen noch 2 zusätzliche Erhaltungsdosen dazu. Systemische allergische Reaktionen (meistens nur Hautsymptome) kamen mit dem konventionellen Schema bei 7 Prozent und mit dem neuen Kurzschema bei 15 Prozent vor, wie Eng
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Kurzinformationen zur subkutanen Immuntherapie
O Die SCIT (subkutane Immuntherapie) ist mit nicht modifizierten (nativen) oder mit modifizierten Allergenextrakten (Allergoiden) durchführbar.
O Durch chemische Behandlung von Allergenen mit Aldehyden kann die dreidimensionale Tertiärstruktur verändert werden. Dabei werden die B-Zell-Epitope, die für die Allergenität verantwortlich sind, so verändert, dass sie ihre Bindungsfähigkeit für allergenspezifische IgE-Antikörper weitgehend einbüssen. Die Primärstruktur und damit die T-Zell-Epitope der Allergene bleiben unverändert. Die Wirksamkeit der SCIT bleibt erhalten, weil die unveränderte Aminosäurensequenz der T-Zell-Epitope uneingeschränkt durch T-Zellen erkannt werden kann. Bei Allergoiden ist also die Allergenität reduziert (hypoallergene Präparate), während die Immunogenität unvermindert ist. Allergoide ermöglichen eine raschere Aufdosierung bei geringer Nebenwirkungsrate.
O In der Regel werden Depotpräparate mit verzögerter Allergenfreisetzung verwendet. Oft ist das Allergoid an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Die zusätzliche Aluminiumbelastung durch eine SCIT wird im Vergleich zur Aluminiumaufnahme aus anderen Quellen (z.B. Nahrungsmittel, Kosmetika, Deodoranzien) als wenig relevant beurteilt.
O Bei Pollenallergien ist eine präsaisonale SCIT möglich (4 bis 7 Injektionen im Wochenabstand). Bei perennialer (ganzjähriger) SCIT wird nach einer Steigerungsphase (bis 20 Wochen) mit Injektionen in 7- bis 14-tägigen Abständen die Erhaltungsdosis in 4- bis 6-wöchigen Intervallen injiziert. Im direkten Vergleich war die ganzjährige Behandlung wirksamer als die präsaisonale Therapie.
O Bei der präsaisonalen Gräserpollen-SCIT mit dem hoch dosierten, hypoallergenen Depotpräparat Allergovit® werden im Abstand von jeweils 1 Woche 7 Injektionen mit kontinuierlicher Dosissteigerung empfohlen.
O Auf aktuelle Kontraindikationen muss vor jeder geplanten Injektion genau geachtet werden. Nach der Injektion ist eine Überwachungszeit von mindestens 30 Minuten einzuhalten. Körperliche Anstrengung muss am Injektionstag (vor und nach jeder Injektion) unterlassen werden, weil dadurch eine Anaphylaxie ausgelöst werden könnte.
O Die Behandlungsdauer von SCIT und SLIT (sublinguale Immuntherapie) sollte mindestens 3 Jahre betragen. Aufgrund der Erfahrung kann bei einem Rezidiv nach erfolgreicher SCIT oder SLIT durch Wiederholung der Therapie eine Boosterung (Auffrischung) des Therapieerfolgs erreicht werden. Das ist allerdings durch Studien nicht ausreichend untersucht.
O Bemühungen zur Verbesserung der Therapieadhärenz sind wichtig, weil weniger als die Hälfte der Patienten, die eine SCIT oder SLIT beginnen, die Therapie während 3 Jahren fortsetzten.
(nach Referenz [6])
empfohlenes Schema) auf 8 Wochen
(alternatives Schema) untersucht (5).
321 Patienten mit perennialer SCIT
wurden konventionell mit 4-wöchigen
Intervallen und 90 Patienten mit 8-wö-
chigen Intervallen behandelt. In der
zweiten Pollensaison war die klinische
Wirksamkeit beider Behandlungssche-
mata vergleichbar. Die Verdoppelung
der Injektionsintervalle beeinträchtigte
weder die Wirksamkeit noch die Ver-
träglichkeit der SCIT, so Eng. Zweifel-
los sei das 8-Wochen-Schema für man-
che Patienten wesentlich bequemer.
Gemäss den Autoren hat die Studie ge-
zeigt, dass es offenbar möglich ist,
für jeden Patienten individuell das am
besten passende Injektionsschema zu
wählen.
O
Alfred Lienhard
Jahreskongress der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI), Kopenhagen, 7. bis 11. Juni 2014 Quelle: «AIT in the allergy march: windows of intervention», Company Sponsored Symposium der Firma Allergopharma
Referenzen: 1. Calderon MA et al.: EAACI: A European declaration on
immunotherapy. Designing the future of allergen specific immunotherapy. Clinical and Translational Allergy 2012; 2: 20. 2. Wahn U et al.: High-dose sublingual immunotherapy with single-dose aqueous grass pollen extract in children is effective and safe: A double-blind, placebo-controlled study. J Allergy Clin Immunol 2012; 130: 886–893. 3. Eng PA et al.: Twelve-year follow-up after discontinuation of preseasonal grass pollen immunotherapy in childhood. Allergy 2006; 61: 198–201. 4. Homolla V et al.: Tolerability of a shortened up-titration scheme with a high dose, hypoallergenic grass pollen preparation. Poster 336, EAACI-Kongress 2014, Kopenhagen. 5. Duwensee K et al.: Spreading of maintenance interval in subcutaneous allergen immunotherapy with highdose hypoallergenic pollen preparations is safe and effective in daily life. Poster 343, EAACI-Kongress 2014, Kopenhagen. 6. Grundmann SA et al.: Spezifische Immuntherapie. Hautarzt 2014; 65: 633–647.
berichtete. Das SCIT-Kurzschema mit Pollenallergoid wird von den Autoren der Studie als gut verträglich beurteilt. Es erlaube eine flexible, bequemere Behandlung für Patienten, die weniger Injektionen und weniger Konsultationen beim Arzt bevorzugten (4).
Im Rahmen einer Post-Marketing-Surveillance-Studie wurden die Sicherheit und die Effektivität der SCIT mit hoch dosiertem Gras- oder Baumpollenallergoid bei Verlängerung der Injektionsintervalle in der Erhaltungsphase von 4 Wochen (bislang vom Hersteller
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