Transkript
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
Einfluss der Gelformulierung auf Wirksamkeit 2,3 Prozent des applizierten Etofenamats durch die Epidermis penetriert.
Ethanol verhilft Etofenamat zur besseren Hautpenetration
Bei der externen topischen Applikation von Medikamenten ist entscheidend, ob es die Stoffe in wirksamer Konzentration durch die epidermale Barriere zum Wirkort schaffen. Hier spielt auch die Vehikelgrundlage eine wichtige Rolle. Der Einfluss der Gelgrundlage auf Penetration und Wirksamkeit des NSAR Etofenamat wurde in einer aktuellen Entwicklungsreihe deutlich.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind aufgrund ihrer schmerzstillenden, fiebersenkenden und entzündungshemmenden Eigenschaften aus der Schmerztherapie nicht mehr wegzudenken. Ihr systemischer Einsatz wird allerdings durch ihre zahlreichen Nebenwirkungen begrenzt, die sich vor allem gastrointestinal, kardiovaskulär und renal äussern können. Daher werden seit langer Zeit auch topische Formulierungen von NSAR in der Schmerzund Rheumatherapie eingesetzt. Sie haben im Vergleich zur oralen Anwendung ein besseres Sicherheitsprofil, da ihr Risiko für die gefürchteten systemischen Nebenwirkungen der Prostaglandinhemmung deutlich reduziert ist. Allerdings ist bei der topischen Applikation auch der therapeutische Effekt begrenzt. Denn zwischen dem applizierten Wirkstoff und seinen Zielstrukturen, den Cyclooxygenasen, liegt das Stratum corneum der Epidermis. Seine biologische Aufgabe ist es, das Eindringen von Pathogenen und Giftstoffen aus der Umwelt in den Körper zu verhindern. Biochemisch ist das Stratum corneum eine semipermeable Membran, die hauptsächlich aus Hornzellen (Korneozyten) besteht, die in eine komplex aufgebaute Matrix aus lamellär aufgebauten Lipidschichten eingebettet sind. Um die Aufnahme von Medikamenten in einer brauchbaren Konzentration zu ermöglichen, muss diese Lipidmatrix entsprechend modifiziert werden. Dies ist beispielsweise durch niedermolekulare Alkohole wie Ethanol möglich. Etofenamat ist ein nicht selektiver Cyclooxygenase-Hemmer, der äusserlich zur Behandlung von Schmerzund Entzündungszuständen verschiedener Ursachen eingesetzt wird. Der lipophile Wirkstoff ist bereits in verschiedenen Gels und Sprays im Handel. Zur Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten wurde nach einer hydroalkoholischen Gelgrundlage für die topische Applikation mit verbesserter Wirkstoffpenetration durch die
Epidermis gesucht. Ethanol wurde bei den getesteten Grundlagen als Lösungsmittel, Konservierungsmittel und zur Verbesserung der Hautpenetration in drei unterschiedlichen Konzentrationen (15%, 20% und 30%) eingesetzt. Es wurden sowohl verschiedene In-vitro-Versuche als auch Invivo-Versuche an Ratten durchgeführt.
Gute Hautpermeabilität und
antiinflammatorische Wirkung
Alle drei getesteten hydroalkoholischen Gels waren weiss, einheitlich im Aussehen und hatten einen alkoholischen Geruch. Die pH-Werte der Formulierungen lagen alle um einen Durchschnittswert von 5,58 ohne signifikante Unterschiede. Der Alkoholgehalt beeinflusste die Viskosität, sie nahm mit zunehmender Ethanolkonzentration ab. Unter der höchsten Ethanolkonzentration von 30 Prozent war erwartungsgemäss auch die antimikrobielle Aktivität am höchsten. In einem weiteren Versuchsansatz wurde die Freisetzung von Etofenamat aus den drei Gelformulierungen durch Polysulfonmembranen gemessen. Bereits eine Stunde nach der Gelapplikation waren signifikante Unterschiede zu verzeichnen: Die 30-Prozent-Formulierung wies ein höheres Freisetzungsprofil auf. Der Unterschied zu den anderen beiden Formulierungen steigerte sich noch im Verlauf der Beobachtung. Nach zwölf Stunden waren aus der 15-ProzentFormulierung 22 Prozent, aus der 20-Prozent-Formulierung 29,3 Prozent und aus der 30-Prozent-Formulierung 66 Prozent des vorhandenen Etofenamats freigesetzt worden. Unter Berücksichtigung der erzielten Ergebnisse wurde die 30-Prozent-Formulierung für die weiteren Experimente ausgewählt, so die Autoren weiter. Im nächsten Versuchsansatz wurde in vitro die Penetrationsfähigkeit durch menschliche Haut untersucht. 24 Stunden nach Auftragen des ausgewählten Gels waren
Reduktion von Ödem und Entzündung
Nun ging es an die klinische Effektivität in vivo. Für diese Testung wurde das Carrageen-induzierte Hinterbeinödem als Tiermodell herangezogen. Carrageen ist eine aus Rotalgen gewonnene Substanz, die nach Injektion zur lokalen Entzündung und Ödembildung führt. Im hier vorliegenden Kontext wurden die Versuchsratten in zwei Gruppen eingeteilt: Die Kontrollgruppe erhielt nur die Carrageen-Injektion in beide Hinterpfoten ohne jegliche Therapie, die Therapiegruppe erhielt 30 Minuten zuvor das Etofenamat-Gel auf die rechte Hinterpfote aufgetragen. Unmittelbar nach der Injektion sowie fünf Stunden später wurde jeweils das Pfotenvolumen als Marker für das Carrageen-induzierte Ödem bestimmt. Während es bei den unbehandelten Pfoten sowie bei den Kontrolltieren zu einer Schwellung der Pfoten um 40 Prozent kann, konnte diese bei den mit Etofenamat-vorbehandelten Pfoten deutlich reduziert werden – hier war eine Schwellung um durchschnittlich 3,3 Prozent nachweisbar. In der anschliessenden Histologie zeigte sich, dass die Vorbehandlung nicht nur das Ödem, sondern auch die Infiltration des Gewebes mit Entzündungszellen signifikant reduziert hatte. Allergische Reaktionen wurden nicht gefunden.
Fazit
In den hier beschriebenen In-vitro-Untersu-
chungen konnte klar gezeigt werden, dass
die Ethanolkonzentration in der Gelgrund-
lage das Freisetzungsprofil von Etofenamat
beeinflusste. Die begünstigende Wirkung
von Ethanol auf die Penetration könnte, so
vermuten die Autoren, durch die Austrock-
nung des Stratum corneum und die so ent-
stehenden Risse in der Lipidschutzschicht
bedingt sein. Die In-vivo-Versuche bestätig-
ten zudem das therapeutische Potenzial der
neuen Formulierung mit 5,0 Prozent Etofe-
namat in einer 30-Prozent-Ethanol-Hydro-
gelgrundlage. Insgesamt scheine die neue
Formulierung vielversprechende Charakte-
ristika für die Therapie von Patienten mit
akuten und chronischen muskulären Schmer-
zen zu haben, betonen die Autoren.
O
Adela Žatecky
1. Marto J et al.: Topical gels of etofenamate: in vitro and in vivo evaluation. Pharm Dev Technol 2014 [Epub ahead of print]; doi:10.3109/10837450.2014.915571.
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ARS MEDICI 10 I 2015