Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Ob er recht hat oder nicht, ist egal, es macht ihn jedenfalls sympathisch, denn offensichtlich beschäftigten ihn nicht nur das ICH, das Über-ICH und das ES, sondern auch die alltäglichen Lüste. Die Rede ist von Sigmund Freud, Quell bemerkenswerter Zitate wie etwa: «Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt, lebt auch nicht länger. Es kommt ihm nur so vor.»
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Noch einmal: Die Alterskriminalität nimmt zu! Und wir wissen auch, weshalb. Die Alten (so ab 55 – also viele von uns) mussten noch keine Bewilligungen einholen fürs Kinderhüten, Gassigehen, Bäumefällen, mussten auf Velo und Skis noch keinen Helm tragen, durften die Strasse überqueren, wann sie’s für richtig hielten, durften draussen ein Feuer anzünden und Abfallholz im Cheminée verbrennen, konnten auch mal Lärm machen, ein Dokument zu spät einreichen oder in der Beiz rauchen. Wer in dieser Welt des Selberentscheiden-Dürfens aufgewachsen ist, hat’s schwer heute. An jeder Strassenecke, in jedem Dokument, hinter jeder Vorschrift lauert der Staatsanwalt und macht uns zu – je nach Schwere der «Tat» – büssenden Sündern oder Kriminellen. Fazit: Nicht die Alterskriminalität nimmt zu, sondern die Kriminalisierung des Alltags. Nur die Jungen, die mit dem alles umfassenden Kontrollwahn des Staats aufwachsen, halten ihn für normal.
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Drei Grabinschriften (se non è vero …). Die eines Computerfreaks: «Game over». Die einer alten Jungfer: «Ungeöffnet zurück». Und die eines Spanners: «Nun ist er weg vom Fenster».
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Billag, die gnadenlose Inkassostelle für Fernseh- und Radiogebühren, kennen wir vor allem wegen der unsympathischsten Werbung, die es je am Fern-
sehen gab. Nur minim weniger unsympathisch ist der Vorschlag des Bunderats: Auch Firmen wie etwa ein Coiffeursalon, eine Druckerei, ein Schlosserbetrieb oder eine Arztpraxis sollen künftig Gebühren zahlen fürs Fernsehen. Ja, ja, schon richtig: nicht der Coiffeur, der Drucker, der Schlosser oder der Doktor sollen blechen (d.h. die natürlich auch, aber als Privatpersonen, und zwar egal, ob sie fernsehen oder nicht), sondern zusätzlich auch die Firmen selber. «Gefickt eingeschädelt», möchte man sagen. Versucht der Coiffeursalon nämlich, sich zu wehren, etwa indem «er» behauptet, «er» könne doch gar nicht fernsehen, meint Billag süffisant: Manchenorts zahlen Firmen auch Kirchensteuern – und haben Sie je einen Coiffeursalon in der Kirche gesehen?
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Lehrerweisheit: Vier von drei Schülern können nicht rechnen!
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Kari, ein alter Freund von Walti, hat sich intensiv mit Ernährung befasst und herausgefunden: 37 Stangen Bier decken den Tagesbedarf an Vitamin C. Kari meint, gesunde Ernährung könne ja so einfach sein.
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Zum neunten Mal wird im Mai der «Rostige Paragraf» überreicht, eine Auszeichnung, über die sich die Ausgezeichneten nicht immer freuen. Der «Rostige Paragraf» wird jährlich verliehen für das unsinnigste Gesetz, die peinlichste (politische) Fehlentscheidung oder den grössten (administrativen) Leerlauf. Die Auswahl fällt schwer (Voting: www.freiheit-liberte.ch/rostigerparagraph/kandidaten-2015.html).
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Favorit für den «Rostigen Paragrafen» 2015 ist Fritz Etter, Direktor der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Er hat
angeordnet, dass man Plastik- und Papiertragetaschen mit Werbeaufdruck für Alkoholisches – z.B. Falkenbier – zwar zum Transport dieser Alkoholika – also Falkenbier – nutzen darf, nicht aber zum Transport von Brot oder CD oder schmutziger Unterwäsche. Weil das sonst – verbotene – Werbung für Falkenbier ist. Logisch, gell? Tragetaschen mit Werbeaufdruck – so die alkoholisierte eidgenössische Verwaltung – dürfen nicht «fremdbenutzt» werden. Und weil das schwierig zu kontrollieren ist, will Herr Etter nun Tragetaschen mit Spirituosenwerbung generell verbieten, «weil ansonsten das Risiko(!) besteht, dass bei mehrmaligem Gebrauch auch andere Gegenstände in entsprechenden Säcken transportiert werden könnten». Was – das wird jeder begreifen – natürlich nicht tolerabel ist. Nun mal ehrlich: Hat ein solches Amt und haben solche Beamte nicht einen Preis verdient? (Am besten in Form sofortiger unbezahlter Dauerferien.)
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In der Schweiz regelt man die Haltung von Goldhamstern. In Brüssel schafft man es gerade noch, den Norm-Krümmungsgrad von Gurken festzulegen, nicht aber, den Spaniern die «Kultur» des Stierkampfs zu vermiesen. Einige spanische Politiker verlangen im Gegenteil, dass ihre traditionelle Tierquälerei zum Unesco-Weltkulturerbe werde. Aber gut, warum nicht? Bei Licht besehen ist schliesslich auch «Krieg» Weltkultur. Zwar nicht von der Unesco geschützt. Aber wenn sich ein paar Generäle der Nato zusammentäten und ein Gesuch stellten – chancenlos wären sie nicht.
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Und das meint Walti: Faulheit ist die Angewohnheit, sich auszuruhen, bevor man müde wird.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 8 I 2015
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