Transkript
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
WISDOM-Studie untersucht Step-down-Therapie
Auch bei schwerer COPD keine vermehrten Exazerbationen ohne Inhalationssteroid
Können Patienten mit schwerer COPD, die unter Tripeltherapie stabilisiert werden konnten, ohne erhöhte Exazerbationsgefahr wieder auf die inhalativen Steroide verzichten? Und wenn ja, wie absetzen? Die WISDOM-Studie zeigt, dass ein schrittweises Ausschleichen der Steroide unter anhaltender dualer Bronchodilatation auch bei schwerer COPD ohne Destabilisierung möglich ist.
New England Journal of Medicine
Viele Patienten mit schwerer oder sehr schwerer COPD und rezidivierenden Exazerbationen erhalten gemäss GOLD (Global Initiative on Obstructive Lung Disease )Guidelines zusätzlich zu langwirksamen Bronchodilatatoren inhalative Kortikosteroide (ICS). Bekanntermassen kann eine Kombination aus langwirksamen Beta-2Agonisten (LABA) und inhalativen Kortikosteroiden (ICS) bei diesen Patienten die Exazerbationsrate senken. Wie der Nutzen einer Steroidtherapie vor dem Hintergrund einer dualen Bronchodilatation – bestehend aus LABA plus langwirksamem Muskarinantagonisten (LAMA) – zu bewerten ist, war bis anhin jedoch noch nicht Gegenstand entsprechend ausgelegter Studien.
Duale Bronchodilatation auf dem Prüfstand Da der längerfristige ICS-Einsatz mit Nebenwirkungen behaftet sein kann, wollten Prof. Dr. Helgo Magnussen und Mitarbeiter nun in der WISDOM*-Studie (Withdrawal of Inhaled Steroids During Optimised bronchodilator Management) wissen, ob die so behandelten COPD-Patienten wieder auf die inhalativen Kortikosteroide verzichten könnten, ohne vermehrte Exazerbationen
Begriffserklärung
LABA = «long acting beta-agonist», lang wirksamer Beta-2-Agonist
LAMA =«long acting muscarine antagonist», lang wirksamer Muskarinantagonist
ICS = «inhaled corticosteroid», Inhalatives Kortikosteroid
in Kauf nehmen zu müssen. An dieser Studie waren 200 Studienzentren aus 23 Ländern beteiligt, sie ist die bislang grösste Untersuchung zum Ausschleichen der Steroidtherapie bei COPD. Ihre Ergebnisse wurden am Jahreskongress der European Respiratory Society vorgestellt und zeitgleich im «New England Journal of Medicine» publiziert. In einer sechswöchigen Run-in-Phase erhielten 2485 COPD-Patienten mit erhöhtem Exazerbationsrisiko und Exazerbation im vorangegangenen Jahr – Kandidaten für eine ICS-Gabe gemäss GOLD – eine Tripeltherapie mit zwei lang wirksamen Bronchodilatatoren (LAMA Tiotropium 18 µg 1-mal täglich plus LABA Salmeterol 50 µg 2-mal täglich) sowie einem ICS (Fluticasonpropionat 500 µg 2-mal täglich). Nach der 1:1Randomisierung wurde in der darauffolgenden Doppelblindphase in der Prüfgruppe das inhalative Steroid über zwölf Wochen hinweg in drei Schritten ausgeschlichen. Die Kontrollgruppe wurde in gleicher Dosierung weiterbehandelt. Bei Bedarf konnten die Studienärzte auf eine offene Fluticasonbehandlung wechseln, hierunter auftretende Exazerbationen blieben beim primären Endpunkt aussen vor. Als solcher wurde die Zeit bis zur ersten mittelschweren bis schweren – hospitalisationspflichtigen – Exazerbation während der zwölfmonatigen randomisierten Behandlung definiert. Für den sekundären Endpunkt wurden unter anderem Lungenfunktion, Gesundheitsstatus (ermittelt via St. George’s Respiratory Questionnaire) und Dyspnoe (gemessen per modified Medical Research Council) beobachtet. In beiden Gruppen führten gut 81 Prozent der Patienten die ihnen zugewiesene Behandlung bis zum Studienende fort.
Hazard Ratio nur minimal erhöht
Die Exazerbationskurven beider Gruppen verliefen nahezu identisch mit einer Hazard Ratio von 1,06 (95% Konfidenzintervall: 0,94 bis 1,19; n.s.) nach einem Jahr. Dies erfüllte die vordefinierten Kriterien der Nichtunterlegenheit (eine Hazard Ratio von unter 1,20); selbst bei isolierter Betrachtung der schweren Exazerbationen blieben die Werte unterhalb der definierten Grenze. Auch die Subgruppenanalyse ergab keinen Hinweis darauf, dass für irgendeine Patientengruppe ein erhöhtes Exazerbationsrisiko vorliege. Ab der letzten Phase des Absetzens konnte, wie in ähnlichen Studien zuvor, gegenüber der Vergleichsgruppe mit anhaltender Kortikoidtherapie ein kleiner anhaltender Abfall der Lungenfunktion beobachtet werden. Dieser scheint jedoch nicht mit Exazerbationen assoziiert zu sein, wie die Untersucher berichten. Auch der geringfügig schlechtere Gesundheitsstatus der Gruppe ohne Kortikoide stand nicht in Relation zur Zahl der Exazerbationen; «die Bedeutung dieses Befunds ist unklar, da der Unterschied zwischen den Gruppen kleiner war als die häufig als klinisch relevant verwendete Differenz», schreiben die Autoren.
Fazit: Steroidverzicht ist möglich
Alles in allem kommen die Autoren zu dem
Fazit, dass für Patienten unter anhaltender
dualer Bronchodilatation mit LAMA und
LABA das Ausschleichen der Steroide nicht
mit einem erhöhten Exazerbationsrisiko
einhergeht.
Diese Ergebnisse legen – zusammen mit
denen anderer Studien – nahe, dass die
Rationale für die Fortführung inhalativer
Kortikosteroide bei Patienten unter dualer
Bronchodilatation eher eine kortikoid-
bedingte symptomatische Verbesserung sein
sollte als die Vorbeugung von Exazerbatio-
nen, schreibt Prof. Dr. John Reilly, Universi-
tät Pittsburgh, im begleitenden Editorial (2).
Möglicherweise könnten bei Patienten
unter langwirksamen Bronchodilatatoren
alternativ andere präventive Interventio-
nen wie eine tägliche Azithromycingabe
erwogen werden.
Mü O
Referenzen: 1. Magnussen H et al.: Withdrawal of inhaled glucocorticoids and
exacerbations of COPD. N Engl J Med 2014; 371: 1285– 1294. 2. Reilly JJ: Stepping Down Therapy in COPD, N Engl J Med 2014;
371: 1340–1341.
ARS MEDICI 5 I 2015
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