Transkript
FREIBERUFLICHE MEDIZINISCHE GRUNDVERSORGERINNEN SCHWEIZ
Eppure si muove …
Jahresbericht 2014
Kontakt: Dr. med. Christoph Schnyder, Präsident
Facharzt FMH für Allgemeinmedizin Rigistrasse 1, 6330 Cham
Tel. 041 784 05 38, Fax 041 784 05 39 Mobil 079 659 76 94
E-Mail: mail@fmgs.ch E-Mail (Praxis): praxis.schnyder@datazug.ch
Christoph Schnyder
Im letzten Jahresbericht habe ich den Schwerpunkt der FMGS-Tätigkeiten auf die Arbeit an einem neuen Entschädigungsmodell für hausärztliche Leistungen gelegt (hier ein Zitat aus diesem Bericht): Für uns ist klar: Solange Tarmed und Kostenneutralität den Rahmen bilden, wird sich am Bild nichts verändern! Damit gelange ich zum Kernanliegen: grundlegende Neuorientierung unseres Abgeltungsmodells! Aus der 10-jährigen Erfahrung mit Tarmed müssen wir einen Katalog entwickeln, der die Vorund Nachteile emotionslos aufzeigt, gleichzeitig braucht es einen tauglichen Vorschlag für eine Alternative, der von der Basis verstanden wird und deren Vertrauen gewinnt. Dies wird die Arbeit meines zweiten Präsidialjahres sein.
Mir scheint, dass die Schicksalsergebenheit eines Grossteils der Hausärztinnen und Hausärzte (ich vermeide hier ausnahmsweise den Begriff «Grundversorger», da dieser ja neuerdings auch für Apotheker und Pflegefachpersonen zugelassen ist …) eine schwierig zu beseitigende Hürde ist, um mit Nachdruck Forderungen an die politischen Drahtzieher zu richten. Beschwichtigende Zugeständnisse in homöopathischen Dosierungen beruhigen die Gemüter nachhaltig, vergleichbar mit einer Basis-Schmerztherapie in Retardform, welche zwar nicht gesund macht, aber das Leiden in subjektiv erträglichem Rahmen hält. Bundesrat Berset versteht es meisterlich, die Exponenten der grossen Hausarztverbände bei Laune zu halten und gleichzeitig einen fundamentalen Umbau in der
medizinischen Versorgung der Schweizer Bevölkerung voranzutreiben. Besäuselt und benommen von Herrn Bersets Flirten wurde die für die Politiker inhaltlich unangenehme HausarztInitiative zugunsten eines zahnlosen Gegenvorschlages zurückgezogen. Ich habe in einem Kommentar auf diese naive und gutgläubige Verscherbelung unseres Tafelsilbers hingewiesen! Innert weniger Monate sind dem Neugeborenen nun jedoch Zähne gewachsen – die Beratungen zum Heilmittel- und zum Medizinalberufegesetz sind alles andere als hausarztfreundlich! Exemplarisch führe ich die Umfunktionierung der Pharmazeuten zu Grundversorgern an; noch weiss niemand, ob dies nur die Spitze eines Eisbergs ist.
Der Lerneffekt ist jedoch ausgeblieben. Munter supportiert die Ärzteseite weiterhin die Interdisziplinarität, in der Meinung, damit den Hausärztemangel beheben zu können. Ohne Begleitmassnahmen wie etwa substanzielle Verbesserung der Entschädigung, selbstredend auch für Hausbesuche und Vorsorgeuntersuchungen, wird damit aber weiterer Abbau an der Attraktivität betrieben. Wer findet es schon spannend, als Triagestelle zwischen Apotheke und Spezialarzt zu fungieren! Die FMGS hat ihre Stimme in den regelmässig in ARS MEDICI publizierten Teasern verlauten lassen und immer wieder auf diese parlamentarischen Hinterhalte aufmerksam gemacht!
Mit Meckern alleine kann man selbstredend keine Veränderungen erreichen; deshalb wollen wir uns konstruktiv um eine Alternative zum Treten-an-OrtSpiel bemühen. Wir betrachten die völlig inadäquate Entschädigung hausärztlicher Tätigkeit als Hauptgrund für die offensichtliche Unattraktivität die-
ses Berufs. Feminisierung und die Tendenz, die Freiberuflichkeit gegen ein Angestelltenverhältnis zu tauschen, sind untrügliche Zeichen. Altershalber vom aktiven Praxisbetrieb zurücktretende Kollegen mit frustraner Nachfolgersuche oder Banken, welche nicht mehr bereit sind, eine neue Hausarztpraxis mit einem Betriebskredit zu unterstützen! Wem angesichts dieser Tatsachen nicht die Alarmglocken schrillen, der sitzt blind und taub im Elfenbeinturm. Ist es nicht paradox, wenn einerseits die Gesundheitskosten ständig steigen und die Krankenkassenprämien die Haushalte zunehmend belasten, andererseits die HausärztInnen nicht mehr kreditwürdig sind? Einer, der es wissen muss (Ex-BAG-Direktor Thomas Zeltner), hat die Kosten für die Arbeit der Hausärztinnen und Hausärzte übrigens anlässlich einer Podiumsdiskussion am Kollegium für Hausarztmedizin KHM als nebensächlich bezeichnet – niemand braucht also ein schlechtes soziales Gewissen zu haben, wenn er/sie eine markant bessere Bezahlung der Hausärzte fordert! Will man eine Spaltung innerhalb der Ärzteschaft vermeiden, geht dies natürlich nicht ohne Abschaffung der Kostenneutralität. Nur: zum Gespräch über diese Forderung wird Bundesrat Berset die Vertreter der Ärzteschaft sicherlich nicht zum gemütlichen Kaffee-Schwatz in Minne einladen …
Die Beharrlichkeit, mit welcher am bisherigen kostengünstigen und qualitativ hochstehenden Grundversorgungssystem Sabotage betrieben wird, ist beängstigend – aber aus Sicht diverser Akteure durchaus nachvollziehbar: Das Gesundheitswesen ist ein Markt von riesiger wirtschaftlicher Bedeutung und der Futternapf für Hunderttausende! Und da Betriebswirtschaftslehre im Medizinstudium ein Schattendasein
196
ARS MEDICI 4 I 2015
FREIBERUFLICHE MEDIZINISCHE GRUNDVERSORGERINNEN SCHWEIZ
Eppure si muove …
führt, vorwiegend vom Helferwillen Beseelte sich zum Hausarzt/zur Hausärztin ausbilden lassen und für Heilbehandlungen ein Entgelt zu verlangen für nicht wenige an Peinlichkeit grenzt, sind die Hausärzte – politisch gesehen – eine gutmütige Lämmerherde. Krankenhäuser, der Staat als Betreiber von Spitalambulatorien, kommerziell orientierte Ärztezentrumbetriebsgesellschaften, HMO von Krankenkassen oder Apothekenketten haben bedeutend weniger Hemmungen, sich aus dem Topf einbezahlter Krankenkassenprämien zu bedienen. Zudem haben sie eine wirkungsvolle Lobby im Parlament, wo die Rahmenbedingungen für unsere Tätigkeit ausgehandelt werden. Kein Wunder, bleiben echte Sparbemü-
hungen leere Worte, tut sich zum Beispiel die flächendeckende Selbstdispensation so unglaublich schwer, obwohl zur Genüge deren Kosteneffizienz bewiesen ist. An Argumenten, die freiberuflich tätigen Hausärzte und Hausärztinnen effizient zu fördern, würde es nicht fehlen. Aber wo bleibt der Enthusiasmus, sich dafür einzusetzen? Um wahrgenommen zu werden, brauchen wir mehr Präsenz! Jeder noch so kleine Beitrag ist wertvoll, willkommen und vor allem notwendig!
Die Vereinigung freiberuflicher medizinischer GrundversorgerInnen Schweiz FMGS ist überzeugt, dass in Eigenverantwortung tätige HausärztInnen die
beste Grundversorgung der Bevölkerung anbieten: qualitativ hochstehend, effizient, persönlich, nachhaltig.
10 Jahre Tarmed haben gezeigt, dass
dieses Abgeltungsmodell für ärztliche
Leistungen versagt, da es offensichtlich
zu unflexibel ist. Wir suchen nach ver-
nünftigen Alternativen, so etwa an un-
serer Generalversammlung mit einem
öffentlichen Referat von Prof. Thomas
Zeltner (14. März 2015 in Winterthur;
Anmeldung bei fmgs.ch).
O
Christoph Schnyder, Cham
Präsident der Vereinigung freiberuflicher medizinischer GrundversorgerInnen Schweiz FMGS
Einladung zur 4. Generalversammlung der FMGS am Samstag, 14. März 2015
Gerne lade ich Sie ein, die Rahmenveranstaltung vorgängig zur ordentlichen Mitgliederversammlung 2015 der Vereinigung freiberuflicher medizinischer GrundversorgerInnen der Schweiz FMGS in Winterthur zu besuchen! Als Gastreferenten konnten wir Prof. Dr. med. Thomas Zeltner, den ehemaligen Direktor des Bundesamtes für Gesundheit BAG, gewinnen. Er wird zu unserem Kernthema «alternative Vergütungsmodelle für ärztliche Leistungen» sprechen und hoffentlich eine lebhafte Diskussion entfachen. Aus organisatorischen Gründen bitten wir Sie um eine unverbindliche Anmeldung: mail@fmgs.ch
Programm:
10.00 Uhr
Willkommenskaffee
10.30 Uhr
Referat von Prof. Dr. med. Thomas Zeltner:
«Alternative Vergütungsmodelle für ärztliche Leistungen»
Zu diesem Referat und zur Diskussion sind Gäste herzlich willkommen!
Anschliessend findet die ordentliche Generalversammlung statt (ausschliesslich für FMGS-Mitglieder)
Der Jahresbericht des Präsidenten und die Jahresrechnung können auf der Vereinsplattform https://fmgs.webling.ch eingesehen werden!
Ort: Wegbeschreibung:
Stiftung Akazia, Schwalmenackerstrasse 7, 8400 Winterthur
zu Fuss ca. 15 Min. ab Bahnhof SBB mit öV: Bus 5 oder 14 bis «Obertor», Bus 676 bis «Stadthaus» mit dem Auto: Parking «Winterthur Versicherungen» oder «Theater»
ARS MEDICI 4 I 2015
197