Transkript
ARGUS PHYTOTHERAPIE
Fixkombination aus Sägepalmfrucht- und Brennnesselwurzelextrakt bessert Nykturie
Im Vergleich mit Finasterid oder Tamsulosin ergaben sich keine Unterschiede in der absoluten Verbesserung bei den nächtlichen Blasenentleerungen und in den Ansprechraten.
Eine Post-hoc-Analyse der gepoolten Daten aus kontrollierten Studien mit der mit der fixen Phytotherapeutikakombination PRO 160/120 (Prostagutt®-F) bei Männern mit Prostatabeschwerden hat gezielt den Einfluss auf die nächtliche Miktionsfrequenz untersucht.
World Journal of Urology
Extrakte aus Sägepalmfrüchten (Sabal serrulata, Serenoa repens) und aus Brennesselwurzel (Urtica dioica) gehören zu den am meisten eingesetzten Phytotherapeutika gegen Beschwerden der unteren Harnwege (lower urinary tract symptoms, LUTS), die mit einer benignen Prostathyperplasie (BPH) einhergehen. Verschiedene klinische Studien mit verschiedenen Präparaten haben heterogene Ergebnisse geliefert, sodass keine generellen Behandlungsempfehlungen für diese zwei Pflanzenextrakte gegeben werden können. Mit der fixen Kombination PRO 160/120 (Prostagutt®-F) aus Sägepalmfrüchteextrakt WS® 1473 (160 mg) plus Brennnesselextrakt WS® 1031 (120 mg) sind vier kontrollierte Studien publiziert worden, zwei betrafen Vergleiche mit Plazebo, und je eine wurde mit Finasterid (Proscar® oder Generika) beziehungsweise Tamsulosin (Pradif® oder Generika) durchgeführt. Alle untersuchten den Einfluss auf die Beschwerdesymptomatik am Ausgangspunkt und nach 24 Wochen anhand des International Prostate Symptome Scores (IPSS). Gegenüber Plazebo nahm der IPSS unter PRO 160/120 signifikant stärker ab (-8 vs. -1, p = 0,002 bzw. -6 vs. -5, p < 0,01), die beiden anderen Studien belegten die Nichtunterlegenheit gegenüber Finasterid oder Tamsulosin. Merksätze O Die fixe Kombination PRO 160/120 aus Sägepalmfrüchteextrakt WS® 1473 (160 mg) plus Brennnesselextrakt WS® 1031 (120 mg) hat in einer Analyse der gepoolten Daten aus doppelblinden, plazebokontrollierten Studien bei Männern mit LUTS/BPH eine signifikant grössere Reduktion der nächtlichen Miktionen sowie höhere Ansprechraten erzielt. O Die Besserung der Nykturie war derjenigen unter dem Alphablocker Tamsulosin und dem 5-alpha-Reduktasehemmer Finasterid ähnlich. Eine Nykturie ist sehr häufig und gehört zu den besonders störenden Beschwerden bei Patienten mit LUTS. Ein Cochrane-Review mit Metaanalyse von neun Studien mit verschiedenen Sägepalmextrakten, zu denen aber die Fixkombination PRO 160/120 nicht gehörte, fand Hinweise für eine signifikante Besserung der nächtlichen Miktionsfrequenz, allerdings bei signifikanter Heterogenität der Studien. Die vorliegende Studie hat daher gezielt den Einfluss von PRO 160/120 auf die Nykturie untersucht, die zwar im IPSS enthalten ist, aber bisher nicht gesondert beschrieben wurde. Methodik Es handelt sich um eine Post-hoc-Analyse von vier publizierten, randomisierten, doppelblinden, klinischen Studien mit PRO 160/120, die den Therapieeffekt gegenüber Plazebo oder den aktiven Vergleichssubstanzen Finasterid oder Tamsulosin über 24 Wochen bei Patienten mit mässiger bis schwerer LUTS bei BPH untersuchten. Zusätzlich wurden die gepoolten Daten der beiden plazebokontrollierten Studien analysiert. Resultate Die Daten stammen von 922 Patienten mit einem mittleren Alter von 66 Jahren und einer mittleren Miktionsfrequenz von 2,1 pro Nacht. In der gepoolten Analyse der Plazebovergleichsstudien besserten sich die nächtlichen Miktionen um 0,8 (29%) unter PRO 160/120 und um 0,6 (18%) unter Plazebo (p = 0,015). Die Ansprechrate unter PRO 160/120 war mit 69 Prozent signifikant höher als unter Plazebo (52%, p = 0,003). Die Mehrheit der ansprechenden Patienten hatte eine nächtliche Miktion weniger. Die absoluten Verbesserungen sowie die Ansprechraten waren unter der Fixkombination der beiden Pflanzenextrakte konsistent höher als unter Plazebo, und das galt auch für das breite Spektrum der ursprünglichen nächtlichen Miktionsfrequenzen. Diskussion Diese Analysen zeigen zum ersten Mal, dass die pflanzliche Fixkombination PRO 160/120 nach 24-wöchiger Therapie die nächtliche Miktionsfrequenz im Vergleich zu Plazebo signifikant reduziert und dass die Reduktion der Anzahl nächtlicher Mik- tionen derjenigen unter dem Alphablocker Tamsulosin und dem 5-alpha-Reduktase- Hemmer Finasterid ähnlich ist. Im Vergleich zu Plazebo erfuhr ein signifikant höherer Anteil der Männer mit LUTS/BPH unter PRO 160/120 eine Besserung der Nykturie. Vergleiche von Studien mit Pflanzenextrak- ten im Allgemeinen ebenso wie mit spezi- fischen Phytotherapeutika verschiedener Hersteller werden durch die Heterogenität sehr erschwert. So differierte die 5-alpha- Reduktase-Hemmung zwischen verschiede- nen Sägepalmfruchtextrakten um einen Faktor 200. Da die Zusammensetzung des Wirkstoffgemisches in Phytotherapeutika in Abhängigkeit von demm pflanzlichen Ausgangsmaterial und den Produktions- prozessen beträchtlich variiert, sind keine generellen Therapieempfehlungen möglich. Vielmehr muss jedes Präparat einzeln ge- prüft werden. Die Nykturie gehört zu den am stärksten störenden LUTS-Beschwerden und betrifft bis zu 37 Prozent der erwachsenen Männer und bis zu 43 Prozent der erwachsenen Frauen. Häufige nächtliche Miktionen be- einträchtigen die Lebensqualität und die Qualität des Schlafes und sind zusätzlich für Stürze und Frakturen verantwortlich. Die meisten der ansprechenden Patienten in die- ser Analyse erfuhren eine Reduktion der Nykturie um eine Miktion pro Nacht, im Mittel von 2,4 auf 1,6. Die resultierende Miktionsfrequenz wird von den Betroffe- nen und ihren Partnern gewöhnlich nicht als grössere Einschränkung der Lebensqua- lität eingestuft. O Halid Bas Oelke M et al.: Fixed dose combination PRO 160/120 of sabal and urtica extracts improves nocturia in men with LUTS suggestive of BPH: re-evaluation of four controlled clinical studies. World J Urol 32(5): 1149–1154. Interessenlage: Die Autoren deklarieren finanzielle Beziehungen zu verschiedenen Pharmafirmen mit Produkten für die Urologie. Die vier Studien, auf denen diese Analyse beruht, wurden von Schwabe Pharma, Karlsruhe, finanziert. 118 ARS MEDICI 2 I 2015