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STUDIE REFERIERT
Blutdruck- und Glukosekontrolle bei Diabetes Typ 2
In einer grossen Studie senkte eine strikte Blutdruckkontrolle bei älteren Patienten mit Diabetes Typ 2 die kardiovaskuläre Mortalität und die Gesamtsterblichkeit. Aus der Nachbeobachtung ging dann hervor, dass sich dieser Nutzen – wenn auch abgeschwächt – über Jahre fortsetzt. Eine intensive glykämische Kontrolle war im Vergleich zur Standardbehandlung dagegen nicht mit einer geringeren Mortalität assoziiert.
NEW ENGLAND JOURNAL OF MEDICINE
In der ADVANCE (Action in Diabetes and Vascular Disease: Preterax and Diamicron Modified Release Control Evaluation)-Studie untersuchten australische Wissenschaftler über einen Zeitraum von vier Jahren die Effekte einer Blutdrucksenkung im Vergleich zu Plazebo und den Nutzen einer inten-
Merksätze
O Bei Patienten mit etabliertem Diabetes Typ 2 senkt eine Blutdruckkontrolle langfristig das Sterblichkeitsrisiko.
O Um einen optimalen Nutzen zu erzielen, sollte die Behandlung kontinuierlich fortgeführt werden.
O Eine intensive glykämische Kontrolle kann bei diesen Patienten der Entwicklung oder der Verschlimmerung von Nierenerkrankungen vorbeugen.
siven glykämischen Kontrolle (HbA1cZielwert ≤ 6,5%) im Vergleich zur Standardbehandlung. An der Studie nahmen Diabetes-Typ-2-Patienten ab 55 Jahren mit mindestens einem weiteren Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen teil. Die Blutdrucksenkung erfolgte mit einer Fixkombination aus Perindopril/Indapamid (Perindopril Indapamid Helvepharm 4 mg/1,25mg®). Zur intensiven glykämischen Kontrolle wurde Gliclazid (Diamicron®MR) angewendet. In ADVANCE war die Blutdrucksenkung mit einer Reduzierung der Gesamtsterblichkeit um 14 Prozent (Hazard-Ratio [HR]: 0,86; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,75–0,98; p = 0,03) und der kardiovaskulären Mortalität um 18 Prozent (HR: 0,82; KI: 0,68– 0,98; p = 0,03) verbunden. Mit der intensiven glykämischen Kontrolle wurde zwar die Inzidenz neuer oder sich verschlimmernder Nephropathien reduziert, die renale oder die kardiovaskuläre Mortalität und die Gesamtsterblichkeit verminderten sich jedoch nicht.
ADVANCE-ON In der Nachbeobachtungsstudie ADVANCE-ON untersuchten die Wissenschaftler die Langzeiteffekte der intensiven Blutdruck- oder Blutglukosekontrolle über weitere sechs Jahre. Als primäre Endpunkte definierten sie die Gesamtmortalität und die Sterblichkeit aufgrund makrovaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Von den 11 140 Teilnehmern aus ADVANCE wurden 8494 in ADVANCEON eingeschlossen. Nach Beendigung von ADVANCE wurden die randomisiert zugeordneten Medikamente abgesetzt, und alle Patienten erhielten eine vergleichbare Behandlung bei ihrem Hausarzt.
Bereits bei der ersten Untersuchung im Rahmen von ADVANCE-ON waren die in ADVANCE beobachteten Unterschiede der Blutdruckwerte (5,6/2,2 mmHg, p < 0,001) und der HbA1c-Werte (0,67%, p < 0,001) zwischen den Gruppen nicht mehr vorhanden. Am Ende des Nachbeobachtungszeitraums waren die Reduzierungen der Gesamtsterblichkeit und der kardiovaskulären Mortalität bei den antihypertensiv behandelten Patienten im Vergleich zu Plazebo zwar weniger ausgeprägt als in ADVANCE, aber mit 9 Prozent (HR: 0,91; KI: 0,84–0,99; p = 0,03) und 12 Prozent (HR:0,88; KI: 0,77–0,99; p = 0,04) immer noch statistisch signifikant. Zwischen den Gruppen mit vormals intensiver und konventioneller glykämischer Kontrolle wurde am Ende der Nachbeobachtungszeit bezüglich der primären Endpunkte kein Unterschied beobachtet (HR: 1,00; KI: 0,92–1,08 für beide Endpunkte). In ADVANCEON zeigte sich zwar eine signifikante kumulative Reduzierung von Nierenerkrankungen im Endstadium um 46 Prozent (HR: 0,54; KI: 0,34–0,85; p = 0,007), die Sterblichkeitsraten wurden dadurch jedoch nicht gesenkt. Diskussion Ein Vergleich der Ereigniszahlen in ADVANCE und ADVANCE-ON legt nach Ansicht der Autoren nahe, dass die kumulative Reduzierung der Mortalität in der antihypertensiv behandelten Gruppe zu einem grossen Anteil auf einen «Carry-forward»-Effekt der Blutdrucksenkung zurückgeführt werden kann. «Die allmähliche Verringerung des Nutzens über die Zeit weist jedoch darauf hin, dass die blutdrucksenkende Therapie kontinuierlich fortgeführt werden sollte, um den maximalen Nutzen für den Patienten zu erzielen», schreiben die Forscher. Die Ergebnisse aus ADVANCE und ADVANCE-ON unterscheiden sich von den Resultaten anderer grosser Studien zur glykämischen Kontrolle bei Diabetikern. In den Nachbeobachtungsstudien des Diabetes Control and Complications Trial (DCCT) und der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) war eine frühzeitige intensive glykämische Kontrolle bei Diabetes Typ 1 beziehungsweise bei neu 1262 ARS MEDICI 24 I 2014 STUDIE REFERIERT diagnostiziertem Diabetes Typ 2 mit einer langfristigen Reduzierung kardiovaskulärer Ereignisse und der Mortalität verbunden. In ADVANCE-ON wurde dieser Nutzen einer intensiven Blutzuckersenkung dagegen nicht beobachtet. Die divergierenden Ergebnisse sind möglicherweise mit einem unterschiedlichen Ansprechen der Studienpopulationen auf die intensive glykämische Kontrolle erklärbar, vermuten die Autoren. So profitieren die jüngeren Diabates-1-Patienten in DCCT oder die Teilnehmer mit neu diagnostiziertem Diabetes Typ 2 in UKPDS langfristig wahrscheinlich deutlicher von einer frühzeitigen Blutzuckersenkung als die älteren Patienten mit etabliertem Diabetes Typ 2 in ADVANCE. Als weitere Ursache könnten unterschiedliche Differenzen der HbA1cWerte zwischen der intensiv und der konventionell kontrollierten Gruppe in den Studien zu den abweichenden Ergebnissen beitragen. In ADVANCE betrug die Differenz nach fünf Jahren 0,67 Prozent, in DCCT nach 6,5 Jahren 2,0 Prozent und in UKPDS nach zehn Jahren 0,9 Prozent. Zudem waren die HbA1c-Werte zu Baseline in DCCT und UKPDS mit jeweils über 8,5 Prozent wesentlich höher als zu Beginn von AVANCE (7,5%). Letztendlich muss auch berücksichtigt werden, dass die Nachbeobachtungszeiträume zu DCCT und UKPDS mit jeweils mehr als zehn Jahren wesentlich länger waren als die sechs Jahre in ADVANCE-ON. Somit war der Unter- suchungszeitraum hier möglicherweise zu kurz, um alle Vorteile der jeweiligen Intervention erkennbar werden zu lassen. O Petra Stölting Zoungas S et al.: Follow-up of blood-pressure lowering and glucose control in type 2 diabetes. N Engl J Med 2014; 371: 1392–1406. Interessenkonflikte: Die Studie wurde vom National Health and Medical Research Council of Australia, der Diabetes UK und der British Heart Foundation sowie von Servier International finanziert. Von den 27 Autoren haben 12 Gelder von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten. Celecoxib Helvepharm. I: Symptomatische Behandlung von Entzündungen und Schmerzen bei Osteoarthrose, rheumatoider Arthritis, M. Bechterew und juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) bei Kindern und Jugendlichen über 25 kg Körpergewicht. D: Niedrigste wirksame Dosis über einen möglichst kurzen Zeitraum. Arthrose: 200 mg/d; Arthritis: 100 mg-200 mg 2x/d; M. Bechterew: 100 mg-200 mg 2x/d; JIA: 100 mg 2x/d. Maximaldosen: 400 mg/d. Vorsichtsmassnahmen bei älteren Patienten mit Körpergewicht < 50 kg, bei leicht bis mässig eingeschränkter Nieren- od. leicht eingeschränkter Leberfunktion und bei langsamen GYP 2C9-Metabolisierern. KI: Überemp ndlichkeit gegen Inhaltsstoffe von Celecoxib Helvepharm, Sulfonamide, Acetylsalicylsäure, NSAR, Schwangerschaft, Stillzeit, aktive Magen-, Duodenalulzera, gastrointestinale Blutungen, entzündliche Darmerkrankungen, schwere Leberfunktionsstörungen oder Niereninsuffizienz, Herzinsuffzienz, klinisch gesicherte KHK, zerebrovaskuläre Erkrankung, Anwendung nach BypassOperation. VM: ältere Patienten, gleichzeitige Einnahme von anderen NSAR, anamnestische GI-Erkrankungen, erhebliche Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse (Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Rauchen) oder periphere Verschlusskrankheit, eingeschränkte Herzfunktion, Prädisposition für Wasserretention, Risiko für Hypovolämie, Hypertonie, eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion, bei systemischen Formen der JIA. Bei ersten Anzeichen von Haut- oder anaphylaktoider Reaktion Celecoxib absetzen. Schwerwiegende Leberreaktionen wurden beschrieben. UW: Bauchschmerzen, Diarrhoe, Dyspepsie, Flatulenz, Husten, Atomund Harnwegsinfektionen, Schla osigkeit, Schwindel, erhöhter Muskeltonus, Verstärkung einer Allergie, Ausschlag, Pruritus, grippeähnliche Symptome, periphere Ödeme/Flüssigkeitsretention u.a. IA: Orale Antikoagulantien, ACE-Inhibitoren, Angiotensin- II-Antagonisten und Diuretika, Cyclosporin, Tacrolimus, GYP 2D6-Substrate, Methotrexat, Lithium GYP 2G9 Inhibitoren/Induktoren. P: Kapseln zu 100 mg: 30; Kapseln zu 200 mg: 30 und 100 AK: B. ZI: Helvepharm AG, 8500 Frauenfeld. Stand der Information: Oktober 2013. Ausführliche Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch. 1264 ARS MEDICI 24 I 2014