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BERICHT
Neue Studien zur Therapie mit Biologika bei rheumatoider Arthritis
Jahreskongress der European League Against Rheumatism (EULAR)
Paris, 11. bis. 14. Juni 2014
KLAUS DUFFNER
Zwei Drittel mit Kombinationstherapie in Remission Der T-Zell-Co-Stimulationsmodulator Abatacept (Orencia®) ist seit 2007 in der Schweiz zugelassen. In Paris wurden nun neue Phase-IIIb-Ergebnisse vorgestellt. So wurden in der AVERTStudie* 351 Biologikum-naive und Methotrexat-(MTX-)naive Patienten mit früher aktiver rheumatoider Arthritis (RA) eingeschlossen, das heisst, sie wiesen seit weniger als 2 Jahren Symptome einer RA auf, waren positiv für Anti-CCP-Antikörper und besassen einen DAS28 von > 3,2 (1). Die Teilnehmer wurden randomisiert und über 12 Monate wöchentlich entweder mit Abatacept 125 mg plus MTX oder mit Abatacept 125 mg respektive MTX alleine behandelt. Nach 12 Monaten erreichten signifikant mehr Patienten mit der Abatacept-MTX-Kombinationstherapie eine Remission gemäss DAS28 (CRP < 2,6) als unter MTXMonotherapie (61 vs. 45%). Diese Ergebnisse würden zeigen, so Studienleiter Prof. Dr. Paul Emery aus Leeds, dass der frühe Einsatz von Abatacept effektiv sei. Zudem wollte man mit einem weiteren primären Endpunkt wissen, ob die Remission nach dem Absetzen aller medikamentösen RA-Therapien (einschliesslich Abatacept, MTX und Steroide) gehalten werden kann. Dabei zeigte sich, dass bei 79 Prozent der Patienten die Therapie wieder eingeleitet werden musste, da sich die RA-Symptome nach 1 Jahr verstärkt hatten. Bei einer kleinen Patientengruppe konnte jedoch die Remission über 6 Monate gehalten werden, wobei die ursprünglich mit Kombinationstherapie behan-
delte Gruppe gegenüber den ehemals mit MTX-Monotherapie Behandelten (ABA bzw. MTX) signifikante Vorteile aufwies. Sowohl die Kombinationstherapie als auch die beiden Monotherapien zeigten vergleichbare Sicherheitsprofile. Im Verlauf der 12-monatigen Behandlung traten bei 6,7 Prozent (Kombination), 12,1 Prozent (Monotherapie) beziehungsweise 7,8 Prozent (MTX-Monotherapie) schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf.
Knappe Hälfte in ACR/EULAR(Boolean-)Remission Auch Certolizumab pegol (Cimzia®), ein rekombinantes, humanisiertes Fabfragment, wartete mit neuen Phase-IIIErgebnissen auf (2). In die randomisierte Studie wurden 316 japanische Patienten mit früher RA (weniger als 12 Monate zwischen dem Auftreten der ersten RA-Symptome und deren Persistenz) eingeschlossen. Die Teilnehmer litten mindestens unter einer moderaten Krankheitsaktivität (DAS28 ≥ 3,2), schlechten prognostischen Faktoren und waren MTX-naiv. Sie erhielten entweder Certolizumab pegol plus MTX oder MTX plus Plazebo. Dabei zeigten die mit einer Kombinationstherapie Behandelten nach 52 Wochen eine signifikant stärkere Hemmung der radiografischen Progression als Personen in der MTX-Monotherapiegruppe (p < 0,001). Die klinischen Remissionsraten gemäss der strengeren Booleanbasierten Definition (ACR/EULAR[Boolean-]Remission) lagen in der Verumgruppe bei 45 Prozent (MTXPlazebo: 28%). Es traten keine neuen oder unerwarteten Aspekte zur Sicherheit des Biologikums auf.
Grössere Therapietreue bei TNF-Inhibitoren Was bringen gute und teure Therapien, wenn die Patienten ihre Medikamente nicht regelmässig nehmen? In der von der Firma AbbVie initiierten multinationalen ALIGN-Studie* wollte man wissen, was Patienten in Zusammenhang mit TNF-Hemmern und kon-
ventionellen Therapien glauben und was sie beschäftigt (3). Die insgesamt 7197 Befragten litten an verschiedenen Erkrankungen aus dem rheumatoiden Formenkreis: RA, ankylosierende Spondylitis (AS), Psoriasisarthritis (PsA), Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Psoriasis. Dabei war die Adhärenz bei den mit TNF-Inhibitoren Behandelten generell höher als bei den mit konventioneller Therapie Versorgten. Gleichzeitig zeigte sich, dass Patienten, die generell weniger Befürchtungen gegenüber ihrer Medikation hatten, erwartungsgemäss therapietreuer waren als Menschen mit Bedenken gegenüber ihrer Medikation.
RTX-Therapiezyklen für hochaktive RA Nachbehandlungen mit dem B-ZellAntikörper Rituximab (RTX; MabThera®) sind gängige klinische Praxis. Welche Wirksamkeit haben solche Zyklen? Um dieser Frage nachzugehen, wurden in der grossen Beobachtungsstudie CERERRA* die gepoolten Daten verschiedener europäischer Register analysiert (4). Eingeschlossen wurden dabei 340 Patienten (Durchschnittsalter: 54 Jahre, 83% Frauen) mit einer Krankheitsdauer von 12 Jahren und hochaktiver RA (BaselineDAS-28: 6,0). Alle hatten bereits mehrere gescheiterte Biologika- beziehungsweise DMARD-Behandlungen hinter sich. Sie wurden mit mindestens 4 Rituximab-(RTX-)Nachbehandlungen über je 1/2 Jahr versorgt. Bei jedem dieser Zyklen kam es zu einer signifikanten Reduktion der Krankheitsaktivität (DAS28-ESR), wobei der deutlichste Effekt nach dem ersten Zyklus zu erkennen war. Vor allem nach der 2. Behandlung erreichte das DASNiveau tendenziell einen stabileren Zustand. Zwar wies der DAS mit über 3,6 nach dem 4. Zyklus noch immer auf eine deutliche Krankheitsaktivität hin, im Vergleich zur hochaktiven Ausgangslage mit einem DAS28 von 6 und therapierefraktärer RA führte die RTXTherapie jedoch zu einer signifikanten Verbesserung.
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BERICHT
Deutliche Glukokortikoidreduktion Im Februar 2010 startete die prospektive nicht interventionelle ICHIBANStudie, in die zukünftig 4000 Patienten mit RA eingeschlossen werden sollten (5). In Paris wurden nun die 2-Jahres-Daten der ersten 589 Teilnehmer präsentiert. Alle litten unter hochaktiver RA (Baseline-DAS28: 5,6). Sie waren grösstenteils mit TNF-alpha-Inhibitoren (75%) beziehungsweise synthetischen DMARD vorbehandelt worden, bevor eine Therapie mit dem Anti-IL-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab (TCZ; Actemra®) folgte. Am Ende der 2-jährigen Praxisbeobachtung erreichten beachtliche 36 Prozent eine DAS28-ESR-Remission (< 2,6) und 27,5 Prozent beziehungsweise 53,8 Prozent eine gute beziehungsweise moderate EULAR-Response. Der Anteil der Patienten mit TCZ-Monotherapie wuchs im Laufe der Untersuchung von 43 Prozent auf 64 Prozent. Im gleichen Zeitraum sank die mittlere tägliche Glukokortikoiddosierung von 9,4 (Baseline) auf 5,3 mg/ Tag. Knapp jeder 5. Patient konnte seine Glukokortikoid-Einnahme ganz beenden. Damit stieg der Anteil der Teilnehmer, die ganz ohne Steroide auskamen, von anfänglich 11 auf 29 Prozent nach 2 Jahren. Diese unter Real-World-Bedingungen erhobenen Daten zeigen unter dem Einfluss von TCZ klare Verbesserungen der Aktivitätsparameter sowie eine signifikante Reduktion zusätzlicher DMARD und Glukokortikoide.
Wieder arbeitsfähig durch Anti-TNF-Behandlung Menschen mit RA leiden sehr häufig unter funktionellen Einschränkungen. So waren auch rund 90 Prozent der über 1000 Teilnehmer des GO-Programms (GO-Before, GO-Foward und GO-After) zu Beginn der Studie funktionell beeinträchtigt (HAQ-DI-Score > 0,5). Zwischen 8 und 13 Prozent der Patienten konnten aufgrund ihrer RAErkrankung zu diesem Zeitpunkt keiner Arbeit mehr nachgehen (6). Nach
der 5-jährigen Behandlung mit dem TNF-alpha-Hemmer Golimumab (GLM; Simponi®) plus gegebenenfalls MTX zeigten von den ursprünglich Beeinträchtigten 47 Prozent (Baseline: MTXNaive), 38 Prozent (Baseline: NonResponder auf MTX ) und 28 Prozent (Baseline: Anti-TNF-vorbehandelt) keine Behinderung mehr (HAQ-DIScore < 0,5). Von den zu Beginn komplett arbeitsunfähigen Teilnehmern hatten 30 Prozent, 29 Prozent beziehungsweise 5 Prozent (Anti-TNF-vorbehandelt) nach 256 Wochen Golimumabbehandlung wieder ihre Arbeitsfähigkeit erreicht. Diese Daten würden belegen, so die Autoren der internationalen Studie, dass eine effektive RA-Behandlung zu einem frühen Zeitpunkt sowohl die funktionellen Einschränkungen als auch die Arbeitsunfähigkeit über einen langen Zeitraum verbessert. Weniger Kosten durch Reduktion der Anti-TNF-Dosis Bereits in vielen Studien konnte die Wirksamkeit des TNF-Hemmers Adalimumab (ADA; Humira®) mit einer Erhaltungsdosis von 40 mg alle 2 Wochen gezeigt werden. Da der Einsatz der Biologika mit hohen Kosten verbunden ist, wollte man in einer spanischen Beobachtungsstudie wissen, welchen Einfluss eine Dosisreduktion auf den weiteren Krankheitsverlauf hat (7). Dazu wurden 109 Patienten mit verschiedenen rheumatoiden Erkrankungen (RA, PsA, AS) ausgewählt, die unter dem Einfluss von Adalimumab eine klinische Remission erreicht hatten (DAS28 < 2,6, BASDAI < 2). 18 dieser Patienten (16%) erhielten dann über mindestens 1/2 Jahr (0,6–1,9 Jahre) eine reduzierte Adalimumabdosierung von 40 mg alle 21 Tage (ADA21) oder 40 mg alle 28 Tage (ADA28). Während 16 der 18 Patienten ihre Remission hielten, erfuhr 1 Patient eine Reaktivierung seiner RA sowie 1 Patient die Reaktivierung seiner AS. Nach neuerlicher Gabe der normalen Dosierung Folgende Studien verbergen sich hinter den Abkürzungen: *AVERT: Assessing Very Early Rheumatoid arthritis Treatment *ALIGN: Multi-country, cross sectionAL study to Determine patient specific and General beliefs towards medicatioN *CERERRA: Collaborating European Registries for Rituximab in RA *CAMEO: Canadian Methotrexate and Etanercept Outcome Study (ADA14) erreichten diese 2 Patienten wieder eine Remission. Die Reduktion der Dosierung führte zu einer Kostenersparnis von 91941 Euro. Damit, so die spanischen Autoren der Untersuchung, könnten rund 7 Rheumapatienten für 1 Jahr ohne zusätzliche Kosten mit einer Adalimumabtherapie versorgt werden. Remission auch bei Anti-TNF-Stopp? Remission und niedrige Krankheits- aktivität sind klinische Schlüsselziele bei RA-Patienten. In einer Post-hoc- Analyse der CAMEO*-Studie wollte man die Erreichbarkeit und Nachhal- tigkeit von beidem untersuchen (8). Dazu wurden 258 MTX-behandelte Patienten mit aktiver RA (Baseline- DAS28: 5,4; Krankheitsdauer 9 Jahre) über 24 Monate mit Etanercept-(ETN; Enbrel®-)MTX-Kombinationstherapie oder ETN-Monotherapie behandelt. Patienten, die bereits nach 6 Monaten eine Remission oder eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht hatten (DAS28 < 2,6), befanden sich zum grössten Teil auch nach 2 Jahren noch in dieser Situation (37%). Dagegen ver- lor sich bei Patienten mit einer Remis- sion erst nach 12 Monaten (ETN + MTX: 12%) die Verbesserung nach 2 Jahren häufiger wieder (ETN + MTX: 6%). Und wenn eine nachhaltige Remission dazu genutzt wird, die Anti-TNF- Therapie ganz zu beenden? In einer japanischen Untersuchung erreichten 99 Patienten mit ursprünglich mode- rater RA-Aktivität (durchschnittliche Krankheitsdauer 5 Jahre) nach ETN/ MTX-Behandlung eine stabile Remis- sion (DAS28) (9). Anschliessend wur- den sie in 2 Gruppen randomisiert: Anti-TNF-Therapiefortführung oder -einstellung. 6 beziehungsweise 12 Mo- nate nach dieser Randomisierung be- fanden sich 91 respektive 88 Prozent der Weiterbehandelten und 64 respek- tive 54 Prozent der Abbrecher noch in klinischer Remission. Damit zeigte sich, dass Patienten mit früher RA und nachhaltiger Remission durch eine ETN/MTX-Weiterbehandlung zumeist ihren Status behielten, aber auch The- rapieeinsteller zu mehr als 50 Prozent in Remission blieben. O Klaus Duffner ARS MEDICI 22 I 2014 1107