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STUDIE REFERIERT
Gallengangsteine bei Cholezystektomie
Welche Behandlungsstrategie ist die beste?
Die Cholezystektomie zählt zu den häufigsten operativen Eingriffen in der westlichen Welt. Dies gilt auch für die Schweiz. Hier werden rund 12 000 Patienten pro Jahr operiert (1). Oftmals werden während der Operation Gallengangsteine entdeckt. Eine grosse schwedische Studie
Hierbei werden des öfteren Gallengangsteine entdeckt, und es stellt sich die Frage nach dem weiteren therapeutischen Vorgehen. Einer optimalen Behandlungsstrategie kommt eine besondere Bedeutung zu, da Gallengangsteine zu schweren Komplikationen wie Cholangitis oder Pankreatitis führen können.
raum zwischen Mai 2005 und Dezember 2009 erfassten Daten des Swedish Registry for Gallstone Surgery and Endoscopic Retrograde Cholangiopancreatography (GallRiks) analysiert (2). Alle Patienten, bei welchen während einer Cholezystektomie Gallengangsteine cholangiographisch diagnostiziert worden waren, wurden in die Studie aufgenommen. In der Analyse wurden verschiedene interventionelle Techniken zur Entfernung von Gallengangsteinen sowie eines abwartenden Vorgehens bei Gallengangsteinen verglichen. Ziel der Studie war es zu bestimmen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen der Art der Behandlungsstrategie sowie einer ungünstigen Verlaufsform (unfavorable outcomes, UO) bestand. Eine ungünstige Verlaufsform lag vor, wenn der Stein nicht vollständig ent-
kommt zu dem Ergebnis, dass eine interventionelle Behandlungsstrategie günstig sei.
Tabelle:
Häufigkeit ungünstiger Verlaufsformen (nach 2)
JAMA
Die Darstellung der Gallengänge während einer Cholezystektomie erleichtert dem Chirurgen bei der Cholezystektomie die Orientierung und wird in Schweden regelmässig durchgeführt.
Merksätze
Strategie (95%-KI)
Häufigkeit UO Odds-Ratio
Kein weiteres therapeutisches Vorgehen geplant 150/594 (25,3%) 1 (Referenz)
Postoperative endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) mit Steinextraktion
103/572 (18,0%) 0,66 (0,49–0,87)
Laparoskopische Choledochotomie
8/141 (5,7%) 0,18 (0,08–0,37)
Offene Choledochotomie
141/781 (18,1%) 0,65 (0,49–0,85)
Laparoskopische transzystische Steinextraktion 35/512 (6,8%) 0,23 (0,15–0,33)
Intraoperative ERCP mit Steinextraktion
98/889 (11,0%) 0,37 (0,28–0,49)
Spülbehandlung
26/339 (7,6%) 0,26 (0,17–0,41)
O Die Cholezystektomie zählt zu den häufigsten Eingriffen in der westlichen Welt.
UO: ungünstige Verlaufsform (unfavorable outcomes), KI: Konfidenzintervall
O Bei dem Eingriff werden oftmals cholangiografisch Gallengangsteine entdeckt.
O Verschiedene Behandlungsoptionen stehen dann zur Verfügung (u. a. ERCP, Choledochotomie, transzystische Steinextraktion, Spülbehandlung). Auch ein abwartendes Verhalten ist möglich.
O Eine schwedische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Verlauf der Erkrankung bei abwartender Vorgehensweise häufig ungünstig ist.
O Weitere Studien sind erforderlich, um das Resultat der schwedischen Analyse zu bestätigen.
Ursodeoxycholsäure kann eine Litholyse ermöglichen. Bisher durchgeführte kurzfristige Analysen und langfristige retrospektive Studien lassen den Schluss zu, dass weniger als die Hälfte der Patienten mit asymptomatischen Gallengangsteinen symptomatisch wird und mehr als 20 Prozent der Steine spontan abgehen. Dies wirft die Frage auf, ob Patienten mit Gallengangsteinen zwingend behandelt werden müssen.
Grosse schwedische Studie untersucht Behandlungsstrategien In einer schwedischen retrospektiven Kohortenanalyse wurden die im Zeit-
fernt war und/oder Komplikationen innerhalb eines Zeitraums von bis zu 30 Tagen nach der Operation auftraten. Es konnten 7 verschiedene Behandlungsformen unterschieden werden: O kein weiteres therapeutisches
Vorgehen geplant O postoperative endoskopische retro-
grade Cholangiopankreatikographie (ERCP) mit Steinextraktion O laparoskopische Choledochotomie O offene Choledochotomie O laparoskopische transzystische Steinextraktion O intraoperative ERCP mit Steinextraktion O Spülbehandlung
ARS MEDICI 22 I 2014 1125
STUDIE REFERIERT
Studienergebnisse Es wurden 38 864 Patienten cholezystektomiert. Hierbei wurden bei 3969 Patienten Gallengangsteine diagnostiziert. Die Ergebnisse der verschiedenen therapeutischen Strategien sind in Tabelle dargestellt. Frühe oder anhaltende Symptome traten bei sich vergrössernden Steinen häufiger auf (p < 0,01). Insgesamt war die Verlaufsform bei 14,9 Prozent der Studienteilnehmer ungünstig. Bei den Patienten, bei denen keine operativen Massnahmen durchgeführt worden waren, lag das Risiko für eine ungünstige Verlaufsform bei 25,3 Prozent. Das Risiko war signifikant niedriger bei Patienten, bei welchen eine Massnahme zur Ausräumung des Gallengangs durchgeführt worden war (12,7%, Odds-Ratio 0,44, 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,35–0,55). Dieses Ergeb- nis fand sich auch bei kleinen (< 4 mm) oder mittleren Steinen (4–8 mm). Die Autoren der schwedischen Kohortenanalyse kommen zu dem Schluss, dass die Verlaufsform häufig ungünstig war, wenn keine interventionelle Technik angewandt wurde. Dies deute darauf hin, dass ein abwartendes Vorgehen für den Patienten nicht so vorteilhaft sei, wie früher angenommen wurde. Kritik wird laut Kritiker der Studie geben zu bedenken, dass die ungünstige Verlaufsform kein einheitliches Mass darstelle und es so nicht möglich sei, die Verfahren miteinander zu vergleichen (3). Zudem führe eine routinemässig durchgeführte Cholangiographie oft zu falsch-positiven Befunden. Letztendlich seien die Ergebnisse der Studie daher nur be- grenzt verwendbar. Weitere Untersuchungen seien erforderlich, um eine optimale Strategie bei der Diagnostik von Gallengangsteinen während einer Chlolezystektomie zu bestimmen. O Claudia Borchard-Tuch Interessenlage: Es liegen keine Interessenkonflikte vor. Literatur: 1. Scheiwiller A et al.: Akute Cholezystitis – therapeuti- sche Optionen und chirurgisches Timing. Schweiz Med Forum 2013; 13(46): 932–935. 2. Möller M et al.: Natural course vs interventions to clear common bile duct stones: data from the Swedish Registry for Gallstone Surgery and Endoscopic Retrograde Cholangiopancreatography (GallRiks), JAMA Surg 2014, Aug 13. doi: 10.1001/jamasurg.2014.249 [Epub ahead of print]. 3. Montero P et al.: Clearing common bile duct stones: one size does not fit all. JAMA Surg 2014, Aug 13. doi: 10.1001/jamasurg.2014.195 [Epub ahead of print]. 1126 ARS MEDICI 22 I 2014