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FORTBILDUNG
Onkologische Patienten unter Biologika
Was ist bei der hausärztlichen Nachsorge zu beachten?
In den letzten Jahren wurden in der systemischen Krebsbehandlung neue Substanzen eingeführt, die als Mono- oder Kombinationstherapie mit Zytostatika zum Einsatz kommen. Es handelt sich dabei um monoklonale Antikörper und um Kinaseinhibitoren. Ziel dieses Artikels ist, das Nebenwirkungsprofil neuer Substanzen darzustellen und erforderliche Massnahmen in der hausärztlichen Nachsorge aufzuzeigen.
GERTRAUD TSCHURTSCHENTHALER
Die onkologischen Therapiemöglichkeiten haben sich durch monoklonale Antikörper und Kinaseinhibitoren erweitert. Durch Erkennen und rasche Behandlung von Nebenwirkungen kann für onkologische Patienten eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden. In Tabelle 1 sind monoklonale Antikörper mit Einsatz und wichtigsten Nebenwirkungen zusammengefasst. Kontrazeption ist während der Verabreichung und bis sechs Monate nach Therapie angezeigt. In Tabelle 2 sind die Indikationen und die wichtigsten Nebenwirkungen der beschriebenen Tyrosinkinaseinhibitoren zusammengefasst. Auch während der Behandlung mit Tyrosinkinaseinhibitoren sollten kontrazeptive Massnahmen eingehalten werden.
Trastuzumab Trastuzumab (Herceptin®) ist ein humanisierter IgG1-monoklonaler Antikörper bei HER2-positiven Patienten. Er wird beim Mammakarzinom neoadjuvant, adjuvant oder in der Metastasierung verwendet sowie beim metastasierten Magenkarzinom.
Merksätze
O Das Nebenwirkungsspektrum der monoklonalen Antikörper und Kinasehemmer ist vielfältig.
O Durch Erkennen und rasche Behandlung von Nebenwirkungen kann die Lebensqualität für onkologische Patienten verbessert werden.
Nebenwirkungen: Einschränkung der Linksventrikelfunktion des Herzens, allergische Reaktionen mit Bronchospasmus, Urtikaria und Angioödem bis Anaphylaxie, insbesondere in den ersten 150 Minuten der Verabreichung, selten interstitielle Pneumonie beziehungsweise Lungenödem. Zur Beachtung: Die erste Infusion sollte über 90 Minuten verabreicht werden, bei guter Verträglichkeit kann die Dauer auf 30 Minuten stufenweise reduziert werden. Die Verabreichung erfolgt in dreiwöchentlichen Abständen, wobei die adjuvante Therapie bei Mammakarzinom derzeit für ein Jahr empfohlen wird. Bei Auftreten von Atemnot ist zwischen einer Einschränkung der Linksventrikelfunktion und einer interstitiellen Pneumonie zu differenzieren.
Cetuximab Cetuximab (Erbitux®) ist ein chimärer monoklonaler IgG1Antikörper, der zugelassen ist bei EGFR-exprimierendem Kolonkarzinom mit Wildtyp KRAS-Gen in Kombination mit FOLFIRI oder FOLFOX und als Monotherapie, wenn eine Therapie auf Oxaliplatin- und Irinotecanbasis versagt hat oder eine Irinotecanintoleranz vorliegt. Ausserdem ist Cetuximab in Kombination mit Radiotherapie zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom im Kopf-Hals-Bereich zugelassen sowie in Kombination mit Cisplatin und 5-Fluorouracil zur Behandlung von Patienten mit rezidivierendem und/oder metastasiertem Plattenepithelkarzinom im Kopf-Hals-Bereich. Nebenwirkungen: Am störendsten für Patienten und am häufigsten sind Hautreaktionen, die in Form einer ausgeprägten Akne imponieren. Infusionsbedingte Reaktionen können innerhalb von Sekunden ab Verabreichung auftreten und erfordern eine Vortherapie mit Kortison, Ranitidin und antiallergischer Infusion. Wegen Neutropenie bei Kombinationstherapie ist bei Infekten die sofortige Einleitung einer Antibiose und bei Granulozytopenie unter 1500 × 109/l die Verabreichung von Wachstumsfaktoren erforderlich. Bei Kombinationstherapie werden Hypomagnesiämie, Hypokaliämie und Hypokalzämie beschrieben. Zur Beachtung: Bei Hautreaktionen werden 1-prozentige Hydrokortisoncreme und orale Tetrazykline empfohlen, die in der Folge prophylaktisch weitergeführt werden sollten. Je nach Hautreaktion ist eine Dosisreduktion beziehungsweise bei schwerwiegenden Veränderungen die Unterbrechung der Therapie erforderlich. Bei Cetuximab signalisiert eine starke Hautreaktion ein Ansprechen auf die Therapie. Das gilt auch für Panitumumab.
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Tabelle 1:
Besonders relevante Nebenwirkungen monoklonaler Antikörper
Wirksubstanz Trastuzumab (Herceptin®) Cetuximab (Erbitux®)
Zielstruktur EGFR 2 EGFR 1
Panitumumab (Vectibix®)
EGFR 1
Bevacizumab (Avastin®)
VEGFR
Rituximab (MabThera®)
CD 20
Alemtuzumab (MabCampath®/Lemtrada®) CD 52
Ibritumomab-Tiuxetan (Zevalin®)
CD 20
Nebenwirkungen Kardiotoxizität Infusionsreaktion, Akne, GI-Beschwerden Infusionsreaktion, kutane Reaktionen, Elektrolytstörungen arterielle Hypertonie, Proteinurie, Blutungen, Thrombosen Infusionsreaktion, Infekte
Myelosuppression, atypische Infekte
Infusionsreaktion, Myelosuppression
Zugelassene Indikationen Mamma- und Magenkarzinom Kolorektalkarzinom
Kolorektalkarzinom
Kolorektal-, Mamma-, Bronchial-, Nierenzellund Ovarialkarzinom, Glioblastom Non-Hodgkin-Lymphome, rheumatoide Arthritis, ANCA-assoziierte Vaskulitis früher chronisch lymphatische Leukämie (CLL), heute Multiple Sklerose (s. Text) Non-Hodgkin- und follikuläre Lymphome
EGFR: epidermal growth factor; VEGF: vascular endothelial growth factor Zulassungen gemäss Swissmedic, Stand 15. August 2014
Panitumumab Panitumumab (Vectibix®) ist ein voll humaner IgG2-Antikörper gegen den EGF-Rezeptor. Er ist in der Schweiz zugelassen bei metastasiertem kolorektalem Karzinom mit Wildtyp KRAS in der Second-Line-Therapie in Kombination mit einer irinotecanhaltigen Chemotherapie oder als Monotherapie nach Versagen der fluoropyrimidin-, der oxaliplatinund irinotecanhaltigen Chemotherapie. Nebenwirkungen: Im Vordergrund stehen wiederum Hautreaktionen bei rund 90 Prozent der Patienten sowie pulmonale Reaktionen, Hypomagnesiämie, Hypokalzämie und Hypokaliämie. Zur Beachtung: Bei 4 Prozent der Patienten wurden Infusionsreaktionen in den ersten 24 Stunden beobachtet. Vorsicht ist bei schwerer Diarrhö mit Dehydratation geboten und bei einem ECOG-Status unter 2.
Bevacizumab Bevacizumab (Avastin®) ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, der an VEGF bindet. Er wird eingesetzt bei metastasiertem Kolon- oder Rektumkarzinom, metastasiertem Mammakarzinom mit negativem HER2-Status, metastasiertem oder fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom, fortgeschrittenem epithelialem Ovarialkarzinom und primärem Peritonealkarzinom. Nebenwirkungen: Wundheilungskomplikationen werden in 10 bis 20 Prozent der Fälle beobachtet, ebenso Fistelbildungen und Magen-Darm-Perforationen. Neben Blutungen treten arterielle und venöse Thromboembolien auf, zusätzlich arterielle Hypertonie und kongestive Herzinsuffizienz sowie Proteinurie. Zur Beachtung: Regelmässige Blutdruckkontrollen werden angeraten. Bei geplanten chirurgischen Eingriffen sollte Bevacizumab pausiert werden. In Kombination mit Bisphosphonaten wurden Kiefernekrosen beobachtet, daher ist vor
Einleitung der Therapie eine Zahnsanierung anzustreben. Lokal kommen Anti-VEGF-Therapien als intravitreale Applikation bei Makuladegeneration zum Einsatz.
Rituximab Rituximab (MabThera®) ist ein monoklonaler chimärer Antikörper aus humanen IgG1 gegen CD 20. Er wird bei malignen Non-Hodgkin-Lymphomen, bei chronisch lymphatischer Leukämie, rheumatoider Arthritis und ANCA-assoziierter Vaskulitis gegeben. Nebenwirkungen: Im Vordergrund steht die akute allergische Reaktion, insbesondere bei der ersten Therapie. Daher ist eine Vortherapie mit Ranitidin, Paracetamol und einem Antiallergikum obligat, die Substanz sollte langsam begonnen und vorsichtig gesteigert werden. Infekte, insbesondere bei Kombination mit Chemotherapie, und Leukenzephalopathie wurden beschrieben. Jahre nach der Verabreichung kann es zu einem sekundären Antikörpermangelsyndrom kommen. Zur Beachtung: Vor Einleitung der Therapie mit Rituximab sollte eine Immunglobulinbestimmung erfolgen und auf Hepatitis B getestet werden. Während der Behandlung sollte keine Impfung mit Lebendimpfstoffen erfolgen. Rituximab kann nach der Kombinationstherapie als Erhaltungstherapie weitergeführt werden (z.B. bei follikulärem Lymphom).
Alemtuzumab Alemtuzumab (MabCampath®) ist ein monoklonaler Antikörper gegen CD 52, der bei chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) eingesetzt wurde. MabCampath® wurde 2012 vom Hersteller aus wirtschaftlichen Erwägungen vom Markt genommen, und die Zulassung für CLL wurde zurückgegeben. Alemtuzumab wurde 2013 in der EU unter dem Namen Lemtrada® mit der neuen Indikation Multiple Sklerose zugelassen. Nebenwirkungen: Es können akute Reaktionen während der Infusion mit Fieber und Schüttelfrost auftreten, Infektionen,
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Tabelle 2:
Besonders relevante Nebenwirkungen der Kinasehemmer
Wirksubstanz Imatinib (Glivec®)
Zielstruktur bcr-abl, KIT, PDGFR
Nebenwirkungen
Knochenmarkdepression, Übelkeit, Flüssigkeitsretention, Ergüsse, Ödeme
Nilotinib (Tasigna®) Dasatinib (Sprycel®) Sunitinib (Sutent®) Sorafenib (Nexavar®) Erlotinib (Tarceva®)
bcr-abl bcr-abl VEGFR, KIT, PDGFR VEGFR, PDGFR, KIT EGFR
QT-Verlängerung, Neutro-, Thrombopenie QT-Verlängerung, Flüssigkeitsretention Dermatitis, Hand-Fuss-Syndrom, verminderte LVF arterielle Hypertonie, Exanthem, Neuropathie Dyspnoe, Husten, Erythem (70%), Übelkeit, Diarrhö
Lapatinib (Tyverb®) EGFR, HER2
verminderte LVF, Erythem, Hepatoxizität
Zugelassene Indikationen
CML, GIST, chronische eosinophile Leukämie, Ph+ ALL, Dermatofibrosarkom protuberans (DFSP) Ph+ CML Ph+ CML, Ph+ ALL GIST, Nierenzell- und Pankreaskarzinom Leberzell- und Nierenkarzinom Pankreaskarzinom, nicht kleinzelliges Lungenkarzinom Mammakarzinom
EGFR: epidermal growth factor; VEGFR: vascular endothelial growth factor; PDGFR: platelet derived growth factor; bcr-abl: Fusionsgen (Philadelphia-Chromosom); KIT: Tyrosinkinase KIT; HER: human epidermal growth factor receptor; CML: chronisch myeoloische Leukämie; ALL: akute lymphatische Leukämie; Ph+: Philadelphia-Chromosom-Positiv; GIST: gastrointestinaler Stromatumor; LVF: Linksventrikuläre Funktion. Zulassungen gemäss Swissmedic, Stand 15. August 2014
Muskel- und Gelenkschmerzen, arterielle Hypertonie sowie Benommenheit und Geschmacksveränderungen. Zur Beachtung: HIV-Infektion stellt eine Kontraindikation dar. Während und bis zu zu zwölf Monate nach der Therapie sollten keine Lebendimpfstoffe gegeben werden.
Imatinib Imatinib (Glivec®) ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der bei folgenden Indikationen angewandt wird: Philadelphia-Chromosom-positive (Ph+), chronisch myeloische Leukämie (Ph + CML), Ph+ ALL (akute lymphatische Leukämie), hypereosinophiles Syndrom und/oder chronische eosinophile Leukämie mit FIP1L1-PDGFR-␣-Fusionsprotein, unresezierbarer und/oder metastasierter maligner gastrointestinaler Stromatumor (GIST), adjuvant bei relevantem Risiko eines Rezidivs nach Resektion von c-Kit-(CD117-)positivem GIST, unresezierbare, rezidivierende oder metastasierte Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP). Nebenwirkungen: Im Vordergrund stehen Flüssigkeitsretention und Ödeme sowie Kopf- und Muskelschmerzen. Hämatotoxische Veränderungen bis Panzytopenie wurden beobachtet sowie gastrointestinale Blutungen bei GIST und gastrointestinale Nebenwirkungen mit Durchfall und Erbrechen und Hepatotoxizität. Selten tritt bei grosser Tumorlast ein Tumorlysesyndrom auf. Zur Beachtung: Die Plasmakonzentration von Imatinib steigt bei Hemmung der Aktivität des Zytochrom-P450-Isoenzyms CYP3A4 (z.B. durch Ketoconazol), sie wird vermindert durch Induktion der Aktivität des Zytochrom-P450-Isoenzyms CYP3A4 (z.B. durch Dexamethason, Carbamazepin, Johanniskraut). Paracetamol und Levothyroxin führen zu einer herabgesetzten Plasmakonzentration von Imatinib. Bei Zytopenie und bei zerebralen Symptomen wie Schwindel, Schläfrigkeit und verschwommenem Sehen ist eine Therapiepause zu veranlassen.
Nilotinib Nilotinib (Tasigna®) ist ein Tyrosinkinasehemmer, der bei Ph+ CML zum Einsatz kommt. Nebenwirkungen: Neben Myelosuppression wurden Kopfschmerzen und Übelkeit beschrieben sowie Myalgie und Exanthem. QT-Verlängerung und plötzlicher Herztod wurden beobachtet. Bei hoher Tumormasse ist auf ein Tumorlysesyndrom zu achten. Zur Beachtung: Die Einnahme sollte zwei Stunden nach einer Mahlzeit mit mindestens einer Stunde Essenspause nach dem Medikament stattfinden. Bezüglich CYP3A4 gelten die gleichen Empfehlungen wie bei Imatinib, wobei auch kein Grapefruitsaft getrunken werden sollte. Medikamente mit QT-Verlängerung wie Amiodaron oder Clarithromycin sollten vermieden werden.
Dasatinib Dasatinib (Sprycel®) ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der für Ph+ CML und Ph+ ALL zugelassen ist. Nebenwirkungen: Kopfschmerzen und Flüssigkeitsretention mit Pleuraergüssen sowie Myalgien und Exanthem empfinden Patienten am unangenehmsten. Pulmonalarterielle Hypertonie, kongestive Herzinsuffizienz sowie akuter Myokardinfarkt und QT-Verlängerung wurden beobachtet. Myelosuppression und Infektionen sind Gründe zur Unterbrechung. Zur Beachtung: Dasatinib sollte frühestens zwei Stunden nach Antazidumeinnahme eingenommen werden, weil durch Antazida die Wirkung reduziert wird. Darüber hinaus gilt die Interaktion von Medikamenten wie bei Imatinib und Nilotinib.
Sunitinib Sunitinib (Sutent®) ist ein Tyrosinkinaseinhibitor, der verschiedene Rezeptoren (PDGF, VEGF, KIT, FLT3) hemmt.
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Er wird peroral verabreicht bei GIST, metastasiertem Nierenzellkarzinom und pankreatischen neuroendokrinen Tumoren. Nebenwirkungen: Im Vordergrund stehen Hautveränderungen wie gelbe Hautverfärbung (bei 30% der Patienten!), Exanthem und Palmar-Plantar-Syndrom sowie Blutungen in 19 bis 39 Prozent der Fälle. Gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Stomatitis und Diarrhö sowie Wundheilungsstörungen und Fisteln sind bekannt, ausserdem arterielle Hypertonie, venöse und arterielle Thromboembolien. Störend sind für Patienten Muskel- und Gelenkschmerzen. Leberfunktionsstörungen und selten Neutropenie und Thrombopenie wurden beobachtet. Zur Beachtung: Die Substanz ist ebenfalls durch CYP3A4Induktoren oder CYP3A4-Hemmer in der Bioverfügbarkeit verändert. Regelmässige Leberfunktionsproben und Kontrollen der Schilddrüsenfunktion sind angezeigt sowie EKG-Kontrollen wegen QT-Veränderung. Selten wurden Pankreatitis mit klinischen Symptomen und Kiefernekrose in Kombination mit Bisphosphonaten nachgewiesen.
Sorafenib Sorafenib (Nexavar®) ist ein Multikinaseinhibitor mit antiproliferativer und antiangiogenetischer Wirkung. Er wird bei Leberzellkarzinom und Nierenzellkarzinom als orale Substanz verwendet. Nebenwirkungen: Hautveränderungen wie Akne, Exantheme und Palmar-Plantar-Erythem, Alopezie, Durchfall und Erbrechen sind für Patienten am störendsten. Kardiale Ischämien, Myokardinfarkte, QT-Intervall und arterielle Hypertonie limitieren den Einsatz bei Koronarpatienten. Regelmässige Leberfunktionsproben sind angezeigt. Zur Beachtung: Vor grösseren chirurgischen Eingriffen ist wegen Blutungsrisiko die Substanz abzusetzen. Bei älteren Patienten wurde selten ein Nierenversagen beobachtet. Bei Elektrolytkontrollen ist auf Hypophosphatämie zu achten.
Nebenwirkungen: Patienten berichten über Durchfälle beziehungsweise Arthralgien und Muskelschmerzen sowie Hautund Nagelveränderungen (Exantheme, Akne), Epistaxis und Schlaflosigkeit. Dyspnoe kann durch Verringerung der Linksventrikelfunktion oder interstitielle Lungenerkrankung verursacht sein. Zur Beachtung: Die Substanz sollte nicht mit Grapefruitsaft und nicht mit fetten Speisen eingenommen werden; ausserdem sollten Substanzen vermieden werden, die den pH-Wert des Magens erhöhen, weil dadurch die Lösbarkeit von Lapatinib verringert wird. Repaglinid ist während Lapatinib kontraindiziert. Unter Lapatinib wurden schwere Nierenfunktions- und Leberfunktionsstörungen beobachtet. O
Dr. med. Gertraud Tschurtschenthaler Interne 1: Internistische Onkologie, Hämatologie und Gastroenterologie Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz Seilerstätte 4 A–4010 Linz E-Mail: gertraud.tschurtschenthaler@bhs.at
Interessenkonflikte: keine deklariert
Literatur bei der Verfasserin.
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 12/2014. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin. Der Artikel wurde bezüglich der zugelassenen Indikationen für die Substanzen in der Schweiz von der Redaktion ARS MEDICI überarbeitet.
Erlotinib Erlotinib (Tarceva®) ist ein Proteinkinaseinhibitor (EGFR vom Typ 1), der zur Behandlung bei nicht kleinzelligem Lungenkarzinom zugelassen ist. Nebenwirkungen: Trockene Haut, brüchige Fingernägel sowie Keratitis und Konjunktivitis sind beschrieben. Limitierend für die Behandlung sind gastrointestinale Blutungen, interstitielle Lungenerkrankungen oder Erhöhung der Leberfunktionsproben. Zur Beachtung: Durch Rauchen besteht eine Erniedrigung der Exposition gegenüber Erlotinib mit einer Einschränkung auf 50 bis 60 Prozent. Nach vorausgegangener Strahlentherapie ist die Toxizität erhöht. Dehydratation sollte unbedingt vermieden werden, weil in Zusammenhang damit Hypokaliämie und Nierenversagen auftraten. Regelmässige Leberfunktionsproben sind angezeigt.
Lapatinib Lapatinib (Tyverb®) ist ein Inhibitor der intrazellulären Tyrosinkinasedomänen des EGFR- (ErbB1-) und des HER2(ErbB2-)Rezeptors. Er ist für die Behandlung bei Mammakarzinom als Kombinationstherapie mit Capecitabin bei HER2-positiven Patientinnen zugelassen.
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