Transkript
STUDIE REFERIERT
CPAP senkt Blutdruck bei therapieresistenten Hypertonikern mit obstruktiver Schlafapnoe
Mehr als 70 Prozent der therapieresistenten Hypertoniker haben auch eine obstruktive Schlafapnoe (OSA). In einer randomisierten Studie untersuchte man, ob die CPAPTherapie gegen OSA bei diesen Personen gleichzeitig auch den Blutdruck zu senken vermag.
JAMA
Im mittleren Alter haben 4 bis 6 Prozent der Bevölkerung obstruktive Schlafapnoe (OSA), und der Anteil steigt mit dem Alter. Man weiss seit gut zehn Jahren, dass OSA etwas mit schlechter Hypertoniekontrolle zu tun hat und dass rund 70 Prozent der sogenannten therapieresistenten Patienten gleichzeitig unter OSA leiden. Aus diesem Grund gilt OSA in einschlägigen Guidelines, beispielsweise der American Heart Association (AHA), als einer der häufigsten Risikofaktoren für therapieresistente Hypertonie. Diese war gemäss AHA-Richtlinien 2008 definiert als Blutdruck ≥ 130 mmHg systolisch oder ≥ 80 mmHg oder beides trotz einer entsprechenden Kombinationstherapie mit mindestens drei Medika-
Merksätze
O CPAP (continuous positive airway pressure) senkt den Blutdruck auch bei therapieresistenten Hypertonikern mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) um rund 3 mmHg.
O Die nächtliche Gabe von Sauerstoff bringt keine Blutdrucksenkung bei OSA-Patienten.
O Bei adipösen OSA-Patienten bringt die Gewichtsreduktion ebenfalls gute, vermutlich sogar bessere Resultate als CPAP alleine.
menten, wobei eines davon ein Diuretikum sein sollte. Die Blutdruckziele in den USA sind mittlerweile etwas nach oben gerutscht (s. Bas H: Blutdruck senken – aber nicht mehr ganz so tief. Neue evidenzbasierte Guideline zum Management der Hypertonie bei Erwachsenen aus den USA. ARS MEDICI 2014; 104[5]: 243–244.) In der vorliegenden Studie galten jedoch noch ≥ 80/130 mmHg trotz Dreifachtherapie plus OSA als Einschlusskriterium (1). Die Patienten hatten sozusagen «nichts» ausser OSA und Hypertonie trotz akzeptabler Therapietreue bezüglich der blutdrucksenkenden Medikamente. Erkrankungen wie primärer Aldosteronismus oder Nierenarterienstenose gehörten ebenso zu den Ausschlusskriterien wie beispielsweise Schwangerschaft, langfristige Kortikoid- oder NSAR-Therapie, Niereninsuffizienz, Sedativagebrauch oder übermässiger Alkoholkonsum. Dass CPAP (continuous positive airway pressure) erhöhten Blutdruck senken kann, ist keine ganz neue Erkenntnis. Die bisherigen Studien hätten jedoch alle methodische Schwächen gehabt, wie fehlende Randomisierung, kleine Probandenzahlen oder die Durchführung in nur einem Zentrum, schreiben die Studienautoren. Sie heben als Stärken ihrer Untersuchung hervor, dass diese randomisiert, mit einer Kontrollgruppe, an mehreren Zentren und mit einer grossen Anzahl an Patienten durchgeführt wurde. Dies erlaube erstmals valide statistische Aussagen. Wichtig sei auch die Tatsache, dass die Hypertonie mittels 24Stunden-Messung vor Studienbeginn bestätigt wurde.
Studiendesign und Resultate Es wurden 194 Personen mit therapieresistenter Hypertonie und einem
Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI = Anzahl der Apnoe-Hypopnoe-Episoden pro h) von 15 oder höher in die Studie eingeschlossen; der mittlere AHI betrug 40,4 – es handelte sich also um Personen mit schwerer OSA. Der durchschnittliche Blutdruck betrug 144,2/83 mmHg. Die Probanden wurden in zwei Gruppen randomisiert: CPAP (n = 96) oder keine Massnahme (n = 98); die individuelle Hypertonietherapie (3 bis 4 Antihypertensiva zugleich) blieb im Studienzeitraum von 12 Wochen jeweils unverändert. Primärer Endpunkt war die Blutdruckveränderung am Ende der 12 Wochen. 72,4 Prozent der Patienten benutzen CPAP mehr als 4 Stunden pro Nacht. In der Intention-to-treat-Analyse (d.h. alle Studienteilnehmer, egal ob sie sich an das Studiendesign halten oder nicht, was den tatsächlichen Verhältnissen in der Praxis am ehesten entspricht) zeigte sich, dass in der CPAP-Gruppe der mittlere Blutdruck um durchschnittlich 3,1 mmHg sank (95%-Konfidenzintervall: 0,6–5,6 mmHg; p = 0,02), während dies in der Kontrollgruppe nicht der Fall war. Betrachtete man den mittleren systolischen und diastolischen Blutdruck getrennt, so war der Unterschied nur beim diastolischen Blutdruck statistisch signifikant. Zu Beginn wiesen nur 25,8 Prozent aller Patienten ein nächtliches Absinken des Blutdrucks um mindestens 10 Prozent auf (dipper pattern). Am Ende der Studie waren es in der CPAPGruppe 35,9 Prozent, in der Kontrollgruppe 21,6 Prozent.
Diskussion Der Rückgang des mittleren Blutdrucks um durchschnittlich 3,1 mmHg mit CPAP scheint auf den ersten Blick nicht sehr bedeutend zu sein. Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass gemäss internationalen Guidelines bereits ein Rückgang von systolisch 2 bis 3 mmHg einen positiven Einfluss auf die kardiovaskulären Risikofaktoren habe, weil dies ein um 6 bis 8 Prozent geringeres Risiko für Schlaganfall beziehungsweise um 4 bis 5 Prozent für Herzinfarkt bedeute.
Statt CPAP: Sauerstoff nützt nichts, Abnehmen schon CPAP ist bei den Patienten nicht beliebt, und die Compliance lässt bekannter-
876
ARS MEDICI 17 I 2014
STUDIE REFERIERT
massen zu wünschen übrig. In zwei kürzlich erschienenen Studien ging es um den Vergleich von CPAP mit nächtlicher Sauerstoffgabe (2) sowie um die Frage, inwieweit CPAP im Vergleich mit Abnehmen einschlägige metabolische Risikofaktoren beeinflusst (3). In der Sauerstoffstudie wurden die Daten von insgesamt 281 Patienten ausgewertet mit je einer ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung zu Beginn und am Ende der Studie. Es gab drei Gruppen: CPAP, Sauerstoff und eine Kontrollgruppe. Der mittlere arterielle Blutdruck mit CPAP sank innert 12 Wochen um 2,4 (vs. Kontrolle) beziehungsweise 2,8 mmHg (vs. Sauerstoff); die Sauerstoff- und die Kontrollgruppe unterschieden sich praktisch nicht voneinander. In einer weiteren Studie (3) wurden 181 adipöse OSA-Patienten mit einem CRP > 1 mg/l für 6 Monate in drei Gruppen
eingeteilt: CPAP, Gewichtsreduktion, CPAP plus Gewichtsreduktion. Gemessen wurde die Entwicklung diverser Risikoparameter wie CRP (primärer Endpunkt), Insulinsensitivität, Lipide und Blutdruck. Unter den 146 Teilnehmern, die zum Zeitpunkt der Followups noch dabei waren, zeigte sich in der Gruppe mit Gewichtsreduktion sowie mit CPAP plus Gewichtsreduktion ein Rückgang der genannten Laborparameter, nicht aber mit CPAP alleine. Die Gewichtsreduktion, im Durchschnitt um 7 kg, schien hierbei der entscheidende Faktor gewesen zu sein. Der Blutdruck sank in allen drei Studiengruppen gleichermassen um zirka 3 mmHg. In einer Per-protocol-Analyse (mit 90 Teilnehmern, die sich tatsächlich an das Studiendesign gehalten hatten) zeigte sich, dass CPAP plus Gewichtsreduktion bezüglich des systolischen Blutdrucks am besten war (-14,1 mmHg), vor Ge-
wichtsreduktion alleine (-6,8 mmHg) und CPAP alleine (-3,0 mmHg). O
Renate Bonifer
1. Martinez-Garcia MA et al.: Effect of CPAP on blood pressure in patients with obstructive sleep apnea and resistant hypertension: the HIPARCO randomized clinical trial. JAMA 2013; 310(22): 2407–2415.
2. Gottlieb DJ et al.: CPAP versus oxygen in obstructive sleep apnea. N Engl J Med 2014; 370: 2276–2285.
3. Chirinos JA et al.: CPAP, weight loss, or both for obstructive sleep apnea. N Engl J Med 2014; 370: 2265–2275.
Interessenlage: Die Autoren der Studie (1) geben an, dass keine persönlichen Interessenkonflikte bestehen. Die Studie wurde von mehreren Stiftungen und Philips-Respironics Spanien finanziert. Die Studien (2) und (3) wurden vom National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) und National Center for Research Resources for the HeartBEAT in den USA finanziert; ein Autor der Studie (2) steht in Verbindung mit Philips-Respironics; mehrere Autoren der Studie (3) haben Verbindungen zu Herstellern von ernährungsrelevanten Produkten oder zu den Weight Watchers.
ARS MEDICI 17 I 2014
877