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STUDIE REFERIERT
Behandlung der oberflächlichen Thrombophlebitis am Bein
Aus einem aktuellen Review geht hervor, dass Fondaparinux bei der Behandlung der oberflächlichen Thrombophlebitis am Bein im Vergleich zu Plazebo mit geringeren Raten der Ausbreitung, weniger Rezidiven und weniger venösen Thromboembolien verbunden ist. Niedermolekulare Heparine und NSAID sind ebenfalls mit geringeren Ausbreitungs- und Rezidivraten assoziiert. Bezüglich der Entwicklung venöser Thromboembolien ist die Datenlage zu diesen Medikamenten jedoch inkonsistent.
JAMA
Bei einer oberflächlichen Thrombophlebitis (OT) kommt es in 10 Prozent aller Fälle trotz Behandlung zur Ausbreitung der Entzündung, zum Rezidiv oder zur Entwicklung venöser Thromboembolien (VTE). Das primäre Behandlungsziel besteht in der Verhinderung dieser Komplikationen und in der Linderung lokaler Symptome. Ein Review präsentiert nun den aktuellen Wissensstand zur Wirksamkeit und Sicherheit parenteraler, oraler, topischer und chirurgischer Optionen zur Behandlung der OT.
Um zu klären, mit welchen Massnahmen venöse Thromboembolien (tiefe Venenthrombosen und pulmonale Embolien), schwere Blutungen und die Ausbreitung der OT am wirksamsten verhindert werden können, analysierten die Autoren 30 randomisierte klinische Studien aus dem Zeitraum von 1970 bis 2012, an denen insgesamt 6462 Patienten (2115 Männer und 3746 Frauen) im Alter von 19 bis 94 Jahren teilgenommen hatten.
Fondaparinux In einer grossen randomisierten, plazebokontrollierten, doppelblinden Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Fondaparinux in einer Dosierung von 2,5 mg/Tag subkutan über 45 Tage bei 3002 Niedrigrisikopatienten mit akuter OT untersucht. Hier war Fondaparinux mit niedrigeren VTE-Raten (3/1502 Patienten) im Vergleich zu Plazebo (20/1500) verbunden (relatives Risiko [RR] = 0,15; Number Needed to Treat [NNT] = 88). Zur Ausbreitung der OT kam es unter Fondaparinux ebenfalls seltener (4/1502) als unter Plazebo (51/1500; RR = 0,08). Auch Rezidive traten bei Applikation von Fondaparinux (5/1502) im Vergleich zu Plazebo (24/1500) weniger häufig auf (RR = 0,21). Die Rate schwerer Blutungen war mit 0,1 Prozent in beiden Gruppen vergleichbar.
Merksätze
O Bei einer OT besteht die Gefahr der Ausbreitung, des Rezidivs oder der Entwicklung einer venösen Thromboembolie.
O Mit Fondaparinux kann das Risiko für diese Ereignisse gesenkt werden.
O Mit LMWH oder NSAID können die Ausbreitungs- und Rezidivraten verringert werden.
O Im Hinblick auf die Entwicklung von VTE ist die Datenlage zu LMWH und NSAID inkonsistent.
Niedermolekulare Heparine In einer anderen Studie waren niedermolekulare Heparine (low molecular weight heparine, LMWH) mit niedrigeren OT-Ausbreitungs-Raten und weniger Rezidiven im Vergleich zu Plazebo (37/112) verbunden. Dies wurde sowohl bei prophylaktischer (16/110; RR = 0,44) als auch in therapeutischer LMWHDosierung (16/106; RR = 0,46) beobachtet. Im Hinblick auf symptomatische VTE oder schwere Blutungen gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Ergebnisse aus Studien mit Direktvergleichen weisen darauf hin, dass eine 30-tägige Behandlung mit mittleren oder therapeutischen LMWH-Dosie-
rungen mit geringeren VTE-Raten verbunden ist als eine kürzere Behandlung oder niedrigere LMWH-Dosierungen, ohne dass es dabei zu mehr schweren Blutungen kommt. Um einen Nutzen oder Schaden von LMWH im Vergleich zu topischem Heparingel, nicht steroidalen antientzündlichen Medikamenten (NSAID) oder chirurgischen Eingriffen feststellen zu können, lieferten die Studien keine ausreichende Evidenz.
NSAID NSAID waren ebenfalls mit niedrigeren OT-Ausbreitungs-Raten und/oder Rezidiven (15/99) im Vergleich zu Plazebo (37/112) verbunden (RR = 0,46). Es wurde jedoch keine Assoziation zwischen NSAID und einer Reduzierung der VTE beobachtet (NSAID: 4/99 vs. Plazebo: 5/112; RR = 0,91).
Topische Behandlung
und weitere Optionen
In 9 Studien erwies sich eine topische
Behandlung im Hinblick auf die Ent-
wicklung von VTE, die Ausbreitung
der OT oder das Auftreten von Rezidi-
ven als unwirksam.
In 3 Studien wurden die Unterbrechung
der saphenofemoralen Verbindung,
die Thrombektomie und das Venen-
stripping als chirurgische Behandlungs-
optionen untersucht. In weiteren 8 Stu-
dien wurden eine orale Behandlung mit
Vasotonin (nicht im AK der Schweiz),
Heparansulfat (nicht im AK der
Schweiz), Sulodexid (nicht im AK der
Schweiz), Oxyphenbutazon (nicht im
AK der Schweiz), Vitamin-K-Antago-
nisten und Oxerutin (Venoruton®),
eine intramuskuläre Behandlung (Des-
min, nicht im AK der Schweiz) und eine
intravenöse Enzymtherapie zur Be-
handlung der OT evaluiert. Die Ergeb-
nisse dieser 12 Studien waren jedoch
aufgrund kleiner Teilnehmerzahlen, ge-
ringer Studienqualität und unzurei-
chender Berichterstattung nicht aussa-
gekräftig.
O
Petra Stölting
Di Nisio M, Middeldorp S: Treatment of lower extremity superficial thrombophlebitis. JAMA 2014; 311(7): 729– 730.
Interessenkonflikte: Saskia Middeldorp war am Lenkungsausschuss der Studie CALISTO zu Fondaparinux beteiligt und hat Gelder von mehreren Pharmaunternehmen erhalten.
ARS MEDICI 17 I 2014
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