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FORTBILDUNG
Refluxbedingte Beschwerden
Diagnose und Therapie in der Hausarztpraxis
Sodbrennen entsteht aufgrund eines Motilitätsproblems des Ösophagus, bei dem durch eine gestörte Funktion des unteren Ösophagussphinkters vermehrt Mageninhalt in die Speiseröhre gelangt. Die Säure verursacht die typischen retrosternalen Beschwerden. Was ist dann zu tun? Immer gleich endoskopieren, immer PPI verordnen?
HUBERT MÖNNIKES
Die häufigste, aber nicht einzige Ursache für Sodbrennen ist ein gastroösophagealer Reflux (1). Damit ist Sodbrennen neben dem Symptom der Regurgitation eines der Leitsymptome der gastroösophagealen Refluxkrankheit (1). Allerdings ist sein Vorliegen nicht beweisend für einen Reflux. Es kann auch durch andere Erkrankungen, wie zum Beispiel Ösophagitiden infektiöser oder medikamentös-toxischer beziehungsweise ösophagealer Genese, hervorgerufen werden (1). Ausserdem sollte man bei Brennen oder Schmerzen hinter dem Brustbein immer auch daran denken, dass diese Symptome vielleicht nicht von der Speiseröhre, sondern vom Herzen, der Lunge oder dem Mediastinum herrühren könnten (2).
Merksätze
O Sodbrennen spricht als führendes klinisches Symptom für das Vorliegen eines Reflux.
O Eine gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) bleibt bei über 95 Prozent der Patienten über viele Jahre hinweg stabil.
O Ein positives Behandlungsergebnis mit PPI ist ein Indiz für, aber kein Beweis für GERD, genauso wenig schliesst ein negatives Ergebnis GERD aus.
O Man kann dem Patienten empfehlen, Genuss- und Nahrungsmittel zu meiden, die er als Auslöser seiner GERD kennt oder vermutet. Es wurde aber bisher in keiner Studie nachgewiesen, dass der Verzicht auf bestimmte Genuss- und Nahrungsmittel die klinischen Symptome einer GERD verbessert.
Wenn ein Patient über Sodbrennen klagt, lohnt es sich nachzufragen, wie die Beschwerden genau aussehen. Handelt es sich wirklich um Sodbrennen, so wird dieses oft von saurem Aufstossen begleitet und tritt vor allem nach Mahlzeiten und im Liegen auf. Ein häufiges Merkmal ist auch ein von unten aufsteigender Schmerz. Um bei Sodbrennen schlimmere Ursachen als einen Reflux auszuschliessen, sollte man auf spezielle Warnzeichen achten (Tabelle 1) (2). Ist Sodbrennen das führende klinische Symptom, so handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit (75%) um einen Reflux (3). Dieser kommt meist durch einen unzureichenden Verschlussdruck und eine zu häufige transiente, also kurz dauernde Relaxation des unteren Ösophagussphinkters zustande (4). Der Ruhedruck sollte hier normalerweise 10 bis 25 mmHg über dem Mageninnendruck liegen (4). Ein hoher Magendruck, etwa durch Übergewicht oder opulente Mahlzeiten, begünstigt einen Reflux (Abbildung) (2). In seltenen Fällen können andere Krankheitsbilder oder Umstände die Ursache eines Reflux sein. In diesen Fällen spricht man von einer sekundären Refluxkrankheit. Mögliche Ursachen sind unter anderen Magenausgangsstenose, Gastroparese, Schwangerschaft, perkutane Gastrostomie, Sklerodermie, Zollinger-Ellison-Syndrom und neuromuskuläre Erkrankungen (3).
Komplikationen der GERD Kommt es öfter zu Refluxbeschwerden, so kann dies die Lebensqualität und das gesundheitsbezogene Wohlbefinden erheblich stören. Zusätzlich besteht meist ein Risiko für organische Komplikationen, wie zum Beispiel Erosionen. In diesen Fällen wird aus einem gelegentlichen Reflux eine gastroösophageale Refluxkrankheit, die heute üblicherweise nach der englischen Bezeichnung «Gastroesophageal Reflux Disease» mit GERD abgekürzt wird. Eine GERD ist als wahrscheinlich anzusehen, wenn Refluxsymptome mindestens 1- bis 2-mal pro Woche auftreten. Man geht davon aus, dass 10 bis 20 Prozent der Menschen in den westlichen Industrieländern an GERD leiden (3). Neben Sodbrennen und Regurgitationen gibt es eine Reihe weiterer Symptome einer GERD (Tabelle 2). Die Beschwerden werden häufig durch Bücken, Pressen, Rückenlage, Anstrengung, längere Nüchternphasen und Stress verstärkt. Auch bestimmte Nahrungs- und Genussmittel sowie Medikamente können zu verstärkten Beschwerden führen (4). Die Beschwerden treten episodisch, intermittierend oder kontinuierlich auf. Oft verschwinden sie für einen längeren Zeitraum von selbst und treten im Zeitverlauf
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Tabelle 1:
Warnzeichen bei Sodbrennen
O Beginn > 40 Jahre O Schluckbeschwerden O unbeabsichtigter Gewichtsverlust O Nachtschweiss, Fieber O verminderter Allgemeinzustand O Magengeschwüre oder -tumoren in der Anamnese oder
Familienanamnese O Blut im Stuhl, Hämatemesis, Anämie
Zwerchfellhernie
Antireflexmechanismen
defekt
Rauchen, Alkohol, Medikamente (z.B. Nitrate)
Sphinktertonus
opulente Mahlzeiten, Luftschlucken
➞ ➞
Medikamente Sedative, Spasmolytika, Anticholinergika
Entleerung
intragaDsrturcakler
➞ ➞
intraabdomineller Druck
Übergewicht, Verstopfung, Schwangerschaft
Abbildung: Ursachen für einen Reflux (2)
Tabelle 2:
Symptome einer GERD und deren Häufigkeit
Sodbrennen Regurgitationen = (saures) Aufstossen Schluckbeschwerden Luftaufstossen epigastrische Schmerzen und Brennen
modifiziert nach (4)
75% 40% 50% 60% 30%
Tabelle 3:
Extraösophageale Manifestationen einer GERD
Organ Mund Larynx
Lunge
Herz allgemein modifiziert nach (4)
Symptomatik
säurebedingte Zahnschmelzschäden Heiserkeit posteriore Laryngitis Globusgefühl Reizhusten Asthmaanfälle chronische Bronchitis nächtliche Aspiration von Magensaft Stenokardien nächtliche Schlafstörungen Schlafapnoe
wieder auf. Ein komplettes dauerhaftes Verschwinden ohne Therapie ist jedoch sehr selten (3). Andererseits ist auch keine wesentliche Progredienz zu erwarten. Das Stadium einer GERD bleibt bei über 95 Prozent der Patienten über viele Jahre stabil. Regelmässige endoskopische Verlaufskontrollen nach Absetzen der Therapie sind daher nicht erforderlich. Eine unkomplizierte GERD hat keinen Einfluss auf die Lebenserwartung (3).
GERD betrifft nicht nur die Speiseröhre Eine GERD betrifft allerdings nicht nur die Speiseröhre, sondern kann auch an ganz anderen Organen zu Beschwerden führen (Tabelle 3). Anders als die Magenschleimhaut verfügt das Ösophagusepithel über keinen Säureschutz. Rezidivierender Reflux kann daher nicht nur zu Symptomen, sondern auch zu Veränderungen in der Speiseröhre führen. Solche Veränderungen reichen von einer leichten Refluxösophagitis über Erosionen bis hin zur Umwandlung des Plattenepithels im Ösophagus in ein Zylinderepithel, wie es im Dünndarm vorkommt (intestinale Metaplasie). Letzteres wird auch als Barrett-Ösophagus oder Barrett-Syndrom bezeichnet und ist eine fakultative Präkanzerose, aus der ein Adenokarzinom entstehen kann (4). Weder die Art noch die Schwere der Symptome lassen einen Rückschluss darauf zu, ob im Ösophagus bereits eine Entzündung oder gar Schlimmeres vorliegt. Das zu klären, kann nur eine Gastroskopie leisten. Je nach Befund der Endoskopie teilt man die GERD daher in eine nicht erosive (NERD) und eine erosive Refluxkrankheit (ERD) ein. Die häufigste Manifestationsform ist mit einem geschätzten Anteil von zirka 60 Prozent die NERD (3).
Andere Ursachen für vermeintliche Refluxsymptome Differenzialdiagnostisch sollte bei Vorliegen von Refluxsymptomen an eine KHK, Ösophagitis, Karzinome, Divertikel, Achalasie oder andere Motilitätsstörungen des Ösophagus gedacht werden. Auch eine Ösophagusreizung durch an der Schleimhaut festklebende Tabletten (z.B. Bisphosphonate, Doxycyclin oder Kaliumkapseln) kann GERD-ähnliche Symptome hervorrufen. Weiterhin kommen Magenerkrankungen wie Reizmagen, Ulkus oder Karzinom infrage (4).
Diagnostik Die deutschen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der GERD werden derzeit überarbeitet. Die Fassung von 2005 empfiehlt eine probatorische Therapie mit PPI nur in Ausnahmefällen und eine Endoskopie auch bei eindeutiger Refluxsymptomatik und fehlenden Alarmzeichen (3). Eine aktuelle Fassung liegt bislang nicht vor, weshalb im Folgenden auf die aktuelle amerikanische Leitlinie eingegangen werden soll. Die in diesem Jahr erschienene Leitlinie des American College of Gastroenterology (ACG) empfiehlt bei typischen
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Tabelle 4:
GERD-Diagnostik
Test probatorische PPI-Behandlung Endoskopie
pH-Metrie
ösophageale Manometrie
Indikation
bei klassischer Symptomatik bei Vorliegen von Warnzeichen bei Brustschmerzen zum Screening von Hochrisikopatienten therapierefraktäre GERD fragliche GERD-Diagnose präoperativ bei NERD präoperative Abklärung
Anmerkung negatives Ergebnis schliesst GERD nicht aus früher Einsatz bei: Älteren, Barrett-Risikopatienten, Patienten ohne Anprechen auf PPI
dokumentiert Säureexposition, korreliert die Symptome mit dem Reflux
nicht für Primärdiagnostik geeignet
Tabelle 5:
Endoskopische Stadieneinteilung
Stadium Befund
0 (NERD) 1
2
3 4
keine Schleimhautveränderungen
einzelne Schleimhauterosionen, nicht konfluierend, mit Rötung
konfluierende Erosionen (nicht über die ganze Zirkumferenz), streifenförmige Läsionen
zirkumferente Läsion, ohne Stenosezeichen
Komplikationen wie z.B. Ulzera, Strikturen, BarrettÖsophagus
nach Savary und Miller
Symptomen wie Sodbrennen und Regurgitationen, die Verdachtsdiagnose GERD zu stellen und zwecks Verifizierung dieser Diagnose eine empirische Therapie mit einem systemisch wirkenden Protonenpumpeninhibitor einzuleiten (siehe Tabelle 4). Diese Massnahme lässt sich auch in der Allgemeinarztpraxis gut durchführen. Allerdings wird einschränkend erwähnt, dass eine solche probatorische Behandlung mit PPI nur eine Sensitivität von 78 Prozent und eine Spezifität von 54 Prozent aufweist. Ein positives Behandlungsergebnis ist also nicht unbedingt beweisend für eine Refluxkrankheit, während ein negatives Ergebnis eine GERD nicht ausschliesst. Bei Patienten mit Brustschmerzen sollte vor Beginn der probatorischen Behandlung eine kardiale Ursache ausgeschlossen werden. Ein Screening auf Helicobacter pylori wird bei einer GERD nicht empfohlen. Auch ist eine H.-pylori-Eradikation nicht als routinemässiger Teil einer Refluxtherapie anzusehen (5).
Mal reinschauen? Für alle weiteren Untersuchungen zur Abklärung einer GERD muss der Allgemeinarzt in der Regel an einen Facharzt überweisen. Sie sind aber auch nur in Ausnahmefällen notwendig. So ist beispielsweise eine Endoskopie im Normalfall entbehrlich. Sie wird nur dann empfohlen, wenn Alarmzeichen vorliegen, wenn Brustschmerzen vorhanden sind oder
wenn der Patient ein hohes Komplikationsrisiko aufweist oder nicht auf die Therapie anspricht. Eine Endoskopie ist hervorragend geeignet, um Entzündungen, Erosionen und einen Barrett-Ösophagus zu identifizieren und den Schweregrad der Veränderungen zu beurteilen (Tabelle 5). Da die meisten GERD-Patienten mit Sodbrennen und Regurgitationen solche Veränderungen jedoch nicht aufweisen, ist die Aussagekraft einer Endoskopie zur initialen Diagnose von frühen Stadien einer GERD limitiert. Bei den Endoskopien sind Biopsien nur sinnvoll, wenn pathologische Veränderungen erkennbar sind. Eine wiederholte Endoskopie ist nötig zur Kontrolle, wenn neue Symptome auftreten oder der Patient einen Barrett-Ösophagus aufweist (5). Ein ambulantes Refluxmonitoring mittels pH-Metrie der Speiseröhre kommt vor allem bei nicht erosiver GERD zum Einsatz. Es ist immer dann hilfreich, wenn die Diagnose fraglich ist, wenn GERD-Symptome therapierefraktär sind oder zur präoperativen Abklärung einer NERD (5). Eine ösophageale Manometrie ermöglicht es, durch Messung des Drucks sowohl die Funktion des unteren Ösophagussphinkters als auch die peristaltische Funktion der Speiseröhre abzuklären. Zur Primärdiagnose einer GERD ist diese Untersuchung nicht notwendig. Allerdings kann sie vor Operationen eine Achalasie oder schwere Hypomotilität der Speiseröhre ausschliessen.
Allgemeine Massnahmen Alleiniges Ziel einer Therapie bei NERD ist die Beschwerdefreiheit des Patienten. Bei einer ERD ist ein weiteres Ziel die Abheilung der Läsionen. Die Therapie sollte sich vor allem am Beschwerdebild und gegebenenfalls am endoskopischen Ergebnis orientieren. Üblicherweise werden bei Sodbrennen zunächst nichtmedikamentöse Massnahmen empfohlen. Folgende Empfehlungen können gegeben werden, wobei nur für die Reduktion des Gewichts valide Daten vorliegen und die übrigen Massnahmen empirisch basiert sind: O Gewichtsreduktion bei Patienten, die in letzter Zeit
zugenommen haben oder die übergewichtig sind O Vermeidung von Mahlzeiten 2 bis 3 Stunden vor dem
Schlafengehen O Erhöhung des Kopfendes des Bettes.
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Zudem ist eine routinemässige Eliminierung von Speisen und Getränken, die einen Reflux auslösen können, in der Diskussion. Für Tabak, Schokolade und kohlensäurehaltige Getränke konnte ein verminderter Verschlussdruck des unteren Ösophagussphinkters nachgewiesen werden, für Alkohol, Kaffee, Zitrusfrüchte sowie fette oder scharfe Speisen hingegen nicht. Auch konnte bislang in keiner Studie nachgewiesen werden, dass der Verzicht auf die genannten Genuss- und Nahrungsmittel die klinischen Symptome einer GERD verbessert. Somit kann man den Patienten nur empfehlen, jene individuellen Genuss- und Nahrungsmittel zu meiden, die er als Auslöser seiner GERD kennt oder vermutet (5). Auch einige Medikamente stehen im Verdacht, eine GERD zu verschlimmern. Zu diesen gehören zum Beispiel Anticholinergika, Kalziumantagonisten, Nitrate, Theophyllin und Pfefferminze (1).
Protonenpumpenhemmer In der Schweiz sind derzeit 5 Protonenpumpenhemmer (PPI) auf dem Markt: Esomeprazol (Nexium®/Esomep® und Generika), Lansoprazol (Agopton® und Generika), Omeprazol (Antramups® und Generika), Pantoprazol (Pantozol® und Generika) sowie Rabeprazol (Pariet® und Generika). Alle diese Wirkstoffe blockieren die H+/K+-ATPase (Protonenpumpe) irreversibel. Eine Enzymregeneration ist nur durch Neubildung möglich. Die Wirkung hält daher trotz relativ kurzer Halbwertszeit im Plasma 1 bis 3 Tage an. Mit Protonenpumpenhemmern kann eine fast vollständige Unterdrückung der Salzsäureproduktion erreicht werden (6). Einen Einfluss auf die Druckverhältnisse in Magen und Speiseröhre haben sie hingegen nicht. Das bedeutet, dass Protonenpumpenhemmer einen gastroösophagealen Reflux und damit das Funktionsproblem zwar nicht vermeiden, wohl aber dessen durch Säurekontakt bedingte unangenehme Konsequenzen wie Sodbrennen, Ösophagitis und Erosionen. Dennoch werden sie aufgrund ihrer signifikanten Säurereduktion trotz fehlenden Einflusses auf das Motilitätsproblem als Mittel der ersten Wahl bei GERD in den Leitlinien empfohlen. Bei allen PPI handelt es sich um Prodrugs, die erst in ihre aktive Form überführt werden müssen, was in stark saurem Milieu geschieht. Daher hat ein voller Magen einen ungünstigen Einfluss auf den Wirkungseintritt. Im Nüchternzustand ist der pH-Wert des Magens am sauersten und steigt mit Aufnahme von Nahrung an. Daher sollte der PPI 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Die Behandlung sollte zunächst mit einer 1-mal täglichen Gabe vor der ersten Mahlzeit des Tages begonnen werden. Bei Patienten, die auf diese Vorgehensweise nur ein partielles Ansprechen zeigen oder die nächtliche Symptome aufweisen, kann eine 2-mal tägliche Einnahme beziehungsweise ein anderer Einnahmezeitpunkt erwogen werden. Es ist davon auszugehen, dass nach dieser Behandlung 70 bis 80 Prozent der Patienten mit ERD und 50 bis 60 Prozent der Patienten mit NERD komplett symptomfrei sind. Bei Non-Respondern sollte zunächst eine Optimierung der PPI-Therapie versucht werden. Diese besteht in Verbesserung der Compliance und Verdoppelung der Dosis. In seltenen Fällen kann auch die Umstellung auf ein anderes Präparat zielführend sein (5).
Wenn auch unter 2- bis 3-facher PPI-Dosis beziehungsweise Präparatewechsel keine Symptombesserung zu erzielen ist, muss auch an die Möglichkeit gedacht werden, dass es sich um Beschwerden durch einen hypersensitiven Ösophagus oder einen nicht sauren Reflux handelt. Eine Limitation der Behandlung mit PPI besteht zudem darin, dass die Wirkung verzögert eintritt und damit eine Behandlung von Akutbeschwerden nicht möglich ist. Bei Patienten mit Komplikationen und solchen mit häufigen Rezidiven empfiehlt sich eine Erhaltungstherapie mit PPI in der niedrigsten wirksamen Dosis. Während eine kontinuierliche Therapie die Rückfallquote bei Patienten mit ERD wahrscheinlich senkt, ist bei einer unkomplizierten NERD eine intermittierende oder Bedarfstherapie ausreichend. Eine Metaanalyse von Studien, die Bedarfstherapien mit kontinuierlichen Erhaltungstherapien verglich, kam zu dem Ergebnis, dass beide Therapieregime bei NERD, nicht aber bei ERD, eine vergleichbare Wirksamkeit aufweisen (5). Omeprazol und Pantoprazol sind mittlerweile in niedrigen Dosen zur Bedarfstherapie auch rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Was mögliche Nebenwirkungen der PPI angeht, so erhöhen laut den neuen ACG-Leitlinien PPI die Gefahr für eine Infektion mit Clostridium difficile und sollten daher bei Patienten mit entsprechendem Risiko vorsichtig eingesetzt werden. Eine kurzzeitige Verwendung von PPI scheint ausserdem das Risiko für ambulant erworbene Pneumonien zu erhöhen. Bei einer Langzeitanwendung scheint das nicht der Fall zu sein. Nebenwirkungen, die bei über 2 Prozent der Patienten auftreten, sind Kopfschmerzen, Durchfall und Dyspepsie. Wenn diese Nebenwirkungen auftreten, sollte die Verwendung einer anderen medikamentösen Therapie erwogen werden (5).
H2-Rezeptorenblocker Bei Patienten mit NERD können alternativ zu PPI auch H2Rezeptorenblocker (Ranitidin [Zantic® und Generika]) zur Langzeittherapie verwendet werden. Sie hemmen die histaminstimulierte Säuresekretion und wirken weniger stark als PPI. Allerdings setzt die Wirkung schneller ein als bei den PPI. Auch H2-Rezeptorenblocker sind in niedriger Dosierung rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Die zusätzliche abendliche Gabe von H2-Blockern kann bei solchen Patienten versucht werden, die unter einer PPI-Therapie weiterhin unter nächtlichem Reflux leiden (5).
Antazida Antazida kommen wegen der schwachen Säurehemmung nur bei Patienten mit leichten Refluxbeschwerden infrage. Ihr Vorteil liegt vor allem in einem raschen Wirkeintritt begründet. Bei einer Bedarfstherapie mit PPI können Antazida sinnvoll sein, um die Latenzzeit des PPI zu überbrücken. Bei den meisten Antazida handelt es sich entweder um Aluminium- oder Magnesiumverbindungen. Da Aluminium ausser Säure auch Phosphat bindet, kann es zu einer Hypophosphatämie kommen. Zudem kann es in Knochen und Gehirn eingelagert werden. Aluminiumhaltige Antazida sollten daher nicht länger als 6 Wochen eingenommen werden. Magnesiumhaltige Antazida können laxierend wirken und bei Niereninsuffizienz zu Hypermagnesiämie führen. Wegen ihrer adsorbierenden Eigenschaften sollten Antazida immer in zeitlichem Abstand zu anderen Medikamenten eingenommen werden (4, 6).
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Refluxsuppressiva aus Algen Alginate werden zum Beispiel aus der Alge Laminaria hyperborea gewonnen. Ihr Wirkstoff Natriumalginat wird nicht resorbiert, sondern enzymatisch abgebaut und anschliessend ausgeschieden. Nach der Einnahme bildet sich binnen weniger Minuten aus Alginat und Hydrogenkarbonat unter Einwirkung von Magensäure ein CO2-haltiger Gelschaum mit nahezu neutralem pH-Wert. Diese visköse Schutzbarriere schwimmt auf dem Flüssigkeitsspiegel des Magens und verhindert dadurch mechanisch einen Reflux. Alginatpräparate werden daher teilweise auch als Refluxsuppressiva bezeichnet. Ihre Wirkung setzt sofort nach Einnahme ein, sodass sie auch zur Akuttherapie geeignet sind. Sollte es in schwereren Fällen trotzdem zu einem Reflux kommen, so steigt anstelle von Magensäure die Alginatschutzbarriere in den Ösophagus. Die Schutzbarriere bleibt bis zu 4 Stunden stabil auf dem Flüssigkeitsspiegel des Magens. Alginate werden jeweils nach den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen eingenommen. Die Verwendung von Alginatpräparaten ist auch in der Schwangerschaft zugelassen. Ein Kombinationspräparat bestehend aus einem Alginat und einem Antazidum (Gaviscon®) steht zur Verfügung und ist rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
Was tun, wenn der Erfolg ausbleibt? Bleiben die Symptome trotz der genannten Massnahmen weiter bestehen, sollte der Patient zur Ursachenklärung überwiesen werden. Bei typischen Symptomen empfiehlt sich eine Endoskopie, bei atypischen Symptomen je nach Beschwerdemuster eine Überweisung zu einem HNO-Arzt, Pneumologen oder Allergologen. Bleiben die Untersuchungen ohne Befund, so sollten zur weiteren Abklärung eine Impedanzmessung oder eine pHMetrie (bzw. deren Kombination) und eine Manometrie durchgeführt werden (5). Wenn bei einer ERD im Rahmen der ersten Endoskopie ein Barrett-Ösophagus oder andere Komplikationen ausgeschlossen werden konnten, ist eine endoskopische Kontrolle der Abheilung von Erosionen nach einer PPI-Therapie nicht erforderlich (3).
Operationen Eine chirurgische Behandlung einer GERD kann in folgenden Fällen in Erwägung gezogen werden: O GERD mit Komplikationen O Versagen der konservativen Therapie O Unverträglichkeit säuresuppressiver Medikamente O rezidivierende Aspirationen (4) O Patientenwunsch (5).
Bei Patienten ohne Hinweise auf Erosionen ist ein präoperatives ambulantes pH-Monitoring unabdingbar. Um andere ösophageale Ursachen auszuschliessen, sollte bei allen Patienten vor einer Operation ausserdem eine ösophageale Manometrie durchgeführt werden (5). Die häufigste (15–20%) Nebenwirkung ist ein «Gas-bloat»Syndrom (5), bei dem es zu einer Unverträglichkeit CO2haltiger Getränke mit Druckgefühl im Oberbauch durch Luft im Magen oder Meteorismus kommt (4). Endoskopische oder transorale inzisionslose Operationsverfahren wie Radiofrequenzablation, Injektion inerter Sub-
stanzen oder verschiedene endoskopische Nahttechniken werden nicht empfohlen (5). Methode der Wahl ist eine laparoskopische Fundoplicatio nach Nissen (3).
Komplikationen Zu den Komplikationen einer GERD gehören: O erosive Ösophagitis O Vernarbungen und Strikturen O Barrett-Ösophagus (5).
Um einen Barrett-Ösophagus auszuschliessen, sollte bei allen Patienten mit konfluierenden Erosionen nach einer 8-wöchigen PPI-Therapie eine Kontroll-Endoskopie durchgeführt werden. Ein vorliegender Barrett-Ösophagus gilt als Präkanzerose. Das Krebsrisiko beim Long-Segment-Barrett (Länge > 3 cm) wird auf 0,5 Prozent pro Patientenjahr geschätzt. Das Risiko beim Short-Segment-Barrett (Länge < 3 cm) ist 10-mal kleiner. Patienten mit Barrett-Ösophagus sollten regelmässig endoskopisch und bioptisch überwacht werden (4).
Fazit Sodbrennen ist ein Symptom, das in den meisten Fällen auf einen gastroösophagealen Reflux hinweist. Die Diagnostik und Therapie einer GERD kann im Normalfall gut vom Allgemeinarzt bewältigt werden. Lediglich bei atypischen Symptomen, Therapieresistenz gegen PPI oder bei Komplikationen ist eine Überweisung zum Facharzt notwendig. O
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Hubert Mönnikes Klinik für Innere Medizin Martin-Luther-Krankenhaus Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité – Universitätsmedizin D-14193 Berlin E-Mail: inneremedizin@mlk-berlin.de
Interessenlage: Der Autor hat in den letzten fünf Jahren als Referent, Organisator und wissenschaftlicher Berater an Veranstaltungen folgender Firmen mitgewirkt: Falk, Nycomed, Takeda, Steigerwald, Almirall, Shire, Reckitt Benckiser, Heel, Norgine.
Literatur: 1. Labenz J: Falsche Diagnose, schlechte Compliance. Komorbidität – Woran liegt es,
wenn Reflux zum Dauerbrenner wird. Gastro-News 2010; 6: 16-22. 2. Seifert V: Sodbrennen abklären und behandeln – Strategien für die Hausarztpraxis.
Der Allgemeinarzt 2013; 1: 42-45. 3. Koop H et al.: Gastoösophageale Refluxkrankheit –Ergebnisse einer evidenzbasierten
Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauung- und Stoffwechselkrankheiten. Z Gastroenterol 2005; 43: 163-164. 4. Herold G: Innere Medizin 2013. Kapitel Gastrointestinale Refluxkrankheit. www.herold-innere-medizin.de; Zugriff Juli 2013. 5. Katz PO et al.: Guidelines for the diagnosis and management of gastroesophageal reflux. Am J Gastroenterol 2013; 108: 308-328. 6. Mutschler E et al.: Arzneimittelwirkungen – Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie (9. Auflage); Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008.
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 15/2013. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor. Der Beitrag wurde von der Redaktion ARS MEDICI für die Schweiz angepasst und durch die Nennung der erhältlichen Substanzen/Medikamente ergänzt.
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