Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Auch wenn man eine gewisse Sympathie hegt für Pazifisten – die Forderung, Waffen sollten nicht in Krisengebiete exportiert werden dürfen, muss jeden halbwegs pragmatisch denkenden Zeitgenossen zum Schmunzeln bringen: Waffen verkaufen ja, aber nicht in die Länder, in denen man die Waffen braucht? Höchstens in Regionen, in denen alles friedlich ist? Niedliche Vorstellung. Wie meinte ein Zyniker: Das Verbot, Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, ist etwa so realistisch wie ein Gesetz, das bestimmt, dass man Schuhe nur an Bettlägerige verkaufen dürfe.
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Ein neues Wort gelernt übers Wochenende: Den Begriff Intelligenzallergiker muss man Nichtbetroffenen ja nicht erklären.
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Die Schweizer kaufen in Gailingen, Singen, Konstanz, Lörrach. Für 10 Milliarden Franken jährlich. Denn Deutschland ist im Vergleich zur Schweiz ein Billigland. Das bereitet den Schweizer Handwerkern und Detailhändlern Bauchweh, den Konsumenten hingegen Hochgefühle. Als Trost: Vielleicht machen die mit 10 Milliarden UmsatzFränkli beglückten Deutschen ja dafür mehr Ferien in der Schweiz. Oder tragen das Geld auf Schweizer Banken. Oder investieren ihre Vermögen in teure Uhren und Schmuck aus der Schweiz. Irgendwie wird sich’s auf Dauer schon ausgleichen. Oder gar lohnen. Dumm nur, dass nicht die gleichen Leute unter dem Einkaufstourismus leiden, die vom Wohlstand der grenznahen Deutschen profitieren.
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Moralische Appelle nützen übrigens gar nichts. Wer ist schon so blöd und zahlt aus Solidarität mit dem einheimischen Gewerbe für einen Zierstrauch oder ein Kilo Butter oder einen Kühlschrank in der Schweiz den doppelten Preis? Wie sagte eine gute Bekannte: «Das Schöne ist: Nachdem ich alles,
was billiger ist, in Deutschland eingekauft habe, bleibt mir immer noch genug Geld, um so manches zu kaufen, das es nur in der Schweiz gibt. Ist doch gut für alle, oder?» Schlagendes Argument …!?
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Es gibt Bemerkungen, die einen allerhöchstens gequält lächeln lassen. Etwa: «Sie sind etwas gar niedrig – für Ihr Gewicht.» Unangenehmer ist das Kompliment des Kollegen A., dem man soeben erklärt hat, wie er zu hohe RoamingGebühren im Ausland vermeiden kann: «Du chunsch aber no ganz guet druus … – für dis Alter.» Ja super, danke! Den Totalfrust des Tages läutet dann allerdings der eigentlich ganz nette, nur leider Gottes joggende Kollege Q. mit dem gönnerhaft tröstenden Kompliment ein, man sei «no rächt rüschtig – fürs Alter». An einem solchen Tag drängt sich dringend eine Straffung des Freundeskreises auf.
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Walti meldet sich zwischendurch: Ich wollte bei den Weight Watchers anrufen – aber niemand hat abgenommen. Ich habe beim Arzt angerufen – es hat mich keiner verbunden. Ich habe bei Spiderman angerufen – doch der hatte kein Netz. Ich hab beim Bestattungsunternehmen angerufen – aber die Leitung war tot.
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Es scheint, Nachrufe und Grabsprüche regen auf und an – vielleicht um über den Spruch auf dem eigenen Grabstein nachzudenken? Ein Kollege jedenfalls liebt offenbar Heine – zu Recht! Der liess nämlich schreiben: «Hier liegen meine Gebeine, ich wollte, es wären Deine, Heinrich Heine.» Aber es gibt deftigere (und holprigere) Grabinschriften wie etwa: «Die alten Zähne wurden schlecht, und man begann sie auszureissen, die neuen kamen grade recht, um mit ihnen ins Gras zu beissen.» Oder: «Hier ruht in Frieden Martin Klug, der Frau, Kinder und die Orgel
schlug.» (Gemeint ist vermutlich die Maulorgel.) Die folgenden Grabinschriften entstammen einem eher nicht jugendfreien Friedhof: «Mit ihrem Kopf auf seinem Schoss, liess er vor Glück das Lenkrad los.» Und: «Hier schweigt Johanna Vogelsang. Sie zwitscherte ihr Leben lang.»
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Die CS musste ihre Schuld eingestehen mit dem Satz: «We were running a criminal enterprise.» Schon ziemlich demütigend, so einen Satz unterzeichnen zu müssen im Wissen darum, nach Schweizer Recht nichts Illegales getan zu haben. Gut, die Herren Rohner und Dougan hätten auch zurücktreten und sich weigern können. Hätten? Es wäre die einzige anständige Art gewesen, der Erpressung zu begegnen. Denn entweder ist der Satz gelogen – oder er stimmt. Im ersten Fall ist die Unterschrift feige, im zweiten ein Kündigungsgrund. Aber eben: Wer gibt schon freiwillig gerne Macht und Zugang zu Geld ab?
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Aber schliesslich ist die amerikanische Regierung ja auch nicht bereit, eingedenk von Irak, Guantánamo, Inhaftierungen ohne Prozess, eigener und delegierter Folter, Afghanistan, Drohnenkrieg und anderem – etwas demütig und weniger bigott verlauten zu lassen: «We are running a criminal government.» Na ja, die Heuchler hocken überall.
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Und das meint Walti: Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als Einziger zu wissen.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 11 I 2014
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