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Rubriken — POLITFORUM: XUNDHEIT IN BÄRN
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5887
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XUNDHEIT IN BÄRN

POLITFORUM

Zulassungsüberschreitender Einsatz von Medikamenten bei seltenen Krankheiten – Wo stehen wir?

INTERPELLATION vom 12.12.2013
Didier Berberat Nationalrat SP Kanton Neuenburg

Am 20. September 2010 hat der Ständerat mein Postulat mit dem Titel «Übernahme der Kosten bei der Behandlung seltener Krankheiten durch den zulassungsüberschreitenden Einsatz von Medikamenten» angenommen. Auch der Bundesrat hatte das Postulat zur Annahme empfohlen. Während der Beratung sagte der Bundesrat, dass er die Krankenversicherungsverordnung (KVV) im Sinne des Postulats ändern

werde. Er erwähnte, dass die Änderung eigentlich bereits 2011 gemacht werden könne. Nach meinen Recherchen wurde die Änderung bis jetzt aber noch nicht beschlossen. Wann wird die Verordnung angepasst? Falls eine Anpassung nicht möglich sein sollte, was sind die Gründe dafür?

Die Antwort des Bundesrates vom 12.2.2014

In seiner Antwort auf das Postulat Berberat hatte sich der Bundesrat bereit erklärt, die Aufnahme der durch das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung festgelegten Kriterien zu prüfen. Damit sollte die Wichtigkeit einer Vergütung für diejenigen Off-Label-Use-Fälle unterstrichen werden, in denen die Behandlungen nach einer individuellen Beurteilung durch die Versicherer gerechtfertigt werden könnten. Mit Bundesratsbeschluss vom 2. Februar 2011 wurden die bundesgerichtlichen Kriterien zur Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall in Artikel 71a und 71b der Verordnung über die Krankenversicherung verankert. Diese Bestimmungen sind am 1. März 2011 in Kraft getreten und regeln die ausnahmsweise Vergütung von Arzneimitteln ausserhalb der Spezialitätenliste oder ausserhalb der von Swissmedic genehmigten Fachinformation. Damit die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten übernimmt, muss vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen

eine Krankheit erwartet werden, die für die versicherte Person tödlich verläuft oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich zieht. Zudem dürfen keine therapeutischen Alternativen bestehen, und die Kosten müssen in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen. Die Krankenversicherer beurteilen jeden Einzelfall und leisten allfällige Kostengutsprache erst nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes. Die Kriterien in Artikel 71a und 71b KVV gelten für alle Arzneimittel, unabhängig davon, ob sie zur Behandlung von häufigen oder seltenen Krankheiten eingesetzt werden. Das Bundesamt für Gesundheit hat bis Ende des Jahres 2013 die Umsetzung von Artikel 71a und 71b KVV durch eine Bestandesaufnahme der Praxis aller Krankenversicherer evaluiert. Es sollen dabei allfällige bestehende Schwierigkeiten bei der Umsetzung erfasst werden. Der entsprechende Bericht ist gegenwärtig in Erarbeitung und wird voraussichtlich im April 2014 vorliegen.

Schweizer Generika-Markt im internationalen Vergleich. Fragen zur Qualität der Studie des Preisüberwachers

INTERPELLATION vom 13.3.2013
Thomas de Courten Nationalrat SVP Kanton Basel-Landschaft
Im Bericht über den «Schweizer Medikamentenmarkt im internationalen Vergleich – Handlungsbedarf im patentfreien Bereich» versucht der Preisüberwacher Marktversagen am Beispiel des Cholesterinsenkers Sortis® nachzuweisen. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen:

1. Der Umsatz von Sortis ist innert zwei Monaten nach Patentablauf auf weniger als die Hälfte eingebrochen und schrumpft weiter. Statt 108 Millionen in den zwölf Monaten vor dem Markteintritt des ersten Generikums hat Sortis in den letzten zwölf Monaten noch rund 20 Millionen Franken Umsatz erzielt. Heute macht das Originalpräparat Sortis nur noch ein Drittel aller Atorvastatin-Umsätze aus, wobei die Tendenz weiter schrumpfend ist. Sechs von sieben verkauften Packungen sind günstigere Generika – mit steigender Tendenz. Wie beurteilt der Bundesrat in Anbetracht dieser Faktenlage des Preisüberwachers die These vom nicht funktionierenden Markt?

2. Wie stellt er sich zur These vom nicht funktionierenden Markt im patentfreien Medikamentenbereich angesichts des Umstands, dass Sortis kein Einzelfall ist, sondern bei den anderen Cholesterinsenkern, deren Patent früher abgelaufen ist, der Generikaanteil über 90 Prozent beträgt?
3. Wie beurteilt er die Qualität dieser Untersuchung des Preisüberwachers?

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ARS MEDICI 9 I 2014

POLITFORUM

Verschwendung reduzieren – Einzelverkauf von Medikamenten

POSTULAT vom 11.12.2013
Manuel Tornare Nationalrat SP Kanton Genf
Der Bundesrat wird beauftragt, die Möglichkeit, gewisse Medikamente (z.B. Antibiotika) einzeln zu verkaufen, vertieft zu analysieren und einen Bericht dazu vorzulegen. So könnte die Wirksamkeit einer solchen Massnahme geprüft werden. Sollten die Ergebnisse überzeugen, könnte der Einzelverkauf auf andere Heilmittel ausgedehnt werden.

Begründung Laut dem Bundesamt für Umwelt werden 30 Prozent der in der Schweiz verkauften Medikamente weggeworfen – eine Verschwendung, die sich nur schwer genau beziffern lässt, die Allgemeinheit jedoch teuer zu stehen kommt. Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass in der Schweiz 2008 pro Kopf durchschnittlich 770 Franken für Medikamente ausgegeben wurden. Werden davon 30 Prozent weggeworfen, bedeutet das, dass jede und jeder von uns jährlich 230 Franken in den Müll wirft. Es gibt jedoch bereits Lösungen gegen diese Verschwendung. Der Einzelverkauf würde die Zahl der weggeworfenen Medikamente und das Risiko einer Selbstmedikation mit übriggebliebenen Tabletten reduzieren. Man könnte so auch das Problem lösen, dass Krankheitserreger resistent werden, wenn die Patientin

oder der Patient die Behandlung mit Antibiotika nicht so lange wie verschrieben fortsetzt. Der Einzelverkauf würde auch sicherstellen, dass Medikamente dank Medikamentendosierer nicht verwechselt und zu Hause richtig aufbewahrt werden. Dies wäre vor allem für ältere Menschen hilfreich. Zudem liessen sich mit einer solchen Massnahme grosse Summen bei den Krankenkassen einsparen. Bereits werden in einigen Ländern (z.B. USA, Kanada und Grossbritannien) Medikamente einzeln statt in der Verpackung verkauft. Frankreich testet zurzeit die Einzelabgabe in den Apotheken. Der Einzelverkauf ist dort zunächst auf Antibiotika beschränkt und erfolgt nur in Apotheken, die freiwillig an diesem Versuch teilnehmen.

Stellungnahme des Bundesrates vom 7.3.2014

Die Abgabe von einzelnen Tabletten (auch Auseinzelung genannt) ist in Spitälern und Pflegeheimen bereits heute Standard. Auch die Apotheken bieten die entsprechende Dienstleistung an. Insbesondere ältere Patientinnen oder Patienten, die sehr viele Arzneimittel einnehmen müssen, können ihre Tabletten abgefüllt in sogenannten Wochendispensern erhalten. Unter entsprechend kontrollierten Bedingungen ist dies aus Sicht der Patientensicherheit vertretbar. Die Arzneimitteleinnahme erfolgt unter direkter Kontrolle medizinisch geschulter Fachleute (Spitex-Fachleute, Pflegepersonal usw.). Eine generelle Abgabe von Teilen einer Packung birgt aber im ambulanten Bereich gewisse Risiken. Einerseits schützt die Verpackung das Arzneimittel vor Licht und Beschädigung. Einzelne Blister oder Teile von Blistern sind äusseren Einflüssen wesentlich stärker ausgesetzt als ganze Packungen. Andererseits erhält der Empfänger durch das Teilen einer Packung nur eingeschränkte Informationen. So erhöht sich durch die unvollständige Kennzeichnung die Gefahr, dass Arzneimittel verwechselt oder/und falsch angewendet werden. Bemühungen zur Vermeidung von solchen Medikationsfehlern werden so unterlaufen. Auch bedeutet die generelle Auseinzelung einen wesentlichen Zusatzaufwand für Ärzte und Apotheken, welcher durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung abgegolten werden müsste. Der Bundesrat hält es daher für zielführender, wie bisher bei der Zulassung die Packungsgrössen so festzulegen, dass die kleinste Packung an die Therapiedauer und Dosierungsempfehlung gemäss Fachinformation angepasst ist. Diese Praxis wird durch Swissmedic bereits heute für alle Arzneimittel so umgesetzt. So sind insbesondere – aber nicht nur – bei speziellen Arzneimitteln wie Antibiotika exakte Packungsgrössen durchaus üblich, in manchen Fällen sind auch Einzeldosenpackungen auf dem Markt, wo dies therapeutisch sinnvoll ist. Weiter achtet auch das Bundesamt für Gesundheit bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste (SL) darauf, dass zweckmässige Packungsgrössen angeboten werden. So werden zum Beispiel für Langzeittherapien Kleinpackungen zur Anfangsbehandlung und Grosspackungen für

die Dauerbehandlung verlangt. Die Leistungserbringer sind nach Artikel 56 des Krankenversicherungsgesetzes (KVG, SR 832.10) gehalten, sich in ihren Leistungen auf das Mass zu beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist. Massnahmen zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Leistungen sind in Tarifverträgen vorzusehen. Entsprechend sind die Apotheker und Apothekerinnen nach dem Tarifvertrag LOA IV zwischen Pharmasuisse und Santésuisse verpflichtet, jeweils diejenige Packungsgrösse abzugeben, die der vom Arzt verschriebenen Dosierung und Anwendungsdauer am besten entspricht und für den Versicherer am wirtschaftlichsten ist. Ebenso schränkt der Vertrag die Abgabemenge ein. Die abgegebene Menge darf in der Regel den 3-monatigen Bedarf nicht überschreiten. Aus Sicht des Bundesrates besteht mehr Handlungsbedarf bei der Verbesserung der Medikationsprozesse als bei der Grösse der Packungen. Halten sich Patientinnen und Patienten ungenügend an den Therapieplan oder werden sie überversorgt, kann dies zu einem wenig effizienten und effektiven Einsatz und damit zu einer Verschwendung von Arzneimitteln führen. Im Rahmen der Qualitätsstrategie des Bundes im schweizerischen Gesundheitswesen wird der Sicherung der Qualität und dem zweckmässigen Einsatz von Arzneimitteln entsprechend Beachtung geschenkt werden. In diesem Rahmen wird das EDI/BAG die Ergebnisse des im Postulat erwähnten Versuchs in Frankreich, sobald diese vorliegen, in einen grösseren Kontext setzen und eigenständig bewerten. Sollte sich ein Handlungsbedarf ergeben, wird der Bundesrat dieses Thema im Rahmen der Beantwortung des Postulates Humbel, «Positionierung der Apotheken in der Grundversorgung», aufnehmen. Aus den aufgeführten Gründen erachtet der Bundesrat die Erarbeitung eines zusätzlichen Berichtes als nicht notwendig.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt

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