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FORTBILDUNG
Serie: Palliativmedizin in der Praxis
Lebensqualität bei Menschen mit Demenz
Ein bedeutender Aspekt adäquater Versorgung
Für eine gute palliative Versorgung von Menschen mit Demenz ist das emotionale Befinden der Betroffenen von zentraler Bedeutung. Die nonverbale Kommunikation ist bis ins letzte Stadium der Erkrankung möglich und eine wichtige Ressource, auf die es gezielt zu achten gilt.
STEFANIE BECKER
Der stetige medizinische, hygienische und ernährungsbezogene Fortschritt der letzten 120 Jahre führt zu einer steigenden Zahl älterer Menschen, die bis in das 8. Lebensjahrzehnt hinein weitgehend psychisch und physisch gesund sowie mobil ein selbstständiges Leben führen können. Verbunden mit dieser wachsenden Anzahl alter und hochaltriger Menschen ist jedoch auch die Zahl derjenigen, die an mindestens einer meist chronischen Erkrankung leiden. Viele Gesundheitsrisiken wie Pflegebedürftigkeit oder chronische Erkrankungen nehmen mit dem Alter nicht stetig, sondern exponentiell zu, das heisst die Erkrankungswahrscheinlichkeit verdoppelt sich nach konstanten Zeitintervallen (die Sterblichkeit ist mit 68 Jahren doppelt so hoch wie mit 60, mit 76 doppelt so hoch wie mit 68, vgl. [1]). Eine der zurzeit sicherlich grössten Herausforderungen dieser Veränderungen sind die Prävalenzraten demenzieller Erkrankungen, welche ebenfalls ab dem 80. Lebensjahr exponentiell ansteigen. Sind bei den 60- bis 65-Jährigen 1 bis 3 Prozent
Merksätze
O Eine frühzeitige Abklärung ist ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Lebensqualität.
O Es besteht ein Versorgungsdefizit für Menschen in weit fortgeschrittenen Stadien der Demenz.
O Betroffene können ihre emotionale Befindlichkeit unabhängig vom Stadium ihrer Erkrankung auf nonverbale Weise sehr situationsspezifisch ausdrücken.
O Es ist möglich, die emotionale Befindlichkeit von Menschen mit Demenz zu erkennen, hierfür sind ausgeprägte Beobachtungskompetenzen erforderlich.
betroffen, so ist bereits jeder Dritte über 90 Jahre an einer Demenz erkrankt. Hauptsächlich verantwortlich für diesen markanten Anstieg ist die Alzheimer-Demenz, die 50 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmacht. Der Anteil der vaskulär bedingten Demenzen beträgt zirka 20 Prozent; Mischformen sind häufig, besonders im höheren Alter. Weitere Demenzformen sind die Lewy-Körperchen-Demenz sowie Demenzen anderer Ursache wie beispielsweise die frontotemporale Degeneration (2). Als Folge einer Demenzerkrankung werden Selbstständigkeit und Autonomie in der Alltagsgestaltung sowie die Erhaltung des psychischen Wohlbefindens der Betroffenen zu grossen Herausforderungen. So gilt eine Demenzerkrankung als die Hauptursache für einen Umzug in eine stationäre Langzeitpflegeeinrichtung.
Frühzeitige Abklärung ist wichtig Insbesondere einer frühzeitigen Diagnostik kommt jedoch eine zentrale Rolle zu, um Interventionen einzuleiten – auch wenn sie nicht kurativ sind, können sie doch den Krankheitsverlauf verlangsamen. Leider verhindern Scham und Angst häufig, dass Betroffene frühzeitig zur Abklärung kommen. Nach Monsch et al. (3) finden die ersten Schritte einer Demenzdiagnostik am häufigsten beim Hausarzt statt. Bei Verdacht auf eine demenzielle Entwicklung wird in der hausärztlichen Versorgung empfohlen, neben der üblichen Anamnese und der klinischen Untersuchung auf den Verlauf der Symptome (z.B. akuter Beginn, schrittweise, kontinuierlich, Schwankungen), auf begleitende psychiatrische (z.B. Depression, Verhaltensstörungen) oder neurologische Symptome (z.B. neuartiger Kopfschmerz, extrapyramidale Symptome) zu achten. In der Demenzdiagnostik kommt ausserdem der Fremdanamnese eine besondere Bedeutung zu. Als Screeningtests werden empfohlen: MMSE (Mini Mental State Evaluation [4]), IQCODE (Information Questionnaire on Cognitive Decline in the Elderly [5]) und FAQ (Functional Activities Questionnaire [6]). Soll ein demenzielles Syndrom differenzierter untersucht werden, bedarf das eines interdisziplinären Ansatzes inklusive Einsatz bildgebender Verfahren, welcher von Memory-Kliniken angeboten wird. Bei Vorliegen folgender Punkte wird eine Abklärung in einer Memory-Klinik als angezeigt erachtet: O atypische Symptomatik oder atypischer Verlauf O Diskrepanz zwischen den Angaben Angehörige/Patient
und eigenen Befunden O problematische Beziehungskonstellationen mit Überforde-
rungssituationen.
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Abbildung 1: Emotionale Befindlichkeit in pflegetypischen Alltagssituationen
Neben den demenzspezifischen Symptomen wird eine Abklärung in der Hausarztpraxis meist durch altersbedingte sensorische Defizite erschwert, die eine Anwendung der üblichen diagnostischen Tests aufgrund von Seh- und/oder Hörbeeinträchtigung nicht mehr angemessen ermöglichen.
Bedürfnisse von Menschen mit Demenz Wissenschaftliche Studienergebnisse haben in den letzten Jahren ein Versorgungsdefizit für Menschen in weit fortgeschrittenen Stadien der Demenz aufgezeigt, vor allem im Hinblick auf eine angemessene Schmerzregulation (7). Mit Fortschreiten einer Demenz wird es zunehmend schwieriger, die jeweils subjektiven Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Betroffenen direkt zu erfragen, da die Sprachkompetenzen abnehmen und die Möglichkeit des verbalen Ausdrucks von Wünschen und Bedürfnissen eingeschränkt bis unmöglich wird. Entsprechend werden im Zusammenhang mit einer Demenzerkrankung Begriffe wie Freude, Wohlbefinden oder Lebensqualität nur sehr selten genannt. Im Gegenteil, häufig wird die Frage gestellt: «Lebensqualität und Demenz … geht das überhaupt?» Volicer und Bloom-Charette (8) halten demzufolge eine optimale medizinisch-pflegerische Betreuung, die Behandlung psychischer Symptome sowie das Angebot von auf die Bedürfnisse von Menschen mit schwerer Demenz ausgerichteten Aktivitäten für die zentralen Dimensionen einer Lebensqualität bei dieser Personengruppe. Für die Bewältigung dieser Verantwortlichkeit standen nur selten klare und allgemein verbindliche Handlungsanweisungen zur Verfügung, sodass sich das ärztliche oder pflegerische Handeln lange lediglich am eigenen praktischen Erfahrungswissen und an subjektiven Vorstellungen orientieren konnte und man auf eigene, subjektive Vermutungen bei der Deutung des Verhaltens der Menschen mit Demenz angewiesen war. Mit der Entwicklung strukturierter Beobachtungsinstrumente für das subjektive Befinden Demenzkranker ist diese Lücke geschlossen worden.
Emotionale Befindlichkeit und nonverbales Ausdrucksverhalten Freude und Wohlbefinden ebenso wie Ärger, Angst oder Traurigkeit werden von Menschen mit Demenz ebenso empfunden wie von kognitiv gesunden Personen. Um die Bedürfnisse und die Befindlichkeit der Betroffenen zu erkennen, ist die Grundannahme zentral, dass die Betroffenen unabhängig vom Stadium ihrer Erkrankung auch in der Lage sind, diese auszudrücken.
Eine «Sprache», zu der Menschen mit Demenz bis in weit fortgeschrittene Stadien der Erkrankung sehr gut in der Lage sind, ist der nonverbale Ausdruck. Da Menschen mit Demenz im Hinblick auf ihre emotionale Befindlichkeit sehr authentisch sind, das heisst, sie sind aufgrund ihrer kognitiven Einschränkungen nicht in der Lage, sich an normativen Erwartungen im sozialen Kontext zu orientieren, kann die sensible Interpretation ihres individuellen mimischen Ausdrucksverhaltens sowie der Gestik und der Körperhaltung wesentliche Hinweise auf Befindlichkeit, Wünsche und Bedürfnisse geben. Das Instrument H.I.L.DE. (Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker [9]) rückt die Fähigkeit von Menschen mit Demenz, ihre Befindlichkeit nonverbal zum Ausdruck zu bringen, in den Mittelpunkt. Damit das jeweilige Ausdrucksverhalten jedoch nicht lediglich einem «Bauchgefühl» der Betreuenden entspricht, sondern im Sinne eines standardisierten Vorgehens entsprechend objektive Aussagen zulässt, werden in H.I.L.DE. geprüfte Beobachtungs- und Beurteilungskriterien bereitgestellt. So konnte bei vier verschiedenen Gruppen Demenzkranker gezeigt werden, dass sie nicht nur häufig auch positive Gefühle und Wohlbefinden erleben, sondern dass sie auch in der Lage sind, selbst in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung situationsbezogen ihre Befindlichkeit zum Ausdruck zu bringen (Abbildung 1). Neben dieser zentralen Erkenntnis ist auch der geringe Anteil der Situationen, in denen die Pflegenden nicht in der Lage waren, eine konkrete emotionale Befindlichkeit aus dem mimischen Ausdrucksverhalten der Betroffenen zu «lesen», eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Interventionen bedürfnisadäquat erfolgen können und ihre Wirkungen evaluiert werden – beides zentrale Bedingungen für die Erhaltung und die Förderung von Lebensqualität bei Demenz. Um das leisten zu können, müssen pflegerische und medizinische Betreuung ihre Beobachtungskompetenz schulen.
Palliative Care für schwer demenzkranke Menschen Je weiter die Demenzerkrankung fortschreitet, desto mehr sind die Betroffenen auf Hilfe und Unterstützung durch Dritte angewiesen und damit darauf, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse erkannt und sie in der Erhaltung ihres psychischen Wohlbefindens respektive ihrer Lebensqualität unterstützt werden. Die palliative Versorgung der Betroffenen ist hier von grosser Bedeutung. Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Erkrankungen einhergehen. Es geht dabei um das Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitiges Erkennen, die aufmerksame Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderer Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art. Palliative Care schliesst medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung mit ein (10). Demenzerkrankungen sind chronisch progrediente Krankheiten, die vor allem in den fortgeschrittenen Stadien einen umfassenden und besonderen palliativen Ansatz erfordern: Jede Intervention ist auf ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität und das subjektive Wohlbefinden des Betroffenen zu prüfen.
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Abbildung 2: Entwicklung der Psychopharmakagaben in einer Pflegeoase im Vergleich mit konventioneller Betreuung schwer dementer Menschen (n = 22; nach [11])
Dabei steht die Lebensqualität des Erkrankten im Mittelpunkt, die gerade dann zu einem – besonders auch unter ethischen Gesichtspunkten – wesentlichen Kriterium personenorientierter Pflege- und Betreuungsleitbilder wird, wenn rein medizinisch-physische Behandlungsmöglichkeiten ihre Grenzen erreichen. Was im obigen Abschnitt für die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz ausgesagt wurde, gilt daher für Betroffene im letzten Erkrankungsstadium noch pointierter. Angemessene Instrumente zur Beurteilung der Lebensqualität liegen bis heute noch nicht vor. Die Anwendung des H.I.L.DE.-Instruments im Kontext palliativer Pflegesituationen in einer «Pflegeoase» mit speziellem Raum- und Pflegekonzept konnte zeigen, dass auch in fortgeschrittenem Stadium der Erkrankung durch eine aufmerksame, strukturierte Beobachtung der emotionalen Befindlichkeit eine Verbesserung der Lebenssituation erreicht werden kann (11).
Lebensqualität in einer Pflegeoase Das Hauptziel der Pflege und der Betreuung dieser besonderen Versorgungsform liegt darin, die Bewohner zu integrieren und ihnen durch das direkte Zusammenleben mit anderen, aber auch durch die Möglichkeit, die Geräusche und Gerüche des normalen Alltagslebens direkt zu erfahren, eine Chance auf soziale Teilhabe zu geben. Bei einer Pflegeoase handelt es sich um Mehrpersonenräume mit kommunikativer Mitte für 4 bis 8 schwerst pflegebedürftige, immobile Menschen, meist mit Demenz. Gefühlen der Einsamkeit und der Isolation, die in der sonst üblichen Versorgungsform in Einzelzimmern entstehen können, soll so entgegengewirkt und Sicherheit, Vertrautheit und Geborgenheit geschaffen werden. Durch die stetige Präsenz der Pflegenden kann auf ihre Bedürfnisse zeitnah reagiert werden, was auch bei diesen Menschen, die sich selbst nicht mehr ausdrücken können und deren Wahrnehmungsfeld durch die Erkrankung stark eingeschränkt ist, zur Reduktion von Angst und Unsicherheit und damit zur Erhaltung ihrer Lebensqualität trotz der Schwere der Erkrankung beiträgt.
Die in der Studie untersuchte Pflegeoase war ausschliesslich für Menschen mit einer bereits weit fortgeschrittenen Demenz konzipiert (11). Über einen Zeitraum von 12 Monaten wurde die Lebensqualität von Bewohnern der Pflegeoase und einer Vergleichsgruppe in einem Wohnbereich der gleichen Einrichtung mit traditioneller Pflege und Betreuung mit dem H.I.L.DE.-Instrument untersucht. Insgesamt wurden 147 Einzeldaten von 22 Menschen mit Demenz erfasst. Neben verschiedenen Parametern der Lebensqualität hat sich die Konsequenz der Beobachtung des nonverbalen Ausdrucksverhaltens mit H.I.L.DE. besonders eindrücklich im Verlauf der Gabe von Psychopharmaka gezeigt (Abbildung 2): Zu Beginn wurden in der Pflegeoase durchschnittlich fast doppelt so viele Psychopharmaka wie in der Vergleichsgruppe gegeben. Im Verlauf konnte eine deutliche Reduktion der Medikation in der Pflegeoase erreicht werden, während in der Vergleichsgruppe zwar zunächst die Gabe auch reduziert werden konnte, zum letzten Erhebungszeitpunkt jedoch wieder auf dem Ausgangsniveau war. Durch die strukturierte Beobachtung und die Dokumentation des nonverbalen Ausdrucks konnten Pflegende für die Bedürfnisse der Betroffenen sensibilisiert und Interventionen (in diesem Fall die Gabe von Medikamenten) konnten bedürfnisadäquat angepasst werden. Das Instrument H.I.L.DE., dessen Vorteil es ist, unabhängig vom Stadium der Demenzerkrankung genutzt werden zu können, bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass diese Generalität insbesondere bei Menschen in der letzten Krankheitsphase im Hinblick auf die integrierten Beobachtungskategorien zu wenig spezifisch ist.
Pilotstudie H.I.L.DE.-Palliativ Daher wurde in einer Pilotstudie* ein auf H.I.L.DE. aufbauendes Instrument speziell für die palliative Versorgung für Menschen mit Demenz geprüft. Ziele waren hier: O die individuelle Wahrnehmung der ganzheitlichen (somati-
schen und psychischen) Situation O eine Verbesserung der Kommunikation (verbal und nonver-
bal) zwischen den Betroffenen und den betreuenden Personen O die Ableitung der aus den vorgenannten Punkten resultieren-
den Konsequenzen für pflegerisches und ärztliches Handeln.
Zu den ursprünglichen H.I.L.DE.-Kategorien, die sich als geeignet für die schwere Demenzerkrankung erwiesen haben (z.B. medizinische Betreuung und Schmerzerleben sowie emotionales Erleben und Zufriedenheit), wurde in die H.I.L.DE.-Palliativ-Studie neu der für die Palliativversorgung zentrale Aspekt der Symptomenkontrolle aufgenommen. Über den Zeitraum von einem Jahr wurden 52 Pflegekräfte und Hospizhelfer sowie 12 Ärzte (davon 5 niedergelassene Hausärzte) bezüglich nonverbaler Kommunikation geschult (Mimik, Erkennen der Emotionalität). Der Einschluss der Menschen mit Demenz erfolgte durch einen Arzt (PPS < 50; Palliative Performance Scale [12]). Die Pflegenden erfassten die Lebensqualität zweimal im Abstand von einer Woche. Insgesamt wurden 106 Menschen mit Demenz in einer Palliativsituation erfasst.
*Die Pilotstudie wurde unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Georg Nehen (Elisabeth-Krankenhaus, Essen) und mit Unterstützung der Borbecker Schmerzhilfe e.V. durchgeführt.
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für oder über die Menschen mit Demenz hinweg in der letz-
ten Lebensphase gewährleistet werden – eine Aufgabe, der
sich alle, die sich für eine würdevolle Betreuung und Pflege
der Betroffenen einsetzen, zukünftig stellen müssen.
O
Stefanie Becker Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Gerontologie Psychologin, Gerontologin Leiterin Institut Alter der Berner Fachhochschule Schwarztorstrasse 48 3007 Bern E-Mail: stefanie.becker@bfh.ch
Abbildung 3: Veränderung der Symptome nach zwei Wochen (n = 106); die Symptome wurden gemäss der H.I.L.DE.-Palliativ-Studie von den Pflegenden evaluiert.
Beispielhaft sei das Ergebnis zur Symptomenkontrolle in Abbildung 3 dargestellt. Es konnte auch hier gezeigt werden, dass eine instrumentengestützte strukturierte Beobachtung und Interpretation der emotionalen Befindlichkeit anhand des mimischen Ausdrucks zu einer Sensibilisierung der Ärzte und Pflegenden und in der Folge zu einer bedürfnisadäquaten Versorgung der Betroffenen führte. So konnte auf Symptome wie Unruhe oder Erbrechen bereits innerhalb von zwei Wochen positiv eingewirkt und zu einer verbesserten Lebensqualität beigetragen werden.
Fazit Die palliative Versorgung von Menschen mit Demenz kann gelingen, wenn man das emotionale Befinden der Betroffenen berücksichtigt. Ihr emotionales Ausdrucksverhalten ist bis ins letzte Stadium der Erkrankung eine wichtige Kommunikationsmöglichkeit. Es gilt, diese als zentrale Ressource von Menschen mit Demenz gezielt zu achten. Voraussetzungen hierfür sind die Schulung der eigenen Wahrnehmung sowie deren strukturierte Interpretation mittels validierter Instrumente. Nur so kann professionelles Handeln mit und nicht
Literatur: 1. Bickel H: Die Epidemiologie der Demenz. Deutsche Alzheimer Gesellschaft 2006. 2. Schweizerische Alzheimervereinigung: http://www.alz.ch/index.php/demenzformen-
und-ursachen.html; Stand: 1.4.2014. 3. Monsch AU et al.: Expertengruppe der Schweiz: Konsensus zur Diagnostik und Betreu-
ung von Demenzkranken in der Schweiz. Schweiz Med Forum 2008; 8(8): 144–149. 4. Folstein MF et al.: «Mini-mental state». A practical method for grading the state of pa-
tients for the clinician. J Psychiatric Res 1975; 12: 189–198. 5. Jorm AF: The Informant Questionnaire on cognitive decline in the elderly (IQCODE):
a review. Int Psychogeriatr 2004; 16(3): 275–293. 6. Pfeffer RI et al.: Measurement of functional activities in older adults in the commu-
nity. J Gerontol 1992; 37(3): 323–329. 7. Morrison RS, Siu A: A comparison of pain and its treatment in advanced dementia and
cognitively intact patients with hip fracture. J Pain Symptom Management 2000; 19(4): 240–248. 8. Volicier L, Bloom-Charette L: Enhancing the Quality of Life in Advanced Dementia. Routlege Philadelphia, 1999. 9. Becker S et al.: Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker. Huber Verlag Bern, 2010. 10. WHO: http://www.who.int/cancer/palliative/definition/en/ 11. Becker S: Evaluation einer Pflegeoase. In: Brandenburg H und Adam-Paffrath R (Hrsg.): Pflegeoasen in Deutschland. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft Hannover 2013; 69–94. 12. Anderson F et al.: Palliative performance scale (PPS): a new tool. J Pall Care 1996; 12(1): 5–11.
Wir danken Herrn Dr. med. Markus Denger, wissenschaftlicher Beirat von ARS MEDICI, Frau Dr. med. Heike Gudat, Vorstandsmitglied von palliative ch, und Dr. med. Klaus Bally, Institut für Hausarztmedizin der Universität Basel, für ihre Unterstützung bei der Konzeption und der Planung unserer Serie «Palliativmedizin in der Praxis».
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