Transkript
FORTBILDUNG
Impfung gegen HPV
Erfolgreich, aber noch zu teuer
Die Assoziation zwischen chronischer HPV-Infektion und Erkrankung am Zervixkarzinom ist gut belegt. Die bis jetzt publizierten Studien- und Registerdaten zeigen einen hohen Schutz durch die Impfung gegen chronische HPV-Infektionen sowie einen Rückgang der Inzidenz von Genitalwarzen und zervikalen Dysplasien. Es gibt zudem Hinweise für Kreuzimmunität gegen andere onkogene HPV-Typen und für eine Herdenimmunität. Ob Zervixkarzinome vermindert werden, ist erst in 10 bis 20 Jahren zu erkennen; die jetzigen Daten sprechen aber dafür.
ARZNEIMITTELBRIEF
2007 wurden die beiden Impfstoffe gegen humane Papillomviren (HPV) Gardasil® (quadrivalent) und Cervarix® (bivalent) für junge Mädchen vor den ersten Sexualkontakten empfohlen. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben 2011 in den USA auch eine entsprechende Empfehlung für junge Männer gegeben. Bei inzwischen mehr als 56 Millionen verabreichten Impfdosen in den USA gab es keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die Impfstoffe werden als sehr sicher eingestuft. Die Preise der Impfstoffe in Deutschland sind viel zu hoch, doppelt so hoch wie beispielsweise in den USA, obwohl ein Grossteil der Grundlagen zur Entwicklung der Impfstoffe durch deutsche Steuergelder (DFG- und BMBF-Mittel)
Merksätze
O Die Impfung gegen das humane Papillomavirus (HPV) schützt gegen chronische HPV-Infektionen. Sie bewirkte seit ihrer Einführung einen nachweisbaren Rückgang der Inzidenz von Genitalwarzen und zervikalen Dysplasien.
O Die Impfung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Inzidenz HPV-bedingter Erkrankungen, wie des Zervixkarzinoms, substanziell verringern; diese Effekte werden jedoch frühestens in 10 bis 12 Jahren nachweisbar sein.
gefördert wurde. Wir hatten bereits vor 6 Jahren gefordert, dass die Impfstoffpreise deutlich reduziert werden. In Deutschland ist – auch durch eine fehlende Aufklärungsstrategie – die Impfbereitschaft junger Mädchen zurückgegangen (Anm. d. Redaktion ARS MEDICI: Angaben zur Schweiz, s. Kasten).
Impfstrategie und Surrogatmarker der Wirksamkeit Die Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) erfolgt meist durch Sexualkontakte. Die Assoziation zwischen chronischer HPV-Infektion und Erkrankung am Zervixkarzinom ist gut belegt (1–3). Speziell die HPV-Typen 16 und 18 sind für etwa 70 Prozent der Zervixkarzinome verantwortlich (4). Daher erscheint es sinnvoll, Mädchen und Jungen vor Eintritt in die Phase sexueller Aktivität gegen diese Viren zu impfen. Darüber hinaus gibt es auch eine klare Assoziation zwischen chronischer HPV-Infektion und Analkarzinomen, die bei HIVinfizierten Patienten zu den häufigsten Tumoren zählen (5). In den letzten Jahren verdichten sich auch Hinweise für eine Zunahme von Oropharynxkarzinomen, die mit chronischen HPV-Infektionen assoziiert sind (6). Es ist eine überzeugende Strategie, Tumoren, die mit chronischen Virusinfektionen assoziiert sind, zu bekämpfen, indem man solche Infektionen bekämpft. Ein entscheidender Schritt in diese Richtung war die Herstellung verschiedener HPVImpfstoffe. Wir haben darüber berichtet (7). Für die Aufklärung entscheidender Zusammenhänge zwischen chronischer HPV-Infektion und der Entstehung von Tumoren, die schliesslich zu Impfstoffen geführt haben, wurde dem deutschen Forscher Harald zur Hausen der Nobelpreis für Medizin verliehen (8). Die Effektivität einer solchen Impfung ist erst dann zu beurteilen, wenn hierdurch die Inzidenz entsprechender Tumore abnimmt. Dies ist naturgemäss erst nach mehreren Jahrzehnten möglich. Hierzu bedarf es gut geführter Register, wie beispielsweise in den skandinavischen Ländern. Bei der Entwicklung zu einem Zervixkarzinom gibt es verschiedene histologische Zwischenschritte, die – solange es keine verlässlichen Registerdaten gibt – als Surrogatmarker dienen müssen und möglicherweise auch können. Zum Teil wurden sie auch schon in der ersten Studie verwendet, auf deren Grundlage die Impfstoffe zugelassen wurden (7). Diese Surrogatmarker sind: O Verminderung chronischer HPV-Infektionen und genitaler
Warzen sowie O Verminderung zervikaler Dysplasien, die als potenzielle
Vorstufe zum Zervixkarzinom gelten.
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Kasten:
HPV-Impfung in der Schweiz
BAG und EKIF empfehlen, alle Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren gegen HPV zu impfen, sowie eine Nachholimpfung für 15- bis 19-jährige Mädchen. Wurden nach der Einführung der HPV-Impfung noch generell 3 Impfdosen empfohlen, so sind dies seit 2012 für die 11- bis 14-jährigen Mädchen nur noch 2 Impfdosen im Abstand von 4 bis 6 Monaten. Eine 3. Impfdosis gilt als unnötig, wenn die erste Impfdosis vor dem 15. Geburtstag verabreicht wurde. Für junge Frauen ab dem 15. Geburtstag blieb es unverändert bei dem Impfschema von 3 Impfdosen. Für Frauen bis 19 Jahre wird bis Ende 2017 eine Nachholimpfung empfohlen. Frauen zwischen 20 und 26 Jahren können je nach individueller Situation ebenfalls von der Impfung profitieren. Zwei Impfstoffe (Cervarix®, Gardasil®) sind in der Schweiz zugelassen, doch soll bei einer Person nur jeweils einer der Impfstoffe für alle Impfdosen verwendet werden.
In der Schweiz ist die HPV-Impfung für Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren kostenlos, sofern sie im Rahmen eines kantonalen Impfprogramms erfolgt, eine Franchise wird nicht erhoben. Das Gleiche gilt bis Ende 2017 für Impfungen junger Frauen zwischen 15 und 26 Jahren.
Die Kantone bezahlen Impfstoff und Impfen separat an Hersteller und Ärzte und stellen dann eine Sammelrechnung über die applizierten Impfungen an Santésuisse (ausgehandelte Pauschalvergütung Stand 2010: 91.50 Franken pro Impfdosis, davon 66.60 Franken für den Impfstoff und 23.70 Franken für den Impfakt). Santésuisse wiederum verteilt die Kosten auf die einzelnen Krankenversicherer. Auf den Markt gebracht wurde der Impfstoff gemäss einer Medienmitteilung der GDK aus dem Jahr 2008 für 237 Franken pro Dosis.
In der Schweiz wurden bis 2010 insgesamt 3727 Mädchen einmal oder mehrmals gegen HPV geimpft. In der Schweiz beträgt die durchschnitt-
liche HPV-Impfrate bei Mädchen im Alter von 16 Jahren für die gesamte Schweiz 57 Prozent für mindestens 1 Impfdosis und 52 Prozent für
3 Impfdosen. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind sehr gross und reichen von 19 Prozent in Appenzell Ausserrhoden im Jahr 2010
bis 69 Prozent im Waadtland 2011. Wie am Schweizer Impfkongress 2012 berichtet wurde, ist die Impfrate in der Romandie höher als in
der deutschsprachigen Schweiz (65 vs. 43%), und sie ist generell höher, wenn die HPV-Impfung im Rahmen von Schulimpfungen durchgeführt
wird (53 vs. 40%).
RBOO
Quellen: BAG: Schweizer Impfplan 2014; BAG: Die HPV-Impfprogramme in der Schweiz: eine Synthese von 2007 bis 2010. BAG Bulletin 2010; 43: 949–953. Bonifer R: HPV-Impfung zeigt Wirkung. Impfraten in der Schweiz noch weit unter BAG-Zielsetzung. PÄDIATRIE 2013; 6: 23–24. Frey Tirri B: Gardasil – bisherige Erfahrungen, aktueller Stellenwert und Ausblick. Schweiz Med Forum 2013; 13(12): 256-257. GDK Pressemitteilung vom 15. September 2008 zur Einführung der kantonalen Impfprogramme.
Wirksamkeit: «Efficacy» und «Effectiveness» Wichtig bei der Prüfung und Beurteilung solcher Effekte im grossen Massstab ist nicht nur die Wirksamkeit in Studien – in der angelsächsischen Literatur als «Efficacy» bezeichnet –, sondern auch die Wirksamkeit bei routinemässiger Anwendung in der Bevölkerung («im wahren Leben») – in der angelsächsischen Literatur als «Effectiveness» bezeichnet. Über die Zulassungsstudien der Impfstoffe haben wir berichtet (7). Neben einem rund 90-prozentigen Schutz gegen die wichtigsten onkogenen HPV-Typen war ein wichtiges Ergebnis der FUTURE-Studie, dass bei Geimpften auch die Inzidenz zervikaler Dysplasien signifikant niedriger war. Diese innerhalb von Studien erzielten Effekte lassen eine Beurteilung der «Efficacy» der Intervention zu. Wichtiger ist aber die Wirksamkeit bei Anwendung in der Bevölkerung, die «Effectiveness». In den USA fand sich nach Einführung der Impfung bei allen Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren eine Abnahme relevanter HPV-Infektionen von anfänglich > 1:10 auf 1:20 (9). In einem Editorial der Fachzeitschrift «Nature» wurde dies als Erfolg der Impfung gewertet (10).
Rückgang von Genitalwarzen In einer grossen Registerstudie aus Australien, wo entsprechende Impfprogramme zu einer Durchimpfung von 73 Prozent führten, ging die Inzidenz genitaler Warzen bei Frauen unter 21 Jahren von 11,5 Prozent im Jahre 2007 auf 0,85 Pro-
zent im Jahre 2011 zurück und bei Frauen zwischen 21 und 30 Jahren von 11,3 Prozent auf 3,1 Prozent (11). Diese Daten konnten in einer weiteren Auswertung in Australien präzisiert werden. Von 112 083 neuen Patienten, die wegen einer Sexualerkrankung eine Sprechstunde aufsuchten, hatten 9867 genitale Warzen (12). Bevor das Impfprogramm aufgelegt wurde, gab es in der Inzidenz von Genitalwarzen keinen Unterschied zwischen Frauen und heterosexuellen Männern. Nach dem Impfprogramm ging die Inzidenz von Genitalwarzen bei jungen Frauen deutlich zurück (59%; p < 0,0001). Bei australischen Frauen, die nicht am Impfprogramm teilgenommen hatten, und bei Frauen über 26 Jahre (diese wurden nicht geimpft) sowie bei homosexuellen Männern nahm die Inzidenz nicht ab (12). Ähnliche Ergebnisse fanden sich bei der Auswertung eines dänischen Registers: Das Risiko für genitale Warzen war bei geimpften Mädchen deutlich niedriger als bei ungeimpften (13).
Weniger CIN-Befunde Der Effekt der Impfung auf die Häufigkeit von Vorstadien des Zervixkarzinoms (zervikale intraepitheliale Neoplasien = CIN2 oder höhergradig) wurde in der PATRICIA-Studie nach im Median rund 35 Monaten analysiert (14). Es zeigte sich ein Schutz von über 90 Prozent vor diesen Neoplasien bei geimpften Frauen. Ausserdem wurde eine Immunität gegen die onkogenen HPV-Typen 31, 33 und 45 gefunden, obwohl deren Antigene nicht in der Impfung enthalten waren (Kreuz-
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immunität; [14]). In einer weiteren Nachbeobachtung dieses Studienkollektivs waren die Ergebnisse noch deutlicher (15). Der Schutz gegen CIN3 oder höhergradig, die durch die HPV-Typen 16/18 (Antigene dieser beiden Typen sind im Impfstoff enthalten) bedingt waren, betrug bei Frauen, die zum Zeitpunkt der Impfung noch nicht mit dem HPV infiziert waren, 100 Prozent (95%-Konfidenzintervall [KI]: 85,5–100) und bei Frauen, die zum Zeitpunkt der Impfung mit dem HPV infiziert waren, 45,7 Prozent (95%-KI: 22,9–62). Der Schutz gegen alle HPV-assoziierten Neoplasien war bei Frauen, die zum Zeitpunkt der Impfung noch nicht mit dem HPV infiziert waren, 93,2 Prozent (15). Adenokarzinome in situ waren bei der kurzen Nachbeobachtung insgesamt selten. Aber es wurden 6 diagnostiziert, alle bei Nicht-Geimpften (15). Die finnischen Register sind sehr gut geführt. Möglicherweise können sie schon in 8 Jahren Auskunft geben, ob die Impfung auch einen Überlebensvorteil für die Frauen bringen wird (16). Britische Epidemiologen vom Wolfson-Insitut für Präventive Medizin sind auf der Basis dieser Ergebnisse bei ihren prognostischen Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Impfung HPV-bedingte Erkrankungen substanziell verringern wird, die meisten Effekte aber frühestens in 10 bis 12 Jahren zu erkennen sein werden (17). Sie kommen zu dem Schluss, dass bei einer Durchimpfung von 80 Prozent der Mädchen zwischen 12 und 13 Jahren 63 Prozent der invasiven Zervixkarzinome bis zu ihrem 30. Lebensjahr verhindert werden könnten (17). Eine retrospektive Analyse der grossen FUTURE-I- und -IIStudien hinsichtlich operativer Eingriffe wegen zervikaler intraepithelialer Neoplasien oder genitaler Warzen beziehungsweise vulvärer oder vaginaler intraepithelialer Neoplasien hat gezeigt, dass bei geimpften Frauen signifikant weniger HPV-assozierte Erkrankungen aufgetreten sind als bei ungeimpften (18).
Kreuz- und Herdenimmunität Wie sieht es mit dem Schutz vor anderen onkogenen HPVViren durch Induktion von Kreuz- oder Herdenimmunität aus? Die in den Impfstoffen enthaltenen Antigene (bivalent und quadrivalent) induzieren in erster Linie eine Immunantwort gegen die onkogenen HPV-Typen 16 und 18, die für rund 70 Prozent der Zervixkarzinome verantwortlich gemacht werden. Der quadrivalente Impfstoff enthält ausserdem noch Antigene der HPV-Typen 6 und 11. Die HPV-Typen 45 und 31 tragen zu weiteren 10 Prozent der Zervixkarzinome bei, und bei 90 Prozent der endozervikalen Adenokarzinome werden HPV 18 und 16 zusammen mit HPV 45 gefunden (19). In den Studien wird eine mit der Zeit zunehmende Divergenz zwischen geimpften und ungeimpften Frauen hinsichtlich der Protektion gegen andere onkogene HPV-Typen, wie zum Beispiel HPV 45 und 31, gefunden, was für eine Kreuzimmunität spricht (19, 20). In neueren Studien wurden diese Hinweise bestätigt. Interessanterweise war ein Trend zu einer stärkeren Kreuzimmunität gegen die HPV-Typen 31, 33 und 45 bei den bivalent Geimpften im Vergleich zu den quadrivalent Geimpften zu sehen (21). Über einen längeren Zeitraum scheint die Kreuzimmunität gegen andere onkogene HPV-Typen wieder abzu-
nehmen, sodass sich hier die Frage einer Auffrischimpfung stellt (21). Auch die epidemiologischen Daten bestätigen eine Kreuzimmunität gegen andere HPV-Typen (22). In der australischen Studie ergaben sich Hinweise für eine Herdenimmunität, von der auch die Ungeimpften profitieren (23). Wie hoch der Anteil der Geimpften sein muss, damit dieser Effekt zum Tragen kommt, ist allerdings nicht klar.
Sicherheit und Nebenwirkungen In den USA wurden bisher > 56 Millionen Impfdosen verabreicht, wobei lebensbedrohliche Nebenwirkungen nicht aufgetreten sind (10). Nach einer Analyse des amerikanischen Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) sind unerwünschte Reaktionen im Rahmen der HPV-Impfung sehr selten. Auf 100 000 HPV-Impfdosen entfallen 54 Berichte (0,54‰) über unerwünschte Effekte nach der Impfung. Darunter Synkopen, lokale Reizungen an der Impfstelle, Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Hypersensitivitätsreaktionen, Urtikaria. Schwerwiegende Reaktionen, wie Thromboembolien, Autoimmunerkrankungen, Guillain-Barré-Syndrom, Anaphylaxie oder Tod wurden zwar berichtet, konnten bei einer Überprüfung durch die CDC aber nicht auf den HPV-Impfstoff zurückgeführt werden. Von diesen schwerwiegenden Reaktionen traten 14 nach einer HPV-Impfung auf, bei den anderen waren zusätzlich weitere Impfstoffe simultan injiziert worden. 4 der berichteten Todesfälle hatten keine plausible Erklärung, wobei ein kausaler Zusammenhang mit der HPVImpfung nicht hergestellt werden konnte. Die berichtete Todesrate unterscheidet sich nicht signifikant von der unabhängig von der Impfung erwarteten Todesrate (24). Die Impfstoffe haben nach Auswertung der grossen randomisierten Studien und den Surveillancedaten mehrerer Millionen Impfungen – im Gegensatz zu Behauptungen in der Laienpresse – eine hohe Sicherheit (10, 25).
Kosten-Nutzen-Verhältnis Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist bei den vielfältigen Effekten auf verschiedene Erkrankungen bis hin zur eventuellen Verhinderung potenziell tödlich verlaufender Tumore verfrüht. Dennoch wurden verschiedene, sicher unzulängliche Rechenmodelle publiziert. Sie kommen nicht unerwartet zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, was in die Berechnung einfliesst und wie zukünftige Behandlungskosten veranschlagt werden. Die Ergebnisse solcher Berechnungen wären auch eindeutiger, wenn die Impfstoffe in Deutschland preisgünstiger wären. Die pharmazeutischen Unternehmer wurden wegen der hohen Preise des bivalenten und quadrivalenten Impfstoffs häufig kritisiert. Eine Impfdosis Gardasil® kostet in Deutschland 156.19 Euro, bei Cervarix® sind es 129.46 Euro. In Österreich waren es bisher 190.65 Euro beziehungsweise 146.15 Euro (Anm. d. Red. ARS MEDICI: In der Schweiz wird eine Impfdosis im Rahmen der kantonalen Impfprogramme mit 60.60 Franken an Santesuisse vergütet; auf den freien Markt kam die Impfung mit 237 Franken pro Dosis; s. Kasten 1). Massive Preisermässigungen wären möglich. Das sieht man in Lateinamerika, wo durch Verhandlungen ein Preis von 13 US-Dollar pro Impfdosis erzielt wurde. Die von der Bill Gates Foundation 1999 gegründete GAVI-Alliance für die
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Verfügbarkeit kostengünstiger Impfstoffe in armen Ländern hat mit den Herstellern der HPV-Impfstoffe sogar den sensationell wirkenden niedrigen Preis von 4.50 US-Dollar für Gardasil® beziehungsweise 4.60 US-Dollar für Cervarix® pro Impfdosis ausgehandelt (26). Der Preis gilt zunächst für einige Modellprojekte, soll aber später auf alle Länder mit niedrigem Einkommen, vor allem in Afrika und Asien, ausgedehnt werden. Für Lateinamerika hatte die Pan American Health Organization schon vor Jahren einen Preis von 13 USDollar pro Impfdosis ausgehandelt. Während die GAVI das Verhandlungsergebnis als grossen Erfolg verkündet, sprechen Kritiker davon, dass die Firmen nach wie vor fast 500 Prozent bei dem mutmasslichen Herstellungspreis von zirka 1 US-Dollar pro Impfdosis verdienen. Die Firmen bestreiten dies und sprechen von einem Verkaufspreis, der bis auf wenige Cent dem Herstellungspreis entspricht. Zum Vergleich: Eine Impfdosis Masernimpfstoff kostet in der Herstellung zirka 25 Cent.
Akzeptanz der Impfung verbessern Was sind die Gründe für die niedrige Akzeptanz der Impfung und Möglichkeiten der Verbesserung? Es ist nicht zu verstehen, warum bei uns über eine wichtige gesundheitsfördernde Massnahme so wenig aufgeklärt wird. Nach Schätzungen ist die Impfung junger Mädchen von etwa 40 Prozent des Geburtsjahrgangs 1991 auf 12 Prozent des Jahrgangs 1996 zurückgegangen. Eine Verbesserung der Impfsituation wäre zum Beispiel durch Aufklärung in den Schulen zu erreichen. Möglicherweise könnten dadurch auch andere sexuell übertragbare Erkrankungen reduziert werden, wie es durch die Aufklärung zur HIV-Infektion erreicht wurde. An Gründen für die «Impfmüdigkeit» wurde gefunden, dass Existenz und Zielrichtung einer solchen Impfung weithin nicht bekannt sind und dass auch Ängste vor Nebenwirkungen der Impfung eine Rolle spielen (27). Hinzu kommen soziale und ethnische Aspekte (28). Wichtig zu erwähnen ist, dass trotz der Impfung regelmässige gynäkologische Kontrollen weiterhin notwendig sind.
Empfehlungen Die Ständige Impfkommission in Deutschland (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen die onkogenen HPV-Typen für junge Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren und der Oberste Sanitätsrat in Österreich für junge Mädchen zwischen 9 und 15 Jahren. In Österreich wurde im Jahr 2009 auch die Impfung von Knaben als sinnvoll eingestuft, um die Infektionskette zu unterbinden. Seit 2011 wird dies auch so von den CDC in den USA empfohlen (Anm. d. Redaktion ARS MEDICI: Schweizer Empfehlungen s. Kasten).
Unsere Empfehlungen aus dem Jahr 2007 (7) haben sich
nicht geändert. Die damals schon zu erkennende Wirksam-
keit (auf Surrogatparameter) hat sich vor allem durch bevöl-
kerungsbasierte Registerdaten bestätigt. Positiv sind auch die
Kreuzimmunität gegen andere onkogene HPV-Typen und die
Hinweise für eine Herdenimmunität zu sehen. Es fehlen
aber – besonders in Deutschland – eine begleitende Aufklä-
rung und der politische Druck, die Preise für die Impfstoffe
zu reduzieren (die 3-malige Impfung kostet zirka 430 Euro).
Beides könnten Gründe für die niedrige Impfrate in Deutsch-
land sein. Langfristig könnten dadurch positive Wirkungen
der Impfung abgeschwächt werden. Eine Impfempfehlung
auch für Knaben, wie in den USA, ist logisch.
O
Literatur: 1. Durst M et al., Proc Natl Acad Sci USA 1983; 80: 3812. 2. Boshart M et al., EMBO J 1984: 3: 1151. 3. Bosch FX et al., J Clin Pathol 2002; 55: 244. 4. Muñoz N et al. (IARC = International Agency for Research on Cancer), N Engl J Med
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Quelle: Arzneimittelbrief 2013; 47: 65.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber des Arzneimittelbriefs. Der Text wurde für das Layout in ARS MEDICI leicht angepasst (Untertitel, Merksätze, Zwischentitel); die Daten aus der Schweiz (Kasten) wurden von der Redaktion ARS MEDICI zusammengestellt.
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