Transkript
STUDIE REFERIERT
Effektive Kontrazeption mit Levonorgestrel-Intrauterinsystemen
Pessare auch mit geringerem Reservoir wirksam
21 bis 35 Tagen eingeschlossen. Die Teilnehmerinnen erhielten randomisiert 3 Jahre lang ein Intrauterinpessar mit 13,5 mg oder 19,5 mg Levonorgestrel. Die Schwangerschaftsrate wurde über den Pearl-Index als Anzahl der Schwangerschaften pro 100 Frauenjahre erfasst.
Das derzeit verfügbare Levonorgestrel-Intrauterinpessar enthält 52 mg des synthetischen Gestagens. In einer Phase-III-Studie erwiesen sich nun auch zwei neue Intrauterinsysteme mit 13,5 mg oder 19,5 mg Levonorgestrel über einen Zeitraum von drei Jahren als wirksame Kontrazeptiva.
OBSTETRICS AND GYNECOLOGY
Seit der Einführung 2001 hat sich das Levonorgestrel-Intrauterinsystem 52 mg (Mirena®) als wirksames und verträgliches Kontrazeptivum gezeigt. Von einigen Gesundheitsbehörden wird es auch für Frauen empfohlen, die noch nicht geboren haben. Aus einer neuen Umfrage geht jedoch hervor, dass mehr als 60 Prozent der amerikanischen Ärzte nulliparen Frauen nur selten intrauterine Kontrazeptiva verschreiben, und in vielen europäischen Ländern bleiben Intrauterinpessare Frauen vorbehalten, die ihre Familienplanung ab-
Merksätze
O Intrauterinsysteme mit 13,5 mg und 19,5 mg Levonorgestrel gewährleisten drei Jahre lang eine sichere Verhütung.
O Aufgrund der geringeren Abmessungen sind sie auch für Frauen geeignet, die noch nicht vaginal geboren haben.
O Intrauterinsysteme mit 13,5 mg und 19,5 mg Levonorgestrel sind eine Alternative für Frauen, die ein Pessar mit geringerem Hormongehalt bevorzugen.
geschlossen haben. Die zurückhaltende Verschreibungspraxis könnte damit zusammenhängen, dass Intrauterinpessare bei nulliparen Frauen mitunter schwieriger einzusetzen sind. In einer neuen amerikanischen Studie waren 19 Prozent aller Insertionsversuche bei Frauen, die noch nicht geboren hatten, misslungen. Beim Levonorgestrel-Intrauterinpessar 52 mg befindet sich das Hormonreservoir in einem 32 mm × 32 mm grossen T-Stück, das über ein Insertionsröhrchen mit 4,8 mm Durchmesser in den Uterus eingeführt wird. Bei den beiden neuen Intrauterinsystemen mit 13,5 mg Levonorgestrel (Jaydess®, in der Schweiz nicht im Handel) und 19,5 mg Levonorgestrel betragen die Abmessungen nur noch 28 mm × 30 mm, sodass sie über Insertionsröhrchen mit einem Durchmesser von 3,8 mm in den Uterus eingebracht werden können. Somit sind diese Varianten möglicherweise auch für Frauen mit engerem Zervixkanal oder einer kleineren Gebärmutterhöhle geeignet. In einer dreijährigen multizentrischen, prospektiven, einfach verblindeten (Frauen) Phase-III-Studie untersuchten Anita Nelson vom Los Angeles Biomedical Research Institute (USA) und ihre Arbeitsgruppe die Wirksamkeit und Sicherheit der beiden neuen Intrauterinpessare. Als primären Endpunkt definierten die Wissenschaftler die Schwangerschaftsraten im Untersuchungszeitraum. Zu weiteren Endpunkten gehörten Blutungsmuster, der Schwierigkeitsgrad bei der Insertion und die damit verbundenen Schmerzen sowie die Fortsetzungsrate und die Zufriedenheit der Anwenderinnen. In die Studie wurden Frauen mit Kindern und nullipare Probandinnen im Alter von 18 bis 35 Jahren mit regelmässigen Menstruationszyklen von
Ergebnisse Zu Beginn der Studie wurde bei 1432 Frauen mit dem Levonorgestrel-Intrauterinsystem 13,5 mg und bei 1452 Probandinnen mit dem LevonorgestrelIntrauterinsystem 19,5 mg ein Insertionsversuch unternommen. Diese Teilnehmerinnen wurden anschliessend in die Analyse der Wirksamkeit und Sicherheit einbezogen. Das Durchschnittsalter der Probandinnen lag bei 27,1 Jahren (Standardabweichung [SD]: 4,8). Von den Teilnehmerinnen hatten 39,2 Prozent noch keine Kinder geboren, und bei 12 Prozent der Frauen war die Geburt nicht vaginal, sondern über einen Kaiserschnitt erfolgt. 39 Prozent der Teilnehmerinnen waren 25 Jahre alt oder jünger. Im Rahmen des dreijährigen Untersuchungszeitraums kam es unter 13,5 mg Levonorgestrel zu 0,33 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,16–0,60) und unter dem 19,5-mg-System zu 0,31 (95%-KI: 0,15–0,75) Schwangerschaften pro 100 Frauenjahre. Beim Vergleich der Pearl-Indizes der einzelnen Jahre zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede. Keine der trotz Verhütung eingetretenen Schwangerschaften war mit einer Schädigung des Kindes verbunden. Bei 99,5 Prozent aller Teilnehmerinnen konnte das Intrauterinpessar erfolgreich mit maximal zwei Versuchen eingesetzt werden, und bei 96 Prozent der Probandinnen war die Insertion bereits beim ersten Versuch erfolgreich. Das Einsetzen des Pessars wurde von den Ärzten bei rund 90 Prozent der Frauen als «einfach» und nur bei 1 Prozent als «sehr schwierig» eingestuft. Bei 19,5 Prozent der Frauen war die Insertion mit keinerlei Schmerzen, bei 45,5 Prozent mit leichten Schmerzen und bei 27,4 Prozent mit mittelgradigen Schmerzen verbunden. Lediglich 8 Prozent beurteilten ihre Schmerzen als «stark». Die durchschnittliche Anzahl der Tage mit Blutungen oder Schmierblutungen
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ARS MEDICI 7 I 2014
STUDIE REFERIERT
nahm innerhalb einer Referenzzeit von 30 Tagen im ersten Jahr und einer 90Tages-Referenzzeit über die gesamten drei Jahre in beiden Gruppen mit der Zeit ab. In allen Referenzzeiträumen traten vorwiegend Schmierblutungen und weniger häufig Blutungen auf. Zu einer zumindest teilweisen Expulsion des Pessars kam es innerhalb der drei Jahre bei 4,56 Prozent unter 13,5 mg Levonorgestrel und bei 3,58 Prozent der Frauen, die 19,5 mg Levonorgestrel erhielten. Die Abbruchraten aufgrund unerwünschter Ereignisse betrugen 21,9 Prozent unter Levonorgestrel 13,5 mg und 19,1 Prozent unter Levonorgestrel 19,5 mg. Bei 10 der 20 Schwangerschaften handelte es sich um ektopische Schwangerschaften. Als schwere unerwünschte Ereignisse traten bei 6 Frauen Unterleibsentzündungen auf, und bei 1 Probandin kam es zu einer partiellen Uterusperforation.
Von den 2884 Frauen beider Gruppen beantworteten 2116 bei Studienende oder bei vorzeitigem Abbruch der Behandlung einen Fragebogen zur Anwendungszufriedenheit. Von den Frauen, die Levonorgestrel 13,5 mg erhielten, äusserten sich 95 Prozent als «sehr zufrieden» oder «ziemlich zufrieden». In der Gruppe, die Levonorgestrel 19,5 mg erhalten hatte, war dies bei 96 Prozent der Fall. Unter Levonorgestrel 13,5 mg waren 77 Prozent und unter Levonorgestrel 19,5 mg 76 Prozent der Frauen zudem «sehr zufrieden» oder «ziemlich zufrieden» mit ihrem Blutungsmuster. 77 Prozent und 82 Prozent (13,5 mg vs. 19,5 mg Levonorgestrel) der Frauen gaben an, dass sie das Intrauterinpessar nach Beendigung der Studie gern weiterhin anwenden würden. Insgesamt kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass auch mit den beiden niedrig dosierten Levonorgestrel-Intra-
uterinpessaren eine wirksame Verhütung über drei Jahre gewährleistet werden kann. Aufgrund der geringeren Abmessungen können beide Systeme mit engeren Röhrchen in den Uterus eingebracht werden als das Levonorgestrel-Intrauterinpessar 52 mg und könnten deshalb auch häufiger bei Frauen Anwendung finden, die noch nicht vaginal geboren haben. Zudem stellen sie eine Alternative für Frauen dar, die ein Intrauterinpessar mit geringerem Hormongehalt bevorzugen. O
Petra Stölting
Quelle: Nelson A et al.: Two low-dose levonorgestrel intrauterine contraceptive systems: a randomized controlled trial. Obstetrics and Gynecology 2013; 122 (6): 1205–1213.
Interessenkonflikte: Die Autoren haben Gelder für die Durchführung der Phase-II- und Phase-III-Studien zu den Intrauterinpessaren mit 13,5 mg und 19,5 mg Levonorgestrel erhalten oder sind Angestellte beim Hersteller Bayer HealthCare.