Transkript
EDITORIAL
Die «Weltwoche» berichtete darüber (WW Nr. 9/14 vom 26. Februar 2014), es fand eine Pressekonferenz statt
(am 27. Februar 2014, zu der wir leider nicht eingeladen waren), und einige nationale und mehrere regionale Berner Medien berichteten darüber. Was war geschehen? In ARS MEDICI Nr. 23/2013 war eine Glosse erschienen (ARSenicum: «Amtstauglichkeit von Plagiatoren»), wie immer verfasst von unserem der Redaktion natürlich bestens bekannten Kollegen Glossenschreiber, in der einmal mehr von einem Plagiat und einem Plagiator berichtet wurde. Die Reaktionen auf die Glosse waren zunächst verhal-
gehalten. Und dies, nachdem beziehungsweise obschon der Plagiator vom Gesundheitsdirektor des Kantons Bern für die Stelle des Kantonsarztes vorgesehen war. No problem? Das fanden wir nun gar nicht. Immerhin munkelt man, dass Herr Kollege Dr. med. Jan von Overbeck seinen Arbeitsplatz bei der Swiss Re nicht zuletzt wegen seiner Abschreiberei verloren hat – möglicherweise, weil die Swiss Re fand, dass ihre Firmenphilosophie mit derartigen Praktiken nicht vereinbar sei. Dass die verantwortungsvolle Funktion eines Kantonsarztes damit vereinbar sein sollte, erstaunte demgegenüber. Nun kann natürlich jeder mal einen Fehler machen, und es soll auch jeder eine zweite, vielleicht sogar eine dritte Chance erhalten. Nur, den Mantel des Schweigens über die Angelegenheit zu legen – das geht nicht.
Von ARSenicum bis Pressekonferenz
Bemerkenswerte Nachwehen einer ARS-MEDICI-Glosse
ten, schliesslich ging es um ein Plagiat, das bereits mehrere Jahre zurückliegt und das mit einer wie es heisst, im fünfstelligen Frankenbereich liegenden Kompensation in Form eines von Swiss Re, der damaligen Arbeitgeberin des Plagiators, bezahlten Übersetzungskostenzuschusses für ein Buch eines der Kollegen, dessen Text man abgekupfert hatte, erledigt worden war. So diskret wie es eben ging. Warum ARS MEDICI, eine «kleine medizinische Fachzeitschrift» (Zitat «Weltwoche»), deren Hauptaufgabe es nun wirklich nicht war und ist (und die aus personellen Gründen dazu auch gar nicht in der Lage ist), investigativ journalistisch tätig zu sein, das Plagiat aufgedeckt und den Plagiator öffentlich gemacht hat? Eigentlich ganz einfach: Die Fakten sind klar und auch nicht bestritten. Sie wurden lediglich unter Verschluss
Fanden wir. Kollege von Overbeck reagierte denn auch zweifellos richtig, am gleichen Tag, da die «Weltwoche» den Glossenbeitrag der «kleinen ARS MEDICI» zum Anlass für eigene Recherchen genommen und das Plagiieren über den Kreis der Ärzteschaft hinaus bekannt gemacht hatte, eine Pressekonferenz einzuberufen und sich zu erklären. Ob die Angelegenheit damit erledigt ist, wird sich weisen. Gut möglich – wenn auch erfahrungsgemäss unwahrscheinlich. Für ARS MEDICI bleibt als Fazit: Schön, dass unser Text zur Transparenz beigetragen hat. Aber wenn nötig: Affaire à suivre.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 5 I 2014
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