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Rubriken — POLITFORUM: XUNDHEIT IN BÄRN
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5744
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POLITFORUM

Sichtbare Warnung auf Packungen von gefährlichen Psychopharmaka

MOTION vom 27.9.2013
Andrea Martina Geissbühler Nationalrätin SVP Kanton Bern
Der Bundesrat wird beauftragt, dafür zu sorgen, dass auf Packungen von Psychopharmaka eine gut sichtbare Warnung über den Gefährdungsgrad angebracht wird, damit jeder Patient sofort das Risiko der Einnahme eines solchen Mittels erkennen kann, wie dies bei Zigarettenpackungen bereits der Fall ist. Dabei könnte ein ähnliches Verfahren, wie es bei der Giftklassenetikettierung von Stoffen bereits existiert, angewandt werden.
Es sollten mindestens folgende Warnungen sichtbar sein:

1. kann abhängig machen 2. kann aggressives und gewalttätiges Ver-
halten auslösen 3. kann tödlich wirken 4. kann Selbstmordgedanken auslösen.
Begründung O Die Packungsbeilagen werden meist nicht
gelesen, und ausserdem sind sie für normale Bürger viel zu komplex und zu unverständlich verfasst. O Psychopharmaka können Aggressivität, Gewalttätigkeit und irrationales Verhalten verursachen. Bei den meisten Amokläufen der letzten Jahre konnte nachgewiesen werden, dass die Attentäter unter Einfluss von Psychopharmaka standen. Insbesondere solche vom Typ SSRI können zu unvorhersagbaren Reaktionen führen (Beispiel: Todesschütze Aaron Alexis, Washington). O Die Nebenwirkungen bekannter Psychopharmaka (wie z.B. Ritalin) wurden mehrmals ergänzt. Swissmedic warnt in der neusten Version auf ihrer Website: «Auch

zu psychiatrischen Störungen kann es kommen, wie Angst und Schlaflosigkeit, oder zu Gedanken von Lebensüberdruss und Todeswünschen (Suizidgedanken). Suizidales Verhalten kann verstärkt oder auch ausgelöst werden.»
Diese Informationen sind Eltern und Konsumenten selten bekannt. O Viele Psychopharmaka können eine Abhän-
gigkeit verursachen. Dies wird auch von den Herstellern bestätigt (z.B. Ritalin, Concerta). O Bei einigen Psychopharmaka führte die Anwendung gar zu Todesfällen (z.B. Zyprexa). Dies ist insbesondere bei sogenannten OffLabel-Anwendungen (Anwendungen, für die das Medikament nicht vorgesehen ist und keine Freigabe besteht) sehr gefährlich, da sich der Patient selten darüber bewusst ist, was er da eigentlich einnimmt. Beispiel für Off-Label-Anwendung: Dormicum, welches für Narkosen gedacht ist und an Drogenabhängige abgegeben wurde.

XUNDHEIT IN BÄRN

Stellungnahme des Bundesrates vom 29.11.2013

Ein Arzneimittel wird zugelassen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass es sicher, wirksam und qualitativ hochstehend ist. Bei der Beurteilung des Nutzen-/Risikoprofils von Psychopharmaka werden psychiatrische und alle anderen Risiken sehr eingehend beurteilt. In der Fach- und Patienteninformation werden danach gezielt und konkret Warnhinweise und zu beachtende Vorsichtsmassnahmen aufgeführt. Bei Psychopharmaka handelt es sich ausnahmslos um verschreibungspflichtige Arzneimittel; der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin beurteilt im Einklang mit seinen bzw. ihren Sorgfaltspflichten bei der Verschreibung Nutzen und Risiken im Einzelfall und macht zudem den Patienten oder die Patientin auf Risiken und unerwünschte Wirkungen aufmerksam. Die anerkannten Regeln der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften sehen diese Informationspflicht auch bei der Abgabe von Arzneimitteln durch den Apotheker oder die Apothekerin gegen Rezept des verschreibenden Arztes oder der verschreibenden Ärztin vor.

Wenn nach der Zulassung neue Risiken festgestellt werden, greifen die Massnahmen der Marktüberwachung. Werden dabei zum Beispiel durch die laufende Erfassung der Meldungen vermuteter unerwünschter Wirkungen neue schwerwiegende Risiken erkannt, trifft Swissmedic umgehend die erforderlichen Massnahmen. Diese reichen von der Anpassung der Arzneimittelinformation verbunden mit einer Mitteilung an die medizinischen Fachpersonen bis zur Marktrücknahme des Arzneimittels. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass diese im Heilmittelrecht verankerten Vorgaben und Massnahmen die mit dem Umgang von Arzneimitteln zusammenhängenden Risiken angemessen adressieren. In der Arzneimittel-Zulassungsverordnung (SR 812.212.22) sind zudem die Vorgaben für Angaben und Texte auf Behälter und Packmittel für alle Arzneimittel detailliert beschrieben. Die vorgeschlagene selektive Aufnahme von Warnhinweisen auf der Packung von Psychopharmaka würde zu einer Verzerrung des Nebenwirkungsprofils dieser Arzneimittel führen, da wichtige andere Hinweise in

den Hintergrund treten könnten. Ausserdem würde eine solche Neuregelung im internationalen regulatorischen Umfeld einen Alleingang darstellen. Der Bundesrat lehnt daher die mit der Motion geforderten Warnhinweise auf Packungen von Psychopharmaka ab. Er weist zudem darauf hin, dass in Fällen, wo ein Arzt oder eine Ärztin die Verschreibung für eine nicht durch die Zulassung genehmigte Indikation vornimmt (Off-Label-Anwendung), er oder sie eine umfassende Eigenverantwortung bezüglich der Risiken dieser Behandlung gemeinsam mit dem Patienten oder der Patientin, die entsprechend informiert werden, übernehmen muss.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

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XUNDHEIT IN BÄRN

POLITFORUM

Impfung gegen humane Papillomaviren – Schluss mit dem Sonderstatus

MOTION vom 25.9.2013
Ignazio Cassis Nationalrat FDP Kanton Tessin
Der Bundesrat wird beauftragt, in Artikel 12a Buchstabe k KLV (SR 832.112.31) Ziffer 2 Buchstabe b zu streichen (zentralisierter Einkauf des Impfstoffs) und die beiden Impfstoffe zum reduzierten Preis für Impfprogramme (limitatio) in die Spezialitätenliste aufzunehmen. So könnte auch die Zervixkarzinomimpfung wie eine Standardimpfung gehandhabt werden, was den Kantonen Einsparungen ermöglichen würde. Die eingesparten Mittel könnten für die Informationsvermittlung und die Organisation von Präventionskampagnen eingesetzt werden.

Begründung Seit 2008 können sich Mädchen im Schulalter und junge Frauen bis 26 Jahre kostenlos gegen humane Papillomaviren impfen lassen, dies im Rahmen von kantonalen Impfprogrammen, die durch das KVG vorgesehen sind. Die Impfung dient dazu, die Häufigkeit von Zervixkarzinomen zu senken und damit das Leben vieler Frauen zu retten. Der urprünglich hohe Preis des Impfstoffs (Fr. 236.85 pro Dosis und drei nach Impfschema vorgesehene Dosen) führte dazu, dass die Kantone mit dem Bundesamt für Gesundheit spezielle Bedingungen für die Ausführung dieses Impfprogramms festlegten mit dem Ziel, die Kosten zu senken und eine gute Durchimpfung zu erreichen. Der kantonal zentralisierte Einkauf, die Rechnungsstellung auf kantonaler Ebene und die komplizierten Zahlungsabwicklungen bedeuten für die Gesundheitsdienste der Kantone jedoch eine personelle und finanzielle Zusatzbelastung. So hat sich eine parallel zur standardmässigen Abwicklung laufende Verrechnungsschiene gebildet, was nicht mit der

ursprünglichen Zielsetzung vereinbar ist. Die Kosten des Impfstoffs sind inzwischen auf 65 Franken pro Dosis gesunken, und im Impfschema sind nurmehr zwei Dosen vorgesehen. Die Durchimpfungsrate nimmt langsam zu, aber die Informationsvermittlung zum Impfprogramm müsste aktiver betrieben werden. Da jedoch viele Ressourcen für administrative Belange gebunden sind, fehlen die Mittel bei der Information über die Impfprogramme und beim Monitoring der Durchimpfung. Angesichts dieser Erfahrungen scheint es deshalb jetzt angebracht, den Sonderstatus der HPVImpfung abzuschaffen, zu vereinfachen und dem standardmässigen Vorgehen anzupassen, wie es zum Beispiel bei der Hepatitis-BImpfung (reduzierter Preis für Präventionsprogramme) oder bei der Grippeimpfung üblich ist.

Stellungnahme des Bundesrates vom 29.11.2013

Die Kostenübernahme für HPV-Impfung bei Mädchen im Schulalter sowie Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 26 Jahren durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) wurde ab 2008 auf Impfungen im Rahmen von kantonalen Impfprogrammen eingeschränkt, da mit der mehrheitlich auf den Schulgesundheitsdiensten der Kantone basierenden Hepatitis-B-Impfung gute Erfahrungen hinsichtlich Durchimpfungsrate (die Durchimpfungsraten sind dabei durchschnittlich höher in Kantonen, die Impfungen durch Schulgesundheitsdienste implementiert haben) und der Möglichkeit eines zentralen En-Gros-Einkaufs der Impfstoffe durch die Kantone günstigere Preiskonditionen erzielt werden konnten. Nur durch dieses Vorgehen konnte insbesondere die Wirtschaftlichkeit der Kostenübernahme durch die OKP gewährleistet werden. Der Bundesrat ist sich der seitens der Kantone geäusserten Problematik bezüglich der Vorgabe des zentralen Einkaufs bewusst. Die Optimierung der Rahmenbedingungen für kantonale Impfpro-

gramme im Spannungsfeld zwischen Public-HealthZielsetzungen und wirtschaftlichem Umgang mit den Prämiengeldern stellt eine Herausforderung dar. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) prüft derzeit, wie die Vorgaben verändert werden können, um den Spielraum der Kantone zu erhöhen und die Abwicklung der Programme zu vereinfachen, und steht hierzu im Kontakt mit den Kantonen. Das vom Motionär genannte Vorbild des Abgeltungsmodells für die Hepatitis-B-Impfung basiert auf einem festgelegten Preis für den Impfstoff, der dem Preis für eine Einzeldosis entspricht. In der Limitierung zum Impfstoff wird aber festgehalten, dass dieser Preis für Reihenimpfungen für Jugendliche im Alter von 11 bis 15 Jahren nicht zur Anwendung kommt, und ein reduzierter Preis gilt, wenn gleichzeitig mindestens 100 Dosen bestellt werden. Gleichzeitig wird auf die Tarifverträge zwischen Versicherern und zuständigen Behörden verwiesen. Diese Regelung wurde in den Neunzigerjahren so vorgesehen. Sie entspricht jedoch nicht mehr den heute gültigen gesetzlichen Grundlagen

und Verordnungen, insbesondere im Bereich der Regelungen für die Festsetzung und regelmässige Überprüfung der Preise der Spezialitätenliste. Diese Regelung kann so nicht für die HPV-Impfung übernommen werden. Sobald eine neue angepasste Lösung für die HPV-Impfung gefunden ist, wird im Sinne einer Harmonisierung auch die entsprechende Anpassung bei der Hepatitis-B-Impfung vorzusehen sein. Der Bundesrat unterstützt entsprechend das Anliegen bezüglich Vereinfachung der Abwicklung der Programme, für das bereits Abklärungen des BAG eingeleitet worden sind, lehnt jedoch aus den dargelegten Gründen eine Regelung analog der Hepatitis-B-Impfung in der Spezialitätenliste ab.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt

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