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FORTBILDUNG
Biosimilars: nicht gleich, aber ähnlich
Nachahmerprodukte von Biologika sind keine Generika
Proteine sind anspruchsvolle Arzneistoffe – nicht nur in der Anwendung, sondern vor allem auch in der Herstellung und der Charakterisierung. Von biotechnologisch produzierten Arzneistoffen gibt es daher keine Generika im klassischen Sinn, wohl aber «Biosimilars». Wo liegen die Herausforderungen und Chancen dieser neuartigen Produkte?
THEODOR DINGERMANN UND ILSE ZÜNDORF
Name vermuten, dass diese Analogie dem Charakter der Biosimilars – sowohl hinsichtlich der Anforderungen an den Herstellungsprozess als auch hinsichtlich des Zulassungsverfahrens – in keiner Weise gerecht wird. Biosimilars sind bestenfalls in erster Näherung mit klassischen Generika zu vergleichen. Zunächst war ein Regelwerk zu etablieren, das eine Zulassung dieser besonderen Wirkstoffe ermöglichte. Das lässt sich auch daran erkennen, dass es bis 2007 dauerte, bis tatsächlich derartige Produkte den Markteintritt in der EU schafften; in der Schweiz kam 2009 das erste Biosimilar auf den Markt (Filgrastim [TevaGastrim®]).
Im Jahr 1982 wurde mit Humaninsulin der erste Proteinwirkstoff zugelassen, der nicht aus dem Organismus isoliert wurde, in dem er natürlicherweise synthetisiert wird. Mithilfe gentechnischer Methoden war es gelungen, eine synthetische Variante des humanen Insulingens in das Darmbakterium Escherichia coli einzuschleusen und dieses zu veranlassen, humanes Insulin zu synthetisieren. Zwischenzeitlich ist diese besondere Wirkstoffgruppe der Biologika auf deutlich über 135 Arzneistoffe angewachsen und bereichert unseren Arzneimittelschatz. Seit 2006 gibt es wieder eine neue Wirkstoffgruppe, deren Realisierungschance man jahrelang kategorisch verneint hatte (1). Auf den ersten Blick eher unspektakulär, handelt es sich um Kopien gentechnisch hergestellter Arzneimittel, die seit 2001 zunehmend ihren Patentschutz verlieren: die sogenannten Biosimilars. Diese Beschreibung weckt sofort Assoziationen zu den Generika, die sich seit Jahrzehnten im internationalen Arzneimittelmarkt etabliert haben. Jedoch lässt schon der andere
Merksätze
O Man kann nicht davon ausgehen, dass es von allen Proteinwirkstoffen Nachahmerprodukte geben wird.
O Wegen ihrer Proteinnatur sind Biologika chemisch labiler als chemisch-synthetische Substanzen. Anders als vermutet, sind die klinischen Auswirkungen kleinerer, oft nicht vermeidbarer Variationen aber meist vernachlässigbar.
O In Asien oder Südamerika sind Nachahmerbiologika zugelassen, die den strengen Qualitätsanfoderungen in der EU und der Schweiz nicht genügen und darum hierzulande verboten sind.
Besonderheiten einer besonderen Stoffklasse Biologika stellen in vielerlei Hinsicht eine besondere Wirkstoffklasse dar. Von «klassischen» niedermolekularen Arzneistoffen unterscheiden sie sich vor allem darin, dass es sich immer um Proteine handelt, die zudem immer aus lebenden Zellen oder Organismen isoliert wurden. Wegen ihrer Proteinnatur sind die Stoffe chemisch deutlich labiler als praktisch alle chemisch-synthetischen Substanzen. Das hat zur Folge, dass immer ein mehr oder weniger kleiner Teil des Wirkstoffs in partiell degradierter Form vorliegt, sodass man nie von einer homogenen Molekülpopulation ausgehen kann (2). Um trotz dieser Schwierigkeiten die Herstellung sicherer Wirkstoffe garantieren zu können, hat man für Prozess- und Molekülcharakteristika eine Vielzahl von «Spezifikationskorridoren» eingeführt, die durch Ober- und Untergrenzen definiert sind und die während des Herstellungsprozesses kontrolliert und eingehalten werden müssen. Ziel ist es, die unvermeidbare strukturelle Heterogenität der Wirkstoffe innerhalb genau definierter Grenzen konstant zu halten. «The product is the process»: So lautete das neue Paradigma, im Gegensatz zu der alten Betrachtung, nach der das Produkt ein bestimmtes Molekül ist, das auf Basis konstanter chemischer und physikalischer Charakteristika eindeutig beschrieben werden kann («the product is the molecule»). Der neue Grundsatz hatte weitreichende Konsequenzen. Die neue Definition der biologischen Wirkstoffe, in die alle Details des Herstellungsprozesses eingeschlossen sind, schloss quasi aus, dass es von solchen Molekülen generische Kopien im Sinne der klassischen Generika geben konnte, denn der Herstellungsprozess für ein Biopharmazeutikum lässt sich nicht kopieren, da die Details dieser Prozesse mittlerweile zu den am besten gehüteten Firmengeheimnissen zählen. Trotz dieser anscheinend aussichtslosen Voraussetzungen ist bereits eine stattliche Zahl von Biosimilars im Handel. Etliche neue Biosimilars, darunter auch so komplexe
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Moleküle wie rekombinante Antikörper, werden in absehbarer Zeit hinzukommen. Das lässt sich im Wesentlichen auf zwei bemerkenswerte Entwicklungen zurückführen: die dramatisch verbesserte Proteinanalytik und eine neue Souveränität der Zulassungsbehörden.
Revolution in der Proteinanalytik Die Proteinanalytik hat sich, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, geradezu sensationell weiterentwickelt. Vor allem die Fortschritte im Bereich der Massenspektrometrie ermöglichen heute eine viel genauere und detailliertere Analyse der hochkomplexen Proteine, als das bei der Entwicklung der Originatorwirkstoffe vor über einem Jahrzehnt überhaupt denkbar war. In den letzten 15 Jahren verbesserte sich die Proteinmassenspektrometrie sowohl in der Messgeschwindigkeit als auch in Genauigkeit und Sensitivität alle zwei bis drei Jahre um den Faktor 2 und folgte damit einer Entwicklung, die im Bereich der Halbleiterindustrie das Moore'sche Gesetz beschreibt. Dieses besagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmässig verdoppelt. Entscheidend ergänzt wurde diese Entwicklung durch Innovationen im Bereich der Algorithmen, mit denen sich die grossen Datenmengen akkurat und vollständig auswerten lassen. Die Anwendung dieser Hochleistungsanalytik auf Originator und Biosimilar zeigt im Detail, welche Qualitätsattribute entscheidend sind, damit Proteine als identisch oder lediglich als
ähnlich einzustufen sind. Zu diesen Merkmalen gehören beispielsweise die Integrität der Proteinenden, der Oxidationsgrad eines Methionins, der O- und N-Glykosylierungsgrad an einer bestimmten Proteinsequenzposition bis hin zur Sequenz des Glykans oder der Anteil an Proteinaggregaten. So können für eine Probe je nach Komplexität des Moleküls 50 bis 100 Qualitätsattribute allein durch die Massenspektrometrie bestimmt und mit dem Originator quantitativ verglichen werden. Die mitentscheidende Frage, welche Moleküldetails (noch) als ähnlich zu werten und welche ober- oder unterhalb eines akzeptablen Spezifikationskorridors liegen, wird unter anderem durch die systematische Analyse unterschiedlicher Chargen der zugelassenen Originatorprodukte beantwortet (3). Aus prinzipiellen Überlegungen müssen sich hier Unterschiede ergeben, und diese können erstaunlich deutlich ausfallen. So ergaben Untersuchungen verschiedener Chargen von Rituximab je nach Verfallsdatum des Wirkstoffs unterschiedliche Glykosylierungsmuster und damit auch eine unterschiedliche Effizienz, eine Antikörper-vermittelte zelluläre Zytotoxizität (ADCC) zu induzieren. Vielfach sind die klinischen Auswirkungen solcher molekularer Variationen noch nicht bekannt. Offensichtlich optimieren die Hersteller des Originalprodukts im Lauf der Zeit ihre Prozesse dahingehend, dass mit leicht modifizierten Proteinen bessere klinische Ergebnisse erzielt werden. Natürlich müssen solche Prozess- und Produktänderungen der Zulassungsbehörde gemeldet werden,
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Tabelle:
In der Schweiz zugelassene Biosimilars
Biosimilar
Omnitrope®
Binocrit® Abseamed®
TevaGrastim® Filgrastim-Teva® Zarzio®
Wirkstoff Somatotropin (HGH) Epoetin alfa
Filgrastim (G-CSF)
Referenzprodukt Genotropin® Eprex®
Neupogen®
Stand: 18. Dezember 2013, gemäss www.swissmedicinfo.ch
die diese dann anhand der eingereichten Daten (darunter auch klinische Daten) prüft und freigibt. Die Fachöffentlichkeit nimmt solche Änderungen dagegen kaum wahr, da sie zwar melde-, aber nicht berichtspflichtig sind. So war es nur konsequent, das noch junge Paradigma «the product is the process» dahingehend neu zu definieren, dass zwar eine akzeptabel konstante Produktheterogenität nur auf Basis eines extrem stringent spezifizierten Prozesses zu erreichen ist, dass dieser Prozess aber keineswegs der Prozess des Originators sein muss. Und ebenso konsequent war es, eine detaillierte molekulare Charakterisierung sowohl der Referenzsubstanz als auch des Biosimilars zu fordern. Dadurch gewann das alte Paradigma «the product is the molecule» auch für Biopharmazeutika an Bedeutung.
Neue Souveränität der Zulassungsbehörden Der zweite Grund für die erstaunlich schnelle Etablierung von Biosimilars in Europa war eine neuartige Souveränität der Behörde, die für die Zulassung von Proteintherapeutika verantwortlich ist. Diese Arzneimittel werden in der EU bekanntlich in einem zentralen Verfahren durch die EMA (European Medicines Agency) zugelassen. Seit 2003 haben Experten bei der EMA neben allgemeinen Leitlinien für Biosimilars auch produktspezifische Richtlinien für die Zulassungsanforderungen für patentfreie Biologika publiziert. So haben Hersteller ganz klare Vorgaben, wie sie ihre Produkte zu entwickeln haben, um eine Zulassung zu bekommen. Für die Zulassung von Biosimilars in der Schweiz orientiert sich Swissmedic am Regelwerk der EMA. Die Anforderungen an die Gewährung von Erleichterungen der Dokumentationspflicht für die Zulassung von Biosimilars in der Schweiz ist in der «Biosimilars-Anleitung» festgehalten (4). Nachahmerpräparate von Proteintherapeutika, die nicht unter Berücksichtigung dieser wissenschaftlichen Entwicklungsprinzipien in nicht oder weniger regulierten Märkten vertrieben werden, sind nicht als Biosimilars, sondern allenfalls als «Kopie» zu bezeichnen (5). In Kenntnis der kritischen Qualitätsattribute einzelner Wirkstoffe lassen sich solche Kopien oft durch eine sehr einfache Analytik für den Einsatz in Europa disqualifizieren (5, 6). «Kopien», die beispielsweise in Asien oder Südamerika legal im Markt sind, aber kein EMA- beziehungsweise Swissmedic-Zulassungsverfahren durchlaufen haben, sind hierzulande nicht verkehrsfähig.
Vor allem aus Indien kommt eine ganze Reihe solcher Produkte, von denen es zum Teil in Europa noch keine Vertreter gibt. So ist dort zum Beispiel bereits seit 2007 ein monoklonaler Antikörper (Reditux) als Nachahmerprodukt zugelassen. Demgegenüber erhalten erste Biosimilar-Antikörper hier in Europa gerade ihre Marktzulassung. Ebenfalls seit 2007 ist ein Nachahmerprodukt von Interferon alfa 2b in Indien im Markt, und seit 2003 sind dort auch Insulinnachahmerprodukte verfügbar. Diese Präparationen konnten die hohen Hürden der EMA nicht nehmen; sie wurden entweder von der Behörde abgelehnt, oder der pharmazeutische Hersteller hat den Zulassungsantrag zurückgezogen. Ähnliches gilt für eine rekombinante Hepatitis-B-Vakzine. Diese Beispiele verdeutlichen zweierlei: Die Zulassung eines Biosimilars ist ein anspruchsvoller Prozess, der alles andere als ein «Selbstläufer» ist. Nicht jedes Nachahmermolekül aus der Klasse der Biopharmazeutika ist ein Biosimilar nach europäischem Standard, und nicht in Europa zugelassene Biosimilars sind hier auch nicht verkehrsfähig und dürfen am Patienten nicht eingesetzt werden. Durch die Bewertung der keineswegs seltenen Prozessänderungen ist der Datenfundus immens angewachsen. So kann sich die EMA inzwischen ein detailliertes Bild davon machen, wie sich kleine oder grössere Moleküländerungen auf die klinische Wirksamkeit, die Sicherheit und die Verträglichkeit der Wirkstoffe auswirken. Anders als dies lange vermutet und propagiert wurde, sind die klinischen Auswirkungen kleinerer, oft nicht vermeidbarer Variationen meist vernachlässigbar.
Der aktuelle und künftige Biosimilar-Markt Die EMA hat ein positives Entwicklungsklima für Biosimilars in Europa geschaffen, wodurch Europa auf diesem Gebiet weltweit Vorreiter ist und die zögerliche analoge Entwicklung in den USA weit hinter sich gelassen hat. Dass die Zulassung eines Biosimilars anspruchsvoll ist, zeigt sich unter anderem darin, dass nicht alle zur Zulassung eingereichten Produkte diese auch erhalten haben. Gründe für das Versagen einer Zulassung sind meist deutlich abweichende Molekülcharakteristika zwischen Original und Nachahmer, sodass Biosimilarität nicht bescheinigt werden kann. Aber auch Qualitätsmängel bezogen auf die Anlage oder den Prozess können Grund dafür sein, eine Zulassung nicht zu erteilen. Auffällig ist, dass es bis Mitte 2013 in der EU und in der Schweiz nur für die drei Wirkstoffe Somatropin (hGh), Epoetin und Filgrastim (G-CSF) Biosimilars gab (Tabelle). Obwohl bereits produktspezifische Richtlinien vorliegen, sind für Insuline, Interferon alfa (IFN-␣), Follitropin (FSH) und Interferon beta (IFN-) noch keine Biosimilars durch die EMA zugelassen. Ende Juni 2013 hat die EMA ein positives Votum für zwei monoklonale Antikörperpräparate ausgesprochen. Hierbei handelt es sich um Remsima® der südkoreanischen Firma Celltrion und um Inflectra® der Firma Hospira. Beide Antikörper entstammen dem gleichen Herstellungsprozess (Bioidenticals) und wurden zum Referenzantikörper Infliximab (Remicade®) entwickelt. Beide Biosimilar-Antikörper sind in der EU seit Mitte September für alle Indikationen zugelassen, für die auch Infliximab zugelassen ist, also für die Behandlung der rheumatoiden
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Arthritis, von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, der Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), der Psoriasis und der Psoriasis-Arthritis. Bis ein Infliximab-Biosimilar tatsächlich auf dem Markt verfügbar ist, wird es allerdings noch einige Zeit dauern. Das Originalpatent läuft in Europa noch bis 2014, und der Hersteller konnte kürzlich durch eine Indikationserweiterung auf pädiatrische Patienten eine Verlängerung der Patentlaufzeit um sechs Monate erreichen, weshalb beide Biosimilars nicht vor Februar 2015 erhältlich sein werden. Man kann auch zeitnah mit der EU-Zulassung für Follitropin-Biosimilars und einem Insulin-glargin-Biosimilar rechnen. Für alle anderen Wirkstoffe, darunter auch das Fusionsprotein Etanercept und der Antikörper Adalimumab, befinden sich Biosimilar-Kandidaten in der klinischen Entwicklung. Vielleicht überraschend für den einen oder anderen war die Meldung vom 10. Mai 2013, dass Sanofi eine Phase-I-Studie für verschiedene Insulin-Biosimilars begonnen hat. Hierbei handelt es sich um Biosimilars, die gegen die Referenzprodukte Humalog® (Insulin lispro) und Novolog® (Insulin aspart) entwickelt werden. Auch Eli Lilly scheint ein Lantus®Biosimilar zu entwickeln. Dass es sicherlich nicht einfach ist, Wirkstoffe wie Insulin oder auch Interferon beta mit ausreichender Qualität zu kopieren, erkennt man daran, dass mehrere Versuche gescheitert sind, Insulin-Biosimilars durch das Zulassungsverfahren zu bekommen. So kann man auch nicht davon ausgehen, dass es von allen Proteinwirkstoffen Nachahmerprodukte geben wird, zumal die Entwicklung gerade auch bei den Biologika voranschreitet. Obwohl diese Wirkstoffe gewissermassen per se als innovativ wahrgenommen werden, gibt es sehr wohl einige, die den Stand der Technik nicht mehr zu 100 Prozent repräsentieren. Hierzu gehört beispielsweise das Interferon alfa, das zumindest in der Therapie von Hepatitiden durch pegyliertes Interferon alfa abgelöst wurde. Andere Biologika bedienen nur sehr kleine Märkte, weshalb sie den Herstellern unattraktiv erscheinen könnten, und einige Biologicals sind sehr schwierig herzustellen. Für die umsatzstarken Vertreter wird es aber mit Sicherheit Biosimilar-Varianten geben – und wahrscheinlich nicht nur eine.
benwirkungsfrei. Man muss immer mit Komplikationen rechnen, die vor allem immunologisch gesteuert sind, in hohem Mass durch individuelle Faktoren beeinflusst werden und daher kaum vorhersehbar sind. Erleidet ein Patient gravierende Nebenwirkungen, gefährdet das nicht nur das Individuum, sondern auch das Produkt. Surveillance (Überwachung) ist daher heute ein unverzichtbares und immer stärker eingefordertes Instrument zur Überprüfung und Sicherstellung der Arzneimittelsicherheit. Eine zuverlässige Surveillance ist aber nur möglich, wenn sich Wirkstoffe eindeutig identifizieren lassen, was derzeit nur bedingt möglich ist. Die EMA-Experten konnten sich bisher aber nicht dazu durchringen, unverwechselbare Wirkstoffnamen zu fordern, und von der Möglichkeit, diese Unterscheidbarkeit selbst zu initiieren, machen die Hersteller von Biosimilars nur mässig Gebrauch.
Fazit
Biosimilars bereichern unseren Arzneimittelschatz ähnlich
wie vordem die Generika. Allerdings ist der Prozess der Eta-
blierung von Biosimilars noch nicht abgeschlossen. Irgend-
wann werden auch die Vereinigten Staaten ein Regelwerk
verabschieden, das sicher die eine oder andere Anpassung in
Europa nach sich ziehen wird. Zudem wird bereits das
nächste Kapitel in diesem Buch aufgeschlagen, das mit «Bio-
betters» überschrieben ist. Diese Variante bedeutet, nicht nur
bewährte Wirkstoffe so gut wie möglich zu kopieren, son-
dern gleichzeitig auch Veränderungen vorzunehmen, die
noch bessere klinische Eigenschaften versprechen.
O
Korrespondenzadresse: Professor Dr. Theodor Dingermann Dr. Ilse Zündorf Institut für Pharmazeutische Biologie Biozentrum, Gebäude N210, 306 Max-von-Laue-Str. 9 D-60438 Frankfurt E-Mail: Dingermann@em.uni-frankfurt.de E-Mail: zuendorf@em.uni-frankfurt.de
Gleiche Wirkstoffnamen für ungleiche Substanzen? Die Behörden fordern für die Zulassung von Biosimilars mehr als für die Zulassung von Generika. Zwingend erforderlich sind klinische Prüfungen, die von Fall zu Fall mit der Zulassungsbehörde vereinbart werden. Im Vordergrund dieser Untersuchungen steht der Nachweis der Produktsicherheit, die sich dann aus den Studien beurteilen lässt, wenn die Prozesse zur Herstellung von Biosimilars ebenso kompromisslos spezifiziert und standardisiert sind wie die der Originalia. In einer Hinsicht war man allerdings nicht konsequent, und hier sollte im Interesse aller noch einmal beraten werden. Da Biosimilars mit den Referenzarzneimitteln nicht identisch, sondern ihnen nur ähnlich sind, sollten sie sich auch eindeutig unterscheiden lassen. Das ist nur bedingt der Fall, da sich zwar die Markennamen, nicht jedoch zwingend die Wirkstoffnamen, unterscheiden. Das freut die eine Seite (Biosimilars) und ärgert die andere (Originalia). Bedrohlich ist diese Situation für beide. Denn generell sind Biologika – auch solche, die lange im Markt sind – nicht ne-
Interessenkonflikte: keine
Literatur: 1. Schellekens H: Follow-on biologics: challenges of the next generation. Nephrol Dial
Transplant 2005; 20: 31–36. 2. Kuhlmann M, Covic A: The protein science of biosimilars. Nephrol Dial Transplant
2006; 21: 4–8. 3. Schiestl M et al.: Acceptable changes in quality attributes of glycosylated biophar-
maceuticals. Nat Biotechnol 2011; 29: 310–312. 4. Swissmedic: Anleitung für die Zulassung ähnlicher biologischer Arzneimittel (Biosi-
milars) 2008; www.swissmedic.ch/zulassungen/00173/00178/index.html?lang=de 5. Weise M et al.: Biosimilars – why terminology matters. Nat Biotechnol 2011; 29:
690–693. 6. Schneider Ch K et al.: In support of the European Union biosimilar framework. Nat
Biotechnol 2012; 30: 745–749.
Es handelt sich um eine leicht bearbeitete und gekürzte Version eines Beitrags, der in der «Pharmazeutischen Zeitung» 40/2013 erschienen ist. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor. Anpassungen, Kürzungen und Ergänzungen, insbesondere bezüglich der Verhältnisse in der Schweiz (Tabelle), wurden von der Redaktion ARS MEDICI vorgenommen.
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