Transkript
STUDIE REFERIERT
Training gegen Kreuzschmerzen
ning (Fear Avoidance Beliefs Questionnaire [FABQ]).
Was hilft besser: Pilates oder Radfahren?
Körperliches Training mit mindestens mittlerer Intensität kann die mit Schmerzen verbundenen Ängste verringern und somit auch den Grad körperlicher Beeinträchtigung sowie die Schmerzen an sich. In einer Studie verglich man zwei verschiedene Trainingsformen bei Kreuzschmerzen.
SPINE
Es ist gut belegt, dass körperliches Training bei Kreuzschmerzen besser ist als nicht zu behandeln. Dabei verbessert sich nicht nur der körperliche Zustand. Auch Einstellungen und das psychische Befinden werden positiv beeinflusst, wie zum Beispiel überzogene Schmerzangst oder «fear avoidance beliefs» (der Patient ist davon überzeugt, durch Bewegung seine Schmerzen nur zu verschlimmern oder sich gar zu verletzen). Im Allgemeinen geht man davon aus, dass jegliches Bewegungstraining in dieser Hinsicht segensreich für Patienten mit unspezifischen Kreuzschmerzen ist. In der vorliegenden australischen Studie verglich man das Pilates-Training,
Merksätze
O Bei Patienten mit leichten oder mittleren Kreuzschmerzen führten sowohl PilatesTraining als auch Indoor-Radfahren zu einer Besserung.
O Mit Pilates trat der Effekt etwas schneller ein, langfristig gab es keine Unterschiede.
also ein körperstammbetontes Muskeltraining, mit dem Radfahren (indoor), bei dem andere Muskelgruppen sowie die Ausdauer trainiert werden. Würde sich das Radfahren als ebenso wirksam bezüglich psychischer Faktoren erweisen, spräche dies dafür, dass in der Tat jegliches Training mit ausreichender Intensität für Patienten mit Kreuzschmerzen sinnvoll wäre.
Studiendesign Die Probanden wurden per Inserat in Tageszeitungen gesucht. Sie waren zwischen 18 und 50 Jahre alt und litten seit mehr als 12 Wochen unter stets wiederkehrenden «banalen» Kreuzschmerzen. Patienten mit Fehlstellungen der Wirbelsäule (z.B. Skoliose) wurden ebenso ausgeschlossen wie Patienten mit Osteoporose oder Rheuma sowie Personen, die schon einmal einen Bandscheibenvorfall oder eine Wirbelfraktur erlitten hatten, und diejenigen mit ausstrahlenden Schmerzen bis unter Kniehöhe. Insgesamt wurden 64 Personen in die Studie aufgenommen und in zwei Gruppen randomisiert. Man sagte den Patienten nicht, dass zwei verschiedene Trainingsarten verglichen werden sollten, sondern dass es ganz allgemein um den Effekt von Training bei Kreuzschmerzen gehe; ausserdem bezeichnete man das Radfahrtraining als «Pilates Pedaling», um auszuschliessen, dass allein der Begriff «Pilates» einen Unterschied generieren könnte. Die Wirkung des Trainings auf Schmerz und Psyche wurde mit mehreren Fragebögen nach 8 Wochen und nach 6 Monaten erfasst: Schmerz (visuelle Analogskala 0–10 [VAS]), Beeinträchtigung im Alltag (Oswestry Low Back Pain Disability Index [ODI]), Schmerzangst (Pain Catastrophizing Scale [PCS]) und Einstellung zum Trai-
Resultate und Diskussion
Nach 8 Wochen waren in beiden Grup-
pen Verbesserungen zu verzeichnen,
wobei die Scores bezüglich Beeinträch-
tigung im Alltag, Schmerz und Ein-
stellung zum Training in der Pilates-
Gruppe etwas besser waren als bei den
Radfahrern. Nach einem halben Jahr
war jedoch kein Unterschied mehr zwi-
schen den Gruppen feststellbar. Beide
Trainingsformen sind letztlich wirk-
sam, sofern man das Training regel-
mässig durchführt: «Wenn ein Patient
mit Kreuzschmerzen regelmässig ent-
weder ein spezifisches Körperstamm-
training oder Indoor-Radfahren durch-
führt, darf man davon ausgehen, dass
vergleichbare Verbesserungen erreicht
werden», schreiben die Autoren der
Studie.
Einschränkend muss darauf hingewie-
sen werden, dass sich bei der Proban-
densuche per Inserat nur Personen mel-
deten, die der Idee «Training bei Kreuz-
schmerz» positiv gegenüberstanden.
Ausserdem waren in der Studie nur Per-
sonen mit leichten bis mittelschweren
Kreuzschmerzen vertreten, sodass die
Frage offenbleibt, ob ein bestimmtes
und gegebenenfalls welches Training
für Patienten mit schwereren Schmer-
zen empfehlenswert ist.
O
Renate Bonifer
Marshall PWM et al.: Pilates exercise or stationary cycling for chronic nonspecific low back pain: Does it matter? A randomized controlled trial with 6-month follow-up. Spine 2013; 38: E952–E959.
Interessenkonflikte: Die Studienautoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
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ARS MEDICI 24 I 2013