Transkript
STUDIE REFERIERT
TENS bei Tennisellenbogen
Als Zusatztherapie ohne erkennbaren Nutzen gegen Schmerzen
In einer Studie mit Patienten in der Hausarztpraxis ging man der Frage nach, ob TENS als Zusatztherapie zu der üblichen Behandlung einen Nutzen bringt.
BMJ
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) wird als begleitende Therapie bei muskuloskeletalen Beschwerden verwendet, wie beispielsweise bei Rückschmerzen. TENS gilt als sicher und preiswert, ob ihre Wirksamkeit den Plazeboeffekt tatsächlich übersteigt, ist umstritten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es nur wenige Studien mit ausreichender Qualität dazu gibt. In einer vor 6 Jahren publizierten Metaanalyse mit randomisierten Studien kam man jedoch zu dem Schluss, dass TENS, richtig angewendet, muskuloskeletale Schmerzen lindern kann.
Um welche Beschwerden geht es? Etwa 1 bis 3 Prozent der Bevölkerung leiden unter einem sogenannten Tennisellebogen (Epicondylitis humeri lateralis), meist im Alter zwischen 35 und 55 Jahren. Charakteristisch für die Beschwerden an der Insertionsstelle der Sehnen ist der genau lokalisierbare Schmerz über dem lateralen Epicon-
Merksatz
O Selbst applizierte TENS zusätzlich zu Information und Beratung über Analgesie und Übungen bringt keinen Zusatznutzen für Patienten mit Tennisellenbogen.
dylus. Diverse Risikofaktoren, wie beispielsweise repetitive Bewegungen unter Belastung, sind bekannt. Meist verschwinden die schmerzhaften Beschwerden innert 6 bis 24 Monaten von selbst; bei jedem fünften Patienten dauern sie länger als ein Jahr. Viele Patienten leiden unter Rezidiven. Die Behandlung besteht meist aus Schonung, Analgetika und Physiotherapie. Orale oder topische NSAID helfen nur wenig und lindern den Schmerz allenfalls kurzzeitig. Häufig werden Kortikoide injiziert, was den akuten Schmerz zwar deutlich vermindert, jedoch mit gewissen Risiken verbunden und eventuell mit einer langfristig höheren Rezidivrate verbunden ist. Auch Physiotherapie kann den Schmerz kurzfristig lindern, mittel- oder langfristig ist ihr Effekt jedoch eher gering.
Studiendesign An der Studie beteiligten sich 38 Hausarztpraxen in Grossbritannien. Bei den Patienten wurde erstmalig (82%) oder erstmals seit 6 Monaten (18%) ein Tennisellenbogen diagnostiziert. Insgesamt nahmen 241 Patienten an der Studie teil. Sie wurden in 2 Gruppen randomisiert: Information und Beratung zu Analgesie und Übungen für zu Hause oder das Ganze plus TENS (110 Hz, asymmetrisch, biphasisch, Pulsdauer 200 µs) für täglich 45 Minuten in individuell adäquater Stärke, das heisst sehr starkes, aber nicht schmerzhaftes Kribbeln. Man gab sich Mühe mit der «Verblindung»: Die Randomisierung erfolgte extern, das heisst, die Patienten, die an der Studie teilnehmen wollten, führten an einer Klinik ein Einweisungsgespräch mit der Studienkoordinatorin und erhielten am Ende einen verschlossenen Umschlag mit den Anweisungen für den Hausarzt. Weder die Studien-
koordinatorin noch die auswertenden Forscher wussten, welcher Gruppe der Patient zugeordnet war. Primärer Endpunkt waren die Schmerzen nach 6 Wochen sowie nach 6 und 12 Monaten auf einer Skala von 0 bis 10. Sekundäre Endpunkte waren die generelle Schmerzeinschätzung durch die Patienten (viel besser/schlechter), Absenztage wegen Ellenbogenschmerzen und das allgemeine Befinden. Alle Endpunkte wurden mit Fragebögen ermittelt, welche die Patienten selbst zu Hause ausfüllten und per Post zurückschickten.
Resultate Nur wenige Patienten hielten sich daran, ihre Übungen beziehungsweise die Übungen plus TENS 6 Wochen lang sorgfältig durchzuführen. Gemäss Selbstauskunft erfüllten nur 47 Prozent der Patienten in der Übungen-plusTENS-Gruppe die zuvor definierten Kriterien für ausreichende Therapietreue, in der Gruppe ohne TENS waren es 41 Prozent. In beiden Gruppen stellten sich erhebliche Verbesserungen ein, sowohl was die Schmerzen als auch die anderen Endpunkte betraf. Ein Zusatznutzen durch TENS war jedoch nicht feststellbar. Es gab nur einen Unterschied zwischen den Gruppen: Diejenigen mit TENS waren mit der Therapie zufriedener.
Diskussion
Nach Aussage der Autoren handelt es
sich um die bis anhin grösste Studie zur
Behandlung von Patienten mit Tennis-
ellenbogen in der Hausarztpraxis. Sie
spekulieren, dass der mangelnde TENS-
Effekt teilweise auch auf die mangelnde
Therapietreue der Patienten zurück-
zuführen sein könnte.
O
Renate Bonifer
Chesterton LS et al.: Transcutaneous electrical nerve stimulation as adjunct to primary care management for tennis elbow: pragmatic randomised controlled trial (TATE trial). BMJ 2013; 347: f5160.
Interessenkonflikte: Die Studie wurde vom National Institute for Health Research, Grossbritannien, finanziert. Die Autoren der Studie geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
ARS MEDICI 24 I 2013 1215