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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Orthopädie
Neuartige Knie-OP bei Knorpelschäden
Ein Forscherteam um Daniël Saris hat an der Universität Utrecht ein neues Verfahren entwickelt, das die Operation eines traumatischen Knorpelscha-
Abbildung: Die IMPACT-Therapie bei Knorpeltrauma im Kniegelenk: A: Nach der Inzision wird der zerfetzte Knorpelrand entfernt. B: Dieses früher als Abfall betrachtete Gewebe wird für das Knorpelrecycling verwendet. C: Die Knorpelzellen (blau) werden enzymatisch isoliert, wobei ihre Matrix erhalten bleibt. D: Die Chondronen (blau) werden mit mesenchymalen Stammzellen (MSC) eines Spenders (rot) gemischt. E: Die Zellmischung wird mit einem Zwei-Komponenten-Fibrinkleber vorbereitet. F: Die Mischung wird auf die geschädigte Stelle gespritzt (Foto: UMC Utrecht).
dens im Knie in einem Schritt ermöglicht. Bis anhin wurden 6 Patienten behandelt, weitere 35 sollen im Rahmen einer Studie folgen. Knorpelschäden im Knie sind bei Sportlern nicht selten. Da Knorpelgewebe nicht durchblutet wird, heilen diese Schäden spontan nicht aus – Schmerzen und Arthrose sind mittelund langfristige Folgen. Bereits heute kann man derartige Schäden operieren: In der ersten Operation werden körpereigene Knorpelzellen arthroskopisch entnommen. Diese Zellen werden in Zellkultur vermehrt und in einer zweiten, offenen Operation auf den geschädigten Knorpel aufgetragen, so dass sie dort einwachsen und die Schädigung schliessen. Eine andere Methode ist die Erzeugung von Mikrobrüchen im unterliegenden Knochen, wodurch neues Knorpelgewebe induziert wird. Für ihr neues Verfahren verwenden die holländischen Orthopäden und Zellforscher eine Mischung aus körpereigenen Knorpelzellen, mesenchymalen Stammzellen eines Spenders und Gewebekleber (siehe Abbildung).
Das Besondere an der Methode ist zum einen die Verwendung von Chrondronen (ein oder mehrere Knorpelzellen, die von einer Matrix umschlossen sind) anstelle isolierter Knorpelzellen, die bis anhin üblicherweise verwendet wurden. Man weiss, dass Chondronen wesentlich besser wachsen als vereinzelte Knorpelzellen. Zum anderen ist bekannt, dass die Mischung von Chondronen mit mesenchymalen Stammzellen (MSC) optimale Wachstumsbedingungen für Knorpelgewebe schafft. Diese beiden Effekte macht man sich bei dem neuen Verfahren zunutze. Immunologische Abstossungsreaktionen gegenüber den körperfremden MSC wurden bis jetzt weder im Tierversuch noch bei den Patienten beobachtet. Die neue Technik mit dem Namen IMPACT (Instant MSC-Product accompanying Autologous Chondron Transplantation) würde nicht nur bedeuten, dass auf einen zweiten Eingriff verzichtet werden kann, sie soll nach Angaben der Utrechter Gruppe auch die Kosten um bis zu 75 Prozent senken. RBOO
Pressemeldung der Universität Utrecht vom 19. November
2013.
Geriatrie
Sehbehinderung im Alter nicht mit Demenz verwechseln!
Eine neue Studie des Schweizerischen Zentralvereins für das Blindenwesen (SZB) zeigt, dass die Folgen einer im Alter entstehenden Sehbehinderung fälschlicherweise als beginnende Demenzerkrankung gedeutet werden können. Ein eingeschränktes Sehvermögen oder eine Schwerhörigkeit können zudem zu Fehlern bei einer Demenzabklärung führen. Beides hat für Betroffene schwerwiegende Folgen. Tatsächlich gehören Schwierigkeiten sich an einem fremden Ort zu orientieren, verlegte Gegenstände zu finden und Personen zu erkennen, sowohl zu den Folgen einer beginnenden Demenzerkrankung wie auch zu jenen einer Sehbehinderung. In der Medizin, Pflege und Betreuung sind zwar die Facetten von Seh- und Hörsehbehinderungen bekannt, dennoch konzentriert man sich oft nur auf eine mögliche Demenzerkrankung und denkt nicht an Seh- und/ oder Hörschwächen.
Sehprobleme treten bei jeder zehnten Person zwischen 60 und 80 Jahren auf, in späteren Jahren sogar bei jeder fünften. Weil die Symptome einer Sehbehinderung und einer leichten Demenz im Alltag ähnlich sein können, besteht die Gefahr, die Ursachen zu verwechseln, beziehungsweise die Aufmerksamkeit in die falsche Richtung zu lenken. Die im Auftrag des SZB befragten
© SBZ
Experten raten, sorgfältige Abklärungen
vorzunehmen und keine voreiligen Schlüsse
zu ziehen. So neigten Ärzte dazu, ihre je-
weilige Disziplin in den Vordergrund zu
stellen: Augenärzte untersuchten oft nur
die Sehleistung und Geriater die kognitiven
Leistungen ihrer Patienten. Auch dem
Pflegepersonal in Heimen und Spitäler fällt
eine mögliche Beeinträchtigung des Seh-
und Hörvermögens zu selten auf.
Die Studie «Demenzerkrankungen und
Seh-/Hörsehbeeinträchtigungen» wurde von
einem Team unter der Leitung von Prof.
Dr. phil. Regula Blaser am Institut Alter der
Berner Fachhochschule erstellt. Sie ist als
Download auf der Website des SBZ verfüg-
bar: www.sbz.ch.
SBZ/RBOO
1206 ARS MEDICI 24 I 2013
Infektiologie
Tigermücken in der Schweiz
Vor zehn Jahren wurden im Tessin erstmals die aus Südostasien eingeschleppten Tigermücken nachgewiesen. Im Rahmen eines Monitoring-Programms des BAFU fand man im Sommer 2013 entlang von Autobahnen auch nördlich der Alpen vereinzelt Tigermü-
ckeneier: Raststätte Gotthard (UR), Raststätte Heidiland (SG) und Raststätte Grauholz (BE). Nachkontrollen ergaben jedoch weder Hinweise auf erwachsene, flugfähige Tigermücken, noch konnten weitere Eiablagen gefunden werden. Deshalb geht das BAFU davon aus, dass zwar einzelne Tigermücken in Autos oder Lastwagen an die drei Standorte gelangt waren, sich in der Folge aber keine Population etablieren konnte. Da die Tigermücke ein wärmeliebendes Insekt
ist, dürfte eine allfällige Mückenpopulation den Winter nördlich der Alpen wohl kaum überleben. Im Tessin lebt jedoch eine recht stabile Population. Um diese auf möglichst niedrigem Niveau zu behalten, bekämpft man die Mücken mit präventiven Massnahmen (z.B. stehendes Wasser während der Brutzeit vermeiden). Offenbar mit Erfolg: Im benachbarten italienischen Grenzgebiet, in dem keine systematische Bekämpfung erfolgt, sind die Mücken deutlich häufiger anzutreffen. Die Tigermücke stammt aus den tropischen Waldgebieten Südostasiens und hat sich unter anderem über Wasseransammlungen in Altreifen und Pflanzen weltweit ausgebreitet. Sie kann Krankheiten übertragen, die bisher in der Schweiz nicht vorgekommen sind, insbesondere das Chikungunya-Fieber. Nach heutigem Wissensstand sind die in der Schweiz vorkommenden Tigermückenpopulationen nicht mit diesem Virus infiziert. Alle bis anhin in der Schweiz verzeichneten Fälle von Chikungunya-Fieber betreffen Reiserückkehrer, die sich ausserhalb der Schweiz angesteckt haben (Foto: Aedes albopictus; James Gathany, CDC). Swiss TPH/RBOO
Pressemitteilung des Schweizerischen Tropen- und Public-HealthInstituts (Swiss TPH) vom 21. November 2013.
Prävention
Zweifel am Konzept der «gesunden Dicken»
Ein kanadisches Forscherteam hat in einer Metaanalyse die Daten von gut 60 000 Personen ausgewertet und dabei die Risikofaktoren Hypertonie, Hypercholesterinämie und Hyperglykämie im Zusammenhang mit BMI und der langfristigen Entwicklung der Mortalität sowie kardiovaskulären Ereignissen untersucht. Im Vergleich mit gesunden Schlanken hatten «metabolisch gesunde» Adipöse in den ersten 10 Jahren kein erhöhtes Risiko; dieses zeigte sich erst später (24% erhöhtes relatives Risiko). In absoluten Zahlen scheint es weniger eindrucksvoll: Das absolute Risiko war für «metabolisch gesunde» Adipöse nur 0,7 Prozent höher als für gesunde Schlanke. Bei «metabolisch Kranken» geht es hingegen um andere Grössenordnungen: Hier war das
relative Risiko gut dreimal höher, auch für
die Schlanken. Das Körpergewicht scheint
also weniger riskant zu sein, wenn Blutdruck,
Blutzucker und Lipidstatus in Ordnung sind.
Die Autoren der Metaanalyse fordern trotz-
dem, dass Übergewichtige oder Adipöse
abnehmen müssen, egal, wie gut der aktuelle
Gesundheitszustand ist. Die Resultate der
Metaanalyse sind jedoch mit Vorsicht zu
interpretieren, weil bekannte Risikofaktoren
wie Bewegung, Rauchen oder Alter gar nicht
berücksichtigt wurden.
RBOO
Kramer CK et al.: Are metabolically healthy overweight and obesity benign conditions? Ann Intern Med 2013; 159(11): 758–769.
RÜCKSPIEGEL
Vor 10 Jahren
Eiszeitkünstler
In der Zeitschrift «Nature» wird über sensationelle Funde in Höhlen auf der Schwäbischen Alb berichtet. Die Figuren aus Mammutelfenbein, darunter die erste naturgetreue Darstellung eines Vogels, gehören zu den ältesten figürlichen Kunstwerken der Menschheit. Ausserdem fand man Musikinstrumente, Schmuck und neuartige Werkzeuge – alle Zeugen der Besiedelung Europas durch die ersten modernen Menschen entlang der Donau vor mehr als 30000 Jahren.
Vor 50 Jahren
DNS in Mitochondrien
Das Forscherehepaar Margit und Sylvan Nass identifiziert die seit Längerem bekannten fadenförmigen Strukturen in Mitochondrien als DNS. Bis zu diesem Zeitpunkt glaubte man, dass DNS nur im Zellkern zu finden sei. Warum die Kraftwerke der Zelle eigene Erbsubstanz tragen, ist damals nicht bekannt. Man spekuliert unter anderem,
dass in Mitochondrien vorab DNS produziert oder gelagert wird, die bei der Zellteilung an den Zellkern «geliefert» wird – eine, wie man heute weiss, nicht zutreffende Vorstellung. Heute hält man die sogenannte Endosymbiontenhypothese für wahrscheinlich, wonach es sich bei den Mitochondrien um ehemals eigenständige Organismen handelt, die in grauer Vorzeit als Symbionten mit höheren Zellen verschmolzen sind. Die mitochondriale DNS wird nur über das Zellplasma an die nächste Generation weitergegeben, sodass mit ihrer Hilfe Abstammungslinien über Tausende von Jahren zurückverfolgt werden können.
Vor 100 Jahren
Kreuzworträtsel
Am 21. Dezember 1913 erscheint in der Wochenendbeilage der «New York World» das erste Kreuzworträtsel der Welt. Gestaltet hatte es der Journalist Arthur Wynne. Sein Rätsel bestand aus 31 Begriffen und war rautenförmig (Abb: Wikipedia).
RBO