Transkript
ARGUS PHARMAKOTHERAPIE
Berichte, Studien, Innovationen
Kosten-Nutzen-Vorteil von Ticagrelor gegenüber Clopidogrel als Add-on-Therapie bei Akutem Koronarsyndrom
Basierend auf den Daten der PLATO-
Studie (Management von Patienten mit
Akutem Koronarsyndrom) wurde der
Kosten-Nutzen-Effekt von Ticagrelor und
Clopidogrel (zu generischen Preisen) als
Add-on zu ASS analysiert. Sowohl für
die erste Fünf-Jahres-Periode wie über
die gesamte Lebenszeit berechnet weist
Ticagrelor deutliche Vorteile auf.
Die medizinische Behandlung des Akuten Koronarsyndroms Das Akute Koronarsyndrom (ACS, das heisst Myokardinfarkt mit und ohne STHebung, unstabile Angina pectoris) ist verantwortlich für zahlreiche Todesfälle, nachfolgende Herzinfarkte und intensive Therapien. In der Schweiz erkrankten 2008 fast 15 000 Patienten an einem Akuten Koronarsyndrom, 18 Prozent von ihnen starben. Insgesamt resultierten über 19 000 Spitalaufenthalte von durchschnittlich 9,1 Tagen. Die Guidelines der jüngsten Vergangenheit empfehlen bei einem ACS eine duale plättchenhemmende Therapie mit Clopidogrel und Acetylsalicylsäure. Die Studie PLATO (PLATelet inhibition and patient Outcomes) verglich zwei Plättchenhemmer miteinander: 90 mg Ticagrelor, 2-mal täglich, und 75 mg Clopidogrel 1-mal pro Tag jeweils als Add-on zur Acetylsalicylsäure. Die Studie ergab eine hoch signifikante Reduktion bei den primären Endpunkten (Tod mit vaskulärer Ursache, Myokardinfarkt oder Schlaganfall) ebenso wie bei den sekundären Studienendpunkten (Todesfälle aller Ursachen, Herzinfarkt oder Schlaganfall) unter Ticagrelor. Ohne dass es dabei zu einer Erhöhung des Blutungsrisikos gekommen wäre. Die Guidelines der European Society of Cardiology (ECS) aus dem Jahr 2011 empfehlen denn auch
Ticagrelor als First-line-Therapie bei Patienten mit Herzinfarkt ohne ST-Hebung und seit 2012 auch als First-line-Therapie bei Patienten mit einem akuten Herzinfarkt mit ST-Hebung.
Kosten-Nutzen-Studie Ziel der hier vorgestellten Studie einer gemischten Autorengruppe (David Gasche und Roger-Axel Greiner, IMS Health, München; Bernhard Meier, Kardiologie, Universitätsspital Bern und Tanja Ulle, AstraZeneca, Zug) bei Patienten mit Akutem Koronarsyndrom war es, die Kosteneffizienz von Ticagrelor beziehungsweise generischem Clopidogrel als Add-onTherapie zur standardmässig verabreichter Acetylsalicylsäure zu evaluieren. Dazu erfasste man die aus Sicht der Krankenkasse pro Patienten anfallenden mittleren jährlichen Gesundheitskosten in diesen beiden Gruppen. Als Basis dienten die im Rahmen der PLATO-Studie angefallenen Aufwendungen, bestehend aus Kosten für den Spitalaufenthalt in verschiedenen Abteilungen (Allgemein, Kardiologie, Intensivstation usw.), Kosten für Abklärungen (Labor, EKG, Echokardiografie, Koronarangiografie, CT, MRI u.a.) und Kosten für Eingriffe (Schrittmacher, Ballonpumpe, Stents, Bypass usw.). Neben den effektiven Behandlungskosten flossen auch die gewonnenen qualitätskorrigierten Lebensjahre (QALYs = qualityadjusted life years) in die Beurteilung der Kosten-Nutzen-Analyse ein. Die Berechnung erstreckte sich dabei auf die gesamte Lebenszeit. Die Medikamentenkosten flossen mit 3.40 Franken pro Tag für Ticagrelor und 1.12 Franken pro Tag für Clopidogrel (entsprechend dem Preis für das zum Zeitpunkt der Analyse günstigste Generikum) in die Studie ein. Die Tageskosten wurden multipliziert mit der Anzahl Tage, während deren die Patienten das Präparat erhielten.
Resultate Im Laufe eines Patientenlebens generiert Ticagrelor verglichen mit Clopidogrel zusätzliche 0,1694 QALYs und 0,1999 Lebensjahre zu Mehrkosten von 260 Franken. Daraus errechnet sich eine «Incremental Cost Effectiveness Ratio» (ICER oder inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Relation, das ist der Quotient aus zusätzlichen Kosten und zusätzlichem medizinischem Nutzen) von 1536 Franken pro QALY und 1301 Franken pro gewonnenes Lebensjahr. Dieser Kosten-Nutzen-Vorteil von Ticagrelor gegenüber generischem Clopidogrel zeigte sich über eine 5-Jahres-Periode ebenso wie über die gesamte Lebenszeit. Zusätzliche univariate und probabilistische Sensitivitätsanalysen (Erstere beziehen sich auf die Spannweite der Outcomes, die sich durch Variierung eines der Modellparameter innerhalb eines plausiblen Unsicherheitsbereichs ergeben, Letztere auf randomisierte Variierung mehrerer Parameter) bestätigten die Vorrangstellung von Ticagrelor über 5 Jahre wie über die gesamte Lebenszeit.
Fazit
Die Resultate dieser Schweizer Kosten-
Nutzen-Analyse bestätigen andere Unter-
suchungen darin, dass Ticagrelor in den
ersten 5 Jahren nach einer ACS, aber schliess-
lich auch über die gesamte Lebenszeit
gerechnet im Vergleich mit generischem
Clopidogrel die günstigere Behandlung
darstellt.
O
Richard Altorfer
David Gaschea et al.: Cost-effectiveness of ticagrelor and generic clopidogrel in patients with acute coronary syndrome in Switzerland. Swiss Med Wkly. 2013; 143:w13851.
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ARS MEDICI 22 I 2013