Transkript
STUDIE REFERIERT
Tiefere Vitamin-D-Spiegel sind mit Depressionen assoziiert
Studie bei geriatrischen Patienten in der Allgemeinpraxis
Bei amerikanischen Patienten eines Ambulatoriums der Grundversorgung wurde die Häufigkeit insuffizienter oder defizienter Vitamin-D-Spiegel im Serum untersucht und zu Gebrechlichkeit und Komorbidität sowie zum Auftreten von Depressionen in Korrelation gesetzt.
CLINICAL INTERVENTIONS IN AGING
Der Vitamin-D-Mangel gilt als wichtiger Faktor, der mit skelettalen und neuromuskulären Störungen einhergeht, aber auch Auswirkungen auf viele weitere Erkrankungen wie Krebs, Herzgefässleiden, Multiple Sklerose, Psoriasis und Diabetes sowie auf Schizophrenie und Depression haben kann. Die SerumVitamin-D-Spiegel werden unterschiedlich klassifiziert, und entsprechend schwanken die Häufigkeitsangaben zur Prävalenz eines Vitamin-D-Mangels. Bisherige Daten zur Beziehung zwischen Vitamin-D-Mangel und Depres-
Merksätze
O In einer Querschnittsuntersuchung hatten geriatrische Patienten in der Grundversorgung zu rund einem Fünftel keine ausreichende Vitamin-D-Versorgung.
O Patienten mit schwerem Vitamin-D-Mangel waren älter, gebrechlicher und hatten mehr Komborbiditäten sowie mehr Depressionen.
O Bei schwerem Vitamin-D-Mangel waren Depressionen doppelt so häufig.
sion sind widersprüchlich. Die vorliegende retrospektive Querschnittsuntersuchung wollte diese Korrelation erhellen.
Methodik Für diese Studie aus dem Ambulatorium der Mayo Clinic in Rochester, USA, wurden die 25-HydroxyvitaminD (25-OH-D-)Spiegel im Serum in drei Kategorien eingeteilt. Optimal waren Konzentrationen von mindestens 25 ng/ml, als leichter bis mittlerer Vitamin-D-Mangel galten 25-OH-DWerte zwischen 10 und 24 ng/ml und als schwerer Mangel eine 25-OH-DKonzentration unter 10 ng/ml. Die Frailty (Gebrechlichkeit) wurde mittels Elder Risk Assessment (ERA) Index erfasst, das Ausmass der gleichzeitig vorliegenden Erkrankungen mit dem Charlson Comorbidity Index (CCI).
Ergebnisse In die Auswertung gingen 1618 Patientinnen und Patienten (75% Frauen) im mittleren Alter von 73,8 ± 8,48 Jahren ein. 81 Prozent wiesen eine optimale 25-OH-D-Konzentration auf, 17 Prozent hatten einen leichten bis mittleren Vitamin-D-Mangel und 3 Prozent eine schwere Vitamin-D-Defizienz. Die Individuen mit schwerem Vitamin-DMangel waren älter (p < 0,001) und gebrechlicher (p < 0,001). Ausserdem hatten sie eine höhere Komorbiditätslast (p < 0,001) und häufiger Depressionen (p = 0,013). Die 649 Studienteilnehmer (43%) mit Depression wiesen tiefere Vitaminserumspiegel auf als nicht depressive Patienten (p = 0,002). Die 25-OH-D-Konzentration war jeweils statistisch negativ korreliert mit Alter, Gebrechlichkeit sowie Komorbiditäten. Die Gruppe mit schwerem Vitamin-DMangel zeigte eine doppelte so hohe
Wahrscheinlichkeit für Depression (Odds Ratio 2,093, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,092–4,011, p = 0,026).
Diskussion
Diese retrospektive Querschnittsunter-
suchung bei geriatrischen Patienten in
der Allgemeinpraxis ergibt signifikante
Assoziationen zwischen Vitamin D,
Alter, Geschlecht, Gebrechlichkeit und
der Anzahl von gleichzeitigen Erkran-
kungen.
Einerseits ergab sich eine enge Korrela-
tion zwischen schwerem Vitamin-D-
Mangel und Depression nach Korrek-
tur für Alter und Komorbiditätsstatus
mit einer Odds Ratio von 2,45 (95%-
KI: 1,29–4,64). Andererseits zeigte die
Untersuchung mit kontinuierlichen,
steigenden Vitamin-D-Konzentratio-
nen eine signifikante Beziehung zu we-
niger Depressionen. Im Gegensatz zu
früheren Studien mit viel kleineren Teil-
nehmerzahlen und widersprüchlichen
Ergebnissen weist die vorliegende Un-
tersuchung bei einem breiten Patienten-
spektrum klar auf eine Korrelation
zwischen Vitamin-D-Status und De-
pressionshäufigkeit hin. Die Ergebnisse
belegen auch die Wichtigkeit der Erfas-
sung der Vitamin-D-Versorgung bei
der Abklärung von Frailty bei geriatri-
schen Patienten. Gerade bei Patienten
mit Müdigkeit und Sarkopenie im
Rahmen von Frailty kann Vitamin D
die Muskelfunktion verbessern.
Als Einschränkungen ihrer Studie er-
wähnen die Autoren, dass nur Patien-
ten mit vorhandener Vitamin-D-Mes-
sung berücksichtigt wurden, wodurch
im Vergleich zur Allgemeinbevölke-
rung vermehrt symptomatische Indivi-
duen mit tiefen Vitamin-D-Spiegeln
aufgenommen worden sein könnten.
Zudem fehlten Angaben zur Jahreszeit
der Vitamin-D-Messung.
O
Halid Bas
Lapid IM et al.: Vitamin D and depression in geriatric primary care patients. Clinical Interventions in Aging 2013; 8: 509–514.
Interessenlage: Die Autoren des Beitrags im «Journal of Clinical Interventions of Aging» deklarieren keine Interessenkonflikte zu haben.
ARS MEDICI 17 I 2013
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