Transkript
STUDIE REFERIERT
Teriparatid und Denosumab bei postmenopausaler Osteoporose
Kombination von Medikamenten mit antiresorptiven und osteoanabolen Effekten kann bei hohem Frakturrisiko sinnvoll sein
Methoden Von September 2009 bis Januar 2011 wurden postmenopausale Frauen mit Osteoporose in diese offene, randomisierte, kontrollierte Studie aufgenommen. Die Patientinnen wurden im 1:1:1-Design in einen der folgenden Behandlungsarme randomisiert: O 20 µg Teriparatid täglich, O 60 mg Denosumab alle 6 Monate, O 20 µg Teriparatid täglich plus 60 mg
Denosumab alle 6 Monate.
Trotz der Fortschritte, die in den letzten Jahren bei der Osteoporosetherapie zu verzeichnen waren, sind die Behandlungsoptionen bei schwerer Osteoporose begrenzt. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob die gleichzeitige Gabe von Teriparatid und Denosumab bessere Behandlungserfolge erzielt als die jeweilige Monotherapie.
THE LANCET
Die Therapieoptionen für die Osteoporose haben in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zugenommen. Ein wichtiger Fortschritt war die Einführung der stickstoffhaltigen Bisphosphonate, die die Knochenresorption unterdrücken. Parathormon (PTH) und Teriparatid beugen ebenfalls Frakturen vor, aber diese Substanzen sind im Allgemeinen für Patienten mit schwerer Erkrankung reserviert, unter anderem weil sie kostenintensiv sind und weil sie täglich injiziert werden müssen. Seit der Zulassung von Deno-
Merksätze
O Die derzeit verfügbaren Therapieoptionen für Patienten mit schwerer Osteoporose sind limitiert.
O Die Kombinationstherapie aus Teriparatid und Denosumab erhöhte in der vorliegenden Studie die Knochendichte bei postmenopausalen Frauen in grösserem Umfang als die jeweilige Monotherapie und könnte für die Behandlung von Patienten mit schwerer Osteoporose sinnvoll sein.
sumab steht eine weitere Behandlungsoption zur Verfügung. Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper, der sehr wirksam die Bindung von RANKL an seinen osteoklastenassoziierten Rezeptor (RANK) blockiert – eine Interaktion, die für die Bildung und Aktivierung sowie für das Überleben von Osteoklasten erforderlich ist. Durch die Blockierung dieses Rezeptors inhibiert Denosumab sehr wirksam die osteoklastenvermittelte Knochenresorption. Dieser Mechanismus unterscheidet sich von demjenigen der Aminobisphosphonate, die über die Inhibition des Enzyms Farnesylpyrophosphatsynthase wirken, was zu einer reduzierten Osteoklastenaktivität und zu vermehrter Osteoklastenapoptose führt. Trotz dieser Fortschritte bewirkt keine der derzeit zugelassenen Therapien eine Wiederherstellung der normalen Knochenintegrität bei den meisten Patienten mit manifester Osteoporose, und die Behandlungsoptionen für Patienten mit schwerer Osteoporose sind limitiert. Bemühungen, die Wirksamkeit der Behandlung durch die Kombination verschiedener Osteoporosemedikamente zu erhöhen, blieben weitgehend erfolglos. Studien, in denen PTH oder Teriparatid und Bisphosphonate kombiniert wurden, ergaben im Vergleich zur Monotherapie mit PTH oder Teriparatid keinen Nutzen. Die pharmakologischen Ursachen für das Fehlen additiver Effekte sind jedoch nicht bekannt. Tierexperimentelle Untersuchungen, in denen RANKL-Inhibitoren mit Teriparatid kombiniert wurden, kamen zu widersprüchlichen Resultaten. In der vorliegenden Studie wurde nun die Hypothese untersucht, dass die kombinierte Gabe von Teriparatid und Denosumab auf die menschliche Knochendichte additive Effekte ausübt.
Die Knochendichte wurde zu Beginn der Studie sowie nach 3, 6 und 12 Monaten gemessen. Frauen, die ausser der Eingangsuntersuchung zumindest einen Kontrolltermin im Rahmen der Studie wahrnahmen, wurden in einer modifizierten Intention-to-treat-Analyse ausgewertet.
Ergebnisse 94 (94%) von 100 Frauen nahmen im Verlauf der Studie zumindest einen Kontrolltermin wahr. Nach 12 Monaten hatte die Knochendichte (posterioranteriore Messung) im Bereich der Lendenwirbelsäule in der Kombinationsgruppe deutlicher zugenommen (9,1% [SD: 3,9]) als in der Teriparatid- (6,2% [4,6], p = 0,0139) oder in der Denosumabgruppe (5,5% [3,3], p = 0,0005). Auch die Knochendichte im Bereich des Schenkelhalses nahm in der Kombinationsgruppe (4,2% [3,0]) deutlicher zu als in der Teriparatid- (0,8% [4,1], p = 0,0007) und in der Denosumabgruppe (2,1% [3,8], p = 0,0238). Dies traf auch für die Zunahme der Knochendichte im Bereich der gesamten Hüfte zu (Kombination: 4,9% [2,9]; Teriparatid: 0,7% [2,7], p < 0,0001; Denosumab: 2,5% [2,6], p = 0,0011).
Diskussion In dieser randomisierten, kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass die kombinierte Gabe von Teriparatid und Denosumab die Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule (posterior-anteriore Messung) sowie im Bereich des Schenkelhalses und der Hüfte signifikant besser erhöhte als die jeweilige Monotherapie. Damit liess sich der additive Effekt der Kombinationstherapie an Lokalisationen mit trabekulärem Knochen und auch in Regionen mit gemischt kortikal-trabekulärem Knochen nachweisen. Zudem waren
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ARS MEDICI 17 I 2013
STUDIE REFERIERT
die Veränderungen, die während der 12-monatigen Studie in der Kombinationsgruppe hinsichtlich der Knochendichte des Schenkelhalses und der Hüfte insgesamt beobachtet wurden (4,2% bzw. 4,9%), grösser als diejenigen, die unter für die postmenopausale Osteoporose zugelassenen Therapien berichtet wurden. Die Ergebnisse der aktuellen Studie stehen im Gegensatz zu denjenigen früherer Studien, in denen die Wirkung von Bisphosphonaten in Kombination mit Teriparatid oder PTH untersucht wurde. In randomisierten, kontrollierten Studien mit postmenopausalen Frauen erhielten die Teilnehmerinnen Alendronsäure und Teriparatid oder PTH über unterschiedlich lange Zeiträume, jedoch unterschied sich die Wirksamkeit der Kombinationstherapie nicht von derjenigen der jeweiligen Monotherapie. Ebenso war die kombinierte Gabe von Teriparatid und Zolendronsäure über 12 Monate im Vergleich zur jeweiligen Monotherapie nicht mit besseren Behandlungsergebnissen assoziiert. Eine Studie, in der zu-
nächst nur Teriparatid verabreicht und später zusätzlich Alendronsäure gegeben wurde, zeigte dagegen vielversprechendere Resultate. Direkte Vergleiche der Befunde von Bisphosphonatstudien mit denjenigen der aktuellen Studie sind aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns und Medikamentendosierungen nur begrenzt möglich. Dennoch scheinen sich die Ergebnisse von bisphosphonathaltigen Behandlungsschemata wesentlich von denjenigen zu unterscheiden, die in der vorliegenden Studie mit der Teriparatid-Denosumab-Kombination gefunden wurden. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind unklar, jedoch könnte die ausgeprägtere Zunahme der Knochendichte, die in der aktuellen Studie beobachtet wurde, zumindest teilweise durch Nettoeffekte auf die Osteoklastenfunktion erklärt werden.
Interpretation Die kombinierte Gabe von Teriparatid und Denosumab erhöhte die Knochendichte in grösserem Umfang als die Monotherapie mit Teriparatid bezie-
hungsweise Denosumab und deutli-
cher, als dies unter den zugelassenen
Therapieoptionen berichtet wurde.
Zwar sollten in weiteren Studien die
Reduktion des Frakturrisikos sowie die
Effekte unterschiedlicher Dosierungen
und Behandlungszeiträume noch un-
tersucht werden, jedoch weisen die Er-
gebnisse der vorliegenden Studie da-
rauf hin, dass diese spezifische Kombi-
nation aus einer antiresorptiven und
einer osteoanabolen Substanz in der
Behandlung von Patienten mit Osteo-
porose und besonders hohem Fraktur-
risiko nützlich sein könnte, fassen die
Autoren zusammen.
O
Andrea Wülker
Quelle: Tsai JN et al.: Teriparatide and denosumab, alone or combined, in women with postmenopausal osteoporosis: the DATA study randomised trial. Lancet 2013; 382 (9886): 50–56.
Interessenlage: Die Studie wurde gesponsert von Amgen, Eli Lilly und dem National Center for Research Resources. Zwei der Autoren sind bzw. waren Berater für Eli Lilly bzw. Amgen. Alle Autoren erhalten oder erhielten Forschungsgelder von Amgen und Eli Lilly.