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BERICHT
Von neuen Antibiotika bis Fäkaltransplantation
Therapieoptionen bei rezidivierender Clostridium-difficile-Diarrhö
European Congress on Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ECCMID) Symposium «Clostridium difficile – options for treating the failing patient?», Berlin, 28. April 2013
Patienten mit Clostridium-difficileassoziierter Diarrhö (CDAD) können zu 70 bis 80 Prozent durch die erste antibiotische Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin geheilt werden – das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Bei bis zu 25 Prozent kommt es zum Rezidiv, und mit jedem Rückfall steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weitere folgen werden. Welche Optionen gibt es dann noch?
MANUELA ARAND
sehr begrenztem Umfang resorbiert, wirkt deshalb vorwiegend lokal im Darm und birgt nur ein geringes Risiko systemischer Nebenwirkungen. In den beiden klinischen Zulassungsstudien, in denen Fidaxomicin mit Vancomycin verglichen wurde, brachten beide praktisch identische Heilungsraten beim ersten CDAD-Schub. Dabei reduzierte Fidaxomicin das Rezidivrisiko in den ersten 30 Tagen signifikant von rund 26 auf etwa 14 Prozent. Dabei handelte es sich allerdings um einen sekundären Endpunkt, denn die Studien waren nicht darauf angelegt, prospektiv auch Reinfektionen mit einem neuen C.-difficile-Stamm zu prüfen, die ebenfalls wie genuine Rückfälle in die Rezidivdefinition eingehen. Daneben stehen zur Behandlung der CDAD noch einige andere Antibiotika auf dem Prüfstand, die teils bereits für andere Indikationen zugelassen, teils noch in der klinischen Entwicklung
sind. Auf eine relativ solide wissenschaftliche Basis könne sich dagegen seit Anfang des Jahres die Fäkaltransplantation stützen, berichtete Dr. Alisdair MacConnachie, Glasgow. Im Januar wurde die erste randomisierte kontrollierte Studie abgebrochen, in der die Transplantation von Spenderfäzes mit Vancomycin verglichen worden war. Das Besondere daran: Die Studie wurde abgebrochen, bevor noch die Hälfte der geplanten 120 Patienten eingeschlossen worden war, weil sich die Stuhltransplantation als weit überlegen erwiesen hatte: 12 von 13 Patienten wurden mit ein bis zwei Einspülungen anhaltend durchfallfrei, bei Vancomycin waren es 4 von 13 beziehungsweise bei Vancomycin plus Darmspülung 3 von 13. Das Verfahren ist aufwändig, vor allem das Spender-Screening, so Dr. MacConnachie: Um geeignet zu sein, muss der Spender mindestens sechs Monate
Nach der Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten sollte man es beim ersten Rezidiv in leichten Fällen noch einmal mit Metronidazol (3-mal täglich 500 mg über 10 Tage) versuchen, in schweren Fällen mit Vancomycin p. o. (4-mal täglich 125 mg über 10 Tage) oder mit Metronidazol p. o. plus Vancomycin intrakolonal (500 mg in 100 NaCl alle 4–12 h). Mangels Alternativen sah die bisherige Empfehlung für das zweite Rezidiv fast gleich aus, erweitert noch um die Möglichkeit einer ausschleichenden oder gepulsten Vancomycingabe. Als Alternative stehe nun Fidaxomicin zur Verfügung, ein Vertreter der neuen Klasse der makrozyklischen Antibiotika, berichtete Prof. Dr. Oliver Cornely, Köln. Der Wirkstoff wird nur in
Probiotika zur Darmsanierung?
Bei Patienten mit CDAD hat es natürlich auch Versuche mit Probiotika gegeben mit der Vorstellung, sie könnten die normale Darmflora wiederherstellen und so die Clostridien quasi «auf natürlichem Weg» unterdrücken. Hier sei allerdings Vorsicht geboten, mahnte Prof. Dr. Yehuda Ringel, Chapel Hill. Probiotika sind vom Konzept her dazu gedacht, die Gesundheit Gesunder zu fördern und nicht Kranke zu heilen. Was die Lage erschwert, ist, dass Patienten gerade bei chronisch quälenden Leiden gerne zur Selbsthilfe greifen, natürlich auch zu Probiotika, und die Produkte keinerlei Zulassungsregularien unterliegen. Probiotika weisen eine Reihe von Effekten auf, die sie für die CDAD-Behandlung interessant machen könnten: Sie verändern die intestinale Mikroflora, entfalten antimikrobielle Wirkungen, schützen die Schleimhautbarriere und modulieren die Immunantwort. Die Produkte enthalten unterschiedliche Bakterienstämme, oft Lactobacillus- oder Bifidobacterium-Stämme, die nicht über einen Kamm geschoren werden dürfen. Jeder Stamm hat spezifische Eigenschaften und Fähigkeiten und muss daher gesondert geprüft werden. Nützliche Effekte seien dabei sowohl stamm- als auch pathogenspezifisch, betonte Prof. Ringel. Seiner Ansicht nach ist die Datenlage derzeit insgesamt viel zu dünn, um Empfehlungen zu deren Einsatz abgeben zu können.
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BERICHT
völlig frei von Diarrhöen gewesen sein und darf auch keine Antibiotika genommen haben. Ausserdem wird der Stuhl dreimal auf pathogene Bakterien (auch C. difficile), Parasiten und Viren getestet. Je variabler die Darmflora des Spenders, desto besser. Nach dem Screening wird es einfach: Der Empfänger wird zwecks Senkung der Clostridienzahl mit Vancomycin vorbehandelt. Am Tag der Transplantation gibt der Spender Stuhl ab, der verdünnt,
gefiltert und anschliessend über eine Sonde dem Patienten zugeführt wird. Möglich ist auch die Applikation per Einlauf, was aber schwierig sein kann, wenn der Patient nicht in der Lage ist, den Einlauf zu retinieren. Vor einem breiten Einsatz der Methode sind sicher noch einige Fragen zu klären, vor allem: Wer sollte wann behandelt werden? Können auch Problempatienten etwa mit Leberzirrhose oder Dialysepflicht eine Fäkaltransplanta-
tion bekommen? Immerhin wird eine
grosse Zahl an lebenden Bakterien
übertragen. Zumindest für das Wann
hat Dr. MacConnachie für sich eine
eindeutige Antwort gefunden: auf
jeden Fall früher als bis anhin, um
Patienten eine leidvolle Karriere mit
antibiotischer Therapie, Rückfall und
erneuter antibiotischer Therapie zu
ersparen.
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Manuela Arand
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