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BERICHT
Troponine in der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms
Auf die Dynamik kommt es an
3. Labormedizin-Update-Seminar Mannheim, 8. und 9. März 2013
Für die frühzeitige Diagnose eines akuten Koronarsyndroms sind Troponintests unverzichtbar. Bei Anwendung eines hochsensitiven Troponin-Assays lassen sich Troponinwerte allerdings auch bei fast jedem Gesunden nachweisen. Darum kommt es auf die richtige Interpretation der Messung an.
ANKA STEGMEIER-PETROIANU
Eine Interpretationshilfe für die Diagnostik mit hochsensitiven Troponintests und einen Ausblick auf die Bedeutung eines anderen kardialen Biomarkers gab Professor Dr. Stefan Blankenberg, Klinikdirektor Universitäres Herzzentrum Hamburg (UHZ), am Labormedizin-Update-Seminar in Mannheim. Der hochsensitive Troponintest erlaubt die Herzinfarktdiagnose bereits in den ersten drei Stunden, allerdings auf Kosten der Spezifität, das heisst: Auch wenn der Test positiv ist, muss es noch
Take Home Messages
❖ Kardiales Troponin ist der Goldstandard der Infarktdiagnostik.
❖ Die hohe Sensitivität der neuen Troponintests geht mit einer Verminderung der Spezifität einher.
❖ Der Verlauf der Troponinkonzentration in den ersten drei Stunden ist von zentraler Bedeutung für die Erkennung von Patienten mit akutem Myokardinfarkt.
kein Herzinfarkt sein. Die gute Nachricht: Ist der hochsensitive Troponintest negativ, darf man sich sicher sein, dass es kein Herzinfarkt ist. Die Unsicherheit bei einem positiven hochsensitiven Troponintest lässt sich jedoch mit zwei Messungen innerhalb von drei Stunden ausräumen, erläuterte Blankenberg. Entscheidend ist hierbei, ob das Troponin ansteigt oder nicht. Ein Anstieg des hochsensitiven Troponinwerts um 250 Prozent spricht in den meisten Fällen für einen Myokardinfarkt. So wurde in einer Studie mit 1818 Patienten mit Infarktverdacht ein hochsensitiver Troponintest bei der Klinikeinweisung sowie nach drei und nach sechs Stunden durchgeführt*. Stieg die Troponinkonzentration innerhalb der ersten drei Stunden um mindestens 200 Prozent an, handelte es sich mit einer Sicherheit von 96 Prozent tatsächlich um einen Herzinfarkt. Blieb der Wert dagegen niedrig oder auch unverändert erhöht, konnte ein akutes Koronarsyndrom sicher ausgeschlossen werden. Eine Troponinerhöhung ohne den geforderten Anstieg innerhalb von drei Stunden war auf andere Erkrankungen, wie eine akute oder chronische Herzinsuffizienz, Lungenhochdruck, eine hypertensive Krise oder Myokarditis zurückzuführen.
Zwei Messungen genügen Die Dynamik der Troponinwerte ist wesentlich für die Diagnosestellung des akuten Herzinfarkts, so Blankenberg. Die frühzeitige Diagnosestellung innerhalb von nur drei Stunden nach dem Beginn akuter Brustschmerzen erlaubt bei konsequenter Umsetzung eine beschleunigte Herzinfarktdiagnostik und Behandlung, wobei weitere Messungen nach sechs Stunden und später keinen weiteren diagnostischen Beitrag leisten.
Derzeit wird noch kontrovers diskutiert, welcher Prozentsatz der Dynamik relevant ist und auch ob man relative oder absolute Troponinwerte betrachten sollte. Auch sind unterschiedliche Normwerte für Männer und Frauen in der Diskussion. Gemäss Konsensus der European Society of Cardiology ist die Messung der hochsensitiven Troponine Bestandteil des diagnostischen Algorithmus bei Verdacht auf Myokardinfarkt. Liegt der initiale Wert oberhalb der 99. Perzentile einer gesunden Referenzpopulation, reicht eine Erhöhung um 20 Prozent in drei Stunden, um als positiv gewertet zu werden. Ist der erste Troponinwert unterhalb dieses Referenzwertes, muss der Anstieg mindestens 50 Prozent nach drei Stunden betragen. Darüber hinaus muss mindestens ein weiteres Kriterium, etwa ein Symptom einer Ischämie, EKG-Zeichen (ST-Hebung/T-Negativierung oder neuer Linksschenkelblock/pathologische QZacke), echokardiografische Infarktzeichen oder die Visualisierung eines intrakoronaren Thrombus erfüllt sein.
Copeptin
Copeptin, ein Spaltprodukt des Vaso-
pressins, ist ein weiterer interessanter
Biomarker. Dessen Produktion wird vor
allem gesteigert, wenn eine Hypovol-
ämie oder Hypotonie vorliegt und die
Wasserausscheidung begrenzt werden
muss. Aufgrund der niedrigen Spezifität
des Copeptins wird zwar die Diagnostik
des akuten Myokardinfarkts nicht ver-
bessert, interessant sei aber der ausge-
zeichnete negativ prädiktive Wert. In
Kombination mit einem hochsensitiven
Troponintest liege dieser bei 99 Prozent,
sagte Blankenberg.
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Anka Stegmeier-Petroianu
*Keller T et al., JAMA 2011; 306(24): 2684–2693.
ARS MEDICI 13 ■ 2013
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