Transkript
PARTNER INDUSTRIE
Zentiva, Sanofi, Helvepharm – ein interessantes Trio
«Unser Ziel: ein verlässlicher und innovativer Partner für die Ärzte in Praxis und Spital»
Im Gespräch mit dem Geschäftsführer von Zentiva/Helvepharm: Kurt Zobrist
Sanofi und Helvepharm – zwei bekannte Namen auf dem Schweizer Pharmamarkt. Dass sie seit einiger Zeit zusammengehören, ist noch nicht allen bekannt. Zu zahlreich sind die neuen Verbindungen, vor allem die Übernahmen von Generikafirmen durch grosse forschende Unternehmen. Und nun stösst sogar noch ein – für Schweizer, nicht aber für andere europäische Ärzte – neuer Name hinzu: Zentiva. Was hat es damit auf sich? In welchem Verhältnis stehen die drei Firmen zueinander? Was sind ihre Ziele? Wir sprachen darüber mit dem neuen Direktor von Zentiva/Helvepharm.
ARS MEDICI: Zentiva ist ursprünglich kein Schweizer Unternehmen. Wie kommt der Name in die Schweiz? Können Sie uns kurz etwas zur Geschichte von Zentiva sagen? Kurt Zobrist: Zentiva ist in Europa kein fremder Name, in der Schweiz allerdings (noch) wenig bekannt. Das tschechische Pharmaunternehmen geht zurück auf die Apotheke zum schwarzen Adler in Prag, die bereits 1488 gegründet wurde (s. Kasten). Das Gebäude steht übrigens heute noch!
ARS MEDICI: Warum hat Sanofi Zentiva übernommen? Zobrist: Sanofi will im weltweiten Generikamarkt eine führende Rolle spielen. Das ist für eine Firma mit patentgeschützten Präparaten essenziell. Nach der Übernahme von Zentiva bot es sich an, die Generika-
aktivitäten von Sanofi in dieser Firma zu bündeln.
ARS MEDICI: Wie gross ist Zentiva – in der Schweiz, in Europa, weltweit? Zentiva-Autogenerika machen im Helvepharm-Produkteportfolio bereits ein Viertel des Jahresumsatzes aus. In Europa ist Zentiva die Nummer drei und in Osteuropa das führende Generikaunternehmen.
ARS MEDICI: Zu Sanofi gehört auch die Generikafirma Winthrop. Ausserdem hat Sanofi Helvepharm übernommen. Braucht Sanofi drei Generikahersteller? Zobrist: Winthrop als Generikafirma gibt es nicht mehr im europäischen Markt (mit Ausnahme von Deutschland); die Winthrop-Produkte laufen heute alle unter der Generikadachmarke Zentiva. ZentivaProdukte sind die in der Schweiz durch Helvepharm vertriebenen Autogenerika (Originalgenerika von Sanofi-Produkten). Das sind im aktuellen Portfolio zurzeit 24 Präparate. Damit ist Zentiva/Helvepharm der grösste Anbieter von Autogenerika in der Schweiz.
ARS MEDICI: Gibt es in der Schweiz eine neue Aufgabenteilung zwischen Sanofi, Zentiva, Helvepharm und Winthrop? Oder wird Helvepharm wie Winthrop ganz verschwinden? Zobrist: Die Situation in der Schweiz ist insofern speziell, als Sanofi mit Helvepharm eine gut eingeführte Marke übernommen hat und der Umstieg auf einen neuen «Brand»
Partner Industrie
Wir sind ihre Kunden, sind täglich auf ihre Produkte angewiesen. Angewiesen darauf, dass sie uns und unseren Patienten qualitativ gute Produkte zu fairen Konditionen liefern. Insofern sind sie eher unsere Partner: die vielen grossen und kleinen Firmen, mit denen wir geschäftlich verbunden sind – vom Datenlieferanten bis zur Pharmafirma. Nur, eigentlich wissen wir sehr wenig über sie. Dabei kann es sicher nicht schaden, seine Partner besser kennenzulernen. In unserer neuen, in unregelmässigen Abständen erscheinenden Serie «Partner Industrie» stellen wir – in der Regel in Form eines Interviews – grössere undkleinere Betriebe vor.
Zur Person
Kurt Zobrist,
Direktor Helvepharm/Zentiva
Jahrgang 1962, verheiratet seit 27 Jahren, 2 Kinder (Tochter 10 Jahre und Sohn 14 Jahre). Wohnhaft in Oberbipp und dort seit 2000 nebenamtlich im Gemeinderat und seit 2010 als Gemeindepräsident tätig. Einen Ausgleich zum Beruf bietet ihm die politische Tätigkeit, aber auch eine Runde Joggen, Schwimmen oder Skifahren.
keine einfache Aufgabe ist. Die HelvepharmProdukte werden deshalb vorderhand weiterhin unter diesem Namen angeboten. Parallel dazu wird jedoch der Name Zentiva aufgebaut und eingeführt. Das betrifft vor allem die neuen generischen Präparate, speziell die Autogenerika. Winthrop wird wie erwähnt keine Rolle mehr spielen.
ARS MEDICI: Der Schweizer Generikamarkt hat einerseits sicher noch etwas Wachstumspotenzial, ist andererseits aber auch schon ziemlich klar verteilt. Was für eine Stellung strebt Sanofi mit Zentiva/Helvepharm im Schweizer Generikamarkt an? Zobrist: Wir haben keine unrealistischen Vorstellungen. Primäres Ziel ist es, die Position zu halten (zurzeit ist Mepha/Teva Marktführer, Sandoz/Novartis und Spirig/ Stada sind die Nummern 2 und 3). Wir wollen nicht um jeden Preis im Schweizer Markt wachsen, sondern in erster Linie langfristig ein profitabler und ernst zu nehmender Partner für die Ärzte in Praxis und Spital werden beziehungsweise bleiben. Sicher werden wir unsere Möglichkeiten zum Ausbau der Stellung nutzen, wichtiger ist uns aber das Vertrauen unserer Kunden in die Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch
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Zur Geschichte von Zentiva
Die Wurzeln des Unternehmens gehen zurück auf die ehemalige Apotheke Schwarzer Adler («U ˇcerného orla») im heutigen Prag, die 1488 erstmals erwähnt wurde. 1857 wurde die Apotheke von Benjamin Fragner erworben; sein Enkel Jiˇrí Fragner baute 1928 einen pharmazeutischen Betrieb in Dolní Meˇcholupy (ausserhalb von Prag) auf, wo sich noch heute der Hauptsitz von Zentiva N.V. befindet.
Nachdem 1946 der Betrieb durch die tschechoslowakischen Kommunisten verstaatlicht worden war, wurde er nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wieder privatisiert und trug ab 1993 den Namen Lécˇiva (Arzneimittel). Der Privatisierungsprozess war 1998 abgeschlossen, und das Unternehmen firmierte nun als Aktiengesellschaft. 2003 wurde das Unternehmen in Zentiva N.V. umbenannt und übernahm im gleichen Jahr das slowakische Unternehmen Slovakofarma und später weitere Unternehmen (2005 Sicomed und 2007 den Pharmabereich der türkischen Firma Eczaciba¸si).
2009 stockte der französische Pharmakonzern Sanofi seinen 2006 erworbenen 25-prozentigen Anteil an Zentiva auf und übernahm das Unternehmen komplett. Zentiva wurde damit Teil der Sanofi-Gruppe und stärkte die Position des Mutterkonzerns im osteuropäischen Raum. 2011 entschied sich Sanofi, seine gesamten Generikaaktivitäten unter der Marke Zentiva zu bündeln. Zentiva wurde so zum drittgrössten Generikakonzern Europas.
die Verfügbarkeit und Qualität der Arzneimittelinformation. Zentiva/HelvepharmProdukte sind im «Arzneimittel-Kompendium» (Documed) wie in der E-mediat-Plattform für unsere Kunden vorhanden. Es sind diese Punkte, die den Spreu vom Weizen trennen und die das positive Image von Zentiva/ Helvepharm bei der Selbstdispensation, in Spitälern und Apotheken unterstützen.
ARS MEDICI: Zentiva war ursprünglich ein tschechisches Unternehmen, Sanofi ist französisch. Ging das gut zusammen und vor allem: Ergibt sich daraus eine gute Kombination, die auch auf dem Schweizer Markt Erfolg haben wird? Zobrist: Natürlich kamen da unterschiedliche Kulturen zusammen (in der Schweiz sind es mit Helvepharm sogar deren drei), allerdings arbeiten in allen Unternehmen, auch in Tschechien, Angehörige zahlreicher Nationen unter einem Dach. Die Internationalisierung der Betriebe ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass die national
unterschiedlichen Gegebenheiten keine grosse Rolle mehr spielen. Ich selbst fühle mich in diesem Konzern sehr wohl, gerade weil die Eigenheiten der beteiligten Länder nicht im Vordergrund stehen und die Zukunftssicherung für alle das Wichtigste ist.
ARS MEDICI: Wie ist Sanofi beziehungsweise Zentiva/Helvepharm in der Schweiz und europaweit organisiert? Zobrist: Zuständig für Sanofi und damit Zentiva/Helvepharm in der Schweiz ist unser Country-Manager Fabrizio Guidi. Die Schweiz ist organisatorisch in die GSAStruktur (Germany/Austria/Switzerland) integriert. Die Zentiva/Helvepharm-Zentrale der Schweiz hat ihren Sitz in Frauenfeld, wo an die 20 Personen arbeiten. Weltweit beschäftigt Zentiva übrigens rund 6500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
ARS MEDICI: Was für eine Produktepalette wird Zentiva/Helvepharm anbieten – heute und in Zukunft? Wie sieht die konkrete Planung aus? Zobrist: In der Schweiz bieten wir die Helvepharm- plus die Zentiva-Palette an. Viele interessante Präparate inklusive Autogenerika befinden sich in der (Zentiva-)Pipeline – aber das werden unsere Kunden rechtzeitig erfahren. Zentiva/Helvepharm wird ein Vollsortimentanbieter bleiben. Jedoch wird der Fokus auf spezielle Therapiegebiete gelegt werden. Unsere Kunden dürfen sich freuen.
ARS MEDICI: Welche Präparate aus der SanofiPalette verlieren demnächst ihren Patentschutz? Werden sie als Generika weiter unter dem Namen Zentiva vertrieben werden? Allenfalls schon vor dem Wegfall des Patentschutzes? Zobrist: Das betrifft mehrere Substanzen. Welche wann als Generika auf den Markt kommen, hängt von verschiedenen Umständen ab, nicht zuletzt vom erzielten beziehungsweise zu erwartenden Umsatz. (Bekanntlich wird der vom BAG geforderte Preisnachlass bei den Generika nach Umsatz abgestuft, um die nicht ganz billige Einführung als Generikum auch für Produkte mit kleinem Volumen interessant zu machen.) Daneben gibt es weitere Aspekte, die den Entscheid, ein Produkt als Generikum zu vertreiben, beeinflussen. Die Early-Entry-Diskussionen (also der Markteintritt als Generikum vor dem Ablauf des Patentschutzes) werden wir – wie alle anderen Mitbewerber auch – immer wieder neu führen.
ARS MEDICI: Wird Zentiva/Helvepharm auch in anderen Geschäftsbereichen ausser Generika aktiv sein? Zobrist: Primär werden wir in der Schweiz Anbieter von Generika sein. Das schliesst aber nicht aus, dass noch weitere Portfolios eröffnet werden. Man wird sehen!
ARS MEDICI: Was will Zentiva/Helvepharm besser machen als die Mitbewerber? Was soll den Arzt überzeugen, zu einer neuen Marke zu wechseln? Der Preis allein? Zobrist: Nein, sicher nicht der Preis allein. Und ganz gewiss werden wir nicht versuchen, über unanständige (bis illegale) Konditionen zu punkten. Entscheidend im Markt sind nicht die schönen Rabatte, sondern für Kunden interessante Dienstleistungen und vor allem Eigenschaften wie Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen. Hier streben wir eine Leaderposition an. Und allenfalls originelle Zusammenarbeitsmodelle mit Dritten zum Nutzen unserer Kunden.
ARS MEDICI: Was spielen OTC-Präparate bei Zentiva/Helvepharm beziehungsweise Sanofi für eine Rolle? Zobrist: Sanofi ist sehr stark im OTCBereich. Bis Ende Dezember 2012 hat Helvepharm die Sanofi-OTC-Produkte vertrieben. Diese Produkte werden seit Januar 2013 jedoch neu in einer selbstständigen Business Unit innerhalb von Sanofi gebündelt. Grundsätzlich spielen OTC-Produkte auch in unseren Überlegungen eine wichtige Rolle, wenn auch nicht im Sinne des zehnten Ibuprofenpräparats auf dem Markt, sondern im Sinne einer wertvollen Ergänzung zum Generikasortiment.
ARS MEDICI: Was für eine Bedeutung haben die selbstdispensierenden Ärzte für Zentiva/Helvepharm? Zobrist: Eine grosse, ganz klar! Die Geschichte von Helvepharm, die ja früher ein Unternehmen der Zur Rose AG war, ist geprägt durch ein gutes Verhältnis zu den selbstdispensierenden Ärzten. Das zeigt sich bei uns auch in der Fokussierung auf jene Medien, die einen guten Draht zu den SD-Ärzten haben und deren Anliegen vertreten wie – in erster Linie – ARS MEDICI. Daneben sind uns selbstverständlich auch die Apotheker wichtig, die wegen des Substitutionsrechts einen nicht zu unterschätzenden Einfluss haben. In die politischen Diskussionen über die Zulassung oder die Einschränkung der Selbstdispensation
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schalten wir uns allerdings nicht ein. Wir sähen es am liebsten, wenn die klassischen Feindbilder abgebaut würden, und wir denken, dass sie sich ohnehin verändern werden. Unsere Aufgabe sehen wir im Dialog mit allen Partnern, und hier spielen die SD-Ärzte auch morgen eine entscheidende Rolle.
ARS MEDICI: Wie sehen Sie Ihre Aufgabe in den kommenden Monaten? Welches werden die grössten Herausforderungen für Sie persönlich sein? Wie schätzen Sie die Chancen ein, zu reüssieren? Zobrist: Wir stehen mitten im Prozess der Neuorientierung und der Neupositionierung von Zentiva und Helvepharm. Es ist eine anspruchsvolle, aber auch spannende Aufgabe, unsere Stärken noch mehr zu betonen und zu erhalten und allfällige Schwächen zu eliminieren. Aber wir sind auf gutem Weg, zwischen zunehmendem Preisdruck und dem Wunsch nach noch besserer Qualität eine gute Balance zu finden. Wir sind in der Schweiz neben den drei Grossen ja noch ein eher kleiner Player, aber unser Team ist hoch motiviert und wird sich behaupten und seine Ziele erreichen.
ARS MEDICI: Herr Zobrist, was ist eigentlich
zurzeit Ihre Hauptaufgabe?
Zobrist: Im Dialog mit vielen Marktpartnern
die Zentiva/Helvepharm zu alter Stärke
aufblühen zu lassen. Die neuesten IMS-
Zahlen bestätigen, dass der aktuell einge-
schlagene Weg von unseren Kunden sehr
gut aufgenommen wird.
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Das Gespräch führte: Richard Altorfer
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