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FORTBILDUNG
Moderne Diagnostik und Therapie von Onychomykosen
Erst untersuchen, dann behandeln
Onychomykosen können eine langwierige Therapie erfordern, was die Geduld des Patienten mitunter hart auf die Probe stellt. Eine gezielte Diagnostik kann dabei helfen, die Behandlung zu optimieren. Welche Methoden werden zurzeit routinemässig eingesetzt, und was für Neuheiten gibt es?
WIEN MED WOCHENSCHR
Fussballspieler sind besonders oft betroffen: Denn enge Schuhe, Schweiss, kleine Verletzungen und die Nutzung öffentlicher Sanitäreinrichtungen begünstigen eine Onychomykose. Zu den weiteren Katalysatoren gehören Diabetes mellitus, Gefässerkrankungen und immunsupprimierende Störungen. Hier haben Pilzerreger leichtes Spiel – vor allem Dermatophyten, auch Fadenpilze genannt, sind für eine chronische Pilzinfektion der Nagelplatte verantwortlich. Unter ihnen werden am häufigsten Trichophyton rubrum, T. interdigitale, Epidermophyton floccosum und T. tonsurans vorgefunden. Etwas seltener verursachen Hefepilze wie Candida albicans und C. parapsilosis einen mykotischen Infekt. Die meisten Dermatologen und Allgemeinärzte leiten eine topische oder systemische Therapie nur aufgrund des
Merksätze
❖ Nur mit einer näheren Pilzuntersuchung kann die Diagnose mit ausreichender Sicherheit gestellt werden.
❖ Der Erfolg hängt davon ab, ob die Behandlungsform dem nachgewiesenen Erreger gerecht wird.
❖ Zur konventionellen Diagnostik gehören die Mikroskopie und das Anlegen von Pilzkulturen.
❖ Neue Diagnostikmethoden umfassen die Polymerasekettenreaktion und die MALDI-TOF-Massenspektroskopie.
❖ Bei der klassischen Pilzbehandlung werden lokale und systemische Antimykotika eingesetzt.
❖ Die photodynamische Therapie und die Lasertherapie sind neue Verfahren bei der Behandlung von Onychomykosen.
klinischen Bildes ein. Doch erst mit einer näheren Pilzuntersuchung kann die Diagnose mit ausreichender Sicherheit gestellt werden. Gerade Psoriasis oder Verletzungen am Nagel werden manchmal mit einer Onychomykose verwechselt.
Konventionelle Diagnostik Zur routinemässigen Diagnostik gehört die Anfertigung eines mikroskopischen Direktpräparats. Dadurch liegt auf schnelle und einfache Weise ein Ergebnis vor. Dazu werden Nagelspäne auf einem Objektträger mit einer 10- bis 30-prozentigen Kaliumhydroxid-Lösung beträufelt, um sie vom Hornmaterial zu befreien. Anschliessend wird die Probe mit einem Deckgläschen versehen und am besten über Nacht in eine feuchte Kammer gelegt. Unter dem Mikroskop kann das Präparat dann beurteilt werden. Bei einer Mykose sind verzweigte und septierte Pilzfäden mit gelblichen Zellkernen sichtbar. Der Nachteil: Diese Methode ist nicht sehr empfindlich. Bessere Ergebnisse werden erzielt, wenn der Kaliumhydroxidlösung eine fluoreszierende Substanz wie Blankophor® beigefügt wird. Diese bindet an das Chitin, wodurch die Pilzstrukturen leichter unter dem Fluoreszenzmikroskop zu erkennen sind. Dies gibt jedoch keine nähere Auskunft über die Art des Erregers. Für die genauere Differenzierung werden daher üblicherweise Pilzkulturen angelegt. Ein häufig verwendetes Nährmedium ist der Sabouraud-DextroseAgar, der das Pilzwachstum fördert und gleichzeitig das Bakterienwachstum unterdrückt. Üblicherweise wird eine Pilzkultur 2 bis 5 Wochen lang bei einer konstanten Temperatur von bis zu 37°C bebrütet. Hefepilze wachsen unter diesen Bedingungen schnell, wohingegen sich Dermatophyten nur langsam vermehren. Abschliessend wird eine makroskopische und mikroskopische Beurteilung vorgenommen. Beim Verdacht auf ein falsch negatives Ergebnis kann mitunter eine histologische PAS-Färbung aufschlussreich sein, falls ein starker klinischer Hinweis auf eine Onychomykose besteht.
Moderne Diagnostik Neue labordiagnostische Verfahren können bei speziellen Fragestellungen und unzureichenden Kulturresultaten weiterhelfen. Mit der Polymerasekettenreaktion (PCR) werden seit einiger Zeit gute Ergebnisse erzielt. Der Vorteil: Diese Methode ist empfindlicher als die klassischen Techniken, und die verschiedenen Pilze können sehr spezifisch unterschieden werden. Ein weiterer Pluspunkt ist die relativ kurze Bearbeitungszeit, da mit der PCR innerhalb von 1 bis 2 Tagen ein Ergebnis vorliegt. Dazu wird zuerst DNS aus dem Probenmaterial der Nägel extrahiert. Daran binden dann spezifische
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DNS-Sonden, sogenannte Primer, nach dem SchlüsselSchloss-Prinzip und ermöglichen im positiven Fall eine Vervielfältigung. Im nächsten Schritt wird die vermehrte DNS detektiert. Neben der Gel-Elektrophorese wird vor allem die ELISA-Technik erfolgreich eingesetzt. Ein Nachteil der PCR ist, dass nur sehr erregerspezifisch vorgegangen werden kann – ein breites Screening ist ohne grossen Aufwand nicht möglich. Hier könnte die MALDI-TOF («matrix-assisted laser desorption/Ionization time of flight»)-Massenspektroskopie eine geeignete Alternative darstellen. Dabei wird das Analysenmaterial in eine Matrix eingebettet und mittels Laserbeschuss ionisiert. Die entstandenen Ionen werden von einem Detektor erfasst, wobei kleine Ionen schneller als grosse Ionen ankommen. Jeder Mikroorganismus zeigt hier ein eigenes, bestimmtes Spektrum, womit die Zuordnung ermöglicht wird. Zurzeit ist der direkte Nachweis aus Patientenproben jedoch noch nicht gut erforscht, weshalb zuvor eine mikrobiologische Kultur angelegt werden muss.
Klassische Therapie Bei einer leichten Erkrankung (grobe Faustregel: Nageloberfläche nur zu ≤ 50% befallen, oder ≤ 3 von 10 Nägeln betroffen) kann eine topische Therapie durchgeführt werden. Am häufigsten werden Nagellacke mit antimykotischen Wirkstoffen eingesetzt. Präparate mit Ciclopirox (Ciclopoli®) werden in der Regel einmal pro Tag aufgetragen. Dahingegen haben Zubereitungen mit Amorolfin (Loceryl®) den Vorteil, dass eine wöchentliche Anwendung oft genügt. In schwereren Fällen wird eine systemische Therapie empfohlen, wobei topische Antimykotika den Behandlungserfolg unter Umständen fördern können. Der Wirkstoff Terbinafin (Lamisil® und Generika) ist ein Allylamin und eignet sich vorrangig bei Dermatophyten wie Trichophyton, Microsporum und Epidermophyton. Er ist zudem bei Schimmelpilzen wirkungsvoll, doch nur wenige Hefepilze sprechen gut auf ihn an. Es gibt verschiedene Dosierungsschemen: Üblicherweise wird täglich eine Tablette à 250 mg verschrieben. Beim Befall der Fingernägel wird eine Behandlungsdauer von 6 Wochen empfohlen, und bei den Zehennägeln sind meistens 12 Wochen ausreichend. Bei Patienten mit einem verlangsamten Nagelwachstum kann jedoch ein längerer Zeitraum notwendig sein. Ein anderes Erregerspektrum hat der Wirkstoff Itraconazol (Sporanox® und Generika) aus der Gruppe der Triazole. Er bekämpft Infektionen, die durch Dermatophyten, Hefepilze und Schimmelpilze verursacht werden. Insbesondere bei Hefepilzen ist er das Mittel der ersten Wahl.
Hier wird vielfach eine Pulstherapie verordnet: Dazu werden eine Woche lang 2-mal täglich 200 mg Itraconazol verabreicht, woran sich 3 behandlungsfreie Wochen anschliessen. Bei Bedarf können bis zu 4 Zyklen durchgeführt werden. Zur gleichen Wirkstoffgruppe gehört Fluconazol, das bei Dermatophyten und vor allem bei Hefepilzen eingesetzt wird. Die gängige Dosierung liegt bei 150–300 mg einmal wöchentlich, wobei die übliche Behandlungsdauer bis zu 9 Monate betragen kann.
Moderne Therapie Bei bestimmten Patientengruppen ist bei der Gabe von Antimykotika Vorsicht geboten. Dazu gehören insbesondere Personen mit einer Insuffizienz der Leber, der Niere und des Herzens sowie immunsupprimierte Menschen. Aufgrund möglicher Wechselwirkungen muss zudem die Einnahme anderer Medikamente berücksichtigt werden. Gerade hier gewinnen moderne Behandlungswege an Popularität. Sie stellen eine Alternative dar, wenn die klassischen Antimykotika kontraindiziert sind oder nicht zum Erfolg führen. Bei der photodynamischen Therapie werden auf den betroffenen Nagel photosensibilisierende Substanzen wie 5-Aminolävulinsäure aufgetragen. Nach einer gewissen Einwirkzeit wird der Nagel mit Rotlicht bestrahlt. Dabei bildet sich aggressiver Sauerstoff, der den Pilz angreift. Ein weiterer Ansatz ist die Lasertherapie: Zu den verwendeten Systemen gehören der CO2-Laser, der Noveon-Laser und ein Titan-SaphirLaser. Darüber hinaus kann ein gepulster Nd:Yag-Laser mit einer Wellenlänge von 1064 nm verwendet werden, um die Erreger zu schädigen. Die Patienten werden damit 2- bis 3-mal in einem Abstand von mindestens 3 Wochen behandelt. Der Eingriff wird in der Regel gut vertragen, und in 7 von 8 Fällen (87,5%) waren Pilzkulturen nach der zweiten oder dritten Sitzung negativ. Die neuen Therapieoptionen sind vielversprechend, doch es wird sich zeigen, ob sie sich tatsächlich im medizinischen Alltag durchsetzen werden. ❖
Monika Lenzer
Quelle: Tchernev G et al.: Onychomycosis: modern diagnostic and treatment approaches. Wien Med Wochenschr 2013; 163: 1–12.
Interessenkonflikte: Die Autoren bestätigen, dass im Zusammenhang mit diesem Artikel kein Interessenkonflikt besteht.
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