Transkript
BERICHT
Leberzirrhose, Leberfibrose oder «einfache» Fettleber?
Spezifische Biomarker helfen bei der Diagnose
3. Labormedizin-Update-Seminar Mannheim 8. und 9. März 2013
Die nicht alkolholische Fettleberkrankheit (NAFLD) entsteht auf dem Boden einer Insulinresistenz. Häufig haben Patienten mit einer Fettleber Übergewicht, Diabetes mellitus oder eine durch Hypertriglyzeridämie und niedriges HDLCholesterin gekennzeichnete Dyslipidämie.
Tabelle 1:
Terminologie der Fettleber
Nicht alkoholische Fettleberkrankheit (NAFLD)
Nicht alkoholische Fettleber (Steatose = NAFL)
Nicht alkoholische Fettleberhepatitis (Steatohepatitis = NASH)
Überbegriff für alle Manifestationen einer Fettleber (Steatose = NAFL), Steatohepatitis (NASH), Fibrose, Zirrhose
Leberverfettung ohne Hinweise auf Leberzellnekrose und/oder Fibrose, geringes Risiko für Zirrhose oder Leberversagen
Leberverfettung mit Entzündungszeichen: Leberzellnekrosen und/oder Fibrose; Risiko für Zirrhose oder Leberversagen, selten Leberzellkarzinom
ANKA STEGMEIER-PETROIANU
Entsprechend wird die Fettleber heute als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms verstanden. Kommt zur Leberverfettung eine Fibrose hinzu, spricht man von einer nicht alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH; siehe Tabelle). Aus dieser entwickelt sich nicht selten eine Leberzirrhose. Von einer alkoholischen Lebererkrankung geht man bei einem Konsum von mehr als 21 Drinks pro Woche bei Männern respektive 14 Drinks pro Woche bei Frauen aus (1 Drink entspricht zirka 4 dl Bier, 2 dl Wein oder 4 cl Schnaps).
Take Home Messages
❖ Die nicht alkoholische Fettleber ist sehr häufig: Jeder dritte übergewichtige Patient ist betroffen. Bei Diabetikern beträgt die Prävalenz sogar 69 bis 87 Prozent.
❖ Für die Leberfibrose gibt es derzeit noch keinen einzelnen Laborparameter, sondern Scores aus mehreren Parametern als Diagnosehilfe.
Tabelle 2:
Welche pathologischen Werte korrelieren mit welcher Leberschädigung?
Lebernekrose Cholestase Leberinsuffizienz Fibrose
Transaminasen (AST, ALT) Bilirubin, Gamma-GT, alkal. Phosphatase INR, Quick, Pseudocholinesterase, Albumin noch keine Laborparameter bekannt
Die Lebernekrose, die Cholestase und die metabolische Insuffizienz sind drei Pathomechanismen, die durch klassische labormedizinische Parameter erfasst werden, erklärte Professor Dr. Arnold von Eckardstein, Direktor am Institut für Klinische Chemie, Universitätsspital Zürich. Während man die meisten Lebererkrankungen mit klassischen Laboruntersuchungen aufdeckt, stellt die Leberfibrose eine Ausnahme dar: Sie hat sich lange Zeit der nicht invasiven Diagnostik verschlossen. Ob sich in einer sonografisch festgestellten Fettleber auch eine Fibrose versteckt, konnte lange Zeit nur die invasive Leberbiopsie zeigen.
Daher gelte diese trotz erheblicher Nachteile wie Schmerzen und hoher Komplikationsrisiken nach wie vor als Goldstandard in der Diagnose der Fettleberhepatitis, so von Eckardstein. Dabei gibt es bereits Diagnosehilfen, damit man nicht invasiv eine Leberfibrose feststellen muss. Sogenannte Fibrosescores (www.nafldscore.com), welche Faktoren wie Alter, Body-Mass-Index, mögliche Störungen im Glukosestoffwechsel, Transaminasewerte, Thrombozytenzahl sowie Albuminwerte berücksichtigen, helfen, NAFLD-Patienten mit schwerer Fibrose oder Leberzirrhose zu identifizieren.
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BERICHT
Biomarker für NASH in Sicht? Es gibt derzeit keinen einzelnen Laborparameter, der die Diagnose einer nicht alkoholischen Fettleberkrankheit erlaubt oder zwischen Steatose und Fibrose differenziert. Unklare Aminotransferaseerhöhungen führen oft zur Verdachtsdiagnose NAFLD, aber bei bis zu 78 Prozent der NAFLD-Patienten liegen die Leberenzymaktivitäten im Normbereich. Spezifische Biomarker der Leberfibrose sollen demnächst neben Klinik, klassischen Laborwerten und Sonografie das therapeutische Arsenal in der Diagnose und im Monitoring der NAFLD ergänzen.
Eine erhöhte Apoptoserate spielt in der Fibrogenese der NASH eine wichtige Rolle. Diese Erkenntnis nutzt man bei der Verwendung des Biomarkers Cytokeratin-18 (CK-18) zur Unterscheidung zwischen einer Steatose und einer Fibrose. Während der Hepatozytenapoptose wird Cytokeratin-18 gespalten und kann im Plasma nachgewiesen werden. Zudem lässt sich bereits mit einer nicht invasiven sonografischen Methode sowohl die Diagnose einer Leberzirrhose stellen als auch die Progression einer Steatose zur Fibrose abschätzen. Das Verfahren, die transiente Ultraschall-
Elastografie (FibroScanTM), misst die
«Steifigkeit» des Leberparenchyms und
ist vor allem in der Diagnose der Leber-
zirrhose zuverlässig, wie von Eckard-
stein sagte. Entsprechend scheint die
Elastografie den Biomarkern bei der
Diagnose einer Zirrhose überlegen zu
sein, nicht aber bei der Diagnose einer
Fibrose.
❖
Anka Stegmaier-Petroianu
KORRIGENDUM
Adrenalin bei Anaphylaxie – ARS MEDICI Nr. 9/2013, Seite 454
In dem Artikel «Anaphylaxie – Therapie auf der Notfallstation bei systemischer allergischer Reaktion» in ARS MEDICI 9/2013 wurde empfohlen, für die intramuskuläre Adrenalininjektion bei einem anaphylaktischen Schock auf der Notfallstation anstelle der Adrenalin-Autoinjektoren das Adrenalin in einer Spritze aufzuziehen, da dies günstiger und besser dosierbar ist. Leider ist bei der Angabe der Adrenalinverdünnung für diese i.m.-Anwendung ein Fehler unterlaufen. Für die i.m.-Gabe bei Anaphylaxie muss unverdünntes Adrenalin (= 1 mg/ml beschriftet mit 1:1000) verwendet werden. Korrekt muss es heissen: Auf der Notfallstation sollte das intramuskuläre Adrenalin in der Konzentration 1:1000 (1 ml = 1 mg Adrenalin) aufgezogen und verabreicht werden, da der Autoinjektor wesentlich teurer und weniger genau dosierbar ist. Die intravenöse Gabe von 0,01 mg/kg Körpergewicht in der 1:10 000-Verdünnung (1 ml = 1 mg Adrenalin in 9 ml NaCl 0,9%) ist bei einem anaphylaktischen Schock angebracht, das heisst bei persistierender, volumenrefraktärer, symptomatischer arterieller Hypotonie.
Die Redaktion ARS MEDICI möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass dies auch ausserhalb von Notfallstationen und für Erwachsene gilt. Man muss bei der Adrenalingabe aber klar unterscheiden zwischen der Notfallbehandlung durch den Patienten oder Angehörige – hier nur Autoinjektor! – und der Notfallbehandlung durch den Arzt. Ärzte, die sich für die intramuskuläre Gabe von unverdünntem Adrenalin nicht geübt genug fühlen (z.B. Ärzte im Notfalldienst, die nicht Allgemeinmediziner, Internisten oder Pädiater sind), sollten 2 Adrenalinpens à 0,3 mg im Notfallkoffer haben.
Da es immer wieder Fragen gibt, wie das intramuskuläre unverdünnte Adrenalin in der Praxis bei Anaphylaxie eingesetzt werden soll, hat Prof. Arthur Helbling, Bern, für uns das Wichtigste in einer Tabelle zusammengefasst:
Anaphylaxie bei Erwachsenen
Adrenalin unverdünnt (1 mg/ml 1:1000)
intramuskulär
mindestens
0,3–0,5 ml
KG 60 kg
0,5–0,6 ml
KG 70 kg
0,5–0,7 ml
KG 80 kg
0,5–0,8 ml
KG höher
0,6–0,8 ml
Bei ungenügender Wirkung nach 3 bis 5 Minuten wiederholen.
Anaphylaxie bei Kindern
Adrenalin unverdünnt (1 mg/ml 1:1000)* intramuskulär 0,1 ml/10 kg KG
KG 10 kg
0,1 ml
KG 20 kg
0,2 ml
KG 30 kg
0,3 ml
KG 40 kg
0,4 ml
Bei ungenügender Wirkung nach 3 bis 5 Minuten wiederholen.
*Nur bei Kindern unter 10 kg KG – ein Fall, der in der Praxis kaum vorkommen dürfte – müsste das Adrenalin auch für die i.m.-Gabe verdünnt werden (1 ml Adrenalin + 9 ml NaCl 0,9%), weil unter 0,1 ml nicht aufgezogen werden kann. Von diesem verdünnten Adrenalin (0,1 mg/ml 1:10000) wären es dann i.m. 0,1 ml pro kg KG (bei 7 kg KG also 0,7 ml).
Ausserdem gilt: Adrenalin nie subkutan! Adrenalin intravenös nur verdünnt!
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