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BERICHT
GIST-Management 2012 – Update zu Diagnostik und Therapie
Der Durchbruch gelang mit dem Tyrosinkinasehemmer Imatinib
20. United European Gastroenterology Week «Biology and Treatment of GISTs» Amsterdam, 20. bis 24. Oktober 2012
Die Behandlungserfolge bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) mit Tyrosinkinasehemmern können als Paradebeispiel für die Kombination von molekularer Diagnostik und zielgerichteter Therapie gelten. Der Nachweis einer «gain of function»-Mutation im cKIT-Gen erklärt die Liganden-unabhängige Daueraktivierung der Tyrosinkinase KIT, die für die ungehemmte Zellteilung bei GIST verantwortlich zeichnet. Durch geeignete Substanzen wie Imatinib, welche die Tyrosinkinase blockieren, lässt sich das Tumorwachstum gezielt hemmen.
RENATE WEBER
Noch bis vor wenigen Jahren war die Prognose nach GIST-Diagnose ungewiss, es sei denn, man konnte den Tumor im Frühstadium im Gesunden operativ entfernen. Diese Tumoren sprachen weder auf eine konventionelle Chemo- noch auf die Radiotherapie an. Bei bis zu 50 Prozent der Patienten kam es zu Rezidiven und/ oder Metastasenbildung. Erst mit der Einführung von Imatinib bahnte sich eine revolutionäre Entwicklung an, mit dramatisch verbesserter Prognose. Doch mit den neuen Erkenntnissen tauchten auch viele Fragen auf.
Risikobeurteilung bei GIST Dr. Hans-Ulrich Schildhaus, Köln, erläuterte kurz die molekularbiologischen
Grundlagen und ging auf die Kriterien ein, welche das Progressionsrisiko definieren (Ruptur, Tumorlokalisation und -grösse, Mitoserate). GIST mit c-KITExon-11-Mutation sprechen zu 80 bis 90 Prozent auf eine Therapie mit täglich 400 mg Imatinib an. Liegt die genetische Veränderung im Exon-9, erzielt man bei fast der Hälfte der Patienten durch Verdoppelung der Tagesdosis noch eine Response. Von einer primären Imatinibresistenz muss beim Wildtyp ausgegangen werden sowie bei der Exon-18-Mutation im PDGFR-Gen (Platelet derived growth factor receptor). Bei einer Tumorgrösse < 2 cm und einer Mitoserate < 5 per 50 HPF ist das Progressionsrisiko – unabhängig von der GIST-Lokalisation – vernachlässigbar gering. Bei gleicher Mitoserate und steigender Tumorgrösse gewinnt die Lokalisation zunehmend an Bedeutung: Während ein GIST der Magenwand > 10 cm noch ein moderates Progressionsrisiko von etwa 10 Prozent aufweist, besteht mit denselben Tumorparametern ein hohes Progressionsrisiko bei Lokalisation im Duodenum, Jejunum/Ileum oder Rektum. Bei einer Mitoserate > 5/50 ist das Risiko unabhängig von der Lokalisation hoch; eine Ausnahme stellen hier lediglich MagenGIST unter 5 cm dar.
First-Line-Therapie mit Imatinib Patienten mit nicht resezierbaren oder metastasierten GIST und entsprechendem Mutationsmuster können von der Therapie mit Imatinib profitieren. Bei Vorliegen einer c-KIT-Exon-11-Mutation erzielt man eine exzellente Responserate, und auch bei ungünstigeren Voraussetzungen (Exon-9-Mutation) lässt sich – durch Dosiserhöhung auf 800 mg Imatinib – eine beachtliche Response erzielen. Eine adjuvante Therapie mit Imatinib biete sich nach der
chirurgischen Intervention an, wenn die Risikostratifizierung ein relevantes Rezidivrisiko erkennen lasse, erklärte Prof. Dr. Jean-Yves Blay, Lyon. Im neoadjuvanten Setting hat sich Imatinib ebenfalls bewährt: Durch eine Therapie über 6 bis 12 Monate kann es gelingen, den Tumor so weit zu verkleinern, dass er operiert werden kann.
Management der Progression
nach Imatinib
Bei fortgeschrittenen GIST nach Imati-
nibversagen trotz Dosiseskalation auf
800 mg oder einer (selten zu beobach-
tenden) Unverträglichkeit kommt als
Standard-Zweitlinientherapie Sunitinib
infrage. PD Dr. Peter Reichardt, Berlin,
wies darauf hin, dass inzwischen eine
ganze Reihe von Biologika auf ihre Eig-
nung für die Therapie bei fortgeschrit-
tenen GIST in Studien untersucht wor-
den sei. Nach Versagen von Imatinib
und Sunitinib bietet sich als Dritt-
linientherapie Regorafenib an, und in
vierter Linie Sorafenib. Mit diesen
Tyrosinkinasehemmern lassen sich bei
einem Teil der Patienten das progres-
sionsfreie Überleben und das Gesamt-
überleben verlängern. Als vielverspre-
chende Drittlinientherapie wird momen-
tan die Kombination von Imatinib plus
Everolimus (mTOR-Hemmer) in Stu-
dien untersucht.
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Renate Weber
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ARS MEDICI 12 ■ 2013