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Serie: Kompressionstherapie
Postthrombotisches Syndrom
FORTBILDUNG
Ein postthrombotisches Syndrom kann mit Beschwerden bis hin zur Arbeitsunfähigkeit einhergehen. Neben entsprechender Beeinträchtigung sind damit erhebliche Kosten verbunden. Betroffene müssen daher konsequent betreut und kontrolliert werden − ein Überblick zu Diagnostik und Therapie.
KLAUS THEODOR WOLF
Im deutschsprachigen Schrifttum wurde erstmals 1859 die Rekanalisation bei Thrombose und Phlebothrombose in Zu-
sammenhang mit einem postthrombotischen Syndrom vom Berliner Chirurgen Prof. Adolf von Bardeleben erwähnt. Der französische Dermatologe T. Fournier erkannte 1892 die kausale Beziehung zwischen tiefer Venenthrombose und konsekutiv auftretenden Geschwüren der unteren Extremität. Der Begriff «postthrombotisches Syndrom» (PTS) als solcher wurde 1951 von Halse und Bätzner geprägt. Das postthrombotische Syndrom umfasst demnach den Zustand nach einer Thrombose der tiefen Bein- und Beckenvenen mit mehr oder minder ausgeprägter klinischer Symptomatik im weiteren Lebensverlauf. Durch die persistierende venöse Durchblutungsstörung sind alle Gewebe der Extremität betroffen.
Epidemiologie und Pathophysiologie Über die Prävalenz des PTS in der durchschnittlichen deutschen ländlichen und städtischen Bevölkerung wird in der Bonner Venenstudie berichtet (1). Die Häufigkeit betrug 1,1 Prozent (0,9% Männer, 1,2% Frauen). Pathophysiologisch besteht eine venöse Abflussbehinderung entweder durch verbleibende Obstruktion des betroffenen Venenabschnitts oder durch eine Klappeninsuffizienz mit Störung des antegraden Flusses durch Reflux. Nicht selten besteht eine Kombination beider Störungen mit erhöhtem Blutvolumen in den unteren Extremitäten und Entstehung einer dynamisch-venösen Hypertonie.
Entstehungsprinzipien Hach und Hach-Wunderle haben 1994 den Krankheitsverlauf in drei Stadien beschrieben: 1. Das postthrombotische Frühsyndrom, 2. das PTS im engeren Sinne und 3. das postthrombotische Spätsyndrom. 1995 legte Kistner die CEAPKlassifikation vor, mit der Möglichkeit, den jeweiligen Befund nach Klinik (C), Ätiologie (E), Anatomie (A) und Pathophysiologie (P) zu charakterisieren und zu klassifizieren: C: klinische Zeichen (Grad 0–6), ergänzt durch
a (asymptomatisch) oder s (symptomatisch) E: kongenital, primär oder sekundär A: betroffene Venensegmente, oberflächliche Venen,
tiefe Venen, Perforansvenen P: pathophysiologische Funktionsstörung, Reflux,
Obstruktion, Reflux und Obstruktion.
Merksätze
❖ Das postthrombotische Syndrom (PTS) ist Folgezustand einer tiefen Bein- oder Beckenvenenthrombose.
❖ Pathophysiologisch besteht eine Obstruktion oder Insuffizienz des Klappenapparates mit dynamisch-venöser Hypertonie.
❖ Bis zu 5 Prozent der Bevölkerung leiden an einem PTS.
❖ Es droht Frühberentung. Die Prävalenz ist altersabhängig und steigt mit dem 70. Lebensjahr auf das Dreifache.
❖ Die Kompressionstherapie ist die Basisbehandlung jeder chronischen venösen Stauung.
❖ Konsequente Nachsorge und Weiterbetreuung des Patienten sind wichtig.
Klinisches Erscheinungsbild Das PTS zeigt sich im Sinne diskreter Schwellneigung der unteren Extremität bis hin zu massiven trophischen Störungen (arthrogenes Stauungssyndrom, chronisches venöses Faszienkompressionssyndrom, Ulcus cruris postthromboticum). Sozialökonomisch führt das PTS zu hohen Kosten und Beeinträchtigung im Arbeits- und Sozialleben bis hin zur sozialen Isolation. Nach Erhebungen für die Leitlinie der DGG werden Betroffene durchschnittlich 8 Jahre früher berentet und sind 2 Monate pro Jahr arbeitsunfähig. Bei 6 bis 8 Prozent der Betroffenen tritt ein Ulcus cruris auf, es resultieren kosten- und zeitaufwendige therapeutische Massnahmen.
Subjektive Beschwerden Die Skala der Beschwerden reicht von Spannungs- und Schweregefühl bei Ödem bis zu schweren Schmerzzuständen bei Ulcus cruris. Am distalen Unterschenkel und in der Knöchelregion entstehen stauungsbedingt Gewebeveränderungen
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mit Ödem, Corona phlebectatica, Hyperpigmentierung, Atrophie blanche, Dermatoliposklerose bis hin zur Fasciosclerosis regionalis oder circularis.
Pathomorphologie und Pathophysiologie
Im zeitlichen Verlauf der Erkran-
kung bestimmen in den ersten
Wochen Vorgänge der Resorption
und Kompensation den Ablauf.
Durch Rekanalisation und Kolla-
teralisation wird versucht, das
durch Verschluss der antegraden
Ausstrombahn gestaute Volumen
zu bewältigen. Die Rekanalisa-
tion durch resorptive Vorgänge in
kleinen Hohlräumen und durch
spontane oder therapeutische
Fibrinolyse führt zur teilweisen,
selten völligen Auflösung des
Thrombus mit bleibender Schä-
digung des Endothels und der
Abbildung 1: postthrombotisches Spätsyndrom (Melanoderm, Ödem, Dermatoliposklerose)
Klappensegel. Zu einer kompletten Rekanalisation kommt es nur in etwa 35 Prozent der Fälle. Inner-
halb der ersten Wochen nach dem
klinischen Ereignis kommt es bei etwa 50 Prozent zur
partiellen Rekanalisation, bei ungefähr 11 Prozent fehlt eine
Rekanalisation.
Die Dimension der Gefässschädigung wird zunächst von
Lokalisation und Ausmass der verlegten Strombahn be-
stimmt. Einfluss auf persistierende Folgen nehmen thera-
peutische Massnahmen mit externer Kompression (Kom-
pressionsverband mit textilelastischen Kurzzugbinden),
Mobilisation, Fibrinolyse und Thrombektomie. Residuen
von Thrombosen im Kindesalter sind – trotz oftmals voll-
ständiger Rekanalisation – zerstörte Venenklappen, wohl
durch erhöhte fibrinolytische Kapazität.
Der unter Druckbelastung teilweise bindegewebige Umbau
der Gefässwand führt durch Verlust der Venenklappen zu
einer retrograden Strömungsinsuffizienz in die Peripherie.
Schwerer wiegt die antegrade Strömungsinsuffizienz durch
Klappendefekt im Unterschenkel (Wadenmuskelpumpe)
mit Abstrom in die Leitvenen und über transfasziale Perfo-
ransvenen in das oberflächliche Venensystem und Ausbil-
dung der Sekundärvarikose im Stromgebiet der VSM und
seltener der VSP.
Bei guter Kollateralisation und intakten Venenklappen
spricht man von kompensatorischer Phlebektasie. Bei
mangelnder Kompensation kommt es durch die venöse
Hypertonie zu Aussackungen in Muskelvenen und im
intra- und subkutanen Venenplexus (nach H. Fischer: «Ver-
sumpfung des Gewebe») mit Mikrozirkulationsstörungen
in der Knöchelregion bis hin zum chronischen venösen
Stauungssyndrom.
Klinischer Verlauf Das postthrombotische Frühsyndrom (3. Woche nach Krankheitsbeginn bis etwa zum 12. Monat) entspricht den Resorptionsvorgängen durch Rekanalisation und Kollateralisation. Es dominiert eine Schwellneigung unter Belastung mit wech-
selnder klinischer Symptomatik, je nach Zustand der Adaptation an die hämodynamischen Veränderungen. Das PTS im weiteren Verlauf wird bestimmt durch die erreichte Kompensation. Es kommt insbesondere zu Schwellneigung, Störung der Befindlichkeit durch Stauung und Pruritus, und der Patient ist zunehmend an das Tragen des MKS gewöhnt. Eine Claudicatio venosa, ein Berstungsschmerz im ganzen Bein bei Belastung in bestimmten Muskelgruppen, kommt selten vor. Das postthrombotische Spätsyndrom durch sekundäre Stammvarikose der VSM und sekundäre Perforansvarikose stellt sich durch venöse Hypertonie und Störung der venösen Mikrozirkulation durch das erhöhte venöse Volumen bei destruierten Klappen ein und führt im schlimmsten Fall zum chronischen venösen Stauungssyndrom mit Ödem und später, unter Einbeziehen der Fascia cruris, zur Dermatolipofasziosklerose mit Melanoderm, Atrophie blanche bis hin zum Ulkus. Die Entwicklung des postthrombotischen Spätsyndroms dauert 5 bis 20 Jahre. Der Schweregrad ist erhöht bei rezidivierenden Thrombosen, Mehretagenthrombose, Beteiligung von Muskelvenen, höherem Lebensalter, suboptimaler physikalischer und medikamentöser und insbesondere Kompressionstherapie bei Erstthrombose und insuffizienter antithrombotischer Sekundärprophylaxe.
Kollateralkreisläufe der Beinvenen beim PTS Die Kapazität der Kollateralen im extra- und intrafaszialen Raum bestimmt über die Kompensation beim PTS bei partieller und fehlender Rekanalisation. Hauptsächlich entleert sich das extrafasziale Blutvolumen zum tiefen Venensystem über Cockett-Perforantes. Bei Insuffizienz der Venenklappen entstehen hier durch den «Rammeffekt» durch die retrograde Strömungswelle («Blow-out») die klinischen Symptome des chronischen venösen Stauungssyndroms am Innenknöchel. Bei Kollateralisation über die VSM kommt es zunächst zu einer kompensatorischen Phlebektasie (gleichmässige Erweiterung der Vene im Gesamtverlauf («Hach-Gürtelzeichen»). Bei Dekompensation zeigt sich der unerschöpfbare Reflux duplexsonografisch an der infravalvulären Dilatation als Hinweis auf die sekundäre Stammvarikose. Die VSP und die V. femoropoplitea können ebenfalls als Umgehungskreislauf über die Leiste und zur V. iliaca interna dienen. Bei Verschluss der V. femoralis superficialis ist nach Untersuchungen von Hach die distale Femoralisanastomose zur V. profunda femoris im Adduktorenkanal die wichtigste Kollaterale. Bei Verschluss der V. poplitea dienen Muskelvenen (M. gastrocnemius) hauptsächlich als Kollaterale. Untergeordnete Bedeutung haben Brückenvenen (Vv. comitantes) und Sprossenvenen bei Verschluss der Vv. tibiales posteriores. Im Fall eines einseitigen postthrombotischen Beckenvenenverschlusses entstehen suprapubische Kollateralen (siehe Abbildung 2). Aufgrund eines PTS der Beckenvenen beidseits und der VCI ergibt sich klinisch eine ausgeprägte Stauung über Kollaterale der vorderen Bauchwand, des Rumpfes und der unteren Extremitäten (Glutäalvenen, präsakrale Venen, Beckenvenenplexus, pudendale Gefässe, suprapubische Venen).
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Operative Therapie des PTS Obwohl das Hauptgewicht der Therapie des PTS auf konservativen Massnahmen – insbesondere der Kompressionstherapie – liegt, besteht in speziellen Fällen zur Besserung der venösen Hämodynamik eine Indikation zu selektiven rekonstruierenden Massnahmen. Ziel dieser Eingriffe ist, das chronische venöse Ulkus dauerhaft zur Abheilung zu bringen. Es handelt sich zum einen um Eingriffe am Venensystem, zum anderen um Operationen an der Fascia cruris und spezielle Ulkuschirurgie.
Abbildung 2: suprapubische Kollaterale («Spontan-Palma»)
Diagnostik Die Einschätzung des «Ist-Zustands» und der Prognose für den weiteren Krankheitsverlauf fusst auf den Eckpfeilern: ❖ Lokalisation und Ausdehnung der TVT; ❖ Grad der Rekanalisation; ❖ Funktion der Kollateralkreisläufe. Die Stufendiagnostik nach TVT vereint selektive bildgebende Untersuchungen einzelner Gefässe und Gefässetagen mittels B-Bild-Sonografie, farbkodierter Duplexsonografie und, vor allem zur Abklärung im Becken- und Retroperitonealraum, die aszendierende Pressphlebografie (siehe Kasten S. 664). Weiterhin stehen globale Messmethoden zur Verfügung, wie periphere Phlebodynamometrie, LRR oder Venenverschlussplethysmografie. Bei der farbkodierten Duplexsonografie erschliessen sich Morphologie und Refluxstatus: ❖ Frühsyndrom: Erweiterung des Gefässlumens, keine Kom-
pression möglich ❖ PTS (im engeren Sinne): Rekanalisation, Septierung, post-
thrombotischer Reflux beim Provokationstest (> 0,5 s, v > 10 cm/s).
Konservative Therapie und Thromboseprophylaxe Da das PTS nicht heilbar ist, haben Kompressionstherapie, physikalische Massnahmen und Antikoagulation eine hervorragende Bedeutung. Die Kompressionstherapie ist die Basistherapie jeder chronischen venösen Stauung. Sie bewirkt eine Reduktion des Ödems, Abnahme des Blutvolumens, Zunahme der Blutströmungsgeschwindigkeit, Verminderung des venösen Refluxes, Verbesserung der peripheren Pumpfunktion und Mikrozirkulation und Zunahme der Lymphdrainage. Die Kompressionstherapie, zunächst durch Kompressionsverbände zur Ödemreduktion, nach Ödementlastung dann durch den medizinischen Kompressionsstrumpf nach Mass, hat positiven Einfluss auf die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in den tiefen Leitvenen unter Reduktion der Gefahr der Rethrombosierung. Weiterhin lässt sich das Ausmass der chronischen venösen Insuffizienz reduzieren. Der Strumpf wird tagsüber getragen. Die Dauer der Kompressionstherapie mit dem Strumpf richtet sich nach den Befunden und den Beschwerden des Patienten (Schwellung, Spannungsgefühl, Druckschmerz), nach dem klinischen Befund und den venösen Funktionstests. Meist genügt ein MKS der Kompressionsklasse II–III, unterschenkellang.
Sklerosierungstherapie Sie wird zur Ausschaltung von epifaszialen («Nährvenen») im Ulkusbereich durchgeführt. Aufgeschäumte Sklerosierungsmittel scheinen effektiver.
Medikamentöse Therapie Als Adjuvans, nie als Ersatz für Kompression oder andere kausale Therapie, stehen zur Verfügung: ❖ Ödemprotektiva ❖ venentonisierende Pharmaka ❖ durchblutungsfördernde Mittel ❖ Thrombozytenaggregationshemmer ❖ Fibrinolytika.
Abbildung 3: duplexsonografischer Befund bei KrossenInsuffizienz der VSM
Bei einer Erstthrombose junger Patienten ohne Risikofaktor ist ein Thrombophiliescreening mit Kontrolle der Plasmaaktivität von AT III, Protein C und S und APC-Resistenz notwendig. Ein Screening sollte auch bei älteren Patienten mit positiver Familienanamnese oder Rezidivthrombose stattfinden.
Diuretika sollten nur kurzfristig zur Entstauung eingesetzt werden. Wichtig ist eine suffiziente Schmerztherapie. Hormonelle Kontrazeptiva erhöhen das Re-Thrombose-Risiko.
Physikalische Therapie Wichtig ist die Aktivierung der Muskelpumpen mit Entstauungsgymnastik, Bewegungssport (Schwimmen, Radfahren, Venenwalking), kneippschen Kaltwasseranwendungen sowie die passive Entstauung durch manuelle Lymphdrainage und intermittierende pneumatische Kompression.
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Kasten:
Darstellung der Venen: Was zeigen die verschiedenen bildgebenden Verfahren?
❖ Die aszendierende Pressphlebografie ist eine Darstellung der venösen Strombahn von peripher bis zur Vena cava inferior und ermöglicht Informationsgewinn zu globalen Gefässwandveränderungen bis hin zur Morphologie einzelner Venenklappen und Funktion von Kollateralkreisläufen. Sie ist indiziert vor allem vor chirurgischen Eingriffen am tiefen Venensystem, bei Verdacht auf Rezidivthrombose und bei der Erstellung von Gutachten bei sozialmedizinischen Fragestellungen.
❖ Die Lichtreflexionsrheografie (LRR; Plethysmografie) dient der Messung relativer Veränderungen der Blutfülle in Kutis und Subkutis am Unterschenkel. Sie ist eher zur Verlaufskontrolle als zur Diagnosestellung geeignet.
❖ Die periphere Phlebodynamometrie ist eine (selten angewandte) invasive Venendruckmessung zur Begründung chirurgischer Eingriffe am tiefen Venensystem, um Aussagen über Druckabfall und Wiederauffüllzeit nach dem Eingriff zu prognostizieren.
❖ Eine Fotoplethysmografie (siehe Abbildung 4) schliesslich gibt Informationen über den Stand der Kompensation des PTS, über venöse Kapazität und Drainage. Eine verminderte venöse Kapazität entspricht einer unzureichenden Rekanalisation. Eine Erhöhung weist auf sekundäre Varikose und Aussackungen in dekompensierte Kollateralkreisläufe im tiefen Venensystem hin.
Abbildung 4: Fotoplethysmografie bei PTS
Abkürzungen
CEAP Klinik, Ätiologie, Anatomie, Pathophysiologie DGG Deutsche Gesellschaft für Gefässchirurgie DGP Deutsche Gesellschaft für Phlebologie LRR Lichtreflexionsrheografie MKS Medizinischer Kompressionsstrumpf PTFE Polytetrafluorethylen PTS Postthrombotisches Syndrom VCI Vena cava inferior VSM Vena saphena magna VSP Vena saphena parva VVP Venenverschlussplethysmografie
Verhaltensmassregeln: ❖ Vermeiden von langem Stehen ❖ Hochlagern der Beine ❖ Beinbewegung zur Aktivierung der Venenpumpe ❖ Meiden einengender Kleidung und Überwärmung.
Adjuvante Lokaltherapie bei Ulcus cruris postthromboticum Zu meiden sind «Wundsalben» (cave Allergie!) und Lokalantibiotika. Gut verträglich und wirksam ist eine 0,2-prozentige Polyhexanidlösung. Die Wundbehandlung sollte im feuchten Milieu vorgenommen werden (Hydrokolloide, Schaumstoffe, Alginate). Lokal anzuwendende Wachstumsfaktoren und Keratinozytenkulturen befinden sich in klinischer Erprobung. Das chirurgische Débridement konditioniert einen sauberen Wundgrund. Ein enzymatisches oder Biodébridement (Biobag, Madentherapie) ist möglich. Bei tiefgreifendem Ulkus ist eine Shavetherapie mit Meshgraftplastik indiziert. In schwersten Fällen mit Dermatolipofasziosklerose erfolgt eine krurale Faszieektomie mit primärer Meshgraftdeckung. Einige Autoren berichten über Einzelerfolge mit Vakuumtherapie zur Wundgrundkonditionierung und für eine verbesserte Anheilungstendenz des Meshgrafts.
Nachsorge
Eine konsequente Weiterbetreuung und Patientenführung
mit regelmässiger Befundkontrolle ist wegen der Rezidiv-
gefahr venöser Ulzera bei PTS absolut indiziert.
Wichtig sind: Mobilität des Patienten, Hautpflege, konse-
quente Kompressionstherapie und physikalische Therapie
zur Vermeidung des arthrogenen Stauungssyndrom (Einstei-
fung des oberen Sprunggelenks).
❖
Dr. med. Klaus Theodor Wolf Facharzt FMH für Chirurgie, Gefässchirurgie, Phlebologie und Sportmedizin Leitender Arzt Gefässchirurgie Artemedic Louis-Giroudstrasse 26 4600 Olten E-Mail: Klaus.Wolf@artemedic.ch
Interessenskonflikte: keine
Referenzen: 1.Rabe E, Pannier-Fischer F, Schuldt K et al.: Bonner Venenstudie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Frage der Häufigkeit und Ausprägung von chronischen Venenkrankheiten in der städtischen und ländlichen Wohnbevölkerung. Phlebologie 2003; 32: 1–14.
Quellen: Hach, Mumme, Hach-Wunderle: Venenchirurgie, 3. Auflage, Schattauer Verlag 2013, 289 ff.
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gefässchirurgie (vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie, DGG) zur Diagnostik und Therapie des postthrombotisches Syndroms (einschliesslich Ulcus cruris) 10/2008 unter www.gefaesschirurgie.de
Im Rahmen dieser Serie, die auf Anregung der Firma Sigvaris entstand, kommen verschiedene Experten zu Wort. Deren Angaben basieren auf der aktuellen Studienlage und Erfahrungswerten aus der Praxis.
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