Transkript
XUNDHEIT IN BÄRN
POLITFORUM
Ampelkennzeichnung des Nährwertes von Lebensmitteln
INTERPELLATION vom 29.11.2012
Manuel Tornare Nationalrat SP Kanton Genf
Der Bundesrat spricht sich für die Einführung der obligatorischen Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln aus. Weshalb ist er gegen die Einführung der Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln?
Begründung Am 6. Juli 2011 hat das Europäische Parlament die Verbraucherinformationsverordnung
(Verordnung - EU - Nr. 1169/2011) angenommen, die eine obligatorische Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln vorschreibt. Aufgrund der neuen Verordnung, die am 13. Dezember 2011 in Kraft getreten ist, müssen der Energiewert sowie die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiss und Salz pro 100 Gramm oder 100 Milliliter Lebensmittel angegeben werden. Der Bundesrat sprach sich in seiner Stellungnahme zur Motion Graf-Litscher dafür aus, das neue EU-Recht über die obligatorische Nährwertkennzeichnung in das schweizerische Recht zu übernehmen. Er fügte jedoch hinzu, dass «auf eine schweizerische Sonderregelung wie die von der Motionärin erwähnte Ampelkennzeichnung» verzichtet werden soll; dies obwohl der Nutzen der sogenannten Lebensmittelampel bewiesen ist. Die Lebensmittel werden dabei je nach Gehalt an Energie,
Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz mit einer grünen, gelben oder roten Kennzeichnung versehen. Grün steht für einen niedrigen, Gelb für einen mittleren und Rot für einen zu hohen Nährstoffgehalt. Die Ampelkennzeichnung erleichtert den Entscheid für ausgewogene Lebensmittel und hilft, gesunde Lebensmittel auszuwählen. Diese universelle Kennzeichnung wurde von der britischen Lebensmittelbehörde Food Standards Agency erfunden. In Grossbritannien haben Aldi und Lidl auf Druck von Gesundheitsorganisationen und -behörden und Konsumentinnen und Konsumenten die obligatorische Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln in Form der Lebensmittelampel eingeführt. Dasselbe System muss auch in der Schweiz eingeführt werden.
Antwort des Bundesrates vom 27.2.2013 (leicht gekürzt)
Die Europäische Union hat am 25. Oktober 2011 die neue Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel publiziert. Der Bundesrat plant, in einem ordentlichen Verfahren die Umsetzbarkeit der neuen Bestimmung in der Schweiz zu prüfen. Dabei ist insbesondere zu klären, inwiefern neben dem Bereich der Nährwertdeklaration auch weitere Regelungen der neuen EU-Verordnung ins schweizerische Recht übernommen werden sollen. Gewisse Elemente der neuen EU-Verordnung sind bereits Gegenstand des laufenden Anhörungsverfahrens des EDI zur Revision der Verordnung über die Kennzeichnung und Anpreisung von Lebensmitteln. Die Harmonisierung mit EU-Bestimmungen hat zum Ziel, neue Handelshemmnisse zu vermei-
den, stellt aber auch sicher, dass den Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz die gleichen Informationen wie in unseren Nachbarländern zur Verfügung stehen. Auf eine schweizerische Sonderregelung, wie eine verpflichtende Ampelkennzeichnung, soll jedoch verzichtet werden. Diese würde zu einem technischen Handelshemmnis führen. Produkte aus dem Ausland müssten eigens für den Schweizer Markt mit einer spezifischen Etikette versehen werden, was die Importe verteuern würde. Das Ampelsystem ist auch aus wissenschaftlicher Sicht kritisch zu hinterfragen. Es ist kaum möglich, Lebensmittel mit einem so vereinfachten System, wie es das Ampelsystem ist, in die
Kategorien «gesund» beziehungsweise «ungesund» einzuteilen. So müssten zum Beispiel nach dem Ampelsystem sowohl eine Portion Lachs, eine Portion Rapsöl oder auch eine Portion Mandeln aufgrund der hohen Gehalte an Fett mit einer roten Ampel ausgezeichnet werden. Diese Produkte nehmen aber in einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung einen wichtigen Platz ein.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
444
ARS MEDICI 9 ■ 2013
POLITFORUM
Arzneimittel mit abgelaufener Haltbarkeitsfrist bei der Schweizer Armee
INTERPELLATION vom 13.12.2012
Marina Carobbio Guscetti Nationalrätin SP Kanton Tessin
In einem kürzlich in der Sendung «Patti Chiari» der Radiotelevisione svizzera (RSI) ausgestrahlten Beitrag wurde berichtet, dass die Schweizer Armee verschiedene Arzneimittel im Lagerbestand behält, deren Haltbarkeitsfrist bereits abgelaufen ist. Diesen Sachverhalt bestätigte der Oberfeldarzt Dr. Andreas Stettbacher, der in der
Armeeapotheke in Ittigen interviewt wurde. Divisionär Stettbacher erklärte bezüglich dieser Arzneimittel: «Wir geben diese nicht den Soldaten, behalten sie aber im Sperrbestand. Im Notfall, etwa bei einer landesweiten Arzneimittelknappheit, werden wir sie verwenden.» Im gleichen Beitrag war zu erfahren, dass die amerikanische Armee seit 1985 in der Praxis die Haltbarkeitsdauer für Arzneimittel in Zusammenarbeit mit der Kontrollbehörde FDA verlängert und damit grosse Einsparungen bei den öffentlichen Geldern erzielt. Die Daten zu diesem Projekt sind in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht worden und zeigen, dass zahlreiche Arzneimittel viele Jahre nach Ablauf der Haltbarkeitsfrist noch wirksam und sicher sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Bundesrat:
• Welche und wie viele Arzneimittel werden von der Schweizer Armee über die Haltbarkeitsdauer hinaus gelagert?
• Welche Arten von Kontrollen nimmt die Armee an diesen Arzneimitteln vor?
• Wenn es in der Schweizer und der amerikanischen Armee möglich ist, bestimmte Arzneimittel über die Haltbarkeitsfrist hinaus aufzubewahren, findet er dann nicht auch, dass diese Praxis auch für den zivilen Gebrauch evaluiert werden sollte?
• Besteht nach Ansicht des Bundesrates in diesem Bereich gesetzlicher Handlungsbedarf?
XUNDHEIT IN BÄRN
Stellungnahme des Bundesrates vom 13.2.2013 (leicht gekürzt)
Zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dürfen nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Vor dem Inverkehrbringen muss ein Arzneimittel im Grundsatz durch das Schweizerische Heilmittelinstitut, Swissmedic, zugelassen werden. Dabei sind dem Institut unter anderem die Resultate von Haltbarkeitsversuchen vorzulegen. Diese Versuche weisen nach, wie sich die Qualität eines Arzneimittels im Verlaufe der Zeit unter dem Einfluss äusserer Faktoren wie beispielsweise Feuchtigkeit, Licht und Temperatur verändert. Anhand der erhaltenen Daten wird die Haltbarkeitsdauer als wichtiger Parameter für die sichere Handhabung eines Arzneimittels festgelegt. Die Armeeapotheke lagert keine in der Schweiz zugelassenen Medikamente, deren Verfallsdaten überschritten sind. Die Durchführung von Stabilitätsuntersuchungen obliegt dem Medikamentenhersteller (siehe Fragen 3 und 4). Die Armeeapotheke kann und darf für Produkte anderer Hersteller weder Stabilitätsstudien durchführen noch eine Verlängerung oder Verkürzung
der Haltbarkeitsfrist beantragen. Im Fall der im Interview erwähnten Kaliumiodid-Tabletten wurde im Rahmen der Zulassung eine Haltbarkeitsfrist von zehn Jahren beantragt. Diesem Antrag wurde, basierend auf den eingereichten Daten, durch die Arzneimittelbehörde stattgegeben. Die Haltbarkeitsfrist wurde somit nicht verlängert, sondern im Rahmen des Zulassungsverfahrens bereits auf zehn Jahre festgelegt. Die Armeeapotheke führt für ihre Eigenprodukte und durch sie gelieferte Handelsprodukte sämtliche Qualitätskontrollen durch, die gemäss den international anerkannten Richtlinien zur guten Herstellungspraxis (GMP) sowie den Vorgaben des Heilmittelgesetzes gefordert werden. 3./4. In Erfüllung des Postulates Maury Pasquier hat der Bundesrat am 18. Juni 2010 einen Bericht zur Haltbarkeitsdauer von Medikamenten verabschiedet. Der auf der Internetseite des Schweizerischen Heilmittelinstituts, Swissmedic, veröffentlichte Bericht hält fest, dass die durch die verantwortliche Firma beantragte Haltbarkeitsdauer im Rahmen der Zulassung durch die Heilmittelbehörde geprüft und ge-
mäss internationalen Richtlinien (International Conference on Harmonisation, ICH) festgelegt wird. Damit neue Arzneimittel rasch für Patientinnen und Patienten verfügbar sind, wird zu Beginn oft eine kurze Haltbarkeitsdauer festgelegt. Diese kann später verlängert werden, wenn die Resultate entsprechender zusätzlicher Tests dies erlauben. Die gesundheitlichen Risiken, welche mit einer generellen Verlängerung der Haltbarkeit für alle Arzneimittel einhergehen, beurteilt der Bundesrat im Verhältnis zu allfällig möglichen Kosteneinsparungen als gewichtiger. Aus den aufgeführten Gründen erachtet der Bundesrat die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Festsetzung der Haltbarkeit von Arzneimitteln für sachgerecht und ausreichend.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
ARS MEDICI 9 ■ 2013
445