Transkript
BERICHT
Neue Therapieoption bei allergischer Rhinitis
Potentes Nasenspray aus Antihistaminikum und Kortikosteroid
Gemeinsame Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie und der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie
Satellitensymposium der Firma Meda, Bern, 18. April 2013
Augentropfen, Nasenspray und orales Antihistaminikum – Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis benötigen oftmals mehr als ein Medikament, um ihre Beschwerden zu lindern. Ein kombiniertes Nasenspray, das sowohl auf Augen- als auch Nasensymptome wirkt, könnte die Therapie zukünftig erleichtern.
ANKA STEGMEIER-PETROIANU
Allein in Europa leiden über 200 Millionen Menschen an einer allergischen Rhinitis. Diese stellt einen häufigen Konsultationsgrund in der hausärztlichen Praxis dar; viele Patienten benutzen aber auch verschiedene OTC-Arzneimittel, ohne mit dem Hausarzt Rücksprache zu halten. Bis zu 90 Prozent aller Patienten, die von Heuschnupfen geplagt werden, verwenden zwei oder mehr Medikamente gleichzeitig, um Symptome zu lindern, meistens ein orales Antihistaminikum und ein kortikosteroidhaltiges Nasenspray (1). Der Leidensdruck ist enorm: Die Krankheit beeinflusst die Produktivität am Arbeitsplatz und führt im Schnitt zu vier Fehltagen pro Jahr (2). In einer Untersuchung in fünf europäischen Ländern wurde gezeigt, dass zwei Drittel der Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis an einer mindestens mittelschweren bis schwe-
ren Form leiden. Etwa 40 Prozent der Allergiker haben persistierende Symptome, definiert als Beschwerden an mehr als vier Tagen pro Woche und über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen pro Jahr. Bei einem Drittel der Betroffenen besteht eine Komorbidität, etwa Asthma bronchiale (3). Umgekehrt leiden drei Viertel aller Asthmatiker unter Heuschnupfen. Werden bei einem Patienten beide Diagnosen gestellt, ist auch das Risiko eines unkontrollierten Asthmas höher. Heuschnupfenpatienten leiden bis zu viermal häufiger als die Normalbevölkerung an Mittelohrentzündungen, Nebenhöhlenentzündungen, Ekzemen, Nahrungsmittel- und Insektenstichallergien oder sogar Depressionen.
Therapie oft unzureichend «Die Therapie der allergischen Rhinitis war bisher einfach insuffizient», so Dr. Glenis Scadding, HNO-Ärztin aus London und ehemalige Präsidentin der Britischen Gesellschaft für Allergie und Immunologie: «Patienten wünschen sich zwei Dinge: 1. maximale Symptomkontrolle und 2. eine schnelle Wirkung.» Dies scheint nun ein Kombinationspräparat aus Azelastin und Fluticason in Form eines Nasensprays zu erfüllen. Mit einem Sprühstoss pro Nasenloch appliziert man eine Dosis von 548 g Azelastin und 200 g Fluticason. Das Nasenspray wird zweimal täglich angewendet. Azelastin ist ein topisches Antihistaminikum, das neben seinen antihistaminischen Effekten auch antientzündliche Eigenschaften besitzt. Studienergebnisse mit insgesamt über 4000 Patienten zeigen, dass das intranasale Azelastin-Fluticason-Kombinationspräparat mit der Bezeichnung MP29-02 wirksam Symptome der allergischen Rhinitis lindert (4–6). Die neue Kombinationstherapie ist in
puncto Linderung nasaler und okulärer Symptome der Einzelgabe der Substanzen beziehungsweise einer Plazebobehandlung überlegen. In einer randomisierten amerikanischen Doppelblindstudie mit 610 Patienten war das Kombipräparat, über 14 Tage verabreicht, doppelt so wirksam gegen Heuschnupfen-Symptome wie Fluticason allein (4). Im Vergleich zu einer Monotherapie mit Azelastin war die Symptombesserung fast dreimal so hoch, wie Scadding berichtete. Die Patienten litten alle unter einer mittelschweren bis schweren allergischen Rhinitis, gemäss Aria-Guidelines definiert als Erkrankung, bei der neben typischen Symptomen wie Rhinorrhö, Augenreizung und Juckreiz auch Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen oder eine Beeinträchtigung der täglichen Aktivitäten vorliegen. Organspezifische Symptomscores dienten der exakten Dokumentierung des Schweregrads sowie des Krankheitsverlaufs. Zum einen wurde der totale nasale Symptomescore (TNSS) erfragt, mit dem auf einer Skala von 0 (keine Symptome) bis 24 (schwere Symptome) der Grad der nasalen Obstruktion, des Juckens, des Niesens und der Rhinorrhö bewertet wurde. Der durchschnittliche Ausgangswert der Studienpopulation lag zwischen 18 und 19 Punkten. Der zweite verwendete Score, TOSS, bezieht sich auf Augensymptome, etwa Jucken, Wässrigkeit und Rötung der Augen, und kann maximal 18 Punkte betragen. Der Ausgangswert der eingeschlossenen Patienten lag im Mittel bei 11 bis 12 Punkten. Ein signifikantes Ansprechen auf die Therapie war definiert als eine 50-prozentige Verbesserung gegenüber Baseline oder als das Erzielen einer maximalen Symptomkontrolle, also höchstens einem RestPunkt pro nasalem Symptom.
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Die Therapie mit MP29-02 verbesserte den TNSS-Wert durchschnittlich um 5,7 Punkte. Unter Fluticason betrug die Senkung 5,1 und mit Azelastin 4,4 Punkte. Plazebo verbesserte den Score um 3 Punkte. Die Wirkung der Kombination wurde vom ersten Tag an deutlich. Eine 50-prozentige Reduktion des TNSS-Wertes wurde darunter 3 Tage früher als unter Fluticason und 5 Tage früher als unter Azelastin erreicht. Die Kombination verbesserte den okulären TOSS-Score um 3,2 Punkte, stärker als unter Azelastin oder Fluticason allein. «Bei einer Erkrankung, deren durchschnittliche Symptomdauer 12 Tage beträgt, ist es einfach zu lang, wenn man erst nach 10 Tagen die Beschwerden in den Griff bekommt», so Scadding. «Mit MP29-02 erreicht man bei einem Drittel der Patienten bereits am 4. Tag eine 50-prozentige Besserung der nasalen Symptome. Das ist 6 Tage früher als mit gängigen First-Line-Therapien.» Das neue Nasenspray ist demnach schneller und besser wirksam als bestehende Therapieoptionen, und zwar un-
abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Einer von sechs Patienten wird darunter sogar vollständig von Symptomen befreit. Einen Spartipp für die Praxis hatte Scadding ebenfalls parat: Die Ausgabe für Montelukast könne man einsparen, denn bei allergischer Rhinitis bringe der Leukotrienantagonist keinen zusätzlichen Nutzen.
Geschmack bleibt erhalten Unter H1-Antihistaminika kommt es manchmal zu einer Beeinträchtigung des Geschmacksinns, zu einer sogenannten Dysgeusie, erinnerte die Expertin. Unter der Therapie mit dieser neuen Formulierung scheint diese Nebenwirkung sehr selten zu sein: Insgesamt nur 4 Patienten berichteten über Geschmackstörungen. Langzeitergebnisse mit MP29-02 aus Indien über ein Jahr dokumentieren eine gute Verträglichkeit. Das neue Kombinationspräparat wurde im «Journal of Allergy and Clinical Immunology», der Zeitschrift der Fachgesellschaft der amerikanischen
Allergologen, vom Chefredakteur Dr. Donald Y.M. Leung als neue erste Wahl in der Therapie der allergischen Rhinitis bezeichnet.
Anka Stegmeier-Petroianu
Interessenkonflikte: Der Beitrag entstand ohne Einfluss der Firma Meda.
Literatur: 1. Bousquet J. et al.: Allergic Rhinitis and its Impact on
Asthma (ARIA) 2008 update (in collaboration with the World Health Organization) Allergy. 2008; 63 Suppl 86: 8–160. 2. Pitman R.: Episode Pattern and Healthcare Utilisation in Patients with Seasonal Allergic Rhinitis. Poster EAACI 2012. 3. Canonica G.W.: A survey of the burden of allergic rhinitis in Europe. Allergy. 2007; 62 Suppl 85: 17–25. 4. Hampel FC.: Double-blind, placebo-controlled study of azelastine and fluticasone in a single nasal spray delivery device. Ann Allergy Asthma Immunol. 2010;105 (2): 168–173. 5. Meltzer EO.: MP29-02 in the treatment of seasonal allergic rhinitis: a randomized, double-blind, placebocontrolled trial of efficacy and safety. Allergy Asthma Proc 2012; 33: 324–332. 6. Carr WW.: Comparison of intranasal azelastine to intranasal fluticasone propionate for symptom control in moderate-to-severe seasonal allergic rhinitis. Allergy Asthma Proc. 2012; 33 (6): 450–458.
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