Transkript
Asthmaprävention im Kindesalter
Was verspricht Erfolg, was eher nicht?
BERICHT
3. Burghalde-Symposium 6. September 2012 in Lenzburg
Asthma beginnt im Kindesalter, aber nicht jeder Säugling mit Symptomen wie Pfeifen und Husten wird später zum Asthmatiker. Wie man Asthma vorbeugen kann und die Symptome möglichst früh richtig deutet, erläuterte Dr. med. Peter Eng am Burghalde-Symposium in Lenzburg.
KLAUS DUFFNER
Da die diagnostischen Möglichkeiten bei Kleinkindern beschränkt sind, hat man in jüngster Vergangenheit den nützlichen «Asthma Predictive Index» entwickelt. Die Hauptkriterien sind elterliches Asthma beziehungsweise ein diagnostiziertes Ekzem des Kindes, die Nebenkriterien ein Pfeifen, das unabhängig von Erkältungen auftritt, sowie eine Bluteosinophilie (≥ 4%). Neuerdings werden noch allergische Sensibilisierungen gegenüber mindestens einem Luftaerogen hinzugestellt sowie das Auftreten einer allergischen Reaktion gegenüber Milch, Ei oder Erdnuss. Tatsächlich besitzt dieser Index einen guten prädiktiven Wert. «Um die Spreu vom Weizen zu trennen, würde ich Ihnen diesen einfachen Index sehr empfehlen», sagte Peter Eng. Lungenfunktionsabfall, strukturelle Veränderungen des Lungenparenchyms und die Zunahme der Symptomatik ereignen sich bereits in den ersten 3 bis 4 Lebensjahren. Obstruktive Atemwegsepisoden sollten auch bei kleinen
Kindern möglichst individuell behandelt werden. Die Zeiten, in denen alle hustenden und lungenpfeifenden Kinder über Jahre hoch dosiert mit Steroiden behandelt wurden, seien endgültig vorbei, erklärte Eng. Eine solche Therapie habe keinen Langzeiteffekt auf die Lungenfunktion und sei mit erheblichen Nebenwirkungen, wie zum Beispiel der Reduktion der Wachstumsgeschwindigkeit, verbunden. Vielmehr sei der heutige Weg eine Mischung aus verschiedenen präventiven Massnahmen und Interventionen. Einzelmassnahmen sind nicht sinnvoll. So ergaben Studien mit Einzelmassnahmen, wie beispielsweise der frühen Vermeidung bestimmter Allergene, widersprüchliche Resultate, und die Autoren einer Cochrane-Analyse kamen 2009 zum Schluss, dass die Reduktion einzelner Allergene zur Primärprävention des Asthmas keine Wirksamkeit zeigt, dass jedoch multifaktorielle Massnahmen (inkl. Ernährung) wirksam sein könnten. Infektionen mit Rhinoviren oder das Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) scheinen das Asthmarisiko um ein Vielfaches zu erhöhen. Bei Rhinoviren ist jedoch weder eine Impfung noch eine sinnvolle Strategie zur Expositionsvermeidung in Sicht. Dagegen scheint gegen RSV eine Behandlung mit dem – allerdings sehr teuren – monoklonalen Antikörper Palivizumab (Synagis®) bei extremen Frühgeburten eine statistisch signifikant geringere Asthmaprävalenz zu bewirken. Auch für die Wirksamkeit lyophilisierter Bakterienextrakte zur Asthmavermeidung gibt es laut einer Cochrane-Studie «moderate Evidenz». Tatsächlich konnten in mehreren Untersuchungen mukosale Entzündungen und andere Symptome durch eine unspezifische Immunstimulation zurückgedrängt werden.
Dr. med. Peter Eng am Burghalde-
Symposium in Lenzburg
(Foto: KD)
Diätetische Massnahmen werden immer wieder zur Asthmaprävention empfohlen. Allerdings scheinen die früher hoch angepriesenen Omega-3-Fettsäuren keinen Effekt zu zeigen, und auch für Probiotika, die zwar zur Vorbeugung atopischer Dermatitiden eine gewisse Wirkung haben, fehle bei Asthma die Evidenz, erklärte Eng. Insgesamt werde heute mit Interventionen im Sinne einer Asthmaprävention noch zu lange gewartet. Derzeit laufen interessante immuntherapeutische Studien, in denen man Hochrisikokinder früh mit abgeschwächten Salmonellenund Parasitenbakterien impft oder ihnen sublingual Hausstaubmilbenextrakte verabreicht. Das Fazit des Aarauer Experten: «Die zukünftige Langzeitlösung des Asthma ist die frühe Prävention und nicht die Behandlung einer bereits etablierten Erkrankung.» ❖
Klaus Duffner
Das Burghalde-Symposium wurde unterstützt durch die Firmen Dermapharm AG und LEO-Schweiz. Auf den Inhalt dieses Textes wurde von den Sponsoren kein Einfluss genommen.
ARS MEDICI 9 ■ 2013
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