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Rubriken — POLITFORUM: XUNDHEIT IN BÄRN
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5372
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XUNDHEIT IN BÄRN

POLITFORUM

Zunahme der HIV-Diagnosen – Wachsamkeit erhöhen

INTERPELLATION vom 12.12.2012
Liliane Maury Pasquier Ständerätin SP Kanton Genf
Im Jahr 2012 hat die Zahl der diagnostizierten HIV-Infektionen wieder zugenommen. Wie schätzt der Bundesrat diese Zunahme ein? Denkt er nicht auch, dass die Wachsamkeit erhöht werden muss und dass namentlich Massnahmen getroffen werden müssen zur verstärkten Prävention bei der Schweizer Bevölkerung, einschliesslich der Jugendlichen und der jungen Erwachsenen? Wenn ja, welche Massnahmen gedenkt er zu ergreifen, beziehungsweise

welche Institutionen und Projekte gedenkt er zu unterstützen?
Begründung (leicht gekürzt) Die Lebenserwartung von HIV-positiven Menschen ist dank der medizinischen Fortschritte markant gestiegen. HIV-Positive benötigen jedoch eine lebenslange komplexe Behandlung. Pro Jahr gibt es in der Schweiz immer noch mehrere Dutzend Todesfälle. Gemäss BAG (BAG-Bulletin 48/12) zeigt eine Hochrechnung, die auf den für das erste Halbjahr 2012 gemeldeten Fällen basiert, dass bis Ende 2012 mit rund 610 HIV-Diagnosen gerechnet werden muss, was einer Zunahme von 3 bis 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im Kanton Genf ist die Zunahme noch grösser. Dieser Anstieg lässt sich namentlich erklären mit der Zunahme der HIV-Diagnosen bei homosexuellen Männern und bei Personen, die Drogen intravenös konsumieren. Zum Teil kann auch die Ermutigung von Angehörigen dieser Gruppen, sich freiwillig testen zu

lassen, ein Grund für die höheren Zahlen sein. Die Zahl der Neuinfektionen bei heterosexuellen Kontakten stagniert zudem auf einem Niveau, das über demjenigen von 2010 liegt. Das «Nationale Programm HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen 2011–2017» stellt bestimmte Zielgruppen ins Zentrum. Dies ist auch nötig. Vor allem aber ist es notwendig, sich an alle in der Schweiz lebenden Menschen zu richten, speziell an die Jungen, so wie dies die Interventionsachse 1 des Programms vorsieht. Nun werden aber einzelne sinnvolle Projekte dieser Achse wegen der fehlenden finanziellen Mittel auslaufen, so zum Beispiel das Schulprojekt «Projet Ecoles», das seit 20 Jahren Jungen und Erwachsenen im Rahmen ihrer Ausbildung Begegnungen mit HIV-positiven oder an Aids erkrankten Personen ermöglicht. Dieses Projekt wird vom BAG nicht mehr unterstützt, weder über die Schweizer Aidshilfe noch über die Organisation Sexuelle Gesundheit Schweiz.

Antwort des Bundesrates vom 27.2.2013 (leicht gekürzt)

Die Interpellantin stützt sich auf eine vom BAG veröffentlichte Hochrechnung von HIV-Meldungen zwischen 1. Januar und 30. Juni 2012. Diese Hochrechnung ist nun bestätigt worden. Bis am 31. Dezember 2012 sind dem BAG insgesamt 620 neue HIV-Diagnosen gemeldet worden, was eine Zunahme um 10 Prozent im Vergleich zu 2011 (562 Fälle) bedeutet. Eine erste Analyse zeigt, dass die Erwartung zutrifft: Homosexueller Übertragungsweg plus 11 Prozent (274 Fälle 2012, 246 Fälle 2011); i.v.-Drogenkonsum: Zunahme um 5 auf 30 Fälle 2012; heterosexueller Übertragungsweg: Zunahme um 5 auf 264 Fälle 2012. Für eine Zunahme der HIV-Diagnosen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegen keine Hinweise vor. Nach Ansicht des Bundesrates ist die erneute Zunahme von HIV-Meldungen beunruhigend. Es sind verschiedene Gründe denkbar: wieder zunehmende Sorglosigkeit, weil die HIV-Infektion als «therapierbar» gilt oder zum Beispiel die Berichterstattung über die Welt-Aids-Konferenz 2012 in Washington und «das Ende von Aids».

Ein Zusammenhang der Zunahme der HIV-Diagnosen mit dem Schulprojekt «Projet Ecoles» ist nicht ersichtlich. Das BAG hat sich nie an dieser Finanzierung beteiligt. Dieser Fonds wird durch Spenden zugunsten der Aids-Hilfe Schweiz gespeist. Im Jahr 2011 haben die regionalen Antennen der Aids-Hilfe Schweiz beschlossen, die bisher für dieses Projekt aufgewendeten Mittel anderweitig zu verwenden. Die gemeinsame Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen ist strategisch sicher richtig. Mit dem Einbezug der dritten SaferSex-Regel und der aktuellen Thematisierung der freiwilligen Partnerinformation stand die HIV-Infektion als nach wie vor gravierende Infektionskrankheit vorübergehend nicht mehr im Zentrum der LoveLife-Kampagne. Die Kampagne fokussiert ab 2014 wieder stärker auf HIV, um den Verharmlosungstendenzen entgegenwirken. An der Love-Live-Kampagne sind auch die privaten Partner des BAG beteiligt, nämlich Sexuelle Gesundheit Schweiz, die Aids-Hilfe Schweiz und die Checkpoints in Genf, Zürich, Lausanne und Basel, welche

Beratung und Testung für Männer anbieten, die mit Männern Sex haben. Bund und nationale private Partner sind aber nicht alleine für die HIV- und STI-Bekämpfung zuständig: Der Vollzug des Epidemiengesetzes ist Sache der Kantone. Mit den besonders betroffenen Kantonen ist das BAG in engem Kontakt. Der Spardruck in den Kantonen und der politische «Jojo-Effekt» (sinkende Zahlen, sinkende Aufmerksamkeit, sinkende Budgets) führten in den letzten Jahren auch in einzelnen Kantonen zu tendenziell abnehmendem Engagement, was sich vielleicht auch in den steigenden Zahlen bemerkbar macht. Weil die Zunahme der HIV-Diagnosen 2012 insbesondere in bereits stark von HIV betroffenen Gruppen erfolgte, ist die Konzentration der Präventionsanstrengungen auf diese Gruppen weiterhin der angebrachte Weg.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt

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ARS MEDICI 8 ■ 2013

POLITFORUM

Periodisches Monitoring über Stress am Arbeitsplatz und die durch ihn verursachten direkten und indirekten Kosten

POSTULAT vom 6.12.2012
Josiane Aubert Nationalrätin SP Kanton Waadt
Eingereichter Text Der Bundesrat wird beauftragt, alle fünf Jahre einen Bericht über die Belastung, den Stress und die Überbelastung bei der Arbeit und die daraus entstehenden direkten und indirekten Kosten für die Schweizer Volkswirtschaft zu veröffentlichen. Auf der Grundlage dieses Berichts werden Bundesrat und Parlament geeignete Präventionsmassnahmen festlegen, die umzusetzen sein werden.
Begründung (leicht gekürzt) Laut einer im November 2012 erschienenen Umfrage der Zürich-Versicherungsgesellschaft ist für 42 Prozent der befragten

Schweizerinnen und Schweizer der Druck am Arbeitsplatz die grösste Sorge. Die Suva legt in ihrer Zukunftsstudie 2029 den Finger darauf, dass die Belastung und der Stress in Zukunft das grösste Risiko bei der Arbeit darstellen werden. Gemäss der Stress-Studie 2011 des Staatssekretariates für Wirtschaft (Seco) leidet ein Drittel der erwerbstätigen Personen in der Schweiz unter chronischem negativem Stress, der explizit durch die Arbeit verursacht wird. Zwischen 2001 und 2011 ist der Anteil der Personen, die ständig unter Stress leiden, von 26,6 auf 34,4 Prozent angestiegen. Der Stress und seine Auswirkungen auf die Gesundheit, die zwischenmenschlichen Beziehungen und die finanzielle Situation stellen im Übrigen nicht nur ein Problem für die betroffenen Personen und deren Umfeld dar. Laut Seco betrugen die durch Stress verursachten jährlichen Kosten, welche die Gesellschaft tragen muss, 2011 10 Milliarden Franken. 2001 waren es noch 4 Milliarden. Der Bundesrat wird beauftragt, alle fünf Jahre einen Bericht über die Belastung, den Stress und die Überbelastung bei der Arbeit vorzule-

gen. Er soll darin insbesondere nach dem Vorbild der Stress-Studie 2001 die direkten und indirekten Kosten darlegen (Arztkosten, Selbstmedikation, Löhne in Zusammenhang mit Absenzen und Produktionsverlusten). Der Bericht soll ausserdem aufzeigen, wie sich die Absenzen entwickeln, die durch die Auswirkungen der Belastung, des Stresses und der Überbelastung bei der Arbeit bedingt sind, und angeben, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vollständig aus dem Arbeitsmarkt fallen. Ferner sollen in dem Bericht Beispiele für «Best Practices» der Gesundheitsförderung in Unternehmen aufgeführt werden. Aus der Grundlage der Ergebnisse der Studie wird man geeignete Korrekturmassnahmen ableiten und eine wirksame Kampagne zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit oder eine Präventionskampagne in den Unternehmen einleiten können.

XUNDHEIT IN BÄRN

Stellungnahme des Bundesrates vom 13.2.2013 (leicht gekürzt)

Neuere Studien haben gezeigt, dass sich etwa ein Drittel der Arbeitnehmenden oft oder sehr oft bei der Arbeit gestresst fühlt. Diese Zahl ist seit 1999 gestiegen. Demnach ist Stress zusammen mit muskuloskelettalen Beschwerden eine der häufigsten gesundheitlichen Belastungen, die in Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Als Kompetenzzentrum des Bundes führt das Staatssekretariat für Wirtschaft regelmässig nationale Erhebungen zu Arbeitsbedingungen und gesundheitlichen Belastungen durch. Es tut dies in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Statistik und der European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions (Eurofound). Seit 2002 werden spezifische Fragen zur Arbeitsbelastung in die Schweizerische Gesundheitsbefragung integriert. Diese Fragen betreffen sowohl physische wie psychische Belastungen. Zudem nimmt die Schweiz re-

gelmässig am European Working Conditions Survey teil. Diese beiden Befragungen werden alle fünf Jahre durchgeführt. Die Erfassung der betrieblichen und volkswirtschaftlichen Kosten einzelner Belastungsfaktoren bei der Arbeit ist aufwendig und schwierig. Ein Reportingsystem, das zuverlässige Schätzungen ermöglicht, gibt es einzig in Bezug auf Berufsunfälle. Die Ursachen des Stressgefühls sind vielfältig und die Auswirkungen auf die Gesundheit und Produktivität unterschiedlich. Stress führt nicht nur zu Erschöpfungsdepressionen (Burn-out), sondern auch zu psychosomatischen Störungen wie Magen-Darmoder Herz-Kreislauf-Beschwerden. Stress ist zudem ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung und Chronifizierung muskuloskelettaler Beschwerden. Der verursachende Anteil von Stress bei solchen Gesundheitsproblemen kann nur grob eingeschätzt

werden, dies gilt auch für die Beurteilung der Produktivitätseinbusse. Das Seco ist aktuell dabei abzuklären, ob neue Zahlen zu den Kosten der durch die Arbeit verursachten Gesundheitsstörungen erhoben werden können. Gegebenenfalls wäre eine Publikation 2013 vorgesehen. Der Bundesrat ist der Meinung, dass das Monitoring von Stress am Arbeitsplatz ausreichend abgedeckt ist. Zudem erlaubt die integrierte Herangehensweise den Vergleich zwischen verschiedenen Belastungsfaktoren und die Kombination mehrerer Faktoren, was für die Definition von Prioritäten besonders nützlich ist. Eine zusätzliche Auswertung würde keinen Mehrwert bringen. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt

ARS MEDICI 8 ■ 2013

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