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BERICHT
Lyme-Borreliose
Sinnvolles und Überflüssiges in der Diagnostik nach Zeckenstich
3. Labormedizin-Update-Seminar Mannheim, 8. und 9. März 2013
Während die durch Zecken übertragene virale Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) durch eine Schutzimpfung verhindert werden kann, bleibt die Angst vor einer Lyme-Borreliose nach Zeckenstich.
ANKA STEGMEIER-PETROIANU
Tabelle 1:
Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf Borreliose
Erythema migrans Verdacht auf frühe Neuroborreliose
Verdacht auf späte Neuroborreliose Verdacht auf Lyme-Arthritis
Blickdiagnose, keine Laboruntersuchung
Liquor: lymphozytäre Pleozytose Serum/Liquor: IgM-Antikörper gegen Borrelien
IgG-Antikörper gegen Borrelien in Serum und Liquor bestätigt durch IgG-Immunblot
Serum: IgG-Antikörper gegen Borrelien Synovialflüssigkeit: Borrelien-PCR
Alarm ist dennoch Fehl am Platz: Bei einer raschen Entfernung der Zecke von der Stichstelle ist die Infektionsgefahr mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi äusserst gering. Licht in das Dunkel der Vielzahl unterschiedlicher Laboruntersuchungen zur Diagnostik der Lyme-Borreliose brachte Professor
Merksätze
❖ Erythema migrans ist eine Blickdiagnose, die keine Laboruntersuchung erfordert.
❖ Die Zecke selbst muss nicht untersucht werden: Der Nachweis von Borrelien in Zecken ist nutzlos.
❖ Bei unspezifischen Befindlichkeitsstörungen nach einem Zeckenstich ist keine Antikörperbestimmung indiziert.
❖ Bei fehlender klinischer Symptomatik hat ein positiver Antikörpertest keinerlei Relevanz.
❖ Bei Verdacht auf eine Lyme-Arthritis kann eine Borrelien-PCR aus Synovialflüssigkeit nützlich sein.
❖ Die Bestimmung borrelienspezifischer Antikörper ist frühzeitig indiziert, sofern extrakutane Manifestationen einer Borrelieninfektion vorliegen.
Dr. Dr. Klaus P. Kohse vom Institut für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie, Klinikum Oldenburg.
Post-mortem-Untersuchung der Zecke unnötig Entfernen Patienten oder Eltern die Zecke selbst und bringen sie zur Konsultation mit, ist das lobenswert, deren weitere Untersuchung im Labor (z.B. PCR-Untersuchung auf Borrelien) erlaubt aber keine Vorhersage hinsichtlich einer drohenden Infektion. Zecken können zwar eine Borreliose übertragen, aber der Borreliennachweis in der Zecke korreliert nicht mit der Entwicklung einer Lyme-Borreliose. Das Übertragungsrisiko nach einem Zeckenstich, also die Serokonversion, liegt bei 4 Prozent und bleibt in den meisten Fällen ohne klinische Manifestation. Auch die prophylaktische Antibiotikumgabe verhindert nicht sicher die Manifestation. Einer Studie zufolge sind bis zu 6 Prozent aller Jugendlichen seropositiv.
Wann sind Laboruntersuchungen angebracht? Dazu muss man wissen, dass eine Lyme-Borreliose in Stadien verläuft. In 90 Prozent der Fälle zeigt sich im ersten
klinischen Stadium eine Lyme-Borreliose auf der Haut: Das Erythema migrans, die sogenannte Wanderröte, ist ein fast untrügliches Zeichen für eine Borrelieninfektion. Es handelt sich dabei um eine sich ausbreitende Hautrötung um die Einstichstelle herum, die 3 bis 30 Tage nach dem Stich auftritt. Die Diagnose wird klinisch gestellt, in seltenen Fällen mit Hilfe eines molekulargenetischen Erregernachweises in einer Hautbiopsie (Tabelle 1).
Erythema migrans: Behandlungsindikation ohne serologischen Nachweis Die antibiotische Therapie wird ebenfalls alleinig aufgrund des klinischen Befundes eingeleitet. Grippeähnliche Symptome können auf eine durch Zecken übertragene Borreliose deuten. Insbesondere Kopfschmerzen mit Meningismus oder eine Fazialisparese sind Zeichen einer frühen Neuroborreliose (Stadium 2) – chronische Kopfschmerzen, Kognitionseinschränkungen oder unspezifische Befindlichkeitsstörungen hingegen nicht, so Kohse. Im (seltenen) Spätstadium, das Monate bis Jahre nach der Infektion auftreten kann, sind LymeArthritis sowie die Acrodermatitis atrophicans Leitsymptome.
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BERICHT
Tabelle 2:
Manifestationen einer Borreliose
Organbeteiligung
Frühmanifestation
Serologische Spätmanifestation Befunde
Serologische Befunde
Haut Erythema migrans keine Lymphozytom
ZNS
Meningitis
IgM + IB
Fazialisparese
Herz Myoperikarditis
Auge
Konjunktivitis
Bewegungsapparat Arthralgien Sommergrippe
IgM + IB IgM + IB IgM + IB
Acrodermatitis chronica atrophicans Radikuloneuritis Enzephalomyelitis
Kardiomyopathie Uveitis, Keratitis chronische Arthritis
IgG + IB
IgG + IB inthrathekale Antikörperproduktion IgG + IB IgG + IB IgG + IB
IB: Immunblot
Die Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen der Deutschen Akademie der Kinder- und Jugendmedizin hat kürzlich eine Konsensusempfehlung zur Diagnostik der Lyme-Borreliose herausgegeben. Demnach ist die Bestimmung borrelienspezifischer Antikörper frühzeitig indiziert bei klinischem Verdacht auf eine Borreliose, vor
allem zur Diagnose einer Neuroborreliose. Nicht zielführend sei der Lymphozyten-Transformationstest, der eine Aktivierung borrelienspezifischer T-Helferzellen nachweisen soll, da er häufig falsch positiv ausfällt. Mit Ausnahme der Diagnostik bei Neuroborreliose werden alle Laboruntersuchungen zurückhaltend bewertet.
Der molekulargenetische Borrelien-
nachweis mit Hilfe der PCR besitzt
lediglich bei der Lyme-Arthritis, in der
sie bis zu 80 Prozent positiv ausfällt,
einen diagnostischen Stellenwert. Bei
Kindern mit einer frühen Neuroborre-
liose konnte in einer US-Studie nur in
einem von 20 Fällen ein PCR-Nach-
weis erfolgen. Umgekehrt schliesst ein
negatives PCR-Ergebnis weder in der
Synovialflüssigkeit noch im Liquor eine
Borreliose aus.
Borrelien können im Prinzip alle Or-
gane befallen (Haut, ZNS, Augen,
Herz, Gelenke) (Tabelle 2). Deshalb
kann die Borreliose zu sehr unter-
schiedlichen und damit unspezifischen
Krankheitsbildern führen.
Bei Spätfmanifestation der Borreliose
sind die IgG-Titer immer erhöht, bei
Infektion des ZNS können zusätzlich
intrathekal produzierte Antikörper
nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf
eine Lyme-Arthritis kann der direkte
Borreliennachweis in der Synovialflüs-
sigkeit aus dem Gelenkpunktat mittels
PCR gelingen.
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Anka Stegmeier-Petroianu
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