Transkript
XUNDHEIT IN BÄRN
POLITFORUM
Garantie des Bundes für genügend Ärztenachwuchs
MOTION vom 3.12.2012
4. im Tessin eine medizinische Fakultät errichtet werden.
Jacques Neirynck Nationalrat CVP Kanton Waadt
Der Bundesrat wird beauftragt, die Versorgung der Schweiz mit genügend einheimischem Ärztenachwuchs zu gewährleisten. Zu diesem Zweck soll er einen umfassenden Entwurf ausarbeiten, damit der Numerus clausus für die Zulassung zum Medizinstudium an das erforderliche Niveau angepasst werden kann. Alle Massnahmen, die wirksam sein können, sollen dabei in Betracht gezogen werden. So könnten: 1. die ETH dazu ermächtigt werden, einen
Bachelortitel in Medizin zu verleihen; 2. Kosten von medizinischen Fakultäten der
kantonalen Universitäten vermehrt übernommen werden; 3. eine oder mehrere dieser medizinischen Fakultäten in Bundeskompetenz übernommen werden;
Zusätzlich soll sich der Bundesrat an die Kantonsspitäler wenden und dafür sorgen, dass dort ausreichend Praktikumsplätze zur Verfügung stehen. Gleichzeitig soll er die nötigen Massnahmen treffen, damit es eine gerechte Verteilung der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte auf die Allgemeinmedizin und die Spezialmedizin gibt. Zudem soll er für eine flächendeckend gleichmässige Verteilung sorgen.
Begründung Bundesrat Didier Burkhalter erläuterte, dass zurzeit jährlich rund 700 Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden; das Ziel müssten jedoch 1200 bis 1300 sein. Dieser Ärztemangel ist auf den Numerus clausus zurückzuführen, der seit 1998 für das Humanmedizinstudium an den Universitäten Basel, Bern, Freiburg und Zürich gilt. An den Universitäten Genf, Lausanne und Neuenburg wird nach dem ersten Studienjahr stark gesiebt. Jährlich bewerben sich rund 3400 Personen für ein Medizinstudium, allerdings wird nur knapp ein Drittel von ihnen an einer medizinischen Fakultät angenommen.
Das Durchschnittsalter der praktizierenden Ärztinnen und Ärzte beträgt 48,5 Jahre. In der Altersgruppe der 45- bis 49-Jährigen gibt es mehr Ärztinnen und Ärzte als in der Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen. Die Mehrheit der Personen, die kürzlich das Medizinstudium abgeschlossen haben, sind Frauen, von denen die meisten kein Vollzeitpensum anstreben. Um diesem vorprogrammierten Ärztemangel vorzubeugen, werden in der Schweiz Fachkräfte mit einem ausländischen Ärztediplom angestellt. 2009 stammten von insgesamt 30 166 praktizierenden Ärztinnen und Ärzten 7132 aus dem Ausland (24 %). Das Ziel war es, das Angebot zu verringern, um die Nachfrage und somit auch die Belastung der Krankenversicherung einzudämmen; diese Erwartungen haben sich nicht erfüllt, denn aufgrund des Personenfreizügigkeitsabkommens kommen EU-Staatsangehörige in die Schweiz und kompensieren so den hiesigen Ärztemangel. Die Lage verschärft sich zunehmend: Letztes Jahr wurden in der Schweiz 700 Ärztinnen und Ärzte diplomiert, gleichzeitig wurden 1000 ausländische Fachkräfte «importiert». Die Schweiz hat weder die Kontrolle über die Qualität von deren Ausbildung noch über deren Integration in der Bevölkerung. Seit 2008 hat das Parlament schon achtmal versucht, den Bundesrat auf dieses Thema und den damit verbundenen Handlungsbedarf aufmerksam zu machen. Gemäss Artikel 41 der Bundesverfassung ist die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten nicht nur Sache der Kantone, sondern auch des Bundes.
Stellungnahme des Bundesrates vom 23.1.2013
Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass in der Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten Handlungsbedarf besteht, und hat diesbezüglich bereits konkrete Massnahmen initiiert. Er weist aber darauf hin, dass die kantonalen Universitäten und die Universitätsspitäler und damit die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in der Verantwortung der Kantone liegen. Die Kantone sind sich der Dringlichkeit bewusst und haben eine Erhöhung der Ausbildungskapazität beschlossen (Zürich) oder sind daran, diese zu prüfen (Basel, Bern, Genf, Lausanne). Andere Hochschulstandorte überlegen sich ebenfalls, einen Beitrag zur medizinischen Ausbildung zu leisten (z.B. St. Gallen, Luzern, Tessin). Dabei hat die Università della Svizzera italiana vom Tessiner Grossrat bereits ein konkretes Mandat zur Ausarbeitung eines Masterstudiengangs in Medizin erhalten. Der Bundesrat begrüsst jegliche Initiative der Kantone, die zu einer Erhöhung der Anzahl Ausbildungs-
plätze in der Humanmedizin führt. Wie in seiner Antwort zur Motion Rytz festgehalten, ist er der Ansicht, dass mit den im Rahmen der BFI-Botschaft vorgesehenen Grundbeiträgen sowie mit den zusätzlichen IUV-Mitteln die Trägerkantone eine substanzielle finanzielle Unterstützung für die sukzessive Erhöhung der Ausbildungskapazität erhalten. Auch der ETH-Bereich prüft im Rahmen seiner Autonomie Massnahmen zur Stärkung der Medizinausbildung. Die beiden ETH streben eine nähere Zusammenarbeit mit den medizinischen Fakultäten an mit dem Ziel, Passerellen in der Ausbildung von medizinischen Fachkräften zu schaffen. So soll es Absolventinnen und Absolventen eines Bachelorstudiums an den ETH künftig unter bestimmten Bedingungen möglich sein, in ein höheres Semester eines Medizinstudiums an einer kantonalen Universität überzutreten. Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass Ärztinnen und Ärzte in der Wahl ihres Fachgebietes und im
Entscheid, wo sie ihren Beruf ausüben möchten, frei sind. Trotzdem ist das Thema der Steuerung der Weiterbildung im Lichte der Diskussionen zum Zulassungsstopp von grundsätzlichem Interesse. Deshalb wurde dieses auch in der Plattform Zukunft ärztliche Bildung aufgenommen. Die Attraktivität der Berufsausübung namentlich in der medizinischen Grundversorgung ist aber nicht alleine eine Frage der Weiterbildungsmöglichkeiten, sondern auch der strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen. Diesen Herausforderungen wird auch im Masterplan Hausarztmedizin für zukünftige Hausärztinnen und Hausärzte Rechnung getragen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
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POLITFORUM
Qualität medizinischer Gutachten im Rahmen der IV
INTERPELLATION vom 14.12.2012
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Die Zukunft von Menschen mit Behinderungen ist zu einem wesentlichen Teil auch vom Ergebnis des IV-Gutachtens abhängig. Umso wichtiger ist die Unabhängigkeit der Gut-
achter und Gutachterinnen sowie die Gewährleistung der Qualität der medizinischen Gutachtertätigkeit im Rahmen der IV. In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen und Anforderungen: 1. Welche fachlichen Qualifikations- und
Qualitätskriterien haben medizinische IV-Gutachter und Gutachterinnen, ob vollamtlich oder teilzeitlich tätig, nachzuweisen und zu erfüllen? Welche Voraussetzungen haben Personen, die ein Gutachterinstitut der IV leiten, zu erfüllen? 2. Wie lauten die konkreten Leistungsaufträge für Gutachterinstitute?
3. Welcher Art und Periodizität der Aufsicht und Qualitätskontrolle untersteht die gutachterliche Tätigkeit?
4. Aufgrund welcher transparenter Nachweise können Versicherte darauf vertrauen, dass sie von einer unabhängigen und fachlich kompetenten Gutachterstelle untersucht werden?
5. Falls diesbezüglich Lücken bestehen, ist der Bundesrat bereit, zusammen mit Fachleuten einen Kriterienkatalog und medizinische Standards für Qualität gutachterlicher Tätigkeiten erarbeiten zu lassen und zu implementieren?
Antwort des Bundesrates vom 27.2.2013
Im Nachgang zum wegweisenden Urteil des Bundesgerichtes vom 28. Juni 2011 und den Beratungen der parlamentarischen Initiative Kiener Nellen (Faire Begutachtung und rechtsstaatliche Verfahren) hat der Bundesrat die vom Bundesgericht geforderten Massnahmen im Bereich der medizinischen Begutachtung in der IV umgesetzt und per 1. März 2012 den neuen Artikel 72bis der Verordnung über die Invalidenversicherung in Kraft gesetzt. Dieser stellt sicher, dass nur noch Gutachterstellen polydisziplinäre medizinische Gutachten für die IV erstellen dürfen, welche die Qualitätsanforderungen erfüllen, die in der entsprechenden Vereinbarung mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) vorgesehen sind. 1. Die Gutachterstellen garantieren, dass die für sie
tätigen Gutachterinnen und Gutachter im Besitz einer in der Schweiz anerkannten Facharztausbildung sind, wobei diese auch im Ausland erworben werden kann. Die Gutachterinnen und Gutachter haben regelmässig an versicherungsmedizinischen Fortbildungen teilzunehmen und verfügen über klinische Erfahrung. Ausländische Gutachterinnen und Gutachter, die für Gutachterstellen tätig sind, müssen mit den (versicherungs-)medizinischen Anforderungen an ein Gutachten für die schweizerische Invalidenversicherung vertraut sein. 2. Die Gutachterstellen verpflichten sich, im Auftrag der kantonalen IV-Stellen polydisziplinäre medizinische Gutachten im Sinne von Artikel 72bis IVV durchzuführen. Diese enthalten mindestens drei unterschiedliche Expertisen bzw. Fachdisziplinen. Die Gutachterstellen garantieren, dass die Gutachten nach den jeweils vom Bundesgericht vorgegebenen Richtlinien und den allseits anerkannten fachspezifischen Begutachtungsleitlinien durchgeführt werden.
Die Gutachten werden zudem seit dem 1. März 2012 mittels eines äusserst differenzierten Tarifs entschädigt, der den Vorgaben des Bundesgerichts entspricht und damit garantiert, dass die Gutachterstellen alle entscheidungserheblichen Angaben in der erforderlichen Qualität erbringen können. Damit wird die Gefahr eines wirtschaftlichen Fehlanreizes in qualitativer Hinsicht eliminiert, wonach bei einer pauschal entschädigten Begutachtung eine möglichst einfache Erledigung Kapazitäten für weitere Begutachtungen schaffen könnte. 3. Die Gutachterstellen haben dem BSV jährlich Bericht zu erstatten und ihm Angaben über die Organisation und Gutachtertätigkeit zu machen. Im weiteren haben die Gutachterstellen das BSV aus aktuellem Anlass über Wechsel in der medizinischen oder administrativen Leitung, über Zusammenarbeit mit neuen Gutachterinnen und Gutachtern (Facharztausbildung, Bewilligungen) und über Vorkommnisse, welche Einfluss auf die Gutachtertätigkeit haben könnten (z.B. Strafanzeigen, Disziplinarverfahren), zu informieren. Das BSV überprüft die in der Vereinbarung festgehaltenen Vorgaben und Bedingungen und kann bei Bedarf auch Kontrollen von erstellten Gutachten vornehmen. Dem BSV steht zudem jederzeit ein Kontroll- und Auskunftsrecht über die Einhaltung der Vereinbarung zu. Mit der Einführung von SuisseMED@P wurde auch die Grundlage für eine institutionalisierte Rückmeldung der IV-Stellen an die Gutachterstellen hinsichtlich der Qualität der Gutachten geschaffen. Damit ist für die Zukunft eine Basis für Auswertungen und entsprechende Diskussionen gelegt worden.
4. Die vom BSV entsprechend den vorgängig erläuterten Kriterien überprüften und zugelassenen Gutachterstellen werden auf einer Liste im Internet veröffentlicht. Diese Liste ist einsehbar unter www.bsv.admin.ch/themen/iv/00027/index.html? lang=de oder www.suissemedap.ch.
5. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit der Zuteilung von Begutachtungsaufträgen nach dem Zufallsprinzip via eine Internetplattform (SuisseMED@P) und den neuen Vereinbarungen für polydisziplinäre Gutachterstellen eine Verbesserung des Verfahrens, aber auch bereits der Qualität der Gutachten erreicht werden konnte. Diese Bestätigung findet sich u.a. bereits in einigen Urteilen von kantonalen Sozialversicherungsgerichten. Der Bundesrat sieht insbesondere noch Handlungsbedarf in der Erarbeitung und Implementierung von allgemein anerkannten Qualitätsleitlinien. Auf den 1. Juli 2012 konnte das BSV erstmals Qualitätsleitlinien im Bereich der psychiatrischen Begutachtung als allgemein verbindlich für die Begutachtungen in der IV erklären. Diese Leitlinien wurden unter dem Patronat der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP) erarbeitet. Um weitere solche, allgemein anerkannten und breit abgestützten Qualitätsleitlinien in anderen Fachbereichen erarbeiten zu können, ist die IV auf die Unterstützung und Zusammenarbeit mit ärztlichen Fachgesellschaften, aber auch Universitäten angewiesen.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
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