Transkript
XUNDHEIT IN BÄRN
POLITFORUM
KVG: Vertragsfreiheit einführen
MOTION vom 15.6.2012
Felix Gutzwiller Ständerat FDP Kanton Zürich
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Revision des KVG vorzulegen, welche die Vertragsfreiheit zwischen spezialisierten Ärzten und Krankenkassen im ambulanten Bereich einführt. Mindestvorschriften sollen die Dichte und die Qualität der Ärzte und damit eine für alle Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen der Schweiz qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich sicher-
stellen. Der Entwurf soll vorsehen, dass Ärzte im ambulanten Bereich privat und ohne Vertrag mit einer Krankenkasse praktizieren können.
Begründung Als Ablösung des Zulassungsstopps sah der Bundesrat 2004 vor, im ambulanten Bereich die Vertragsfreiheit einzuführen. Leistungserbringer und Versicherer sollten in der Wahl ihrer Vertragspartner frei sein. Es war geplant, dass die Kantone innerhalb einer vom Bund definierten Bandbreite den Krankenversicherern die Mindestzahl von Leistungserbringern vorschreiben würden, welche für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung unter Vertrag zu nehmen wären. Aufgrund von Verhandlungen mit der Ärzteschaft wurden Verhandlungen zur Managed-CareVorlage aufgenommen und wurde nicht auf die Vorlage zur Vertragsfreiheit eingetreten.
Von den um uns liegenden Ländern in Europa hat kein Land einen Kontrahierungszwang zwischen Versicherern und Ärzten. Dies führt dazu, dass die Schweiz für ausländische Spezialisten sehr attraktiv ist. Da seit der Aufhebung des Zulassungsstopps im Januar 2012 die Anzahl Gesuche um eine neue Abrechnungsnummer für eine neue Arztpraxis sprunghaft angestiegen ist (925 zwischen Dezember 2011 und Mai 2012), soll der Bundesrat den Räten eine Vorlage unterbreiten, welche eine Einführung der Vertragsfreiheit zwischen spezialisierten Ärzten und Krankenkassen im ambulanten Bereich vorsieht. Die Vertragsfreiheit soll auf die massiv zunehmenden Spezialärzte beschränkt werden. Mit der Vertragsfreiheit soll weiter die Möglichkeit geschaffen werden, dass Ärzte im ambulanten Bereich privat, das heisst ohne Vertrag mit einer Krankenkasse, praktizieren können.
Stellungnahme des Bundesrates vom 5.9.2012
Die Einschränkung der Zulassung für neue Leistungserbringer zulasten der Krankenversicherung ist am 31. Dezember 2011 ausgelaufen. Am 6. Mai 2011 äusserte sich die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates ausdrücklich gegen eine neuerliche Verlängerung, da sie namentlich der Ansicht war, die Managed-Care-Reform biete eine geeignete Alternative zur Bedürfnisklausel. Am 17. Juni 2012 hat das Volk jedoch die Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes im Bereich der integrierten Versorgung abgelehnt. Mit dem Zulassungsstopp und Managed Care standen geeignete Instrumente zur Verfügung, um das Leistungsangebot zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in den Griff zu bekommen, die erste Massnahme als kurzfristige, die zweite als gangbarere langfristige Lösung.
Der Bundesrat respektiert den Volksentscheid vom 17. Juni 2012 und will die verschiedenen Standpunkte berücksichtigen, die im Rahmen der Abstimmungskampagne zum Ausdruck gekommen sind. Dabei war gemäss VOX-Analyse des Urnengangs die Furcht vor der Einschränkung der freien Arztwahl der Hauptgrund für die Ablehnung der Vorlage. Der Bundesrat vertritt daher die Auffassung, dass ein Vorschlag zur Einführung der Vertragsfreiheit zum jetzigen Zeitpunkt in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig ist und dass es schon aus diesem Grund nicht opportun wäre, dem Parlament eine solche Vorlage vorzulegen. Die eingangs erwähnten Entscheide von Parlament und Volk haben dazu geführt, dass derzeit keine wirksamen Steuerungsmöglichkeiten in Bezug auf die Anzahl Leistungserbringer im ambulanten Be-
reich mehr bestehen, was zu einer unkontrollierten Mengenausweitung bei den Leistungen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung führen könnte. Der Bundesrat hat sich deshalb bereit erklärt, die Motion Humbel «Zulassungssteuerung im KVG wieder einführen» anzunehmen, die eine Wiedereinführung der Zulassungssteuerung für Spezialärzte und Spitalambulatorien durch die Kantone verlangt. Eine solche ambulante Zulassungssteuerung wäre mit der Einführung der Vertragsfreiheit nicht kompatibel.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
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ARS MEDICI 4 ■ 2013
POLITFORUM
Hausbesuche von Ärzten – Senkung der Abgeltung nach dem Tarmed-Tarif
INTERPELLATION vom 11.6.2012
Luc Recordon Ständerat Grüne Kanton Waadt
Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten: 1. Kann er bestätigen, dass für Hausbesu-
che die Abgeltung nach dem Arzttarif Tarmed um 25 Franken pro Besuch gesenkt worden ist?
2. Wenn ja, ist er nicht der Auffassung, dass diese Massnahme im Widerspruch steht zur allgemein verbreiteten Einsicht, dass die Hausarztmedizin gefördert werden soll?
Antwort des Bundesrates vom 29.8.2012
1. Der Bundesrat hat am 15. Juni 2012 einerseits die Tarmed-Version 1.08 genehmigt und andererseits auch dem Zusatzantrag der Tarifpartner vom 16. April 2012 sowie der Verlängerung der Zuschlagsposition «Besuchs-Inkonvenienzpauschale» bis 31. Mai 2012 entsprochen. Die Besuchs-Inkonvenienzpauschale fiel damit zwar Ende Mai 2012 weg. Im Gegenzug wurde indessen mit dem Zusatzantrag vom 16. April 2012 die Position 00.0060 «Besuch, erste 5 Minuten (Grundbesuch)» von 9,57 Taxpunkten auf 24,89 Taxpunkte für die ärztliche Leistung aufgewertet. Diese Regelung wurde einvernehmlich zwischen den Tarmed-Suisse-Tarifpartnern H+ Die Spitäler der Schweiz, der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH und dem Branchenverband der Krankenversicherer Santésuisse vereinbart und dem Bundesrat zur Aufnahme in die Tarmed-Version 1.08 eingereicht. Nach Angaben der Tarifpartner wird die Neubewertung voraussichtlich dasselbe Kostenvolumen wie
die befristete Zuschlagsposition «Besuchs-Inkonvenienzpauschale» auslösen. Zwar würde der Vergleich der befristeten Zuschlagsposition BIP von 40 Taxpunkten mit der Aufwertung der Position «Grundbesuch» um 15,32 Taxpunkte eine Reduktion von 24,68 Taxpunkten ergeben. Die genannten Positionen wurden aber unterschiedlich häufig in Rechnung gestellt, wobei die Position «Grundbesuch» wesentlich häufiger abgerechnet wird. Grund dafür ist, dass die Limitationen beziehungsweise Abrechnungsregeln der Position «Grundbesuch» weniger restriktiv sind als bei der befristeten Zuschlagsposition «BesuchsInkonvenienzpauschale», die sich insbesondere auf Hausbesuche von Montag bis Freitag von 7 bis 19 Uhr und Samstag von 7 bis 12 Uhr beschränkte. Ein mengengewichteter Vergleich der Bewertungsänderungen dieser beiden Positionen ergibt gesamthaft etwa das gleiche Taxpunktvolumen. 2. Wie festgestellt, ist von keiner Reduktion des Vergütungsvolumens auszugehen. Die Tarifpartner
gehen mit dem Bundesrat mindestens von einer Gleichstellung der Facharztgruppen aus. Mit der Aufwertung der Position «Grundbesuche» in der Tarifstruktur selbst wird die bisher befristete Besuchs-Inkonvenienzpauschale abgelöst und eine dauerhafte Regelung zur Abgeltung der Hausbesuche verankert. Der Bundesrat erachtet dies somit als sinnvolle Massnahme zur Unterstützung der Grundversorgung. Schliesslich ist auch noch darauf aufmerksam zu machen, dass die Tarifpartner im Rahmen des vom Eidgenössischen Departement des Innern lancierten Masterplans «Hausarztmedizin und medizinische Grundversorgung» den Auftrag haben, den Tarmed zu revidieren. Dies insbesondere, um die spezifischen Leistungen der Grundversorger besser abzubilden.
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