Transkript
FORTBILDUNG
Knochenrelevante Mikronährstoffe
Neben Vitamin D3 und Kalzium sind weitere Nährstoffe wichtig
Neben Vitamin D3 und Kalzium gibt es eine Reihe oft weniger beachteter Mikronährstoffe, die für die Knochengesundheit und damit auch in der Prävention und Therapie der Osteoporose eine Rolle spielen. Darunter sind vor allem die Mineralstoffe Magnesium, Kalium und Zink, die Vitamine Folsäure, B12 und K wie auch die essenziellen langkettigen, mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren zu nennen.
UWE GRÖBER
Magnesium Magnesium ist als essenzieller Kofaktor von über 300 enzymatischen Reaktionen und als Elektrolyt in Körperflüssigkeiten für nahezu alle Stoffwechselbereiche von grosser Bedeutung. Vom Gesamtkörperbestand sind etwa 50 bis 60 Prozent im Knochen und zirka 30 Prozent in der Muskulatur lokalisiert. Mit zunehmendem Lebensalter nimmt der Magnesiumgehalt im Knochen, insbesondere der mobilisierbare Anteil, ab (1). Magnesium ist ein wichtiger Bestandteil der anorganischen Knochenmatrix. Hier stabilisiert es amorphe Kalzium-Phosphat-Verbindungen. Die renale Hydroxylierung von 25-OHVitamin D3 zu 1,25-(OH-)2-Vitamin D3 wie auch die Sekretion von Parathormon (PTH) sind magnesiumabhängig (2).
Merksätze
❖ Magnesiummangel kann eine Hypokalzämie begünstigen. Nur eine langfristige Supplementierung von Magnesium erhöht die zellulären Magnesiumspiegel.
❖ Das Na+/K+-Verhältnis in der Nahrung ist entscheidender als die Konzentration der einzelnen Kationen für sich allein (natriumarm/kaliumreich).
❖ Eine hohe diätetische Phosporzufuhr (z.B. phosphathaltige Limonaden, Fertiggerichte) bei gleichzeitig inadäquater Kalziumzufuhr sollte man vermeiden.
❖ In der Prävention der Osteoporose sollte neben der diätetischen Kalziumzufuhr auch auf eine adäquate Zinkzufuhr geachtet werden.
❖ In der Osteoporosetherapie ist auch eine regelmässige Supplementierung von Vitamin C und Vitamin K1/K2 sinnvoll.
Ein Mangel an Magnesium kann die PTH-Sekretion beeinträchtigen und dadurch eine Hypokalzämie begünstigen (3). Des Weiteren erhöhte ein Magnesiummangel in tierexperimentellen Studien die Osteoklastenaktivität, verringerte das Knochenwachstum und löste eine Osteoporose aus (4, 5). Eine Auswertung der Framingham-Studie zeigt, dass bei Frauen und Männern eine hohe diätetische Zufuhr an Magnesium und/oder Kalium mit einer höheren Knochendichte assoziiert ist. Dabei dürfte unter anderem der puffernde und kalziumsparende Effekt der beiden Mineralstoffe auf die nahrungsinduzierte chronische Azidose eine Rolle spielen (6). In kontrollierten klinischen Studien konnte ein positiver Einfluss von Magnesium auf den Knochen-Turn-over und die Knochendichte beobachtet werden. So führte bei postmenopausalen Frauen (durchschnittliches Alter: 57,6; n = 31) die Supplementierung von Magnesium (250–750 mg/Tag, p.o.) über einen Zeitraum von zwei Jahren zu einem statistisch signifikanten Anstieg der Knochendichte. Die Knochendichte nahm bei 71 Prozent der supplementierten Frauen um 1 bis 8 Prozent zu (p = 0,02) (7). Die Resorption und Bioverfügbarkeit von Magnesium ist von zahlreichen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel der Zusammensetzung der Nahrung (z.B. Resorptionshemmer: Oxalate, Phosphate, Phytate), dem Versorgungsstatus des Körpers, der Dosis, Art und Löslichkeit der Magnesiumverbindungen sowie der Darmmotilität und Flüssigkeitsaufnahme. Da die Magnesiumexkretion mit dem Urin sehr rasch verläuft und Magnesium in den Zellen nur langsam retiniert wird, entspricht der resorbierte Anteil des diätetischen Magnesiums überwiegend dem im Urin ausgeschiedenen Magnesium. Nur eine langfristige Supplementierung von Magnesium erhöht folglich die zellulären Magnesiumspiegel. Magnesium ist aus einer gemischten Kost zu 30 bis 55 Prozent bioverfügbar. Anorganische Magnesiumsalze (z.B. MgOxid, -Carbonat, -Sulfat; Ausnahme: Magnesiumchlorid) weisen eine deutlich geringere intestinale Bioverfügbarkeit auf als organische Magnesiumsalze (z.B. Mg-Citrat, -Aspartat, -Glukonat, -Orotat) (1, 8). Empfehlungen: ❖ Es ist empfehlenswert, die Gesamttagesdosierung von
Magnesium in jedem Fall über den Tag auf kleine Einzelportionen aufzuteilen. ❖ Magnesium-, aber auch Kalziumsalze in Form von Brausetabletten oder Granulaten sollten in einer gut bioverfügbaren Form (z.B. als Zitrat) mit ausreichend Flüssigkeit (z.B. 300 mg Magnesium in 750 ml Wasser) über den Tag verteilt zugeführt werden.
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❖ Auch unter einer Therapie mit Bisphosphonaten oder Strontium sollte nicht nur auf eine adäquate Zufuhr von Vitamin D und Kalzium, sondern auch von Magnesium geachtet werden!
Kalium Kalium ist mit einer Konzentration von 150 bis 160 mmol/l das bedeutendste Kation des Intrazellulärraums und an der metabolischen Aktivität jeder Zelle beteiligt. Der Körperbestand an Kalium beträgt etwa 2 g/kg Körpergewicht, 99 Prozent davon sind intrazellulär lokalisiert. Schätzwerte für eine minimale Kaliumzufuhr bei Jugendlichen und Erwachsenen liegen bei 2000 mg Kalium/Tag (2 g = 50 mmol). Das Food and Nutrition Board der USA (FNB) hält unter präventiven Aspekten für Erwachsene 4700 mg Kalium/Tag (120 mmol/Tag) für angemessen. Diese diätetische Kaliummenge ist aufgrund aktueller Erkenntnisse erforderlich, um chronischen Erkrankungen beziehungsweise Stoffwechselstörungen wie Hypertonie, Nierensteinen, Kochsalzsensitivität, Verlust an Knochenmasse oder Schlaganfällen vorzubeugen beziehungsweise das Auftreten dieser Phänomene zu verringern (9). Das Na+/K+-Verhältnis in der Nahrung ist entscheidender als die Konzentration der einzelnen Kationen für sich allein. Eine Natriumreduktion und vermehrte Aufnahme an kaliumreichen Lebensmitteln (Obst, Gemüse) leistet einen wichtigen Beitrag in der Prävention chronischer Erkrankungen wie Hypertonie und Osteoporose (6). Kalium hat einen positiven Einfluss auf den Knochenstoffwechsel, da eine höhere Kaliumzufuhr eine erhöhte renale Kalziumexkretion verringert, die durch eine hohe Kochsalzzufuhr induziert wird (Kalium fördert die renale Kalziumretention in der Niere). Eine kalium- und basenreiche Ernährung wirkt zudem der nahrungsinduzierten Säurelast entgegen. Empfehlungen: ❖ Der tägliche Kaliumbedarf sollte vorrangig durch eine aus-
gewogene obst- und gemüsereiche Ernährung abgedeckt werden. ❖ Zur Unterstützung des Säure-Basen-Gleichgewichts können auch Magnesium-Kaliumzitrat-Kombinationen (z.B. 200 mg Magnesium plus 600 mg Kalium) mit ausreichend Flüssigkeit (z.B. 750 ml Wasser) über den Tag verteilt supplementiert werden.
Phosphor Organische Phosphorverbindungen sind wichtige Bausteine von Nukleinsäuren, und viele Stoffwechselprozesse der Zelle werden durch Phosphorylierungsreaktionen reguliert. Als Bestandteil von Adenosintriphosphat (ATP) spielt Phosphor eine Schlüsselrolle im zellulären Energiestoffwechsel. Ausserdem fungieren Phosphate als Puffer im Säure-Basen-Haushalt von Intrazellulärraum und Blutplasma. Phosphor stellt zusammen mit Kalzium den Hauptbestandteil des anorganischen Anteils des Skeletts. Im Hydroxyapatit trägt Phosphor zur Festigung der Knochenstruktur bei. Kalzium und Phosphor sind in den Hydroxyapatitverbindungen im konstanten Verhältnis von etwa 2:1 enthalten. Der Kalzium- und Phosphorstoffwechsel unterliegt der Regulation durch das Parathormon. Ein Anstieg der Phosphatspiegel im Blut ist mit einer erhöhten Parathormonausschüt-
tung assoziiert. Die Niere ist das wichtigste Organsystem für die Homöostase von Phosphor. Phosphor wird glomerulär filtriert und im proximalen Tubulus mittels Na+-Kotransport zu etwa 80 Prozent rückresorbiert. In tierexperimentellen Studien führte eine hohe Zufuhr an Phosphor zu Knochenstoffwechselstörungen. In einer klinischen Studie erhielten 50- bis 75-jährige Patientinnen mit Osteoporose sieben Tage lang Phosphor (als Phosphat) in einer Dosierung von 750 mg, 1500 mg oder 2250 mg. Während sich die Konzentrationen an Kalzium und Phosphat im Serum nicht veränderte, stieg der Parathormonspiegel im Serum in beiden Gruppen mit 1500 mg und 2250 mg statistisch signifikant an (10). Empfehlung: ❖ Eine hohe diätetische Phosporzufuhr (z.B. phosphathaltige
Limonaden, Fertiggerichte) bei gleichzeitig inadäquater Kalziumzufuhr sollte man vermeiden. Sie dürfte infolge der damit verbundenen Parathormonsekretion (sekundärer Hyperparathyreoidismus) das Risiko für osteoporotische Prozesse begünstigen.
Zink Zink steuert als struktureller, katalytischer oder regulatorischer Kofaktor von über 300 Enzymen zahlreiche Prozesse im Stoffwechsel. Zink ist unentbehrlich für den Nukleinsäuren- und Proteinmetabolismus und damit für die normale Zellproliferation sowie ganz allgemein für Entwicklungs-, Regenerations- und Wachstumsprozesse (11). In tierexperimentellen Studien verursachte ein alimentärer Zinkmangel bei wachsenden Ratten eine Osteopenie. Darüber hinaus wurde eine um 45 Prozent erniedrigte trabekuläre Knochenmasse und verschlechterte Mikroarchitektur des trabekulären Knochens mit weniger und dünneren Trabekeln beschrieben. Zinkmangel ist auch beim Menschen ein eigenständiger Risikofaktor für die Entstehung einer Osteoporose. Während der Wachstumsphase kann ein Mangel an Zink zu einer erniedrigten Peak-Bone-Mass führen. Etwa 40 Prozent der Frauen über 65 Jahre weisen einen erniedrigten Zinkspiegel im Blut auf (12). Auch die Konzentration in den Haaren und Knochen ist bei Patienten mit Osteoporose erniedrigt. Die Zinkausscheidung über den Urin ist bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose deutlich erhöht und wird durch Östrogensubstitution verringert (13). Bei Knochenfrakturen wird Zink eine den Heilungsprozess stimulierende Wirkung zugeschrieben. Das Frakturrisiko in epidemiologischen Untersuchungen war für Personen mit einer durchschnittlichen Zinkaufnahme von 10 mg täglich nahezu doppelt so hoch wie bei denjenigen mit einer deutlich höheren Zinkaufnahme (14). In einer prospektiven, plazebokontrollierten Doppelblindstudie mit 59 gesunden postmenopausalen Frauen (Durchschnittsalter 66 Jahre) führte die kombinierte Gabe von Kalzium (1000 mg/Tag, als Zitrat-Malat), Zink (15 mg/Tag, als Sulfat), Kupfer (2,5 mg/Tag, als Glukonat) und Mangan (5 mg/Tag, als Glukonat) über einen Zeitraum von zwei Jahren zu einer Zunahme der Knochendichte von etwa 1,48 Prozent gegenüber einer Abnahme von 1,25 Prozent bei alleiniger Supplementierung von Kalzium. Die Knochendichte in der Plazebogruppe nahm um 3,53 Prozent ab (Abbildung) (15).
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2
1
0
p < 0.01 -1
-2
-3
-4 Plazebo
Spurenelemente
Kalzium
Kalzium + ZKM
Abbildung: Einfluss von Zink und anderen Mineralstoffen auf die Knochendichte (Veränderung der Knochendichte in % vom Ausgangswert) (15)
Empfehlungen: ❖ In der Prävention der Osteoporose sollte neben der diäteti-
schen Kalziumzufuhr auch auf eine adäquate Zinkzufuhr geachtet werden. ❖ In der Therapie kann neben Kalzium und Magnesium die regelmässige Zinksupplementierung (z.B. 25 mg/Tag, p.o.) empfohlen werden.
Bor Bei postmenopausalen Frauen steigert eine unzureichende Versorgung mit Bor die renale Kalzium- und Magnesiumexkretion. Bor spielt eine wichtige Rolle bei der Biosynthese von Steroidhormonen (Östrogene, Androgene, Vitamin-DHormon). Unter der täglichen Gabe von 2 bis 3 mg Bor konnten bei postmenopausalen Frauen eine signifikante Reduktion der renalen Kalzium- und Magnesiumausscheidung sowie ein Anstieg des Östradiolspiegels beobachtet werden (16, 17). Möglicherweise optimiert Bor die ossäre Wirkung anderer knochenwirksamer Mikronährstoffe wie Kalzium, Magnesium und Vitamin D.
Vitamin K Vitamin K spielt eine zentrale Rolle im Knochenstoffwechsel. Zu den bekannten Vitamin-K-abhängigen Knochenproteinen, die an der Mineralisation und Regulation des Knochengewebes beteiligt sind, zählen das Osteocalcin, das MatrixGla-Protein (MGP) und das Knochenprotein S (18). Osteocalcin ist ein nicht kollagenes Glykoprotein, das in den Osteoblasten gebildet wird. Vitamin K stimuliert die Knochenneubildung und verringert die Kalzium- und Hydroxyprolinausscheidung im Urin. Eine unzureichende diätetische Versorgung mit Vitamin K dürfte ein wichtiger pathogenetischer Faktor bei der Osteoporoseentstehung sein. Die Ergebnisse der Nurses Health Study belegen, dass eine hohe Aufnahme von Vitamin K (> 109 µg/Tag) bei Frauen im Vergleich zu einer niedrigen Zufuhr (< 109 µg/Tag) das Risiko für Oberschenkelhalsbrüche statistisch signifikant um 30 Prozent reduziert (RR: 0,70; 95%-KI: 0,53–0,93) (19). Die Framingham Heart Study zeigt ähnliche Ergebnisse. Insbesondere Frauen in der Postmenopause, bei denen der Knochenverlust oft schnell voranschreitet, können von einer Vitamin-K-Substitution profitieren. Vitamin K hat einen additiven Effekt zu Vitamin D auf den Erhalt des Knochens.
Die Wirksamkeit der Bisphosphonate auf den Knochen wird durch die Supplementierung von Vitamin K verbessert (20). Vitamin K wirkt auch einer kortikoidinduzierten Osteoporose entgegen. Die Ergebnisse verschiedener Interventionsstudien belegen die gute ossäre Wirksamkeit von Vitamin K. In einer randomisierten Studie mit 241 postmenopausalen Frauen führte die Supplementierung von 45 mg Vitamin K2 über einen Zeitraum von 24 Monaten gegenüber der Kontrollgruppe zu einer statistisch signifikant verringerten Frakturrate (21). Empfehlungen: ❖ Für die Primärprävention der Osteoporose dürfte eine
Vitamin-K-Aufnahme von etwa 100 bis 200 µg täglich ausreichend sein. Diese Menge ist ohne Weiteres über eine an grünem Blattgemüse reiche Ernährung (z.B. Spinat, Rosenkohl) abzudecken. ❖ In der Osteoporosetherapie, auch unter der Therapie mit Bisphosphonaten oder Strontium, ist eine regelmässige Supplementierung von 1 bis 45 mg Vitamin K1/K2 täglich (z.B. 30 mg/Tag p.o.) unter Berücksichtigung potenzieller Kontraindikationen sinnvoll.
Vitamin C Vitamin C ist ein essenzieller Kofaktor der Kollagensynthese. Kollagen ist die Hauptkomponente der organischen Knochenmatrix. Epidemiologische Studien weisen auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Vitamin-C-Aufnahme und der Knochendichte hin. Vitamin-C-Mangel führt zu Störungen im Knochenstoffwechsel und beeinträchtigt die Umwandlung (Hydroxylierung) von Vitamin D3 in seine knochenaktive Form, das 1,25-(OH-)2-Vitamin D3 (Calcitriol). Rauchen ist ein «Knochenräuber» und führt zu multiplen Störungen des Knochenstoffwechsels (Tabelle). Bei Frauen und Männern ist Rauchen ein unabhängiger Risikofaktor für Wirbelkörperfrakturen und periphere Frakturen. Eine ungenügende Vitamin-C-Zufuhr erhöht bei Rauchern das Risiko für eine Hüftgelenkfraktur um den Faktor 3 (22, 23). Empfehlungen: ❖ Eine adäquate Versorgung mit Vitamin C (z.B. 100 mg/Tag)
dürfte ohne Weiteres mit einer an frischem Obst und Gemüse reichen Ernährung («5 am Tag») abzudecken sein. ❖ In der Osteoporosetherapie ist auch eine regelmässige Supplementierung von Vitamin C sinnvoll.
Folsäure, Vitamin B12 und PPI In den Sechzigerjahren wurden die ersten Fälle einer angeborenen Erkrankung des Homocysteinstoffwechsels, der Homocystinurie, beschrieben, die bereits in jungen Jahren neben einer Arteriosklerose zu ausgeprägten Skelettanomalien und zur Osteoporose führt. Erhöhte Homocysteinspiegel korrelieren in Studien signifikant mit dem Risiko für osteoporotische Frakturen. Homocystein stört die Quervernetzung von Elastin und Kollagenfasern und verringert damit möglicherweise den Aufbau der organischen Knochenmatrix. Ein guter Folsäure- und Vitamin-B12-Status hat Studien zufolge einen günstigen Einfluss auf den Homocysteinstoffwechsel und die Knochendichte. So zeigte sich eine potenziell fraktursenkende Wirkung von Vitamin B12 und Folsäure in einer randomisierten und kontrollierten Studie aus Japan. Hier liess sich die Zahl proximaler
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Tabelle:
Störungen des Knochenstoffwechsels durch Rauchen
Störungen des Vitamin-C-Status – oxidativer Vitamin-C-Verbrauch – Beeinträchtigung der Vitamin-C-abhängigen Hydroxylierung – von 25-(OH-)Vitamin D3 (Calcidiol) – Störung der Kollagensynthese
Störungen im Kalzium- und Vitamin-D-Stoffwechsel – Kalziumresorption ↓ – 1,25-(OH-)Vitamin-D3-Spiegel ↓ – antiöstrogene Wirkung (z.B. Störung des hepatischen Östrogenmeta– bolismus, erhöhte Bildung von 2-OH-Östrogenen, Östrogenspiegel) ↓ – Kortisolspiegel↑ (postmenopausale Raucherinnen)
Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA)
Die Konzentration der mehrfach ungesättigten Fettsäuren
EPA, DHA und GLA im Plasma und den Zellmembranen kor-
reliert positiv mit dem Kalziumgehalt der Knochen. Osteolytisch
wirkende, proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6 und
TNF-α erhöhen die Knochenresorption und beeinträchtigen
den Knochenaufbau. EPA und DHA greifen regulierend in den
Stoffwechsel der Eicosanoide und der proinflammatorisch wir-
kenden Zytokine ein und wirken somit möglicherweise einem
zytokinbedingten Abbau der Knochenmatrix entgegen.
Empfehlung:
❖ Fetter Seefisch, der regelmässig verzehrt wird (z.B. zweimal
pro Woche), ist nicht nur ein guter Lieferant für essenzielle,
mehrfach ungesättigte Fettsäuren, sondern auch für wert-
volles Protein und Vitamin D.
❖
Femurfrakturen bei hemiplegischen Schlaganfallpatienten durch die Supplementierung von 5 mg Folsäure/Tag und 1500 µg Methylcobalamin/Tag, die mit einer 38-prozentigen Senkung des Homocysteinspiegels assoziiert war, um 80 Prozent senken (RR: 0,2; 95%-KI 0,08–0,5) (24). In einer kanadischen Studie wurde die Langzeitwirkung von Protonenpumpenhemmern (PPI) auf die Knochendichte und das Frakturrisiko erfasst. Dabei wurden die Daten von 15 792 Patienten mit osteoporosebedingten Frakturen (z.B. Wirbelkörper-, Becken- und Hüftfrakturen), die PPI eingenommen hatten, analysiert. Als Kontrollgruppe dienten 47 289 Patienten ohne Frakturen. Die Studienergebnisse belegen, dass die langfristige Einnahme von PPI (z.B. Omeprazol) über einen Zeitraum von sieben Jahren mit einem stark erhöhten Risiko für osteoporosebedingte Frakturen assoziiert ist (OR: 1,92; 95%-KI 1,16–3,18; p = 0,011). Darüber hinaus führte eine regelmässige Einnahme von PPI über einen Zeitraum von fünf Jahren zu einem signifikant erhöhten Risiko für Hüftfrakturen (OR: 1,62; 95%-KI 1,02–2,58; p = 0,04) (25). Diese Ergebnisse stimmen mit den Ergebnissen einer früheren Studie überein, die ebenfalls gezeigt hatten, dass ältere Patienten, die wegen peptischer Magenbeschwerden mit PPI behandelt werden, ein deutlich erhöhtes Frakturrisiko haben. Das Risiko für osteoporosebedingte Frakturen stieg dabei mit zunehmender Einnahmedauer der Protonenpumpenhemmer an: Nach einem Jahr betrug die Odds Ratio 1,22 (95%-KI 1,15–1,30), nach vier Jahren 1,59 (95%-KI 1,39–1,80; p < 0,01) (26). PPI hemmen auch die Resorption und Utilisation von Vitamin B12. Proteingebundenes Vitamin B12 kann dadurch nur noch unzureichend freigesetzt und absorbiert werden. Vitamin-B12-Mangel ist aufgrund von Störungen im Methylgruppenstoffwechsel mit einem erhöhten Risiko für Demenz und Osteoporose verbunden. Empfehlung: ❖ Bei älteren Personen (≥ 60 Jahre) und Personen, die regelmässig
PPI zur Senkung der Magensäuresekretion einnehmen, sollten ein- bis zweimal pro Jahr der Status knochenwirksamer Mikronährstoffe beziehungsweise die Surrogatparameter (z.B. 25-OH-Vitamin D3, Homocystein, Methylmalonsäure) kontrolliert und durch gezielte Supplementierung kompensiert werden, um potenziellen Störungen der Knochenmineralisation durch PPI entgegenzuwirken.
Uwe Gröber
Apotheker und Mikronährstoffexperte
Akademie & Zentrum für Mikronährstoffmedizin
Zweigertstr. 55, D-45130 Essen
E-Mail: uwegroeber@gmx.net
Internet: www.mikronaehrstoff.de
Interessenkonflikte: keine deklariert
Referenzen: 1. Kisters K, Gröber U: Magnesium Update 2010. Deutsche Apotheker Zeitung 2010; 150(25):
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