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Therapie der Insomnie
FORTBILDUNG
Bei einer primären oder komorbiden Insomnie kann mit kognitiver Verhaltenstherapie oder mit Medikamenten sowie mit einer Kombination beider Optionen ein Behandlungserfolg erzielt werden.
LANCET
Bei der Insomnie handelt es sich um ein häufiges Leiden, das entweder allein oder in Zusammenhang mit Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder psychiatrischen Störungen auftritt. Eine Insomnie kann gelegentlich, rezidivierend oder dauerhaft vorhanden sein und beeinträchtigt nachweislich die Lebensqualität sowie psychische, berufliche und ökonomische Belange des Betroffenen. Die Insomnie ist durch eine subjektive Unzufriedenheit mit der Schlafdauer und der Schlafqualität gekennzeichnet. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten beim Einschlafen, wachen häufiger in der Nacht oder zu früh morgens auf und fühlen sich unausgeschlafen. Eine Insomnie ist folglich auch häufig mit Tagesschläfrigkeit, Antriebslosigkeit oder einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden. Etwa 25 Prozent der Erwachsenen sind mit ihrem Schlaf unzufrieden, 10 bis 15 Prozent leiden unter Symptomen der Schlaflosigkeit in Verbindung mit entsprechenden Beschwerden tagsüber, und auf 6 bis 10 Prozent treffen die Diagnosekriterien einer Insomnie zu. Zur Behandlung stehen nichtmedikamentöse, pharmakologische und kombinierte Herangehensweisen zur Verfügung.
Kognitive Verhaltenstherapie Bei der kognitiven Verhaltenstherapie handelt es sich um eine kurzfristige schlaforientierte multimodale Intervention, die psychologische und verhaltenstherapeutische Verfahren umfasst wie zum Beispiel Schlafrestriktion, Stimuluskontrolle, Entspannungstechniken, kognitive Strategien und
Merksätze
❖ Bei Insomnie kann mit kognitiver Verhaltenstherapie und/oder Medikamenten ein kurzfristiger Behandlungserfolg erzielt werden.
❖ Für eine dauerhafte Verbesserung des Schlafs ist meist auch eine Verhaltensänderung erforderlich.
Massnahmen zur Schlafhygiene. Das Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist die Veränderung von Faktoren, die den Schlaf negativ beeinflussen. Dazu gehören Verhaltensfaktoren (z.B. unregelmässiges Zubettgehen), psychologische Faktoren (Grübeln und Ängste in der Nacht) oder physiologische Faktoren (mentale und somatische Anspannung, Überreiztheit). Mit der kognitiven Verhaltenstherapie können chronische, primäre oder komorbide Schlafstörungen bei jüngeren und älteren Erwachsenen behandelt werden. Die Evidenz aus Metaanalysen und systematischen Reviews weist darauf hin, dass die kognitive Verhaltenstherapie mit mittlerem bis grossem Effekt im Hinblick auf die Einschlafzeit und die Schlafqualität sowie mit geringem bis mittleren Effekt bezüglich der Anzahl nächtlicher Wachperioden und der Dauer der gesamten Schlafzeit verbunden ist. Mit der kognitiven Verhaltenstherapie kann bei 70 bis 80 Prozent der Patienten ein therapeutisches Ansprechen und bei etwa 40 Prozent eine klinische Remission erreicht werden. Mit dieser Behandlungsoption kann eine dauerhafte Verbesserung des Schlafs erzielt werden, was einen deutlichen Vorteil gegenüber der pharmakologischen Behandlung darstellt. Zudem können Patienten mit zahlreichen unterschiedlichen medizinischen und psychiatrischen Störungen profitieren. So ist die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie in Verbindung mit chronischen Schmerzen, Fibromyalgie, Krebs und zahlreichen Erkrankungen bei älteren Menschen wirksam. Bei älteren Menschen kommt Schlaflosigkeit häufiger vor und ist auch öfter mit anderen gesundheitlichen Störungen assoziiert. Ergebnisse aus einer Metaanalyse zeigen, dass mit der kognitiven Verhaltenstherapie bei Personen in mittlerem Alter und bei älteren Menschen ähnliche Effektgrössen erzielt werden können. Die kognitive Verhaltenstherapie wird meist im Rahmen von vier bis sechs Therapiesitzungen in wöchentlichem Abstand vorgenommen. Die Anzahl der Sitzungen kann jedoch entsprechend den Schlafbeschwerden, der Komorbidität oder der Patientenmotivation variieren. Die kognitive Verhaltenstherapie wird von den Patienten meist gut akzeptiert. Allerdings gibt bei der Implementierung oft Schwierigkeiten aufgrund zeitlicher Einschränkungen und weil nur wenige Ärzte diese Therapie durchführen können. Da die individuelle Behandlung mit einem Schlafspezialisten nicht immer gewährleistet ist, können andere Zugänge sinnvoll sein. Mit Training und Supervision können beispielsweise auch Krankenschwestern eine wirksame kognitive Verhaltenstherapie anbieten. Die Zusammenfassung mehrerer Patienten in einer Gruppentherapie oder telefonische
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Tabelle:
Pharmakologische Behandlung der Insomnie in der Schweiz
Benzodiazepine Flurazepam (Dalmadorm®) Oxazepam (Anxiolit®, Seresta®) Temazepam (Normison®) Triazolam (Halcion®) Nichtbenzodiazepine Zopiclon (Imovane®, Zopiclone Zentiva®) Zolpidem (Stilnox® und Generika) Melatonin-Rezeptor-Agonisten Melatonin (verzögerte Freisetzung, Circadin®) Antidepressiva Amitriptylin (Saroten®, Tryptizol®)
Doxepin (Sinquan®) Trimipramin (Surmontil® und Generika) Mirtazapin (Remeron® und Generika) Agomelatin (Valdoxan®)
Trazodon (Trittico®)
Antikonvulsiva Clonazepam (Rivotril®) Gabapentin (Neurontin® und Generika)
Tiagabin (Gabitril®)
Antipsychotika Olanzapin (Zyprexa®)
Quetiapin (Seroquel® und Generika)
Dosis (mg)
Dosis bei älteren Halbwertszeit
Menschen (mg)
(h)
Nebenwirkungen
15–30
30–50 7,5–30 0,25–0,50
15
15–30 7,5 0,125–0,250
47–100
ca. 8 6–16 1,5–5,5
Benommenheit, Schwindel, Ataxie, Amnesie, gastrointestinale Symptome Wie bei Flurazepam Wie bei Flurazepam Wie bei Flurazepam
3,75–7,5 10
7,5 5
5 Übler Geschmack, Mundtrockenheit, Benommenheit, Schwindel, Amnesie, gastrointestinale Beschwerden
2,5 Benommenheit, Kopfschmerzen, Amnesie, gastrointestinale Beschwerden
2 (1–2 h vor dem Zubettgehen und nach dem Essen)
2
3,5–4 Kopfschmerzen, Pharyngitis, Rückenschmerzen, Asthenie, Reizbarkeit, Nervosität, Benommenheit, Somnolenz, Bauchschmerzen, Verstopfung
50–100
75–100 25–200 15–45 25–50
150–400
20 10–28 (inkl. Metabolit Nortriptylin)
25–50 25–100 7,5–15
Keine Angabe
8–24 11–23 20–40
1–2
150 7
Benommenheit, Schwindel, Verwirrtheit, verzerrte Sicht, trockener Mund, Verstopfung, Urinretention, Arrhythmien, orthostatische Hypotension, Gewichtszunahme, Exazerbation von Restless Legs, periodische Gliedmassenbewegung, Rapid-Eye-Movement-Schlafstörungen Wie bei Amitriptylin Wie bei Amitriptylin Benommenheit, Schwindel, gesteigerter Appetit, Verstopfung, Gewichtszunahme Kann Leberwerte erhöhen, Prüfung der Leberwerte nach 6, 12, 24 Wochen, danach regelmässig. Übelkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Ängste, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Interaktion mit Fluvoxamin Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen, verzerrte Sicht, Mundtrockenheit, Arrhythmien, orthostatische Hypotension, Priapismus
0,25–0,50 300–600
4–8
0,25 300
4
30–40 Benommenheit, Schwindel, Ataxie, Depression, reduzierte intellektuelle Fähigkeiten
5–7 Benommenheit, Schwindel, emotionale Schwankungen, Ataxie, Tremor, verzerrte Sicht, Diplopie, Nystagmus, Myalgie, periphere Ödeme
7–9 Benommenheit, Schwindel, Ataxie, Tremor, neu einsetzende Krämpfe bei Nicht-Epileptikern, Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsstörungen, Nervosität, Asthenie, Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit
5–10 25–200
5 25
21–54 Benommenheit, Schwindel, Tremor, Agitation, Asthenie, extrapyramidale Symptome, Mundtrockenheit, Dyspepsie, Konstipation, orthostatische Hypotension, Gewichtszunahme, neu einsetzender Diabetes mellitus
6 Wie bei Olanzapin
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Kasten:
Leitlinie zur Auswahl pharmakologischer Substanzen
Die American Academy of Sleep Medicine Clinical Guideline for Management of Insomnia empfiehlt die folgende Vorgehensweise bei der Auswahl von Medikamenten: ❖ Kurz oder mittellang wirksame Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten
(BzRA) oder Ramelteon. Es wird kein bestimmtes Medikament empfohlen; die Auswahl sollte anhand klinischer Faktoren erfolgen. ❖ Alternativ-BzRA oder Ramelteon. Die Auswahl basiert auf dem Ansprechen auf das erste Medikament. Ist z.B. die Wirkdauer zu kurz, sollte ein Medikament mit einer längeren Halbwertszeit gewählt werden. ❖ Ein sedierendes niedrig dosiertes Antidepressivum. Für Patienten mit depressiven Symptomen oder bei Behandlungsfehlschlägen. ❖ Kombination eines BzRA mit einem Antidepressivum. Die Kombination kann die Wirksamkeit verbessern, die Toxizität wird durch niedrige Dosierungen minimiert.
Die Evidenz der Wirksamkeit anderer verschreibungspflichtiger Medikamente (z.B. Tiagabin, Pregabalin, Quetiapin, Olanzapin) reicht nicht aus, um ihre Anwendung bei primärer Insomnie zu empfehlen. Diese Substanzen könnten aber bei Patienten von Nutzen sein, bei denen auch andere Indikationen für die Anwendung vorliegen wie zum Beispiel chronische Schmerzen oder psychiatrische Erkrankungen. Zu den Substanzen, die zur Behandlung der Insomnie nicht empfohlen werden, gehören Alkohol, Chloralhydrat und Nicht-Barbiturate/NichtBenzodiazepine wie Meprobamat (Meprodil®) aufgrund ihres Potenzials für Nebenwirkungen und Toxizitäten sowie eines Risikos für Missbrauch und Abhängigkeit. Antihistaminika sollten aufgrund ihres Nebenwirkungspotenzials und der spärlichen Wirksamkeitsdaten ebenfalls vermieden werden. Die langfristige Anwendung frei verkäuflicher Medikamente wie Baldrian oder Melatonin wird wegen fehlender Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit nicht empfohlen.
Konsultationen sind ebenfalls kostengünstige Vorgehensweisen. Auch Selbsthilfetools und gedrucktes Informationsmaterial, Videos oder internetbasierte Programme können allein oder als Bestandteil einer professionellen Therapie angewendet werden. Letztlich hängt der Erfolg der kognitiven Verhaltenstherapie vor allem von der Compliance des Patienten ab. Um den Behandlungserfolg zu optimieren, sind häufig weitere Konsultationen zur Überprüfung der Wirksamkeit sowie zur weiteren Anleitung und Unterstützung erforderlich.
Pharmakologische Behandlung Zur Behandlung der Insomnie werden verschiedene Substanzen aus unterschiedlichen Medikamentenklassen angewendet. Dazu gehören frei verkäufliche Arzneimittel wie Antihistaminika, Melatonin und pflanzliche Präparate, verschreibungspflichtige Hypnotika wie Benzodiazepine, chronobiotisch wirksame Substanzen und niedrig dosiertes Doxepin sowie weitere verschreibungspflichtige Medikamente, die nicht speziell zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen sind. Zu dieser Gruppe gehören Antidepressiva, Antipsychotika und Antikonvulsiva (Tabelle).
Frei verkäufliche Medikamente Zu den Antihistaminika als schlafinduzierende Medikamente gehören Diphenhydramin (Benocten®, Nardyl®) und Doxylamin (Sanalepsi®). Beide Wirkstoffe werden häufig in Kombination mit Analgetika wie Ibuprofen oder Paracetamol gegeben. Zur Wirksamkeit bei Insomnie gibt es nur wenige Daten. Bei Einnahme dieser Medikamente kann sich eine Gewöhnung entwickeln, und ein Entzug kann zu einer Reboundinsomnie führen. Von den zahlreichen pflanzlichen Präparaten kommt Baldrian (Sedonium®, Baldriparan®) am häufigsten zum Einsatz. Die Ergebnisse einer Metaanalyse weisen auf eine subjektive Verbesserung des Schlafs hin, eine mit quantitativen Massstäben erfassbare Verbesserung war hier jedoch nicht festzustellen.
Verschreibungspflichtige Medikamente Die meisten verschreibungspflichtigen Hypnotika wirken als Agonisten am Benzodiazepinrezeptor. Dazu gehören die Benzodiazepine sowie die strukturell verwandten BenzodiazepinRezeptor-Agonisten (BzRA). Hypnotika mit kurzen Halbwertszeiten wie Triazolam, Zaleplon (seit 2010 in der Schweiz nicht mehr im Handel) und Zolpidem verkürzen vor allem die Einschlafzeit. Zaleplon kann aufgrund der ultrakurzen Halbwertszeit sogar nach einem Aufwachen mitten in der Nacht angewendet werden, ohne die Funktionsfähigkeit am folgenden Tag einzuschränken, während Zolpidem nach einer Einnahme während der Nacht die Tagesqualität beeinträchtigt. Substanzen mit längeren Halbwertszeiten verkürzen Wachperioden während der Nacht, können aber ebenfalls die Tagesqualität beeinträchtigen. Dies gilt vor allem bei regelmässiger Anwendung. Die Langzeitanwendung dieser Medikamente kann zu Missbrauch und Anhängigkeit führen, und plötzliches Absetzen kann in einer Reboundinsomnie resultieren, die ausgeprägter ist als das ursprüngliche Beschwerdebild. Zu den chronobiotisch wirksamen Substanzen gehören retardiertes Melatonin und Ramelteon (nicht im CH-Kompendium). Retardiertes Melatonin ist zur Behandlung von Insomnie bei Personen ab 55 Jahren geeignet. Das Hormon Melatonin wird in der Zirbeldrüse gebildet und trägt zur Verstärkung zirkadianer und saisonaler Rhythmen bei. Eine geringe Evidenz stützt die Anwendung von synthetischem Melatonin (Circadin®) bei Störungen des Zirkadianrhythmus wie verzögerten Schlafphasen oder Veränderungen der Schlafenszeit bei Schichtarbeit. Der Melatoninrezeptoragonist Ramelteon verkürzt die Einschlafzeit, verlängert aber nicht die gesamte Schlafzeit. Im Gegensatz zu den Agonisten am Benzodiazepinrezeptor weist Ramelteon kein Missbrauchspotenzial auf, beeinträchtigt nicht die Tagesqualität und führt auch nicht zur Reboundinsomnie. Bei älteren Patienten bestehen im Zusammenhang mit der Verschreibung häufig Bedenken, dass Hypnotika das Sturzrisiko erhöhen könnten. Die Evidenz weist jedoch darauf hin, dass sowohl die Insomnie als auch sedierende Medikamente mit häufigeren Stürzen bei Senioren verbunden sind.
Verschreibungspflichtige Medikamente für andere Indikationen Antidepressiva mit sedierenden Eigenschaften gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten bei Insomnie,
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obwohl fast keine Daten zur Wirksamkeit vorliegen. Zur Behandlung der Insomnie wird meist eine geringere Dosis gewählt als zur Therapie von Depressionen. Ein sedierendes Antidepressivum kann für Patienten mit Insomnie und einer Major Depression geeignet sein, entweder in therapeutischer Dosis oder in Kombination mit einem anderen Antidepressivum. Antidepressiva können auch für Patienten mit vorherigem Substanzmissbrauch in Betracht gezogen werden. Zu den Antidepressiva, die bei Insomnie verschrieben werden, gehören Trazodon, Mirtazapin und trizyklische Antidepressiva wie Doxepin sowie Agomelatin. Diese Substanzen können den Schlaf bei Patienten mit komorbider Depression verbessern und auch bei primärer Insomnie schlaffördernd wirken. Agomelatin kann bei Patienten mit Störungen des Zirkadianrhythmus von Nutzen sein, da es sich hier um einen Melatonin-Rezeptor-Agonisten handelt. In einigen Studien hat sich niedrig dosiertes Doxepin in einer Dosierung bis zu 6 mg als wirksam erwiesen. In diesen Untersuchungen wurde die Anzahl der Wachphasen reduziert und die Einschlafzeit verkürzt. Zudem wurden keine signifikanten Nebenwirkungen im Vergleich zu Plazebo beobachtet. Antidepressiva sind zwar nicht mit einem Missbrauchspotenzial, häufig jedoch mit schweren Nebenwirkungen verbunden. Dazu gehören Gewichtszunahme, vermehrte Suizidgedanken, Hypomanie oder Manie bei bipolaren Störungen sowie kardiale Toxizitäten und orthostatische Hypotension. Auch Antikonvulsiva werden als schlaffördernde Medikamente eingesetzt. Tiagabin und Pregabalin, die den Tiefschlaf fördern, können bei Insomnie hilfreich sein, da sie häufig mit einem entsprechenden Defizit verbunden ist. In Studien zu Tiagabin konnte in diesem Zusammenhang eine Wirksamkeit nachgewiesen werden. Pregabalin hat sich zur Reduzierung von Ängsten und Insomnie bei komorbiden Patienten mit generalisierter Angststörung sowie zur Reduzierung von Insomnie und Schmerzen bei Fibromyalgie als wirksam erwiesen. Von den atypischen Antipsychotika werden vor allem Quetiapin und Olanzapin bei chronischer Insomnie angewendet. Die meisten atypischen Antipsychotika verlängern die Gesamtschlafzeit und verbessern die Schlafqualität.
Medikamentenauswahl Die Auswahl der Medikamente sollte anhand der pharmakologischen Eigenschaften der Substanzen und der Patientencharakteristika wie dem Alter und dem Ansprechen auf vorherige Therapien vorgenommen werden. Die Behandlungsdauer und die Dosierung richten sich nach der klinischen Situation. Generell sollten Hypnotika in der niedrigsten wirksamen Dosis angewendet werden, und die Notwendigkeit der Fortführung sollte regelmässig überprüft werden (Kasten).
Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie
und Medikamenten
Im Rahmen des Insomniemanagements können sich kogni-
tive Verhaltenstherapie und medikamentöse Optionen wirk-
sam ergänzen. Kombinierte Herangehensweisen können das
Ergebnis optimieren, indem der Vorteil der schnelleren Wirk-
samkeit der Medikamente und der Vorteil der langfristigen
Effektivität der kognitiven Verhaltenstherapie genutzt wer-
den. Studienergebnisse zu direkten Vergleichen weisen da-
rauf hin, dass beide Behandlungsoptionen relativ kurzfristig
wirksam sind, wobei Medikamente in der akuten Phase zwar
schnellere Ergebnisse produzieren, innerhalb von 4 bis 8 Wo-
chen aber gleichwertige Resultate erzielt werden.
Bei Patienten, die mit einer Kombinationstherapie begonnen
hatten und die Erhaltung mit der kognitiven Verhaltensthe-
rapie fortsetzten, wurden bessere Langzeitergebnisse beob-
achtet als bei Patienten, die langfristig Medikamente einnah-
men. Dies könnte damit erklärt werden, dass Verhaltens-
änderungen für die Verbesserung der Schlafqualität oft
unerlässlich sind und diese bei medikamentöser Unterstüt-
zung nicht immer vorgenommen werden.
❖
Petra Stölting
Morin Charles M, Benca Ruth: Chronic insomnia, Lancet 2012; 379: 1129–1141.
Interessenkonflikte: Die Autoren deklarieren beratende Tätigkeiten für verschiedene Pharmaunternehmen.
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