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STUDIE REFERIERT
Probiotika bei antibiotikaassoziiertem Durchfall
Verfügbare Evidenz stützt den Einsatz zur Prävention und Therapie
Lebende Mikroorganismen, deren Zufuhr einen gesundheitlichen Nutzen vermittelt, gelten als Probiotika. Ihr Einsatz wird gegen Durchfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von Antibiotika empfohlen.
JAMA
Durchfälle sind eine häufige Nebenwirkung von Antibiotika und sollen bei bis zu 30 Prozent der Behandelten auftreten. Die Symptome können ganz unterschiedlich schwer ausfallen, von leicht bis lebensbedrohlich, dies vor allem bei Clostridium-difficile-Infektionen. Die Angst vor Durchfällen ist auch ein wichtiger Grund für die Nonadhärenz bei Antibiotikabehandlungen. Probiotika spricht man die Fähigkeit zu, das Mikroklima im Darm während oder nach einer Antibiotikatherapie aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Als Wirkmechanismen werden unter anderem Verdrängung an Rezeptoren, Hemmung der Anlagerung von Pathogenen an Epithelzellen oder Schleimhaut, Wachstum nicht pathogener Darmkeime
Merksätze
❖ Die gepoolte Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien lässt den Schluss zu, dass Probiotika zu einer Reduktion antibiotikaassoziierter Diarrhöen führen.
❖ Die noch sehr heterogene Datenlage reicht nicht aus, um festzulegen, ob die positive Assoziation je nach Patientenpopulation, Art des Antibiotikums oder Konfektion der Probiotika Unterschiede aufweist.
(gefördert durch Absenkung des pH im Dickdarm), Immunstimulation oder Produktion antimikrobieller Wirkstoffe postuliert. Eine stattliche Anzahl von Studien und einige ältere Metaanalysen und Reviews fanden positive Hinweise für eine Wirksamkeit von Probiotika bei antibiotikaassoziierten Diarrhöen. Der vorliegende systematische Review mit Metaanalyse hatte das Ziel, die heute verfügbare Evidenz von Präparaten mit den Genera Lactobacillus, Bidifobacterium, Saccharomyces, Streptococcus, Enterococcus und Bacillus breit zu evaluieren.
Methodik Zwei unabhängige Reviewer wählten randomisierte kontrollierte Studien aus, die als Begleittherapie zu einer Antibiotikabehandlung eine Probiotikumgruppe mit einer Kontrollgruppe verglichen, deren Teilnehmer keine solche Zusatztherapie oder Plazebo oder ein anderes Probiotikum oder eine andere Probiotikumdosierung erhielten. Dabei wurden Studienteilnehmer aller Altersgruppen und unabhängig von der Indikation für das Antibiotikum berücksichtigt. In den Studien wurden die oben erwähnten Genera von Mikroorganismen (also Bakterien und Hefen) lebend (aktiv oder lyophilisiert) in probiotischen Präparaten oder in Synbiotika eingesetzt. Synbiotika enthalten probiotische Mikroorganismen zusammen mit Präbiotika, also nicht verdaulichen Nahrungsstoffen, welche die Dickdarmflora stimulieren sollen.
Resultate Insgesamt 82 Studien erfüllten die Aufnahmekriterien. Die Mehrheit setzte Lactobacillus allein oder in Kombination mit anderen Mikroorganismen ein. Die Stämme waren jedoch schlecht
dokumentiert, bemängeln die Autoren vom Southern California Evidence-Based Practice Center der Non-Profit-Organisation RAND Health in Santa Monica. Unter allen Studien enthielten 63 sowohl die Zahl der Teilnehmer mit Diarrhö als auch die Teilnehmerzahlen in den Randomisierungsgruppen. Das gepoolte relative Risiko (RR) der Metaanalyse dieser 63 Studien mit 11 811 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ergab nach einem Random-effects-Modell eine statistisch signifikante Assoziation der Probiotikumverabreichung mit der Reduktion antibiotikaassoziierter Durchfälle (RR 0,58, 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,50–0,68; p < 0,001). Dies entspricht einer «number needed to treat» (NNT) von 13. Die Autoren fanden keinen Hinweis auf einen Publikationsbias. Insgesamt war die Qualität der Studien niedrig. Immerhin 44 Studien waren doppelblind geführt worden, und auch bei ihnen war das RR mit 0,61 (95%KI 0,52–0,73, p < 0,001) signifikant und entsprach einer NNT von 14. Die Autoren führten eine ganze Reihe von Subgruppenanalysen durch, wobei sich das Ergebnis als konsistent erwies. Schlussfolgerung Die Evidenzdaten stammen überwie- gend aus Studien mit Lactobacillus, allein oder kombiniert mit anderen Mikroorganismen. Bei den Hefen wurde ganz überwiegend Saccharomyces bou- lardii eingesetzt. Die gepoolte Evidenz ergibt, dass Probiotika mit einer Ver- ringerung antibiotikaassoziierter Diar- rhöen assoziiert sind. In gepoolten Er- gebnissen besteht aber eine signifikante Heterogenität, weshalb zurzeit nicht gesagt werden kann, ob diese Assozia- tion mit spezifischen Patientengruppen, Antibiotikacharakteristika oder der Art des Probiotikumpräparats variiert. Zu- künftige Studien sollten auch die Suche nach Nebenwirkungen einbeziehen, for- dern die Autoren. ❖ Halid Bas Susanne Hempel et al.: Probiotics for the prevention and treatment of antibiotic-associated diarrhea. A systematic review and meta-analysis. JAMA. 2012; 307(18): 1959– 1969. Interessenkonflikte: RAND Health erhielt finanzielle Unterstützung von verschiedenen öffentlichen US-amerikanischen Gesundheitsinstitutionen. 628 ARS MEDICI 12 ■ 2012