Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Versuch im Schlaflabor:
Spitalgeräusche stören Schlaf gründlich
(Foto: Philips)
Guter Schlaf hilft Gesunden und Kranken, Lärm stört ihn. Allerdings sind die Geräuschquellen ausgerechnet im Krankenhaus vielfältig, und Versuche, diese Störungen zu reduzieren, sind oft nicht eben erfolgreich. Eine kleine experimentelle Studie hat versucht, die Einwirkung verschiedener typischer Spitalgeräusche auf die Schlafphysiologie besser zu fassen. Dazu legten sich 12 gesunde Freiwillige in einem Schlaf-
labor für drei Tage zur Polysomnografie zur Ruhe. In der ersten (Kontroll-) Nacht blieben sie ungestört, in den beiden folgenden Nächten wurden sie in unterschiedlicher Dezibeldosierung und während verschiedener Schlafstadien mit 14 Geräuschen beschallt, die im Krankenhausbereich häufig vorkommen (z.B. Gespräche, Alarmton der Infusionsüberwachung, Telefon, Aussenlärm oder Helikoptergeräusch). Dabei
wurden die enzephalografischen Aufweckreaktionen (arousals) im REMSchlaf sowie in den Nicht-REM-Schlafstadien 2 und 3 aufgezeichnet. Elektronische Töne störten den Schlaf mehr als andere, inklusive menschliche Stimmen. Generell gab es grosse Unterschiede je nach Art der Geräuscheinwirkung. Im (tiefen) Nicht-REM-Stadium 3 bewirkte Lärm erwartungsgemäss weniger Arousal als in Stadium 2. Überraschend war hingegen, dass die Reaktion auf die Geräuschart während des REMSchlafs weniger unterschiedlich ausfiel als während der Nicht-REM-Schlafstadien und dass die Lärmstörung gerade während des REM-Schlafs zu einer ausgeprägteren und länger anhaltenden Erhöhung der Herzfrequenz führte. Die Untersuchung konnte gut belegen, dass Geräusche, die im Krankenhaus häufig vorkommen, während des Schlafs sowohl die kortikale Hirnaktivität als auch die kardiovaskuläre Funktion beeinflussen. Wer sich für eine gute Spitalpflege einsetzt, muss daher weiter an einer Verbesserung der akustischen Umgebung arbeiten, finden die Autoren. HB❖
Orfeu M. Buxton et al.: Sleep Disruption Due to Hospital Noises – A Prospective Evaluation. Ann Intern Med E-456, published ahead of print June 11, 2012.
Rheuma
Zosterimpfung vor Biologikatherapie sinnvoll
Rheumapatienten, die mit TNF-Hemmern behandelt werden, tragen ein höheres Herpes-zoster-Risiko als Patienten, die nur mit traditionellen DMARD (disease modifying anti-rheumatic drugs) behandelt werden. Dies ergab eine Metaanalyse, die kürzlich am EULARKongress in Berlin präsentiert wurde. Insgesamt 124 966 Patientenjahre unter die Lupe nahm das Autorenteam um Helene Che vom Lapeyronie Hospital in Montpellier bei seiner Literaturrecherche von Artikeln und Abstracts, die zwischen 2006 und 2010 publiziert
wurden: 74 198 Patientenjahre in der TNF-Hemmer-Gruppe und 50 768 in der DMARD-Gruppe. Ingesamt ergab sich eine Odds Ratio (OR) von 1,75 (95%-Konfidenzintervall: 1,5–2,04), was einem um 75 Prozent erhöhten Erkrankungsrisiko für Herpesvirusinfektionen entspricht. Dass es unter Immunsuppression eher zu einer Gürtelrose infolge der Reaktivierung von Varicella-Zoster-Viren kommen kann, ist bekannt, doch hatte bis anhin noch niemand überprüft, ob sich dies auch bei Rheumapatienten
unter TNF-Hemmer-Therapie zeigt.
Da ein Impfstoff verfügbar ist, sollten
diese Patienten vor Beginn der Biologi-
katherapie geimpft werden, empfehlen
die Autoren der Metaanalyse. Weil es
sich bei dem Varizellenimpfstoff um
einen Lebendimpfstoff mit abge-
schwächten Viren handelt, ist die Imp-
fung unter immunsupprimierender
Therapie nicht erlaubt.
Allgemein wird empfohlen, bei allen
Rheumapatienten vor Beginn einer im-
munsupprimierenden Biologikathera-
pie den Impfstatus zu überprüfen und
gegebenenfalls allgemein empfohlene
Impfungen aufzufrischen oder nachzu-
holen.
RBO❖
EULAR 2012, Abstract THU0368: Che H, Morel J, Combe B, Lukas C: Risk of Herpes viruses infections (HSZ, VZV) during anti-TNF therapy in patients with inflammatory rheumatic dieases. Systematic review and meta-analysis.
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ARS MEDICI 12 ■ 2012
PREISGEKRÖNT
Reiseimpfung
Masernimpfschutz für Olympische Spiele in London
Das deutsche «Centrum für Reisemedizin» (CRM), ein Institut der Thieme-Verlagsgruppe, empfiehlt Besuchern der am 27. Juli beginnenden Olympischen Spiele in London, sich gegen Masern impfen zu lassen. Wie in vielen Ländern Europas nehme aufgrund der Impflücken in der Bevölkerung auch in Grossbritannien die Zahl der Masernerkrankungen in den letzten Jahren wieder deutlich zu, sagte Privatdozent Dr. med. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM: «Olympiabesucher, die in ihrer Kindheit nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft wurden, sollten den Immunschutz deshalb jetzt nachholen.» Von Jahresbeginn bis Ende April 2012 meldeten britische Behörden landesweit bereits rund 1300 Verdachtsfälle, und 2011 wurden im Vereinigten Königreich 1086 Maserpatienten registriert. Europaweit zählte man 2011 mehr als 30 000 Masernerkrankungen, in den Jahren 2008 und 2009 waren es jeweils
nur rund 7000 Fälle gewesen. 2011 wurden in
der Schweiz 679 Masernfälle gemeldet, jeder
zehnte Patient musste ins Spital; 4 Prozent der
Masernpatienten erkrankten zusätzlich an
Lungenentzündung, und es gab einen Fall von
Hirnhautentzündung.
Vor der Reise nach Grossbritannien sollten
zudem der Status der Standardimpfungen
Tetanus, Diphtherie, Polio und Pertussis über-
prüft und die Impfungen gegebenenfalls auf-
gefrischt werden. Für ältere Menschen ab
60 Jahren und chronisch Kranke seien darü-
ber hinaus Impfungen gegen Influenza und
Pneumokokken sinnvoll, heisst es in einer
Pressemitteilung des CRM.
RBO❖
SGIM-Preis 2012
Ein Team am Universitätsspital Basel erhielt den diesjährigen SGIM-Preis 2012 für die beste Originalarbeit. Jean-Michel Gaspoz überreichte den Preis an der SGIM-Jahrestagung in Basel an Erstautorin Albina Nowak (Foto). Die kürzlich publizierte Arbeit belegt, dass man die Prognose eines Patienten mit Lungenentzündung mithilfe der Messung der Peptide NT-proBNP, MR-ProANP und BNP gut einschätzen kann. Die Peptidspiegel erwiesen sich bezüglich der Vorhersage von Kurz- und Langzeitmortalität als ebenso gut wie der gängige PSI-Score (Pneumonia Severity Index).
Kurz und gut
Bei akuter Exazerbation einer COPD erwies sich eine 5-tägige systemische Glukokortikoidtherapie als ebenso gut wie eine 14-tägige Therapie. Erstautor Jonas Rutishauser nahm dafür den 1. Preis für die beste freie Mitteilung an der SGIM-Tagung 2012 stellvertretend für alle Beteiligten dieser multizentrischen Studie entgegen.
Rauchverbot
Der 2. Preis ging an die Autoren der freien Mitteilung zu den Auswirkungen eines allgemeinen Rauchverbots in Genf. Die Autoren verzeichneten einen Rückgang der
Ambulant erworbene Pneumonie bei Nichtdiabetikern:
Blutzucker bei Spitalaufnahme zeigt Prognose
Eine prospektive Multizenterstudie an Spitälern und Privatpraxen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich hat gezeigt, dass der Blutzuckerspiegel bei Hospitalisation wegen einer ambulant erworbenen Pneumonie prognostische Aussagen erlaubt. Die Forscher berücksichtigten bei fast 7000 Patienten neben diesem Parameter zahlreiche weitere Einflussfaktoren und bestimmten den Outcome nach 28, 90 und 180 Tagen. Bei nicht vorbestehendem Diabetes hatten im Vergleich zu Patienten mit normalem Blutzucker bei Spitalaufnahme solche mit akuter Hyperglykämie (Serumglukose 6–10,99 mmol/l) ein signifikant erhöhtes Sterberisiko nach 90 Tagen (1,56, 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,22–2,01, p < 0,001). Und dieses Risiko stieg noch weiter auf 2,37 (95%-KI 1,62–3,46, p < 0,001) an, wenn die Serumglukose über 14 mmol/l lag. In Sensitivitäts- analysen wurde der prädiktive Wert der Blut- zuckerspiegel bei Aufnahme für die Tage 28 und 90 bestätigt. Patienten mit vorbestehen- der Zuckerkrankheit hatten gegenüber Patienten ohne vorbestehenden Diabetes eine signifikant erhöhte Gesamtmortalität (Hazard Ratio 2,47, 95%-KI 2,05–2,98, p < 0,001). Dieser schlechtere Outcome kor- relierte jedoch nicht mit dem Blutzuckerwert bei Aufnahme. HB❖ Philipp M Lepper et al.: Serum glucose levels for predicting death in patients admitted to hospital for community acquired pneumonia: prospective cohort study. BMJ 2012;344:e3397 doi: 10.1136/bmj.e3397. Spitaleintritte wegen COPD-Exazerbationen und kamen zu dem Schluss, dass durch das Rauchverbot pro Jahr 87 neue Spitaleintritte sowie 1560 Spitaltage eingespart wurden. Regionales Charlène Insam von der Universität Lausanne freute sich über den 3. Preis für ihre freie Mitteilung. Die junge Forscherin hatte in ihrer Masterarbeit in der Schweiz zahlreiche regionale Unterschiede bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten aufgedeckt. Labormedizin Der Viollier-Preis ging an Alexandre Harari für seine Ar- beit zur T-Lympozytenreaktion bei Tuberkulose. Die neue Methode ermöglicht eine rasche Unterscheidung zwi- schen latenter und akuter Tuberkulose mittels flowzyto- metrischer Untersuchung einer tuberkulosespezifischen Untergruppe von Lymphozyten. RBO❖