Transkript
Diagnostik und Therapie der Osteoporose
Leitlinien patientenorientiert umsetzen
FORTBILDUNG
Bei Osteoporose ist die Knochendichte ein zentraler Parameter, der massgeblich ist für die Risikokalkulation beziehungsweise die Therapieentscheidung. Allerdings darf dieser Wert nie betrachtet werden, ohne dass man weitere Kriterien wie Alter, Familienanamnese und bestimmte Risikofaktoren berücksichtigt. Der folgende Beitrag stützt sich auf die aktuellen Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO), geht dabei jedoch auch auf individuelle, praxisrelevante Fragen ein, wie sie dem Hausarzt in seiner täglichen Arbeit öfter begegnen.
VANADIN SEIFERT-KLAUSS
Fallbeispiel 1: Eine schlanke 62-jährige Frau kommt in die Praxis, die Mutter hat Osteoporose, die Patientin selbst hat früher geraucht, es gibt keine Fraktur in der Anamnese. Die Patientin möchte wissen, was sie zur Osteoporoseprävention unternehmen sollte. Um diese Frage angemessen zu beantworten und die Patientin richtig zu beraten, wären folgende Fragen sinnvoll: ❖ Haben Sie – oder hatten Sie früher – Untergewicht (BMI
< 20 oder einfacher: < 57 kg)? Beantwortet die Patientin diese Frage nicht, so deutet dies möglicherweise auf eine Essstörung hin. Besonders zu vermuten ist dies bei einem Zustand nach mehrjähriger Amenorrhö im jungen Erwachsenenalter. ❖ Haben Sie über längere Zeiträume, das heisst für mehr als drei Monate, orale Glukokortikoide eingenommen (> 7,5 mg Prednisolon-Äquivalent), zum Beispiel bei Asthma oder rheumatoider Arthritis?
Merksätze
❖ Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule können dazu führen, dass die Knochendichte zu hoch gemessen wird.
❖ Ziel der spezifischen Osteoporosetherapie ist es, den Knochenabbau zu verzögern und gegebenenfalls den Knochenaufbau zu fördern.
❖ Neigen Sie zu Stürzen, rauchen Sie, oder ist ein Typ-1-Diabetes bekannt? Hatten Sie Darmoperationen oder langjährige medikamentöse Therapien mit Antiepileptika, Glitazonen oder Ähnlichem?
❖ Hatte die Mutter (oder der Vater) eine Schenkelhalsfraktur?
Indikationen zur Basisdiagnostik Die erste Frage zielt auf möglicherweise unzureichenden Knochenaufbau in der Jugend. Jeder einzelne der anderen aufgeführten Faktoren ist für Frauen über 60 Jahre (und Männer über 70 Jahre) mit einem 10-Jahres-Frakturrisiko von über 20 Prozent verbunden. Nach den Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO) ergibt sich daraus die Indikation für eine Basisdiagnostik. Das jährliche bevölkerungsweite Wirbelkörperfrakturrisiko im Alter zwischen 55 und 65 Jahren beträgt 7,8/1000 Personenjahre (0,8%). Ein jährliches Wirbelfrakturrisiko von 2 Prozent erscheint – obwohl 2,5-fach gegenüber der Normalbevölkerung erhöht – zunächst undramatisch. Bedenkt man jedoch, dass jede Wirbelkörperfraktur (auch asymptomatische, radiologisch zufällig entdeckte) das Risiko für weitere klinische Frakturen um das Siebenfache erhöht, stellt sich das Szenario anders dar (Risikopyramide in Abbildung), und Prävention wäre wünschenswert. Nach einer Schenkelhalsfraktur liegt die Mortalität im ersten postoperativen Jahr bei 20 Prozent, die Pflegebedürftigkeit bei 20 Prozent und die Hilfsbedürftigkeit bei 50 Prozent, wenn man Dinge wie den Verlust der Selbstständigkeit beim Einkaufen oder die Aufgabe der bis dahin bewohnten Wohnung mitzählt.
Basisdiagnostik und umsetzbare Therapie Die Mehrzahl der Studien zu Osteoporose wurde naturgemäss an älteren Menschen durchgeführt, das spiegelt sich auch in den DVO-Leitlinien. So ist nach ihnen bei Frauen über 70 und bei Männern über 80 Jahre generell die Indikation zur Basisdiagnostik gegeben, jeweils mit dem Zusatz «sofern damit verbundene therapeutische Massnahmen umgesetzt werden können». Dieser Zusatz führt in der Praxis gelegentlich zu der Annahme, eine Basisdiagnostik (bestehend aus Anamnese, klinischem Befund, Knochendichtemessung, gegebenenfalls [bei klinischem Hinweis] Röntgen der BWS/LWS und Osteoporoselabor) sei nur sinnvoll, wenn eine spezifische, über Vitamin D und Kalzium hinausgehende Therapie als Folge der Diagnostik absehbar oder wahrscheinlich ist. Warum dem nicht so ist, sollen die folgenden Abschnitte erklären.
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FORTBILDUNG
Risiko einer klinischen Fraktur im folgenden Jahr
NORA – North American Osteoporosis Risk Assessment Study – Siris et al., JAMA 2001
7-fach
mit Fraktur
4-fach
7% der Frauen > 50 Jahre Osteoporose
(stark erniedrigte Knochendichte)
1,8-fach
40% der Frauen > 50 Jahre Osteopenie (erniedrigte Knochendichte)
1-fach
Basisrisiko
Gesamtbevölkerung Frauen n = 200 000, > 50 Jahre,
asymptomatisch
Abbildung: Risikopyramide zu Osteoporose und Frakturrisiko
Knochendichtemessung Nach der neuen Definition des NIH Consensus Development Panel on Osteoporosis 2001 ist Osteoporose eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine unzureichende Knochenfestigkeit charakterisiert ist, welche zu einem erhöhten Frakturrisiko führt. Die Knochenfestigkeit spiegelt dabei primär das Zusammenwirken von Knochendichte und Knochenqualität wider. Sind bereits eine oder mehrere Frakturen als Folge der Osteoporose aufgetreten, spricht man von einer manifesten Osteoporose. Spätestens dann sollte eine Basisdiagnostik stattfinden. Nur 44 Prozent der nichtvertebralen Frakturen postmenopausal ereignen sich bei osteoporotischen Knochendichtewerten. Daher verdient unter Umständen auch eine messtechnische Osteopenie Beachtung, besonders wenn die Werte bereits einer Osteoporose näher kommen oder eine Verschlechterung im Verlauf zu beobachten ist. Als Konsequenz einer Knochendichtemessung, auch wenn diese keine messtechnische Osteoporose zeigt, sind zudem eine deutlich stärkere Selbstmotivation für gesundheitsbewusstes Verhalten und eine bessere Compliance mit Kalzium- und Vitamin-DTherapie zu beobachten. Daher ist eine Knochendichtemessung nicht nur unter dem Aspekt der eventuellen Bisphosphonattherapie (um nur eine häufige der vielen Substanzklassen zu nennen) sinnvoll.
Schwächen der Knochendichtemessung Die in der BRD gültigen Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO) zur Therapie stützen sich derzeit allein auf die Duale-Röntgen-(X-ray-)Absorptiometrie-(DXA-)Messung, da diese weltweit flächendeckend am meisten verbreitet ist und daher auch Basis der WHO-Definition von 1994 war – und fast alle grossen Therapiestudien mit DXA durchgeführt wurden. Zu beachten sind drei Einschränkungen der diagnostischen Aussage einer DXA-Messung: ❖ Bei sehr zierlichen Frauen wird die Knochendichte unter-
schätzt ❖ Bei adipösen Frauen wird die Knochendichte überschätzt ❖ Stärkere degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
können dazu führen, dass die Knochendichte «falsch hoch» gemessen wird.
Unter anderem wegen Punkt 3 treten 40 Prozent aller peripheren osteoporotischen Frakturen schon unterhalb der «Osteoporose»-Grenze eines T-Werts von -2,5 auf. Umgekehrt ist altersabhängig nicht jeder so erniedrigte T-Wert gleich behandlungsbedürftig. Da sich das Frakturrisiko bei gleicher Knochendichte mit jedem Jahrzehnt verdoppelt, ist die Therapieschwelle der Leitlinien bei über 70-jährigen Frauen vergleichsweise niedrig (schon bei T-Werten unter -2,0), bei unter 60-jährigen relativ hoch (erst ab T-Werten von -3,5 ohne besondere Risikofaktoren).
Basistherapie Vitamin D und Kalzium sind neben mässig statisch belastender körperlicher Bewegung (Spazierengehen, Wandern, Tanzen) die Säulen der Osteoporosebasistherapie. Damit Kalzium besser in den Körper aufgenommen und optimal verwertet werden kann, muss die Versorgung mit Vitamin D ausreichend sein. Vitamin D wird mithilfe des Sonnenlichts in der Haut gebildet. Diese Fähigkeit nimmt jedoch im Alter ab und ist oft nicht mehr ausreichend. So sollte man bei Mangel die fehlende Vitamin-D-Menge durch die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten ersetzen. In der Regel ist «normales» Vitamin D (Colecalciferol) ausreichend, jedoch kann zum Beispiel bei Leber- oder Nierenerkrankungen die Einnahme von aktiviertem Vitamin D (Calcitriol, Alfacalcidol) sinnvoll sein. Zur Basistherapie werden je nach Bedarf 800 bis 2000 IE/Tag eingesetzt. Neben Tabletten und Brausetabletten gibt es Vitamin D auch in Tropfenform. Eine Konzentration von weniger als 30 ng/ml wurde derzeit als neue Untergrenze für den Normalbereich von Vitamin D im Serum propagiert, da niedrigere Serumspiegel zu einer Aktivierung von Parathormon und dadurch zu einer erhöhten Knochenresorption führen. Während niedrige Standarddosierungen von Vitamin D (bis zu 400 IE) nicht rezeptpflichtig sind, reichen diese zur Vitamin-D-Substitution bei starkem Vitamin-D-Mangel häufig nicht aus. Hier sind 1000 IE Vitamin D oder gelegentlich sogar höhere Dosierungen erforderlich, um eine ausreichende Kalziumaufnahme aus dem Darm zu gewährleisten. Kalzium wird in den Knochen eingebaut und ist für die Stabilität mitverantwortlich. Der Kalziumbedarf wird oft über die Nahrung nicht ausreichend gedeckt (z.B. bei Laktoseintoleranz, einheimischer Sprue etc.). Es wird daher empfohlen, die Unterversorgung durch Kalziumpräparate auszugleichen. Die Dosierungen für die Kalziumsupplementation werden nach der – auch bei Patienten durch Zeitungsartikel bekannten – Metaanalyse zu vermehrtem Auftreten kardialer Probleme unter hoch dosierter Kalziumgabe heute zurückhaltender beurteilt. Viele Experten halten in den meisten Fällen Dosierungen um 500 bis 600 mg täglich für ausreichend. Dies kommt Patienten entgegen, für die wegen Magenunverträglichkeit die üblichen Brausekombinationspräparate für Kalzium und Vitamin D nicht geeignet sind. Da Kautabletten und Retard-filmtabletten nur in den niedrigeren Dosierungen erhältlich sind, reicht nun häufig eine solche Tablette täglich. Alle Kalziumpräparate (Brause-, Kau- oder Filmtabletten) sollen vor oder zum Essen eingenommen werden. Eine gleichzeitige Einnahme mit Eisen, Magnesium und Phosphat (z.B. in Cola, Kaffee) ist zu vermeiden, da sie die Aufnahme von Kalzium verringern.
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Zurück zum Fall
Kasten:
Bezieht man das bis anhin Gesagte auf das eingangs
Therapieschwelle für spezifische Therapie nach T-Score der DXA-Messung nach den DVO-Leitlinien
geschilderte Fallbeispiel, so ergibt sich als Therapieempfehlung für die 62-jährige Patientin mit T-Wert -2,5 ohne besondere Zusatzrisiken der Rat zur
DVO-Leitlinien: Spezifische Therapie bei T-Werten, die bei Frauen mit 30 Prozent 10-Jahres-Fraktur-Risiko assoziiert sind:
Alter niedrigster T-Wert (LMS oder Femur) 50–60 -4,0
Einnahme von Vitamin D und Kalzium, aber zu (noch) keiner spezifischen medikamentösen Therapie. Bei zwei Zusatzrisiken (Abbildung 3) hingegen sollten Vitamin D, Kalzium und eine spezifische medikamentöse Therapie empfohlen werden.
61–65 -3,5 66–70 -3,0 71–75 -2,5 > 75 -2,0
Bei Vorliegen eines dieser Risikofaktoren gilt der nächsthöhere T-Wert: Rauchen, multiple Stürze, Immobilität, proximale Femurfraktur eines Elternteils oder eigene periphere Fraktur nach Bagatelltrauma
Östrogene und Gestagene Bis zur Jahrtausendwende war die Hormontherapie nicht nur zur Prävention, sondern auch zur Therapie der Osteoporose weitverbreitet. Die Leitlinien der DVO nennen Östrogene als Osteoporosetherapie, wenn Kontraindikationen gegen andere Therapeutika vorliegen, oder bei gleichzeitigen starken klimakterischen Beschwerden. Nimmt eine Patientin wegen klimakterischer Be-
Bei manifester Fraktur ist die Therapie altersunabhängig ab T-Wert -2,0 indiziert
schwerden ein weibliches Hormonpräparat ein (Ausnahme Scheidenzäpfchen: hier kein Knochenschutz!),
so ist eine weitere spezifische Osteoporosetherapie
nicht erforderlich. Nebenwirkungen sind uterine
Blutungen und ein jeweils gering erhöhtes Thrombo-
Sturzprophylaxe
serisiko, Brustkrebsrisiko und – bei Hypertonikerinnen –
Eine Sturzneigung besteht nach den Leitlinien bei mehr als Schlaganfallrisiko. Das kardiale Risiko ist bei Frauen bis
zwei Stürzen im halben Jahr. Muskuläres Training fördert 60 Jahre nicht erhöht, wohl aber bei über 70-Jährigen.
nicht nur die Koordinationsfähigkeit, sondern aktiviert über
mechanische Beanspruchung auch Mechanorezeptoren im Spezielle Osteoporosemedikamente
Knochen, die den Knochenaufbau fördern. Um das Risiko Ziel der spezifischen Osteoporosetherapie ist es, Knochen-
für Stürze zu vermindern, sollten Stolperfallen in der Woh- brüche zu vermeiden, indem der Knochenaufbau gefördert
nung (rutschende Teppiche, umherliegende Kabel, Tür- (osteoanabole Wirkung) und der Knochenabbau verringert
schwellen) beseitigt werden.
beziehungsweise verzögert wird (antiresorptive Wirkung).
Medikamente, die zu Schwindel oder Kreislaufstörungen Nachfolgende Arzneimittel werden zur spezifischen Therapie
führen können, sollten überprüft und wenn möglich vermie- der Osteoporose eingesetzt, da sie durch unterschiedliche
den werden, zudem sollte die Sehkraft regelmässig überprüft Wirkmechanismen den Knochenaufbau fördern und/oder
werden, um unsicheres Gehen zu vermeiden. Hüftprotekto- den Knochenabbau hemmen.
ren können für besonders untergewichtige Personen ein
Schutzpolster im Falle eines Sturzes sein.
Orale Bisphosphonate
Als nicht täglich einzunehmende Bisphosphonate in Tablet-
Spezifische Therapie
tenform stehen zur Verfügung:
Die Indikation für eine über Kalzium und Vitamin D hinaus- ❖ Alendronat (z.B. Fosamax®) 1 ×/Woche
gehende und diese dann ergänzende (nicht ersetzende!), ❖ Risedronat (z.B. Actonel®) 1 ×/Woche
spezifische Therapie gegen Osteoporose ist gegeben bei ❖ Ibandronat (z.B. Bonviva® 150 mg) 1 ×/Monat.
manifester Osteoporose (mit Wirbelkörperfraktur oder
anderer niedrigtraumatischer/osteoporotischer Fraktur) und Ältere Präparate mit niedrigeren Dosierungen zur täglichen
T-Werten < -2 SD (cave: falsch hohe Knochendichtewerte z.B. Einnahme sind ebenfalls noch zugelassen, spielen aber zah- nach Kompressionsfraktur) oder bei hohem Frakturrisiko (> lenmässig in der Verordnung nur noch eine sehr untergeord-
30%/10 J.). Wie dieses Frakturrisiko ermittelt wird, zeigt der nete Rolle. Alendronat, Ibandronat oder Risedronat werden
Kasten. Wichtig ist der persönliche Ermessensspielraum, der als Tabletten unzerkaut mit einem Glas Leitungswasser
eine Abweichung um eine Zeile erlaubt – etwa aufgrund von morgens auf nüchternen Magen im Sitzen oder Stehen einge-
in den Leitlinien nicht genannten Risikofaktoren wie osteo- nommen.
porotische Wirbelkörperfrakturen der Eltern.
Um Reizungen der Mund- und Rachenschleimhaut und der
Als übliche Behandlungsdauer werden drei bis fünf Jahre Speiseröhre zu vermeiden, sollte man sich eine Stunde nach
angesehen. Angesichts der rasanten Entwicklung neuer der Einnahme nicht hinlegen. Bisphosphonate sollten mit
Substanzen ist eine Reevaluation der Therapie hinsichtlich 1 bis 2 Stunden Abstand zu Mahlzeiten und Kalzium einge-
Therapieerfolgs nach fünf Jahren sinnvoll. Mit der spezifi- nommen werden, da sonst deren Aufnahme vermindert wird.
schen Therapie wird eine durchschnittliche Fraktursenkung ❖ Dosierung Alendronat: 1 × täglich 10 mg oder 1 × wö-
um 30 bis 40 Prozent erreicht.
chentlich 70 mg
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LINKS
Informationen und Texte zu den DVO-Leitlinien:
www.dv-osteologie.org/dvo_Ieitlinien/ dvo-leitlinie-2009
Empfehlungen aus der Schweiz und auf Schweizer Daten basierendes FRAX®:
www.svgo.ch/
❖ Dosierung Ibandronat: 1 x monatlich 150 mg, vor der Einnahme soll eine nächtliche Nüchternperiode von mindestens 6 Stunden eingehalten werden
❖ Dosierung Risedronat: 1 × täglich 5 mg oder 1 × wöchentlich 35 mg.
Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerz, Knochenund Muskelschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Bisphosphonate als Infusion oder Fertigspritze: ❖ Zoledronat (Aclasta® 5 mg), 1 ×/Jahr ❖ Ibandronat (Bonviva® 3 mg) 1 ×/3 Monate.
Zoledronat wird als Infusion 1-mal jährlich verabreicht. Ibandronat 3 mg liegt in einer Fertigspritze vor und wird alle 3 Monate intravenös injiziert. Vor der Gabe sollte der Kalziumspiegel im Blut bekannt sein. Zusätzlich soll bei beiden Arzneimitteln auf eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D geachtet werden. Als Nebenwirkungen können Kopfschmerz, Schwindel, Magen-Darm-Beschwerden oder grippeähnliche Symptome auftreten. Die Nebenwirkungen sind geringer bei Patienten, die bereits mit Bisphosphonaten vortherapiert waren. Auch die Infusionsgeschwindigkeit beeinflusst die Nebenwirkung – nach langsamer Infusion werden weniger Beschwerden berichtet. Für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion müssen Mindestgrenzen der glomerulären Filtrationsrate (GFR > 60 bzw. > 30) beachtet werden.
Raloxifen Raloxifen (Evista®) kann zur Osteoporosetherapie bei Frauen nach den Wechseljahren eingesetzt werden. Die Substanz gehört zur Klasse der selektiven Östrogenrezeptormodulatoren (SERM) und hat teilweise östrogenagonistische Wirkungen, an Brust und Endometrium wirkt sie östrogenantagonistisch. Die Einnahme der Tablette erfolgt 1-mal täglich. Nebenwirkungen können sein: Hitzewallungen, grippeähnliche Symptome oder Wadenkrämpfe. Eine relative Kontraindikation besteht bei Zustand nach Thrombose.
Strontiumranelat Die Einnahme von Strontiumranelat (nicht im CH-Kompendium) erfolgt 1-mal täglich als Granulat, welches zuvor in einem Glas Wasser aufgelöst wurde. Dabei sollte die Einnahme vor dem Schlafengehen mit einem Mindestabstand von 2 Stunden zur Nahrungsaufnahme erfolgen, da Nahrung die Aufnahme von Strontiumranelat im Körper verschlechtert. Als Nebenwirkungen können Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen und Ekzeme auftreten.
Denosumab Denosumab (Prolia®) ist ein Antikörper gegen RANKLigand, einen knochenabbaufördernden Botenstoff aus der Tumor-Nekrose-Faktor-beta-Superfamilie, und wird bei Frauen mit Osteoporose nach den Wechseljahren angewendet, die ein erhöhtes Frakturrisiko haben. Auch zur Behandlung von Osteoporose bei Männern, die aufgrund einer Prostatakrebserkrankung antihormonell behandelt werden, ist die Immuntherapie zugelassen (XGEVA®). Denosumab wird 2-mal jährlich subkutan (in den Oberschenkel, die Rückseite des Armes oder in die Bauchregion) gespritzt. Als Nebenwirkungen können Harnwegsinfekte, Infekte der oberen Atemwege, Verstopfung oder Hautausschläge auftreten.
Calcitonin Calcitonin ist ein natürliches, in der Schilddrüse produziertes Hormon. Calcitonin kann die osteoporosebedingten Schmerzen lindern. Es kann subkutan oder intramuskulär gespritzt oder auch als Nasenspray (Miacalcic® Nasenspray) verabreicht werden. Bei der Gabe von Calcitonin kann es vorübergehend zu Schwindel kommen, der Autofahren und das Bedienen von Maschinen gefährlich macht. Selten können vorübergehend Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Als unerwünschte Wirkungen sind Kopfschmerz, Durchfall, Müdigkeit oder Störungen in der Geschmacksempfindung möglich.
Parathormon
Parathormon 1-84 war das erste rekombinante, naturiden-
tische Parathyroidhormon (Parathormon/PTH1-84) zur
Behandlung von Osteoporosepatientinnen mit hohem Frak-
turrisiko. Es wird täglich subkutan injiziert. Als Neben-
wirkungen treten Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel
und Hyperkalzämien auf, weshalb die Serum-Kalzium-
Konzentration überwacht werden muss.
Als Abkömmling des körpereigenen Parathormons wird
Teriparatid (PTH1-34, Forsteo®) eingesetzt, um osteoanabol
eine Vermehrung von Knochensubstanz und Wiederherstel-
lung verloren gegangener Mikrostrukturen des Knochens zu
erreichen. Der Einsatz erfolgt nur bei schwerer manifester
Osteoporose. Die Dosierung dieses Reservemedikaments wird
folgendermassen empfohlen: 1-mal täglich in den Ober-
schenkel oder in den Unterleib spritzen, maximale Therapie-
dauer 24 Monate. Als mögliche unerwünschte Wirkungen
sind Gliederschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Kopf-
schmerzen zu nennen.
❖
PD Dr. Vanadin Seifert-Klauss Leiterin des Interdisziplinären Osteoporose-Zentrums, Klinikum rechts der Isar der TUM D-81675 München Tel. 0049 089-41 40-2512, E-Mail: ioz@lrz.tum.de
Interessenlage: Die korrespondierende Autorin weist auf folgende Beziehungen hin: Die Autorin und Mitglieder ihrer Arbeitsgruppe haben Honorare für Vorträge oder Reisekosten für Kongressteilnahmen von den Firmen Amgen, Besins und MSD erhalten, erhielten Forschungsförderung von den Firmen Diasorin, Danone, Roche Diagnostics und Novartis Oncology, besitzen keine Firmenaktien und waren nicht als Gutachter für Firmen tätig.
Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de/downloads
Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 10/2011. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin.
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