Transkript
XUNDHEIT IN BÄRN
POLITFORUM
Managed Care: Bessere Zusammenarbeit von Ärzte- und Apothekerschaft
FRAGE eingereicht am 14.12.2011
Ignazio Cassis Nationalrat FDP Kanton Tessin
Artikel 37 Absatz 3 KVG erlaubt Ärztinnen und Ärzten die Abgabe von Medikamenten im Fall ungenügenden Zugangs ihrer Patientinnen und Patienten zu einer Apotheke. Das Bundesgericht hat Regelungen, die sich auf diese KVG-Bestimmung stützen, für nicht anwendbar erklärt. Obwohl Zürich und Winterthur über ein gut ausgebautes Apothekennetz verfügen, wurden dort von 500 Arztpraxen Gesuche zur Medikamentenabgabe eingereicht. ❖ Wie stellt sich der Bundesrat die Zusammenarbeit von
Ärzte- und Apothekerschaft vor? ❖ Gedenkt er, dieses Problem in der ordentlichen Revi-
sion des Heilmittelgesetzes (zweite Etappe) zu regeln?
Antwort von Bundesrat Didier Burkhalter
Le Conseil fédéral estime que la coopération interdisciplinaire entre les différents professionnels de la santé est tout simplement cruciale pour pouvoir apporter des soins de base sûrs et intégrés. Chaque profession doit pouvoir y investir au mieux les compétences qui la caractérisent. Cette coopération sera de plus en plus décisive pour l'avenir du système de santé. En ce qui concerne la clarification au sujet de la remise de médicaments par les médecins, le Conseil fédéral a décidé, le 6 avril 2011, de séparer cette question de la deuxième étape de la révision de la Loi sur les produits thérapeutiques. Ainsi, il n'est donc pas prévu de régler la question de la remise de médicaments par le corps médical dans le cadre de cette révision. En revanche, le Conseil fédéral a chargé le Département fédéral de l'Intérieur d'étudier
la question de la remise de médicaments par le corps médical et de lui soumettre une proposition l'année prochaine, en tenant compte de l'évolution du projet «Managed Care» ainsi que des résultats des négociations entre les partenaires tarifaires au sujet d'une rémunération indépendante de la marge pour la remise de médicaments. Les résultats de ces négociations – s'il y en a – devraient être en possession de l'Office fédéral de la santé publique avant la fin de cette année encore. Les résultats de cet examen seront donc déjà connus début 2012 et discutés au sein du Conseil fédéral, parallèlement au message relatif au projet de révision de la loi sur les produits thérapeutiques. C'est sur ces bases qu'une éventuelle mesure nécessitant une modification légale sera mise en consultation durant l'année 2012.
Unkontrolliertes Verstreuen der Asche von Verstorbenen über unsere Landschaft
FRAGE eingereicht am 13.12.2011
Sylvia Flückiger-Bäni Nationalrätin SVP Kanton Aargau
Immer häufiger wird die Asche von Verstorbenen in Wäldern, Landschaften, Flüssen und über Bergen und so weiter verstreut. Es bildet sich ein eigentlicher Wirtschaftszweig, was nicht grundsätzlich schlecht ist, aber zum Streuen kann man neuerdings auch Flugzeuge oder sogar einen Heissluftballon buchen. Dies hat zur Folge, dass kaum mehr eingrenzbar ist, wo die Asche schliesslich landet. Durch das ungeachtet der Kantonsgrenzen praktizierte Verstreuen von Asche wird das grundsätzlich kantonal geregelte Bestattungswesen praktisch zur Bundessache. Wie beurteilt der Bundesrat diese Art von Bestattung und die Folgen dieser Praxis für die Gesundheit der Bevölkerung?
Antwort von Bundesrätin Doris Leuthard
Die Asche von Verstorbenen aus Krematorien ist weder aus gesundheitlicher noch aus ökologischer Sicht problematisch. Die hohen Verbrennungstemperaturen in den Krematorien – etwa 900 Grad– führen dazu, dass insbesondere das problematische Quecksilber aus Zahnfüllungen verdampft. Die Dämpfe werden in den Filtern der Krematorien zurückbehalten. Zudem sind die zur Diskussion stehenden Aschemengen auch bei einer wesentlichen Zunahme dieser Bestattungsart für Umwelt und Gesundheit unproblematisch. Es muss auch nicht damit gerechnet werden, dass die ausgestreute Asche von Menschen eingenommen oder via Haut aufgenommen wird. Eine bundesweite Regelung drängt sich aus diesen Gründen und auch vor dem Hintergrund dessen, dass das Bestattungswesen in der Zuständigkeit der Kantone liegt, nicht auf.
Nachfrage von Flückiger-Bäni: Vielen Dank, geschätzte Frau Bundesrätin, für Ihre Antwort. Es gibt eine ganze Reihe von Personen, die aus Pietätsgründen so etwas einfach ablehnen. Und ich glaube, das muss man ernst nehmen. Die machen sich wirklich Sorgen. Was sagen Sie dann denen? Doris Leuthard, Bundesrätin: Ich habe keine Statistik, die darüber Auskunft geben würde, wie viele solche Bestattungen pro Jahr stattfinden, aber ich halte ihre Zahl für unbedeutend und klein. In der Schweiz gibt es verschiedene Formen von Bestattungen. Wir sind ein freiheitliches Land, und in einem freiheitlichen Land passt eine Massnahme nie allen.
96 ARS MEDICI 3 ■ 2012
POLITFORUM
Qualität und Zusammenarbeit unter den Medizinalberufen gefährdet
INTERPELLATION eingereicht am 21.12.2011
Barbara Schmid-Federer Nationalrätin CVP Kanton Zürich
Der Bundesrat wird beauftragt, abzuklären und die Frage zu beantworten, ob die vollständige Freigabe der ärztlichen Selbstdispensation in den Städten Zürich und Winterthur mit den Zielen des MedB vereinbar sind. Bekanntlich wurde Artikel 37 Absatz 3 KVG vom Bundesgericht im September 2011 mit 3 Stimmen gegen 2 ausser Kraft gesetzt. Den niedergelassenen Ärzten
werden somit ohne spezifische Auflage Bewilligungen zur Selbstdispensation ab dem 1. Januar 2012 erteilt. Einerseits scheint die Gleichstellung der Ärzte mit Apothekern ohne Aus-, Weiterund Fortbildungsauflagen den Qualitätszielen des Gesetzes zu widersprechen, andererseits widerspricht dies auch dem Ziel der respektvollen Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen, die im vor kurzem revidierten KVG zur Förderung der interdisziplinären Vernetzung (Managed Care) angestrebt wird.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
KVG: Absurde Anreize bei der Medikamentenabgabe
MOTION eingereicht am 23.12.2011
Stéphane Rossini Nationalrat SP Kanton Wallis
Der Bundesrat wird beauftragt, dafür zu sorgen, dass Medikamente, die von Ärztinnen und Ärzten selbst verschrieben werden (ausser in Notfällen oder bei der direkten Anwendung in der Arztpraxis) nicht mehr von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) übernommen werden, sofern die Versorgung mit Medikamenten und die Beratung durch eine ausreichende Anzahl öffentlicher Apotheken sichergestellt ist. Er wird zudem beauftragt, eine Änderung des KVG vorzulegen, die sicherstellt, dass Artikel 37 Absatz 3 angemessen umgesetzt wird – dies nachdem das Bundesgericht in seinem Urteil vom 23. September 2011 zum Schluss gekommen ist, dass die heutige Bestimmung im oben erwähnten Zusammenhang nicht herangezogen werden kann.
Begründung Artikel 37 Absatz 3 KVG legt fest, dass «die Kantone bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Ärzte und Ärztinnen mit einer kantonalen Bewilli-
gung zur Führung einer Apotheke den zugelassenen Apothekern und Apothekerinnen gleichgestellt sind. Sie berücksichtigen dabei insbesondere die Zugangsmöglichkeiten der Patienten und Patientinnen zu einer Apotheke.» Mit dieser Bestimmung bekräftigte der Gesetzgeber, dass die Kantone dafür zuständig sein sollen, auf ihrem Gebiet die Versorgung mit Medikamenten und den Zugang dazu sicherzustellen. Er akzeptierte, dass auch von Ärztinnen und Ärzten abgegebene Medikamente von der OKP übernommen werden, dies aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, darunter der Zugang zu einer öffentlichen Apotheke. Das Bundesgericht kommt in einem Urteil vom 23. September 2011 allerdings zum Schluss, dass Artikel 37 Absatz 3 zweiter Satz KVG aufgrund seines Wortlauts den Kantonen keine verbindlichen Schranken setzt und dass also die Beurteilung der Frage, ob die Patientinnen und Patienten Zugang zu einer öffentlichen Apotheke haben oder nicht, für die Zulassung der Selbstdispensation keinen zwingenden Charakter hat. Unter diesen Umständen erweist sich eine Revision des KVG oder des Heilmittelgesetzes, allenfalls auch des Medizinalberufegesetzes, als unumgänglich und dringend nötig. In den Städten Zürich und Winterthur ist die Versorgung mit öffentlichen Apotheken ausreichend, mehrere davon sind rund um die Uhr geöffnet. Den-
Die Gegner der Selbstdispensation geben nicht auf
Mit zwei parlamentarischen Vorstössen im Nationalrat versuchen die Gegner der DMA oder Selbstdispensation, den Bund wieder «auf Kurs» zu bringen. Auf jenen Kurs, den Pascal Couchepin als Romand und damit bar jeglicher Erfahrung mit der Selbstdispensation (propharmacie) vorzugeben versucht hatte. Die Befürchtung, dass Couchepins bzw. Burkhalters Nachfolger Alain Berset die hausärzte- und SD-feindliche Politik fortführt, ist leider nicht ganz abwegig.
Barbara Schmid-Federer sitzt für die CVP des Kantons Zürich im Nationalrat. Sie ist lic.phil I, wohnhaft in Männedorf und gibt als Beruf u.a. «Unternehmerin» an. Frau Schmid-Federer arbeitet seit 2002 in der Geschäftsführung der TopPharm-Apotheke am Paradeplatz in Zürich mit und ist ebenso lange Mitglied des Verwaltungsrats der TopPharm-Apotheke.
Stéphane Rossini, wohnhaft in Haute-Nendaz,
ist Sozialdemokrat und vertritt den Kanton Wallis
im Nationalrat. Er ist Professor an der Fachhoch-
schule Westschweiz in Lausanne und beschäftigt
sich beruflich und politisch häufig mit Kranken-
versicherungsfragen. Seine Behauptung, dass die
DMA «absurde» Anreize schaffe, die zu hohen
Kosten für die Versicherten führten, ist Ausdruck
des gleichen Masses an Fakten-Unkenntnis wie
sie Couchepin prägte, und einer in der Romandie
schon fast endemischen Weigerungshaltung
gegenüber unabhängigen Statistiken, die nach-
weisen, dass die DMA kostengünstiger ist als die
Rezeptur.
R.A.
noch haben nach dem Urteil des Bundesgerichts 500 Ärztinnen und Ärzte bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich ein Gesuch um Selbstdispensation eingereicht. Sie werden die Zulassung erhalten, ohne irgendwelche Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Diese Situation ist problematisch, und es besteht dringender Handlungsbedarf, da diese Praxis bereits ab dem 1. Januar 2012 eingeführt werden kann und weil sie Anreize schafft, die namentlich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und wegen der Kosten, die dabei für sämtliche Versicherten entstehen, absurd sind.
Stand der Beratung: Im Plenum noch nicht behandelt
ARS MEDICI 3 ■ 2012
97
XUNDHEIT IN BÄRN